Fragen und Antworten zu Biosprit und Agrarenergie

Biosprit Karikatur © Plaßmann

Seit einiger Zeit ist das Wort „Biokraftstoff“ in aller Munde. „Biokraftstoffe” werden als Retter der Energieprobleme der Menschheit und des Weltklimas beschworen. Firmen versprechen enorme Profite und Entwicklungsländern sollen sie den wirtschaftlichen Aufschwung bringen.

Sind nun goldene Zeiten angebrochen und ist das Weltklima gerettet? Können wir jetzt unbesorgt die Gaspedale in unseren Autos kräftig durchtreten?

Die Antwort ist ganz klar NEIN!

Elektrischer Strom und Heizwärme aus Palmöl sowie „Bioethanol“ und „Biodiesel“ für den Verkehr sind nichts anderes als Kahlschlag-Energie, Klimaschwindel und bedeuten Hunger für Millionen Menschen. Nachfolgend Antworten auf einige brennende Fragen zu Biokraftstoffen:

Fragen und Antworten zu Biokraftstoffen

Definition: Was sind Biokraftstoffe?

Als Biokraftstoffe werden gemeinhin aus nachwachsender pflanzlicher und tierischer Biomasse gewonnene Energieträger verstanden. „Biokraftstoffe“ lassen sich in 4 Gruppen einteilen:

  • Alkohole wie Ethanol, die z. B. aus Zuckerrohr, Mais und Getreide produziert werden.
  • Pflanzenöle „Biodiesel“ aus Raps, Palmöl, Soja, Sonnenblume usw.
  • Biogas aus organischer Materie einschließlich Ernteresten und Dung.
  • Feste und flüssige Biomasse wie z.B. Pflanzenöle, Pflanzenfasern, Abfälle und Holzpellets, die in Reinform oder zusammen mit fossilen Energieträgern in kombinierten Wärme- und Elektrizitätskraftwerken eingesetzt werden.

Warum betreffen Biokraftstoffe mich?

„Biokraftstoffe“ sind mittlerweile weit verbreitet. Mit ihnen werden PKW und Busse sowie Elektrizitätsgeneratoren angetrieben und Häuser beheizt. Die Europäische Union (EU) hat steigende Beimischungspflichten für fossilen Kraftstoff im Verkehr eingeführt. Im Diesel-, Benzin- und Super-Kraftstoff an der Tankstelle ist immer Biosprit enthalten. Aktuell (2012) sind es 6,25%, bis 2020 sollen es 10% werden. E10 besteht sogar zu 10% aus Ethanol aus Weizen und Zuckerrüben. 3,8 Millionen Tonnen Biokraftstoff wurden 2010 in Deutschland verbraucht. Die Bundesregierung und die EU fördern die Produktion und den Einsatz von Biokraftstoffen mit Steuergeldern und Vorschriften.

Warum sind Biokraftstoffe nicht biologisch und umweltfreundlich?

Nein, ihr Anbau erfolgt auf agroindustriellen Monokulturen. Auf diesen werden große Mengen an synthetischen Düngemitteln und Agrargiften ein gesetzt. Mensch und Umwelt werden durch die Chemikalien belastet. Zunehmend werden gentechnisch veränderte Pflanzen verwendet. Diese beherbergen unabsehbare Gefahren für Mensch und Umwelt. Weiterhin droht in trockenen Gebieten wie z.B. dem mittleren Westen der USA das zur Bewässerung angezapfte Grundwasser zu versiegen, wodurch die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gefährdet wird.

Warum sind Biokraftstoffe nicht klima- oder CO2-neutral?

Nein, das ist unmöglich, das Gegenteil ist der Fall. Mit Tricks und unvollständigen Berechnungen werden „Biokraftstoffe“ von der Industrie und Politikern schön gerechnet. Doch in der Realität beschleunigen „Biokraftstoffe“ die Klimaerwärmung aus den folgenden Gründen:
Grundsätzlich gilt, dass das von Pflanzen beim Wachsen aus der Atmosphäre aufgenommene Kohlendioxid CO2 beim Verbrennen des Biokraftstoffs wieder vollständig freigesetzt wird. Auf den zur „Biokraftstofferzeugung“ genutzten Flächen wuchsen vorher bereits Pflanzen, die ersetzt werden. Das in der Biomasse dieser Pflanzen gespeicherte CO2 wird dabei freigesetzt. Für Palmölplantagen werden z.B. in Südostasien Regen- und Torfwälder niedergebrannt.

