Berlin: Tropenholzverbrennung in Kraftwerken von Vattenfall

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Der Energiekonzern Vattenfall und die Berliner Senatsregierung befinden sich mit der Energieversorgung der Hauptstadt buchstäblich auf dem Holzweg. In Europas größtem Biomasseheizkraftwerk in Berlin Lichtenberg soll Tropenholz aus Westafrika verfeuert werden. Einen Vertrag zum Import von einer Million Tonnen Gummibaumholz aus Liberia hat Vattenfall bereits unter-schrieben. Damit Vattenfall und die Stadt Berlin ihre Klimabilanzen schönen können, geht es dem Regenwald an den Kragen und bleiben in Liberia die Küchen kalt. Dort kochen die Menschen mit Feuerholz.

Appell

Neben dem Riesenkraftwerk am Standort Klingenberg in Berlin Lichtenberg (zwei Biomasse-Heizkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von zweimal 20 Megawatt und einer Gesamt-Fernwärmeleistung von rund 150 Megawatt) soll auch eine weitere Anlage im Märkischen Viertel in Reinickendorf (mit thermischer Leistung von 18 Megawatt und einer elektrischen Leistung von fünf Megawatt) mit Holz betrieben werden. Und in den bestehenden Kraftwerken Reuter West und Moabit soll Holz als Beifeuerung dienen. Auf diese Marschroute haben sich der regierende Bürgermeister Wowereit und Umweltsenatorin Lompscher in einer Klimaschutzvereinbarung zwischen dem Land Berlin und Vattenfall bis 2020 festgelegt.

Eine Million Tonnen Holz pro Jahr benötigt der schwedische Energiekonzern dafür nach eigenen Angaben. Da sich diese Holzmenge entgegen vorheriger Behauptungen nicht aus dem Umkreis Berlins beschaffen lässt, greift Vattenfall nach Afrika. Eine Million Tonnen Gummibaum-Holzschnitzel will Vattenfall dazu in den kommenden Jahren aus Liberia importieren. Die niederländische Firma Buchanan Renewable Energy (BRE) schlägt dazu in dem westafrikanischen Land Gummibäume ein und transportiert sie zur Verschiffung an die Küste.

Die in Liberia bestehenden Gummibaumplantagen sind als Folge zerstörten Regenwalds entstanden. Und damit Vattenfall und die Stadt Berlin ihre CO2-Bilanzen drastisch schönen können, nimmt der Druck auf die Regenwälder zu, haben die Menschen in Liberia weiterhin keinen elektrischen Strom und jetzt auch nicht mehr ausreichend Feuerholz, um damit zu kochen. So schätzt Silas Siakor, Direktor des Instituts für Nachhaltige Entwicklung in der Hauptstaft Monrovia, zusammengefaßt die Folgen von Vattenfalls Gummibaumdeal in Liberia ein.

Dass die Energieerzeugung aus Holz generell sehr problematisch ist und an enge Grenzen stößt, zeigt auch die Studie „Bioenergie aus Holz: die grüne Lüge - Wood-based bioenergy: the green lie“ der Internationalen Waldkoalition „Global Forest Coalition“.

Lesen Sie hier, was Silas Siakor, Direktor des Instituts für Nachhaltige Entwicklung in der Hauptstaft Monrovia, uns bereits im April zum Gummibaumdeal von Vattenfall aus Liberia schrieb.

Stellungnahmen von Vattenfall zu dieser Protestaktion vom 7. Juni 2010 und vom 11. Juni 2010 . Stellungnahme von Rettet den Regenwald vom 9. Juni 2010 .

Hinter­gründe

Einschätzung von Silas Siakor, Direktor des Instituts für Nachhaltige Entwicklung in der Hauptstaft Monrovia, zum Gummibaumdeal von Vattenfall in Liberia:

„Buchanan Renewable (BR, ein anderer Zweig der Firma) hat einen Vertrag mit der Regierung von Liberia zum Bau eines Elektrizitätskraftwerks mit Holzchipsfeuerung geschlossen. (...) Dies würde eine wesentliche Änderung der Prioritäten der Firma bedeuten: Die Versorgung des Vattenfall-Kraftwerks mit der Garantie von höheren Profitmargen, oder Liberia den Vorrang geben und damit das Risiko von geringerem Profit, weil viele Menschen in Liberia nicht die (Strom)Rechnung zahlen werden können.

BRE kauft alte Gummibäume und verwandelt sie in Holzschnitzel für den Export. Das hat bereits zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Menschen in den Städten des Landes geführt, die auf hauptsächlich aus Gummibaumholz produzierte Holzkohle angewiesen sind. Die Holzkohlepreise sind von 100 auf 200 $ gestiegen – d.h. um 100 Prozent, weil jetzt mehr Gummibaumholz an BRE verkauft wird, anstatt Holzkohle daraus zu machen. Die überwältigende Mehrheit von uns hängt für den häuslichen Energiebedarf von Holzkohle ab, weshalb dieser Preisanstieg sehr bedeutend ist. (...)

