Hintergrundinformationen zur Nachhaltigkeit von Biotreibstoffen

Almuth Ernsting Biofuelwatch.org.uk Januar 2007

Vor einem Jahr schrieb einer meiner Europa-Abgeordneten mir einen merkwürdigen Brief, in dem er behauptete, dass der Anbau von Biotreibstoffen nicht nur die Kohlenstoffemissionen reduzieren, sondern die Erde sogar kühlen würde. Ich nahm an, dass er einfach eine Fehlinformation erhalten hatte, vielleicht etwa von Befürwortern der Biodieselindustrie. Aber ich hatte mich getäuscht. Solche Behauptungen, auch wenn sie unwahrscheinlich klingen, werden von Mitgliedern hochrangiger wissenschaftlicher Institutionen gemacht.

Lasst uns als erstes an den Februar 2005 zurückdenken, als pünktlich zur Eröffnung der größten Klima-Konferenz in Exeter Berichte zur katastrophalen Erderwärmung in den Medien erschienen. Beängstigende Beweise für die Auswirkungen des Klimawechsels und mögliche verheerende Rückführmechanismen wurden veröffentlicht. Die meisten Berichte sagten aus, dass selbst bei einer heute unausweichlichen Klimaerwärmung abnehmende Getreideerträge, eine fortschreitende Verbreitung der Wüsten und kleiner werdende Kultur- und bewohnbare Flächen unausweichlich seien. Das Verschwinden des Grönland- und West-Antarktika-Eises, des Amazonas-Regenwaldes und womöglich sogar gravierende Veränderungen in den Meeresströmungen und im Wärmeaustausch im Nordatlantik wurden als mögliche Risiken genannt, falls die Klimagase nicht schnellstmöglich stabilisiert werden können.

Während die Medien ausführlich über die beängstigenden Ergebnisse von Klimaforschern berichteten, war weniger vom zweiten Teil der Klima-Konferenz zu hören: Der diskutierte Mittel und Wege, die dazu beitragen würden das Klima zu stabilisieren. Das ist die Aufgabe der Arbeitsgruppe 3 des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC). Der vielleicht wichtigste Bericht, der in diesem Zusammenhang eingereicht wurde, war das Modell von S. Pascala und R. Socolow zur Verringerung des CO2-Ausstoßes. Pascalas und Socolows Argument war, dass wir aus einer Auswahl von Technologien wählen müssen, die gleichzeitig in großem Maße durchgeführt werden müssen - so groß, dass sie zusammen die Emissionen so sehr reduzieren, dass die Klimagas-Konzentration in der Atmosphäre stabilisiert würde.

Während die meisten Menschen wohl dem Ansatz im Allgemeinen zustimmen würden, sind manche der ausgewählten Technologien problematisch: Eine der genannten Strategien beinhaltet, dass zwei Milliarden 5l-Autos mit 100% Biotreibstoff fahren müssten, welcher auf 250 Millionen Hektar ertragstarken Ackerland angebaut werden müsste, was ein Sechstel der globalen Ackerfläche darstellt. Interessant ist auch die Definition der Autoren für "nachhaltige" Biotreibstoffe: "Ein nachhaltiger Biotreibstoff ist einer, der von Pflanzen geerntet wurde, welche direkt durch neue Pflanzen mit der gleichen Ertragsstärke ersetzt wird." Das ist alles.

Ein weiterer Punkt des Berichtes ist das Stoppen von jeglichen Rodungen und die Aufforstung von 250 Millionen Hektar Wald in den Tropen und 400 Millionen Hektar in der gemäßigten Zone. Wie das bei der zuvor genannten benötigten landwirtschaftlichen Fläche für die Biotreibstoffe und in Anbetracht von sinkenden Weizenerträgen und schrumpfenden Agrarflächen möglich sein soll, ist mir unklar.