Die Waldzerstörung ist für etwa 18 Prozent der weltweiten Klima schädigenden Emissionen verantwortlich, die Landwirtschaft für weitere 14 Prozent. Jede auf ehemaligen Torfwaldflächen erzeugte Tonne Palmöl bedingt den Ausstoß von 10-30 Tonnen CO2. Die Regenwälder sind außerdem ein wichtiger Regulator des Weltklimas. Ihre Zerstörung führt zu weiterer Erwärmung und Austrocknung. Überschreitet deren Rodung einen bestimmten Flächenanteil, kann schlagartig das gesamte biologische System zusammenbrechen einschließlich des Klimas.

Weiterhin werden für den Anbau der Pflanzen und bei der Produktion der „Biokraftstoffe“ große Mengen an fossilen Kraftstoffen für den Betrieb von Maschinen und Fahrzeugen, zum Pflügen der Äcker, Aussäen der Pflanzen, der Herstellung sowie dem Ausbringen von Düngemitteln und Agrargiften, Ernte, Transport, Lagerung, Auspressen, Destillieren, usw. eingesetzt. Düngemittel setzen große Mengen an Stickoxiden N2O frei. N2O ist ein fast 300-fach wirksameres Treibhausgas als CO2.

Lösen Biokraftstoffe die drohende Energiekrise?

Nein, auf keinen Fall. Der Biokraftstoff, den man pro Flächeneinheit und Jahr produzieren kann, enthält weniger als 0,4 Prozent der Sonnenenergie, die diese Fläche in der gleichen Zeit erhalten hat, so Harmut Michel, Chemienobelpreisträger 1988 für seine Forschungen zur Photosynthese. Pflanzen sind insofern uneffektiv, als dass ein modernes Solarpanel 15 – 20 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie in Elektrizität umwandelt. Die von Pflanzen gebildete Biomasse enthält maximal 2 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie (im Falle von Zuckerrohr, bei Raps, Soja, Mais und Getreide ist dies erhebl. weniger), und die Effizienz der Umwandlung der Biomasse in Biokraftstoff liegt bei etwa 0,15 Prozent bis 0,3 Prozent.
Das erklärt auch den enormen Flächenbedarf für Biokraftstoffe. Um den aktuellen Energiebedarf der Menschheit zu decken, müsste die gesamte Erdoberfläche mit Energiepflanzen bebaut werden. Durch den weltweit steigenden Energieverbrauch wird die Energiekrise verschärft.
Erdöl, Erdgas und Kohle sind fossile Biomasse von abgestorbenen Pflanzen und Tieren. In einem Jahrhundert hat die Menschheit einen erheblichen Teil der fossilen Energievorkommen in die Luft geblasen, die 700 Millionen Jahre zu ihrer Entstehung gebracht haben. Der Biologe Jeffrey Dukes hat errechnet, dass die jedes Jahr verbrannten fossilen Energieträger umgerechnet der Biomasse entsprechen, die weltweit in 400 Jahren auf der Erde und den Ozeanen heranwächst.

Ist durch den Einsatz von Biokraftstoffen das Einsparen von Energie nicht mehr notwendig?

Nein, unsere Energieversorgung bleibt weiterhin von fossilen Energieträgern abhängig. Obwohl bereits jetzt weltweit ganze Landstriche in „Biokraftstoffäcker“ umgewandelt wurden, beträgt ihr Anteil an der globalen Transportenergie gerade ein Prozent. Auch wenn die Produktion von Biokraftstoffen weiter gesteigert wird, können sie nur einen kleinen Teil der fossilen Energieträger ersetzen. Damit dies überhaupt möglich ist, muss noch jahrzehntelang Forschung betrieben werden. Der effiziente Umgang mit Energie ist deshalb wichtiger denn je. Ölkonzerne und Industrie sind daran interessiert, dass die Verbraucher weiterhin viel Energie konsumieren. Sie verdienen sowohl an Kraftstoff aus fossilen als auch aus „nachwachsenden“ Quellen.

Helfen Biokraftstoffe den armen Menschen in den Entwicklungsländern?

Nein, die meisten Bauern in den Entwicklungsländern besitzen nur kleine Landflächen. Die Produktion auf kleinen Flächen zur Deckung des Weltmarkts ist nicht rentabel. Auch für „Biokraftstoffe“ werden daher ganze Landstriche in industrielle Monokulturen umgewandelt. Das Geschäft machen Konzerne und Großgrundbesitzer.
Um die Plantagenflächen zu erweitern, wird an vielen Orten die ansässige Bevölkerung vertrieben und um ihr Land gebracht. Gewalt, schwere Menschenrechtsverletzungen und Verelendung sind die Folgen. Beispiele dafür sind die Palmölpflanzungen in Indonesien, Malaysia, Kolumbien und Ecuador oder der Sojaanbau in Brasilien, Argentinien und Paraguay. Ganze indigene Völker wurden schon an den Rand der Ausrottung gebracht.
Weiterhin sind die gezahlten Löhne meist sehr niedrig, die Arbeitsbedingungen schlecht und es bestehen keine langfristigen Arbeitsverträge. In Brasilien arbeiten 200.000 Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen auf den Zuckerrohrfeldern.