Die dritte Sorge ist der Preis des Projekts für Mensch und Umwelt. Da der Wert für Gummibaumholz steigt, werden mehr und mehr Menschen in die Wälder einfallen und sie durch Gummibaumplantagen ersetzten. In anderen Gegenden wird Farmland in Gummibaumplantagen umgewandelt, und die Bauern werden in die nahegelegenen Wälder drängen, die sonst stehen geblieben wären.“

An­schreiben

An den Senat von Berlin
Der Regierende Bürgermeister
Herrn Klaus Wowereit

Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
Umweltsenatorin
Frau Kathrin Lompscher
poststelle@senguv.berlin.de

Vattenfall Europe
Herrn Tuomo Hatakka, Vorstandsvorsitzender
tuomo.hatakka@vattenfall.com , info@vattenfall.de


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wowereit, sehr geehrte Frau Umweltsenatorin Lompscher, sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender Hatakka,

die geplante massenhafte Verbrennung von Tropenholz in Berliner Großkraftwerken lehne ich ab. Für die Biomasseheizkraftwerke in Berlin Lichternberg und im Märkischen Viertel in Reinickendorf einschließlich der Beifeuerung von Holz in den bestehenden Anlagen (Reuter West und Moabit) benötigt Vattenfall nach eigenen Angaben eine Million Tonnen Holz pro Jahr. Diese Holzmenge lässt sich weder aus regionaler Produktion noch auf umweltfreundliche und sozialverträgliche Weise beschaffen.

Der Einsatz von Rest- und Altholz aus dem Umland ist nur zu einem kleinen Anteil möglich, da nicht mehr Holz pro Jahr geschlagen werden darf als nachwächst und bereits jetzt mehrere Dutzend Biomassekraftwerke in Brandenburg mit anderen Industriezweigen wie der Papier- und Spanplattenproduktion um den Rohstoff Holz konkurrieren. Generell ist die stoffliche Nutzung aus ökologischer Sicht und Gründen der Energie-Effizienz in jedem Fall der energetischen Verwertung vorzuziehen.

Vattenfall hat einen Vertrag mit dem niederländischen Unternehmen Buchanan Renewable Energy (BRE) zum Import von einer Million Tonnen Gummibaumholz aus Westafrika geschlossen. Das Holz soll von Gummibaumplantagen in Liberia stammen, die als Folge zerstörten Regenwalds entstanden sind. In dem Land steht nach Angaben von Fachleuten nicht genügend Holz für den Export zur Verfügung. Holzkohle aus Gummibaumholz wird von der Bevölkerung als Brennstoff zum Kochen verwendet. Bereits jetzt haben die Holzkäufe und Exporte von BRE zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen in den Städten des Landes geführt, die auf Holzkohle angewiesen sind. Die Holzkohlepreise haben sich dadurch verdoppelt.

Dadurch nimmt der Druck auf die Regenwälder in Liberia weiter zu - zur Suche von Feuerholz und zu deren Umwandlung in Gummibaumplantagen. Auf den bestehenden Plantagen herrschenden katastrophale Zustände, darunter verbreitete Kinderarbeit. Die Vereinten Nationen attestierten sogar „sklavenartige Arbeitsbedingungen“, „Gesetzlosigkeit“ und schwere Umweltverschmutzung 1.).

Währenddessen kommt der Bau eines 36 MW Elektrizitätskraftwerks in der Hauptstadt Monrovia seit einem Jahr nicht voran. Buchanan Renewable (BR), ein weiterer Unternehmenszweig der Niederländer, sollte im Auftrag der Regierung die katastrophale Stromversorgung in Monrovia verbessern. Auch dieses Kraftwerk soll mit den Holzchips betrieben werden. Es steht zu befürchten, dass es für BR wesentlich attraktiver ist, die Holzchips an Vattenfall zu verkaufen, als sie lokal für die Stromerzeugung in Monrovia zu nutzen. Liberia ist eines der ärmsten Länder der Erde.

Außerdem verschlingt der weite Transport des Gummibaumholzes – vom Landesinneren Liberias zum Hafen an der Küste und dann über 5 500 Kilometer von Liberia nach Berlin – enorme Treibstoffmengen und ist für Klima und Ökologie sehr schädlich. Gummibaumholz ist keinesfalls ein nutzloses Abfallprodukt, wie Vattenfall und BRE behaupten. Das Holz wird seit Jahren für die Fertigung von Küchenutensilien, Spielzeug und Möbeln genutzt und in dieser Form in großen Mengen nach Deutschland importiert.

Völlig inakzeptabel ist es auch, dass Vattenfall und der Berliner Senat erst jetzt Kriterien untersuchen, ob und wie die benötigte Biomasse „nachhaltig“ erzeugt werden kann. Generell ist es fraglich, ob Nachhaltigkeitskriterien in einem Land wie Liberia anwendbar sind. Viele wichtige Faktoren wie indirekte Landnutzungsänderungen, d.h. die Verdrängung bestehender Aktivitäten, und der Einfluss auf die Nahrungsmittelpreise, sind damit überhaupt nicht zu beherrschen.

Ich bitte sie deshalb, den Bau der Biomasseheizkraftwerke in Berlin sofort zu beenden einschließlich aller Pläne zum Import von Holz und anderer Biomasse zur energetischen Nutzung.

Mit freundlichen Grüßen

Fußnote:
1. http://unmil.org/documents/human_rights_liberiarubber.pdf

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