Trotzdem behaupten Pascala und Socolow nicht, dass Biotreibstoffe tatsächlich die Erde abkühlen würden. Auf diese Idee kamen zwei andere Mitwirkende der selben Konferenz, welche anscheinend große Präsenz innerhalb der IPCC Arbeitsgruppe 3 haben: Peter Read und Jonathan Lermit. Die glauben daran, dass Biotreibstoffe CO2-Neutral seien, da sie nur soviel CO2 freisetzen, wie sie während ihres Wachstums auch aus der Atmosphäre aufnehmen. Wenn wir den Treibstoff verbrennen und das entstehende CO2 einfangen und sequestrieren, dann würden wir CO2 aus der Atmosphäre nehmen und, wenn wir das in groß genügendem Umfang täten, würden wir die Erde abkühlen. Ein groß genügender Umfang würde nach Read und Lermit bedeuten, 40% der gesamten Agrarfläche der Erde nur für den Bioenergie-Anbau zu verwenden.

Wie sollen wir soviel zusätzliche Produktion aus den Flächen bekommen? Indem wir die Landwirtschaft weltweit hochgradig intensivieren, also in Afrika genauso intensiv die Felder bestellen wie es in Holland getan wird. Das erhoffte Ergebnis? Eine Welt, in der man „umso grüner wird desto mehr Gas man schluckt.“ Abermillionen Hektar Land für den monokulturellen Energieanbau zu nutzen und die Landwirtschaft quer durch die Entwicklungsländer zu intensivieren wird somit schnell als eine Strategie angesehen, die uns vor der Klimakatastrophe retten könnte.

Für die IEA wurden detaillierte Studien durchgeführt um herauszufinden, wie dieser Plan in die Tat umgesetzt werden kann. Die vielleicht wichtigste ist die so genannte Studie "Schnelldurchlauf des globalen Bioenergie-Potentials bis 2050", die von der Internationalen Energiebehörde veröffentlich wurde. Sie beinhaltet einen Plan, wie man die weltweite Produktion für Nahrungsmittel und Tierfutter erweitern kann und gleichzeitig gewaltige Mengen Rohstoffe für Bioenergie anbauen kann, ohne die eigentliche Agrarfläche zu vergrößern. Somit würde der Großteil solcher "nachhaltigen Biotreibstoffe" jedoch traditionelle Weide- und Futterflächen sowie weniger intensive Landwirtschaft und die Selbstversorgung von Kleinbauern im gesamten Süden und hauptsächlich in Afrika eliminieren. Ob die dörflichen Gemeinden dann wenigsten einen Anteil der Gewinne abbekommen, ist freie Entscheidung der jeweiligen Regierungen.

Nördliche NROs, Regierungen und wissenschaftliche Berater arbeiten hart daran, den weltweiten Plan in umsetzbare Studien und Taktiken für den globalen Süden umzusetzen. So werden Karten oder Länder und Kontinente in "Gebiete" eingeteilt, die darlegen für welche unterschiedlichen Monokultur-Plantagen sie "passend" sind. Während Naturwälder vielleicht auf dem Papier verschont werden, werden Weiden, ertragsgeringe Agrarflächen und eine gewaltige Anzahl von Tier- und Pflanzenarten, die davon abhängig sind als entbehrlich angesehen, sie werden sozusagen für die Effizienz und Treibstoffproduktion geopfert. Experten nehmen wenig Rücksicht auf "soziale Faktoren", wie die lästige Tatsache, dass das Land vielleicht das Zuhause von Millionen Menschen ist.

Es überrascht wenig, dass viele NROs aus den Südstaaten von einer erneuten Kolonialisierung sprechen: Die Karten zeigen eine furchterregende Ähnlichkeit zu denen, die die Europäer während des "Gerangels um Afrika" 1880 gezeichnet haben. Mit wissenschaftlicher Billigung, Unterstützung von den Regierungen, vielen NROs und der UN werde neue Handelsgesellschaften zwischen der Biotechnik-Industrie, Ölfirmen und großen Agrarfirmen geschlossen. Diese investieren Milliarden von Dollar, zuversichtlich dass ihnen der Zugang zu Land und die Kontrolle der Versorgungskette sicher sind. Diejenigen, die diesen weltweiten Bioenergie-Plan vertreten, ignorieren leider die ökologischen Katastrophe, welche jetzt der menschliche Zivilisation bevorsteht, die Realität der heutigen Welt und, was noch viel schlimmer ist, die Realität der immer wärmeren zukünftigen Welt.

