Der Tropenwald wird im Grill verheizt
Die Grillsaison ist wieder in vollem Gange. 200.000 Tonnen Holzkohle importieren die Händler alljährlich nach Deutschland. Die Hauptlieferanten sind Paraguay und Argentinien. Für unser Freizeitvergnügen wird der Chaco-Wald abgeholzt. Und auch das Grillfleisch wird oft auf Kosten der tropischen Wald- und Savannengebiete in Südamerika produziert. Immer weiter breiten sich dort Rinder-Weiden und Soja-Plantagen aus.
AppellWer im Sommer Grillkohle kaufen will, muss nicht lange suchen. In Tragetaschen und Papiersäcken stapelt sie sich in den Regalen von Supermärkten, Tankstellen, Bau- und Gartencentern. Die Holzkohle stammt allerdings nur zu einem sehr kleinen Teil aus heimischer Produktion. Sie wird fast ausschließlich aus den Tropen und aus Osteuropa importiert und hierzulande lediglich abgefüllt. Im Durchschnitt etwa 200.000 Tonnen jährlich, so das Statistische Bundesamt.
Hinweise zur Herkunft der Ware finden sich auf den Holzkohlepackungen zumeist nicht. Paraguay ist seit Jahren Hauptlieferant für hiesige Grillfeiern. Ein Viertel der Holzkohle – 50.000 Tonnen pro Jahr - stammt aus dem südamerikanischen Land. An zweiter Stelle hat sich im Jahr 2009 Argentinien mit über 27.000 Tonnen etabliert. Wichtige Lieferländer sind außerdem Nigeria, Indonesien und Namibia. Lediglich ein Viertel stammt aus europäischer Produktion, hauptsächlich aus Polen und der Ukraine.
Grillexperten schwören besonders auf tropische Harthölzer wie den Quebracho-Baum. Sie übersehen dabei: In seiner Heimat, dem Chaco-Wald in Südamerika, ist die Art inzwischen vom Aussterben bedroht und steht auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN. Fast 700 Hektar des sehr artenreichen Chaco-Waldes werden täglich abgeholzt, hauptsächlich um Platz für die Viehzucht und für den Sojaanbau zu schaffen. Der Holzeinschlag und die Holzkohleproduktion sind dabei ein wichtiger Teil des Geschäfts. Sie finanzieren die Rodungen.
Angaben wie „kein Tropenholz“ und die Werbung mit dem Industriesiegel FSC bieten keine Sicherheit, wie Ökotest bereits im Juni 2009, November 2009 sowie im Fernsehen der WDR-Marktscanner (hier der WDR-Testbericht als pdf) im vergangenen Jahr bemängelt haben. Im Labor wurde trotzdem Tropenholz nachgewiesen, und man konnte keine FSC-Nachweise vorlegen. Völlig unverantwortlich sind auch die sogenannten „Einweggrills“. Der Rost und die Aluminiumschale werden nach Gebrauch einfach weggeworfen – oder im Park stehengelassen.
Oberhalb des Grillrostes sieht es nicht besser aus: Die Grillsteaks stammen häufig auch aus Argentinien, Brasilien und Paraguay, die zu den größten Rindfleischexporteuren weltweit gehören. Und Fleisch aus europäischer Produktion ist ebenso schädlich. Die Tiere werden mit importiertem Sojaschrot gemästet. In den drei südamerikanischen Ländern belegt Soja bereits 45 Millionen Hektar Land – eine Fläche so groß wie Deutschland und Österreich zusammen. Für unseren Hunger nach Fleisch fressen sich die Monokulturen immer tiefer in die tropischen Wald- und Savannengebiete hinein.
Grillen bedroht also die tropischen Wälder gleich in dreifacher Hinsicht. Als Alternative zur schädlichen Tropenholzkohle kommt nur umweltfreundlich produzierte Holzkohle aus heimischem Wäldern in Frage, oder Gas- und Elektrogrillgeräte. Das Fleischproblem lässt sich mit Gemüsespiessen lösen, oder zumindest Bio-Fleisch aus tiergerechter Haltung. Bitte entscheiden Sie selbst. Und beteiligen Sie sich an unserer Aktion. Wir sammeln die Unterschriften und leiten sie an die Supermärkte und Tankstellenbetreiber weiter.