Brechen Biokraftstoffe die Macht der Öl-, Elektrizitäts- und Autoindustrie?

Nein, diese Firmen sind längst auf den Zug aufgesprungen und stecken hinter dem aktuellen weltweiten Biokraftstoffboom. Es herrscht Goldgräberstimmung wie zu Rockefellers Zeiten. Eine neue unheilvolle Allianz von Politikern, internationalen Organisationen und Industriefirmen aus dem Öl-, Chemie-, Agro-, Gentechnik-und Automobilbereich hat sich gebildet: Dazu gehören u.a. Shell, BP, Chevron, ExxonMobil, Repsol-YPF, Petrobras, ADM, Cargill, Bunge, Bayer, DuPont, BASF, Monsanto, VW, General Motors, Ford.

Haben Biokraftstoffe Einfluss auf die Produktion von Lebensmitteln?

Der Biokraftstoffboom hat bereits zu einer weltweiten Verknappung und Verteuerung wichtiger Grundnahrungsmittel geführt. Arme Menschen können finanziell nicht mit Autos konkurrieren. Weltweit gibt es 800 Millionen hungernde und 3,6 Milliarden unterhalb der Armutsgrenze lebende Menschen. Viele davon müssen mit 1 Euro pro Tag auskommen. Die armen Menschen in den Entwicklungsländern sind von Preiserhöhungen wesentlich härter betroffen als wir in den Industrieländern. Damit wir die Autotanks mit „Biokraftstoff“ füllen können, müssen andernorts Menschen (ver)hungern. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen muss bereits Lebensmittellieferungen in Hungergebiete reduzieren. Das Getreide, dass umgewandelt in Ethanol zur Füllung des Tanks eines Oberklassewagens notwendig ist, kann einen Menschen während eines ganzen Jahres ernähren. Wenn der Wagen alle 2 Wochen betankt wird, könnten mit der dafür benötigten Getreidemenge umgerechnet 26 Personen während eines Jahres ernährt werden. Beispielsweise in Mexiko haben sich die Preise für die Maistortilla, dem Hauptnahrungsmittel der armen Bevölkerung, innerhalb weniger Monate mehr als verdoppelt. Massendemonstrationen waren die Folge. Aber auch in der EU sind die Preise für z.B. pflanzliche Speisefette erheblich gestiegen.

Aber Palmölplantagen sind doch auch eine Art Wald, oder?

Viele Bäume machen noch lange keinen Wald. Eine Palmölplantage ist eine industrielle Monokultur, eine biologische Wüste, die keinen Lebensraum für Tiere und Pflanzen bietet. Für Palmölplantagen werden uralte Regenwälder und andere wichtige Ökosysteme gerodet und zerstört. Den Anbau von Ölpalmen als Aufforstung zu bezeichnen, ist ein schäbiger Trick von Politikern und der Industrie, um ahnungslose Verbraucher zu täuschen.

Was sind „Biokraftstoffe“ der zweiten Generation?

Namhafte Wissenschaftler und Forschungsinstitutionen haben nachgewiesen, dass die Energiebilanz der heutigen Biokraftstoffe sehr schlecht ist. Unter Umständen muss mehr Energie hinein gesteckt werden, als am Ende herauskommt. Ermöglicht wird das durch staatliche Subventionen.
Firmen und Forscher versuchen nun, die Ausbeute und Energieeffizienz von Pflanzen und Verfahren zur Biokraftstofferzeugung zu optimieren und patentieren zu lassen. Auf diese Weise soll auf der gleichen Fläche und aus der gleichen Menge Biomasse mehr Biokraftstoff hergestellt werden.
Bisher werden Biokraftstoffe aus pflanzlichen Zuckern und Ölen hergestellt. Diese Inhaltsstoffe machen aber nur einen kleinen Teil der pflanzlichen Biomasse aus. Der größte Teil ist Zellulose und Lignin. Zukünftig soll Ethanol aus der Zellulose von Pflanzenstengeln und Holz erzeugt werden. Eine große Rolle wird hierbei risikoreichen genetischen Manipulationen von Bäumen, anderen Pflanzen und Mikroben zugedacht.
Ob und wann dies gelingt, ist völlig ungewiss. Bisher ist das reine Zukunftsmusik. Der Steigerung der Energieeffizienz sind technische, physikalische und biologische Grenzen gesetzt. Die angestrebte Nutzung sämtlicher Biomasse für Biokraftstoffe hätte die Ausdehnung der Produktion auf die verbliebenen Ökosysteme und fruchtbaren Böden zur Folge.