Schlechte Wissenschaft? Sämtliche optimistische Bioenergie-Szenarien nehmen an, dass die Nahrungsproduktion nicht nur gesichert ist, sondern sogar zunehmen wird, ohne dass noch mehr historische Wälder und Flächen, die unter Naturschutz stehen, gebraucht werden. Der Vorsitzende von Unica, der Vereinigung von Zuckerrohr-Bauern in Sao Paulo, Eduardo Pereira de Carvalho, behauptet etwa: "Was den Konflikt über Nahrung und Energie anbelangt, hat die fantastische Erhöhung der Produktivität alle malthusianistischen Argumente komplett widerlegt, und wir haben Abermillionen Hektar ungenutztes Land." Dieser Optimismus widersetzt sich der Realität: Satellitenbilder bestätigen die fortschreitende Desertifikation quer durch riesige Gebiete, einschließlich in Nord-Zentral China (wo zwei große Wüsten kurz davor sind, sich zu vereinigen und bereits 24.000 Dörfer auf ehemals fruchtbaren Land zerstört haben), Kasachstan (das seit 1980 die Hälfte der Ackerfläche aufgrund von Wüstenbildung aufgeben musste), Afghanistan (wo Landwirtschaft durch Sanddünen verdrängt wird und bereits 100 Dörfer verloren gegangen sind), Nordafrika (wo Algerien in Teilen des Landes bereits die Getreideproduktion aufgeben musste), Mexiko und Nord-Ost-Brasilien.

Die biologisch produktiven Flächen der Welt sind ganz offensichtlich am schrumpfen, lange bevor die Erderwärmung große Gebiete erreicht hat. Der Jahrtausend-Ökosystem-Report, welcher 2005 veröffentlicht wurde und an dem tausende von Wissenschaftlern mitgearbeitet haben, kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass 60% aller "naturhaushaltlichen Dienste" zerstört wurden, 25% der Landoberfläche kultiviert wird und Tierarten 100-1000 mal schneller aussterben als ohne menschliche Einflüsse. Gewarnt wurde vor einer beschleunigten Zerstörung des ursprünglichen Naturhaushaltes – selbst ohne den unvermeidbaren Klimawechsel, und ohne der jetzt geplanten Ausbreitung großflächiger Biotreibstoff-Monokulturen. Es besteht keinerlei Zweifel and der fortschreitenden Erderwärmung, die immer häufigere und schwerere Hitzewellen, Dürren und Sturmfluten bringen wird. Dennoch steht in der schon erwähnten Studie für die International Energiebehörde, die grosse Zuwächse bei den globalen Ernteerträgen vorraussagt, dass Klimaveränderungen bei den Vorraussagen ignoriert worden sind. Das sollte eigentlich die gesamte Studie ungültig machen.

Das "Hadley Zentrum", ein führendes britisches Klimaforschungsinstitut, sagt voraus dass, wenn wir so weitermachen wie bisher, ende des Jahrhunderts der halbe Planet an Dürre leiden wird und ein Drittel der Fläche sich in den kommenden Jahrzehnten in Wüste verwandeln wird. Bereits in den letzten drei Jahren haben die Erträge der europäischen Rapsfelder pro Hektar aufgrund von extremen Wetterereignissen abgenommen. Die weltweite Getreideproduktion hat seit 2004 nicht mehr das damalige Niveau erreicht, und folglich wurden die globalen Getreidevorräte reduziert, was wiederum die Kosten von gelagerten Lebensmitteln ansteigen ließ.

