Nachhaltigkeits-Label sind eine Farce

Die gefährliche Allianz zwischen WWF, Industrie und Politik

Stellungnahme von Rettet den Regenwald zur WWF-Konferenz „Nachhaltigkeitsstandards für Agrarrohstoffe – Eine Herausforderung für Wirtschaft und Politik“ in der Landesvertretung von Baden-Württemberg in Berlin

Hamburg, d. 26. Januar 2012

Der WWF versucht wieder einmal den Spagat des Unmöglichen. Die industrielle Landwirtschaft und die von Deutschland sowie der EU in steigenden Mengen importieren Agrarrohstoffe sollen einen grünen Anstrich bekommen. Mit immer neuen Labeln wird eine „nachhaltige Produktion“ bescheinigt, die es in der Praxis nicht gibt und auch nicht geben kann. Selbst die Gentechnik wird davon nicht ausgeschlossen.

Unter dem Deckmantel der sogenannten Nachhaltigkeitssiegel sollen die riesigen industriellen Monokulturen weiter wachsen – nicht nur in Deutschland und Europa, sondern vor allem weltweit. Dort werden Millionen Tonnen billiger Rohstoffe produziert für den Konsum der Industrieländer. Schon jetzt beanspruchen wir Millionen Hektar Land im globalen Süden, und es werden immer mehr. Land, das mit tropischen Wäldern und Savannen bewachsen ist. Nicht nur die Artenvielfalt wird vernichtet, sondern auch die Heimat und der Lebensunterhalt der dort lebenden Menschen.

Beispiel Soja

6,2 Millionen Tonnen Soja importierte die Bundesrepublik 2008, die EU insgesamt sogar 34 Mio. Tonnen. Der Hauptteil stammt aus Südamerika. Umgerechnet bedeutet das eine Anbaufläche von 2,8 Mio. Hektar für den deutschen Sojakonsum (und damit eine Fläche größer als Mecklenburg-Vorpommern sowie dem Saarland) und 15,4 Mio. Hektar für die EU (entspricht der Fläche von Österreich, Belgien, der Niederlande und Dänemark) 1. Der größte Teil der Sojafläche in Südamerika von zirka 40 Mio. Hektar ist zudem mit Gensoja des berüchtigten US-Konzerns Monsanto bedeckt.

Das vom WWF zusammen mit Konzernen wie Cargill, Unilever und Monsanto betriebene Soja-Label heißt „Runder Tisch für verantwortungsvolles Soja (RTRS)“. Gleich das erste Siegel ging an den weltgrößten Sojaproduzenten, den brasilianischen Maggi-Konzern. Am 6. Juni 2011 wurden auf einen Schlag 66.000 Hektar Soja-Anbaufläche im Bundesstaat Mato Grosso zertifiziert, fast die Hälfte der Anbauflächen des Maggi-Imperiums. Das vergebene Siegel schließt Gensoja mit ein.

Mato Grosso gehört zum Amazonasgebiet, der sogenannten „Amazonia legal". Die beiden Großbetriebe liegen in der Übergangszone zwischen dem Amazonaswald und der Cerrado-Savanne. Bereits auf den im Zertifizierungsbericht enthaltenen Luftaufnahmen erkennt man im Fall der Facenda Tangura, einem der beiden zertifizierten Betriebe, wie die rechteckigen, grauen Sojafelder mitten in den Wald (dunkelgrün) hineingeschlagen wurden 2.

Blairo Maggi, der Gründer und Besitzer des Maggi-Konzerns, gilt unter Umweltschützern als Landräuber und Umweltzerstörer. Als Gouverneur regierte er zugleich auch während zwei Amtsperioden den Bundesstaat. Unter seiner Regierung machte Mato Grosso mit der höchsten Regenwaldabholzung von Brasilien Schlagzeilen. Und als Gouverneur setzte er sich auch bei der brasilianischen Bundesregierung dafür ein, die Landrechte der indigenen Einwohner in seinem Staat nicht anzuerkennen.

Der Lärm der Motorsägen und Bulldozer dröhnt unvermindert weiter in den Tropenwäldern Südamerikas – in den Yunga-Wäldern in Argentinien und Bolivien, im Chaco-Wald in Paraguay oder in der Cerrado-Savanne sowie im Amazonasregenwald Brasiliens. Indigene und Kleinbauern müssen weiter Platz machen, werden oft gewaltsam von ihrem Land vertrieben. Wer bleibt, steht buchstäblich im Sprühregen von Roundup und anderen hochgiftigen Chemiecocktails, mit denen alles Leben auf den Sojafeldern tot gespritzt wird.

Die Liste der Industrielabel des WWF wird immer länger und umfasst u.a. Palmöl, Baumwolle, Zuckerrohr, Agrosprit, Fisch sowie Aquakultur. Damit wird die Herrschaft einiger weniger multinationaler Agrar-, Handels- und Industriekonzerne über die weltweite Nahrungsmittelproduktion weiter ausgebaut und gestärkt 4. Und die Rechte der Natur und der Menschen mit Füßen getreten.

Forderungen von Rettet den Regenwald

- Die Importe von Millionen Tonnen Agrarprodukten einschließlich Agrarsprit nach Deutschland und die EU müssen gestoppt werden

- Die Subventionen für die Agrarindustrie müssen unverzüglich und komplett eingestellt werden Der Fleischkonsum muss drastisch reduziert werden.

- Die Spekulation mit Agrarprodukten und Agrarflächen sowie „Landgrabbing“ müssen verboten werden

- Die lokale Produktion und der organische Anbau müssen gestärkt werden

Auch der neue Direktor der Uno-Welternährungsorganisation FAO, da Silva, fordert ein Ende der industriellen Landwirtschaft 3

Weitere Informationen:

Rettet den Regenwald e.V.
info@regenwald.org; www.regenwald.org

Schauen Sie sich auch unseren 12-minütigen Film „Die Nachhaltigkeitslüge” über das Palmöllabel RSPO in Indonesien an:

Quellen:

- 1 BUND, 2008: Für Fleisch nicht die Bohne! Futter und Agrokraftstoff – Flächenkonkurrenz im Doppelpack
- 2 RTRS, 2011: Responsable Soy Production Certification Report
- 3 Spiegel, 2012: FAO-Chef da Silva fordert ein Ende der industriellen Landwirtschaft
- 4 EvB & FUuE, 2012: Agropoly - Wenige Konzerne beherrschen die weltweite Lebensmittelproduktion

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