Gibt es von unabhängiger Seite zertifizierte Biokraftstoffe?

Nein, zwar haben einige versucht, über so genannte Runde Tische zu Vereinbarungen zwischen der Biokraftstoffindustrie und den Plantagenbesitzern zu kommen, aber mehr als schöne Worte und Absichtsbekundungen konnten nicht erzielt werden.
In der Praxis wäre die Zertifizierung auch eine Täuschung, denn die Biokraftstoffproduktion ist als intensive industrielle Landwirtschaft mit schwerwiegenden sozialen und ökologischen Problemen behaftet. Dazu gehören die Vertreibung von Kleinbauern, der Einsatz von großen Mengen an Düngemitteln und Agrargiften sowie die Erweiterung der Anbauflächen auf Kosten der Lebensmittelproduktion und von Regenwäldern.
Der Energiemenge, die aus der Biosphäre gewonnen werden kann, ohne gravierende Umweltschäden zu verursachen, sind natürliche Grenzen gesetzt. Die Zertifizierung kann diese Grenzen nicht beseitigen und die Ausweitung Anbauflächen zur Biokraftstoffproduktion nicht verhindern.

Warum wird dann so viel über Biokraftstoffe geredet?

Die Energieversorgung ist von strategischer Wichtigkeit. Bisher wurden fossile Energieträger wie Erdöl, Erdgas und Kohle abgebaut, doch deren Vorkommen sind begrenzt und die Erschließung der Lagerstätten mit ständig steigenden Kosten verbunden. Jetzt sollen zusätzlich Biokraftstoffe auf Feldern angebaut werden. Biokraftstoffe sind Big Business.
Eine besondere Rolle sollen hierbei die tropischen und subtropischen Entwicklungsländer haben. Ganzjährig hohe Temperaturen und Sonneneinstrahlung ermöglichen große Erntemengen. Patentierte gentechnisch veränderte Pflanzen sorgen für Monopole. Der Kauf von billigen Landflächen, niedrige Arbeitslöhne und fehlende Gesetze oder deren unzureichende Anwendung zum Schutz von Mensch und Umwelt garantieren phantastische Gewinne.

Politiker, internationale Organisationen und Firmen schmieden bereits weltweite strategische „Biokraftstoffallianzen“. Sie bieten die Möglichkeit, an dem bestehenden Wirtschafts-und Herrschaftssystem nichts zu ändern. Fossile Energieträger sollen durch „Biokraftstoffe“ ersetzt und so wie bisher die natürlichen Ressourcen rücksichtslos ausgebeutet sowie Energie verschwendet werden. Auf Kosten von Mensch und Umwelt.

Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung den deutschen Kraftwerksbetreibern diesen Umwelt-und Sozialfrevel auch noch über das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) vergolden lässt. Ein sofortiger Stopp dieser Politik und ein Moratorium für „Biokraftstoffe“ sind notwendig.

Was kann ich selber tun?

Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig:

  1. Aufklärung und Protest: Das Infoblatt kopieren und an Freunde und Bekannte weitergeben, Diskussionen zum Thema Biokraftstoff anregen oder organisieren, die Öffentlichkeit über die Probleme informieren, an Politiker und Firmen schreiben und fordern, dass sie keine Gesetze zum Einsatz von Biokraftstoffen vorschreiben, diese subventionieren und Heiz- und Elektrizitätskraftwerke damit betreiben, betroffene Menschen in Entwicklungsländern unterstützen, an den Aktionen von Rettet den Regenwald teilnehmen.
  2. Den Lebensstil ändern und sparsam und effizient mit Energie umgehen: Möglichst das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen, sofern notwendig sparsame Kleinwagen anstatt Sprit fressende Gelände- und Sportwagen kaufen, auf unnötige Fahrten und Flüge verzichten, die Heizungstemperatur in der Wohnung runterdrehen, Wohnungen gegen Wärmeverluste dämmen, bei notwendigen Neuanschaffungen Energiespargeräte und -lampen kaufen, Geräte nicht im Standby-Betrieb laufen lassen, Rohstoffe einsparen und ins Recycling geben.
  3. Auf umweltfreundliche Energiequellen wie Wind und Solarenergie umsteigen: Den elektrischen Strom von Ökoanbietern beziehen, die Strom aus Wind- oder Solarenergie anbieten.

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