Eine vom internationalen Wasser Management und vom UN-Fond gestützte Studie aus dem Jahre 2006, welche von 700 Experten durchgeführt wurde, hat herausgefunden, dass ein Drittel der Weltbevölkerung bereits von Wasserknappheit betroffen sind. Sie sagt voraus, dass durch die weiter wachsende Weltbevölkerung und die damit verbundene Nachfrage an Lebensmitteln der Wasserbedarf bis 2050 um 80% steigen wird, und dass der Anbau von Biotreibstoffen die ohnehin schon angespannte Lage noch verschärfen würde. Nach heutigen und prognostizierenden Klimatrends ist es schwer zu sagen, wie der menschliche Wasserbedarf auch ohne Biotreibstoffe gedeckt werden soll. Folglich hören sich die Forderungen nach steigenden Ernten und dem Zugang zu großflächigen landwirtschaftlichen Gebieten, die nicht mehr für den Lebensmittelanbau benötigt werden, eher nach Wunschdenken als nach guter Wissenschaft an. Wenn der Plan nicht funktionieren kann, ohne bereis heute große Schäden zu hinterlassen, wird er mit Sicherheit erst recht nicht in Zukunft realisierbar sein.

Überraschenderweise konnte ich keinen einzigen wissenschaftlich überprüften Bericht finden, der darauf hinweist, dass die hauptsächlichen Biotreibstoff-Rohstoffe wie Palmöl, Soja, Zuckerrohr und Jatropha auf den Lebenszyklus gerechnet tatsächlich weniger CO2 freisetzen als fossile Brennstoffe. Es gibt ganz einfach keinen Beweis dafür, dass Biodiesel klimafreundlich ist. Es gibt viele Studien über Emissionen im Zusammenhang mit Biotreibstoffen, die in Europa und den USA produziert wurden: Wir wissen zum Beispiel, dass Biodiesel aus Rapsöl und Zuckerrohr geringere Emissionen als Diesel oder Benzin aufweisen, vorausgesetzt dass kein neues, unbewirtschaftetes Land umgepflügt wird – aber dass dieses nur einen verschwindenden Teil des Energieverbrauches ausmachen kann.

In Deutschland werden 12% der Agrarfläche für Biotreibstoffe verwendet dennoch kann nur 2% der Treibstoffe ohne weitere Importe ersetzt werden. Warum gibt es keinen wissenschaftlich überprüften Beweis darüber ob der Anbau von ‚Energiepflanzen’ in den Tropen, welcher so großzügig angepriesen wird, tatsächlich gut für das Klima ist? Könnte es womöglich sein, das eine unabhängige Studie über ihre lebenslangen Emissionen die die Umwandlung von Landflächen miteinbezieht, den Fall ein für alle Mal beenden würde?

Immerhin wird demnächst eine Studie darüber veröffentlicht, wie die Gesamtemissionen von Biodiesel aus Palmöl, welches in Süd-Ost-Asien in Torfmooren angebaut wird, aussieht. Diese Studie verwendet ziemlich konservative Zahlen: Sie zählt Emissionen aus den Torfentwässerungen, nicht aber die von den großflächigen jährlichen Feuern die oft von den Plantagenbesitzern gelegt werden. Durch solch konservative Bedingungen kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass eine Tonne Palmöl aus dieser Region, das als Biodiesel verwendet wird in Verbindung mit einer Emission von 10-30 Tonnen CO2 steht. Das ist 3,6 bis 10,9 mal so viel CO2 wie bei der Verbrennung der gleichen Menge von gewöhnlichen Diesel freigesetzt würde. Das ist die einzige unabhängige Studie zu den Lebenszyklischen Emissionen von tropischen Biotreibstofferträgen die ich je gesehen habe.