Fernsehtipp: Beitrag des Verbrauchermagazins Was! Wo kommt unsere Grillkohle her? vom 30. Mai 2011.
Weitere Infos und offizielle Importstatistiken
HintergründeHolzkohlebriketts werden aus Holzkohlestaub zusammengepresst und mit pflanzlichen Mitteln wie Stärke geklebt. Auf Holzkohlebriketts lässt sich meist wesentlich länger grillen, allerdings benötigen diese auch eine lange Vorglühzeit. Daneben gibt es Grillbriketts aus Baunkohle im Angebot.
44 Holzkohlehändler und -hersteller aus dem In- und Ausland sind in der Barbecue Industry Association Grill (BIAG) e.V. mit Sitz in Aschaffenburg organisiert. Deutschland ist der Markt mit dem größten Absatzvolumen an Grillholzkohle sowie Grillholzkohlebriketts in Europa.
Die Firma Profagus aus Bodenfelde ist der einzige große deutsche Hersteller und produziert die Holzkohle aus Buchenholz aus der Region. Das Holzkohlewerk Lüneburg hingegen importiert nach Angaben von Ökotest und des WDR seine Ware aus dem Chaco in Argentinien, obwohl auf den Verpackungen "kein Tropenholz" zu lesen steht. Mit einer Absatzmenge von mehr als 40.000 Tonnen und einem Jahresumsatz von mehr als 20 Millionen Euro sieht sich der Betrieb als Marktführer in Deutschland.
Holzkohleimporte nach Deutschland 2009 und 2010. Quelle: Statistisches Bundesamt
Land |
Einfuhr in Tonnen nach Jahren |
|
2010* |
2009 |
|
Paraguay |
46.623 |
56.610 |
Polen |
24.124 |
33.790 |
Argentinien |
22.022 |
27.165 |
Nigeria |
19.506 |
14.803 |
Ukraine |
14.514 |
5.515 |
Indonesien |
11.984 |
9.138 |
Frankreich |
6.595 |
10.703 |
Namibia |
6.104 |
5.283 |
Malaysia |
3.444 |
4.524 |
Philippinen |
3.017 |
3.600 |
Weitere Länder insgesamt |
28.623 |
30.976 |
Holzkohleimporte insgesamt |
186.556 |
202.107 |
* Vorläufige Ergebnisse
Offenes Schreiben an
die deutschen Supermärkte, Bau- und Gartencenter, Tankstellenbetreiber
Sehr geehrte Damen und Herren,
in ihren Supermärkten und Tankstellen wird Holzkohle verkauft. Auf den Verpackungen sind zwar deutsche Firmenadressen angegeben, aber in Deutschland wird fast keine Holzkohle produziert. Der größte Teil wird aus (sub)tropischen Ländern importiert und in Deutschland in der Regel nur abgefüllt.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist Paraguay Hauptlieferant, weitere wichtige Lieferländer sind Argentinien, Nigeria, Indonesien und Namibia. Lediglich ein Viertel stammt aus europäischer Produktion, hauptsächlich aus Polen und der Ukraine.
In Paraguay und Argentinien wird der artenreiche Chaco-Wald abgeholzt und zu Holzkohle verarbeitet. Auch in Nigeria und Indonesien werden die Tropenwälder massiv gerodet. Eine umweltverträgliche Wald- und Holzwirtschaft gibt es in diesen Ländern praktisch nicht.
Prüfungen von Ökotest und des WDR Marktscanner haben ergeben, dass auch Aufdrucke auf den Verpackungen wie „Kein Tropenholz“ und Zertifikate keine Sicherheit bieten. Selbst in diesen Produkten wurde zum Teil Tropenholz gefunden.
Bitte nehmen Sie sämtliche Holzkohle aus Ihrem Verkaufssortiment, die aus (sub)tropischen Ländern stammt. Und bitte verkaufen Sie nur Holzkohle, auf deren Verpackung deutlich sichtbar und verbindlich die genaue Herkunft der Holzkohle angegeben ist. Denn als Kunde möchte ich mich nicht an der Tropenwaldvernichtung beteiligen.
Mit freundlichen Grüßen