Regenwald Report 01/2011
Palmöl am Amazonas
Die neue Gefahr für den peruanischen Regenwald
Die Stimmung ist ausgelassen in Barranquita. Die Gemeinde der peruanischen Region San Martin feiert ein Dorffest, die Salsarhythmen dröhnen aus den Boxen und in der Luft hängt der Duft von gegrilltem Fisch. Als die Menschen merken, dass wir „Gringos“ keine üblichen Touristen sind, sondern Regenwaldschützer, schlägt die Stimmung um. Die Musik wird abgedreht, die Menschen bilden eine Traube um uns herum und erzählen mit Wut und Trauer von ihrem Schicksal. „Seit 2009 holzen sie unseren Wald für ihre Plantagen ab“, sagt eine alte Frau aufgeregt. „Sie haben uns vertrieben und zerstören unsere Lebensgrundlagen.“ „Der Regenwald ernährt uns und versorgt uns mit Wasser“, ergänzt ein junger Mann.
Wir sind nach Peru gefahren, in die „Selva“, wie die Regenwaldzone des Landes genannt wird. In Peru wachsen 16 Prozent des amazonischen Regenwaldes – die nach Brasilien zweitgrößte Fläche. Der Fluss Amazonas entspringt in den peruanischen Anden. Allerdings sieht die Landesregierung den Amazonas nicht als schützenswerten Naturschatz, sondern als rohstoffreichen Wirtschaftsraum, den es auszubeuten gilt.
Der Regenwald ernährt uns und versorgt uns mit Wasser
Bisher sind 70 Prozent des peruanischen Amazonasgebietes als
Konzessionen an private Unternehmen verpachtet oder verkauft worden. Der Großteil davon an Ölförder- und Bergbauunternehmen.
Peru: Land der Biodiversität
Peru ist das Land der ökologischen Vielfalt. ist geografisch ungleich verteilt. Die Biodiversität nimmt von den polaren Breiten zum Äquator stark zu: Je wärmer, desto artenreicher die Lebensräume. So leben z. B. in Costa Rica mehr Vogelarten als auf den Kontinent. Es unterteilt sich in drei Landschaftszonen, von denen der Regenwald („La Selva“) die größte Landesfläche einnimmt. Die Flora und Fauna des Landes sind durch eine beeindruckende und einzigartige Biodiversität geprägt. Bergbau, Ölförderung und Agrobusiness konkurrieren mit der Natur um Boden und Wasser. Aufgrund des weltweiten Hungers nach Energie und den stetig steigenden Preisen für Rohstoffe läuft die Zeit gegen den peruanischen Regenwald.
Ein neuer Wirtschaftszweig, der sich im Regenwald auszubreiten droht, ist das sogenannte Agrobusiness. Groß im Agrargeschäft ist der peruanische Konzern Grupo Romero. Das Familienunternehmen besitzt die größte Bank Perus und hat einflussreiche Kontakte auf allen politischen Ebenen des Landes. „Diese Verbindungen zur Zentralregierung in Lima hat das Unternehmen ausgenutzt, um an die Genehmigung zur Abholzung unseres Waldes und zum Anbau von Palmölplantagen zu kommen“, bestätigt uns Jiguel Alva Reátegui, Direktor der regionalen Naturschutzbehörde. „Weder die Regionalregierung noch die ansässige Bevölkerung wurden über den Verkauf des Landes informiert.“ Eines Tages kamen die Arbeiter des Unternehmens und fingen an, den Wald zu roden.
Dieses Vorgehen verstößt gegen nationales und internationales Recht, nach denen Bauerngemeinden und indigene Gruppen konsultiert werden müssen, wenn sie von geplanten Wirtschaftsprojekten betroffen sind. Vor der Vergabe der Lizenzen zum Anbau der Plantagen wurden auch nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Umweltstudien durchgeführt. „Bis Dezember 2010 wurden schon 9.000 Hektar Primärwald gerodet“, erregt sich Reátegui. „Und als wir die Plantagen überprüfen wollten, um einen Überblick über die Zerstörung zu bekommen, haben die bewaffneten Sicherheitsleute uns einfach davongejagt.“
Diese Erfahrungen haben auch die Menschen in Barranquita gemacht. Im Dorf treffen wir den italienischen Pfarrer Mario Bartolini, der seit Jahren für die Rechte der Kleinbauern am Amazonas kämpft. „Die Palmölpflanzen sollten den Bauern eigentlich helfen“, erklärt Bartolini, „ein Projekt der UNO sollte ihnen mit dem Anbau von ein, zwei Pflanzen ein Zusatzeinkommen garantieren. Doch dann kam die Grupo Romero, vertrieb die Bauern, stahl das Land und begann mit der Abholzung für die Riesenplantagen.“ Die Familien verloren den Zugang zu den Wäldern und Weiden, die ihnen die Existenzgrundlagen garantierten. Doch das Unternehmen raubte den Menschen von Barranquita nicht nur das Land und den Wald, sondern auch den Zugang zu sauberem Wasser.
Die Romero-Töchter „Palmas de Shanusi“ und „Palmas de Oriente“ besprühen ihre Plantagen mit großen Mengen an Herbiziden und Pestiziden, um die Erträge zu steigern. Die Chemikalien gelangen so in den Boden und die Flüsse der Umgebung. „Bevor die Grupo Romero hier auftauchte, benutzten die Menschen das Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen. Nun ist das Wasser der Flüsse vergiftet und unbrauchbar. Wie sollen die Menschen so überleben?“, fragt Bartolini.
Auf Hilfe von der Regierung aus Lima können die vertriebenen 60 Familien kaum hoffen. Das ist allen klar. Spätestens, seitdem der peruanische Präsident Alan Garcia im Juni 2009 in Bagua, eine halbe Tagesreise von Barranquita entfernt, eine Demonstration indigener Gruppen gegen die Ausbeutung ihres Landes zusammenschießen ließ und dann im Fernsehen verkündete, dass diese Bürger zweiter Klasse kein Recht auf Mitbestimmung hätten. „Umso wichtiger ist die internationale Öffentlichkeit und Solidarität für die Menschen von Barranquita. Wir brauchen Ansprechpartner im Ausland und Gelder, um unseren Widerstand gegen die Landräuber von Grupo Romero zu finanzieren“, schlägt Pfarrer Bartolini vor. Eine andere Möglichkeit, Druck auf Grupo Romero aufzubauen, ist Einfluss auf die Handelspartner des Unternehmens auszuüben. Denn mit BP sitzt der größte Abnehmer des mit dem Palmöl der Grupo Romero produzierten Biodiesels in Europa. „Wir müssen uns frühzeitig gegen die Zerstörung des Regenwaldes und die Entrechtung der Kleinbauern wehren. Wenn internationale Geldgeber wie die Weltbank auf die Idee kommen, die Palmölproduktion in Peru zu fördern, dann ist eine großflächige Zerstörung dieses einmaligen Ökosystems nur noch schwer aufzuhalten“, warnt Bartolini.
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