Das Versprechen der Nachhaltigkeit Ich bin keinem wissenschaftlichen Bericht und keiner wichtigen Biotreibstoff-Institution begegnet, wo die Zerstörung von Regenwäldern für Energie-Anbauflächen gebilligt wird: So gut wie alle Organisationen und Berichte, die für die massive Erweiterung von Biotreibstoff-Anbau wirbt, bestehen darauf, dass das nicht passieren darf und auch nicht nötig ist. Trotzdem werden Biotreibstoffe leider in einer Welt angebaut, die größtenteils nach Neo-Liberalen Prinzipien regiert wird – oder, um es etwas genauer auszudrücken, wo Vorschriften und Richtlinien zum Umweltschutz und zur Sozialverträglichkeit abgebaut werden und „Handelseinschränkungen" zum Schutze der Umwelt, dem Klima oder den Gemeinden selten gebilligt sind.

Wo etwas angepflanzt wird, wird im Großen und Ganzen vom Markt bestimmt – nicht von Karten oder Plänen, die Wissenschaftler oder NROs entworften haben. Der Markt bevorzugt die Biotreibstoffe, die sich am billigsten herstellen lassen. Im Allgemeinen sind das diejenigen mit den höchsten Erträgen, also tropische Stärke- und Ölpflanzen wie Palmöl oder Zuckerrohr. Weniger ertragreiche Rohstoffe können den Markt nur erobern, wenn die Kosten gering gehalten werden und die Regierungen einen uneingeschränkten Zugang zu neuem Land und vielleicht sogar zu Fördermitteln garantieren – Biodiesel aus Soja ist hier das beste Beispiel. Regenwälder, Artenvielfalt, gesunder Boden und sauberes Wasser sowie CO2-Emissionen werden bei den Abrechnungen ignoriert, was bedeutet, dass diese so oder so für den schnellen Profit geopfert werden.

Nehmen wir Indonesien als Beispiel: Auch wenn Ölpalmen-Monokulturen ein Widerspruch in sich sein mögen, könnte Indonesien immerhin darauf bestehen, dass Plantagenfirmen auf den 12 Millionen Hektar Regenwaldfläche Ölpalmen anbauen sollen, die sie ohnehin schon gerodet haben und die brach liegen statt ihnen immer neue Konzessionen für neue Waldflächen zu bewilligen. Die Plantagenfirmen machen jedoch viel mehr Profit wenn sie Holz verkaufen als wenn sie nur Palmöl anbauen – und sie sind mächtig genug, um politische Massnahmen zu stoppen, die ihre Profite beeinträchtigen.

Hier ist was wir also erleben: Die Regierungen, Organisationen, NROs und Wissenschaftler schreiben Studien, von denen viele fragwürdige Behauptungen beinhalten, um zu zeigen dass Biotreibstoffe angebaut werden können ohne noch mehr Regenwälder, Feuchtgebiete, Torfböden oder besonders artenreiche Gebiete zu zerstören. Folglich werden neue Märkte geschaffen, die die Weltmarktpreise für Palmöl, Soja und Zuckerrohr dramatisch in die Höhe treiben. Die Plantagenbesitzer vor Ort reagieren mit einem vermehrten Anbau dieser Pflanzen am Amazonas, in Ugandas Regenwäldern oder in Kolumbiens historischen Wäldern und Weideflächen, ohne dass Vorschriften sie daran hindern oder sie sich an denen stören, die ihnen sagen dass sie auch woanders anbauen könnten. Unterdessen verbieten Handelsbestimmungen die „Benachteiligung“ von den meisten Waren auf Grund der Art, wie sie produziert wurden.

Selbst wenn die Welthandelsorganisation Europa vielleicht erlauben würde, Biodiesel, das auf Kosten von Regenwäldern produziert wurde zu verbieten, so zeigt die EG keinerlei Interesse daran, das auch nur zu versuchen. Stattdessen gibt es einen immer stärker werdenden Drang danach, die Ausweitung der Biotreibstoffe zu benutzen um einen Durchbruch bei den Verhandlungen der Welthandelsorganisation zu erreichen, der zu einer weiteren Lockerung des Handels und Abschaffung von Vorschriften und umweltbedingten Schutzmaßnahmen führen soll. Währenddessen unterzeichnen Firmen wie Wilmar International die Richtlinien des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (wahrscheinlich in dem sicheren Wissen, dass es Jahre dauern wird bis man sie zur Rechenschaft zieht), um dann die Zerstörung von einem der größten Regenwälder Ugandas für neue Palmölplantagen anzusetzen – und bekommen trotzdem Geldmittel von der Weltbank.

Solange es keine Vorschriften gibt, ist das einzige was irgendwelche Zertifikate dem Konsumenten versichern, dass das Palmöl, dass sie benutzen aus Regenwäldern kommt, die vor 2005 gerodet wurden, während weniger gewissenhafte Verbraucher auch das aus Wäldern kaufen können, die erst vor kürzerer Zeit gerodet wurden. Dennoch, wo auch immer die Palmöllieferung herkommt, es zu verbrennen wird die Preise und somit die Profite steigen lassen, sowohl von den schlimmsten als auch von den weniger schlimme Plantagenbesitzern.

Biotreibstoffe statt Klimagerechtigkeit Einer der führenden Kohlendioxid-Kapitalisten und Biotreibstoff-Verteidiger Großbritanniens ist James Cameron, der Gründer von Klimawechsel-Kapital. Er ist schon länger ein Gegner des Prinzips von gleichen Rechten an der Atmosphäre und war führend an der Entwicklung des Kyoto-Protokolls und dessen ungerechten Emissions-Handels beteiligt. Seine düstere Vorstellung von Afrikas Zukunft sieht folgendermaßen aus: "Die Afrikaner sind in einer gefährlichen Situation. Ihnen wird es nicht helfen, wenn wir noch 20 Jahre lang über Kontraktion und Konvergenz verhandeln. Auch vom Emissionshandel werden sie nicht profitieren, oder gerettet werden. Sie müssen ihre Wirtschaft darauf einstellen, mit hohen fossilen Brennstoffpreisen und Klimawandel gleichzeitig zurechtzukommen. Sie können sich überlegen, wie sie ihr Land am besten benutzen, was sie mit den Wasservorräten, die sie noch haben machen, Biokraftstoffe anbauen, und sicherzustellen, dass erneuerbare Energien bezahlbar werden.“ 1

Das ist eine sehr ehrliche Aussage eines der Architekten und Geschäftemacher des Emissionshandels. Er verficht weiterhin einen Ausbau des bislang ungerechten Emissionshandels, obwohl er sehr genau weiß dass das Afrika nicht davor schützen wird, vom Klimawechsel verwüstet zu werden, und dass der Emissionshandel den Menschen dort nicht helfen wird. Er selbst allerdings profitiert von diesem Handel: Erst hat er dazu beigetragen, den Markt in Emissionen aufzubauen, und jetzt ist er Vorstandsvorsitzender einer äußerst erfolgreichen Handelsgruppe von Banken, die gerade eine Summe von $380 Millionen durch den Europäischen Emissionsmarkt angeworben hat, die sie in ‚klimaschonende’ Projekte investieren wird, vorzugsweise in Entwicklungsländern.

Ein Vertreter des Unternehmens Climate Change Capital spricht im Februar auf der europäischen Bioenergiekonferenz: Eine Konferenz, die einen Überblick über "die neuesten EU-Richtlinien und Impulsmodelle zur drastischen Erhöhung der Biomasse- und Biotreibstoff-Verwendung in den 25 Mitgliedsstaaten" geben soll. Ganz offensichtlich sind Biotreibstoffe eine profitable Investitionsmöglichkeit. Das oben genannte Zitat über Afrikas Zukunft wurde von Aubrey Meyer, dem Gründer des Global Commons Institute veröffentlicht, der dazu folgendes sagt: "Cameron schreibt die Zukunft Afrikas ab – eine logische Folgerung des COP 3 Szenarios (also das Kyoto-Prokoll) und der notwendige Preis der Oekonomie des Völkermordes. 2

Wofür sollen wir stehen? Viele europäische Umweltschützer haben große Hoffnungen in die nachhaltige Biomasse gesetzt, welche aus Abfall oder lokaler Forstwirtschaft gewonnen wird. Wir können an diesen Idealen festhalten, und viele kleine Genossenschaften versuchen jetzt schon, sie umzusetzen. In ärmeren Regionen mit geringem Energieverbrauch könnte selbst eine kleine Menge an Bioenergie, die aus Abfall oder Zwischenfruchtbau gewonnen wird, einen großen Unterschied für die lokale Bevölkerung machen – vorausgesetzt, dass diese für ihre eigenen Zwecke verwendet werden, und nicht an wohlhabendere Staaten verkauft werden.

Wir müssen uns aber bewusst sein dass Biomasse, die aus Abfall gewonnen wird, nur einen winzig kleinen Anteil unseres Energiebedarfs ausmachen kann – es gibt wenig Hoffnung, dass das irgendeine messbare Auswirkung für unsere Kohlendioxidemissionen haben wird. Vor allem aber müssen wir daran denken, dass die Biotreibstoff-Vorschriften der EU, sowie die Pläne der UN Organisationen, oder die verschiedenen zwischenstaatlichen Abkommen über Biokrafstoffe überhaupt nichts mit dieser "grünen" Idealvorstellung zu tun haben. Dort wird ein globaler Plan umgestzt, der lokale Gemeinden, die Artenvielfalt, Wasserversorgung, die Regenwälder und das Klima auf der ganzen Welt bedroht.

Wenn Leute denken, sie könnten in einem Forum von Interessenvertretern sitzen und gewährleisten, dass dieser Plan nachhaltig umgesetzt wird, dann sollten sie besser die Literatur dazu lesen: lch würde ihnen die Berichte, die ich oben aufgelistet habe empfehlen, ausserdem den Jahrtausend Ökosystem-Report und einige gute Klimastudien. Während UN-Organisationen, internationale Organisationen und Regierungen einer nach dem anderen den globalen Plan annimmt oder ihre politische Linie anpasst, müssen wir die Konzepte studieren und uns für die Rechte von hunderten von Millionen Menschen zusammentun, die auf Land leben, das bequemerweise als "degradiertes Ödland" eingestuft wird und der neuen Industrie angeboten wird.

Wir müssen aufhören das Netz der Artenvielfalt durch Monokulturen, die im Namen der Minderung des Klimawechsels angebaut werden, zu zerstören. Und wir müssen uns unsere Stimme erhaben gegen jeden, ganz gleich welches wissenschaftlichenen Grades oder welcher Qualifizierung, der behauptet dass Monokulturen das Klima stabilisieren können. Es kann kein nachhaltiges Energiesystem auf der Grundlage von Monokulturen entstehen. Die heutige Bioenergie-Revolution zerstört bereits jetzt einige wichtige Klimasenken der Erde und trägt dazu bei das Tempo der Klimaveränderung im großen Maße zu beschleunigen. Eine beschleunigte Klimaveränderung bedroht unsere gesamte Zukunft. Wir haben die Beweise. Was wir jetzt brauchen ist ein starke weltweite Opposition. _________________________________________________________ 1 Original: “The Africans are in a perilous position. They will not be rescued by 20 years of debate about C&C. Nor will they be rescued by the Carbon Market [or] beneficiaries of [it]. They’re going to have to really look to the possibilities that do exist in altering their economies to cope with very high fossil fuel prices and Climate Change at the same time . . . some combination of looking at land use and land use change issues; of coping more effectively with the water resources which are there; of growing biocrops; of ensuring that renewable energy technology is made available at low cost.” 2 Original: “Cameron adds Africa to the growing pile of discards that the C3 scenario [i.e. the Kyoto Protocol] inevitably causes and the economics of genocide inevitably requires.”

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