Französisch-Guyana: Keine Goldmine in den Regenwald!
Die französische Regierung hat den Goldabbau im Amazonas-Nationalpark in Französisch-Guyana genehmigt. Paris setzt sich damit über die Einwohner im Regenwald, die Nationalparkverwaltung und sogar die Gesetze des Landes hinweg. Bitte unterstützen Sie die Proteste der Regenwaldschützer
AppellAn: Herrn Arnaud Montebourg, Industrieminister Frankreich, Herrn Denis Labbé, Präfekt von Französisch-Guyana
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Mitten im Regenwald von Französisch-Guyana liegt das Dorf Saül. Für die dort in kleinen Zahlen einfliegenden Naturliebhaber und Wissenschaftler ist es der Ausgangspunkt für Touren und Forschungsexpeditionen in den hier noch weitgehend unberührten südamerikanischen Urwald. Die Besucher bilden das wirtschaftliche Standbein der Einwohner. Eine Straßenverbindung gibt es nicht.
Der 2007 gegründete 33.900 Quadratkilometer große Amazonas-Nationalpark ist die Heimat einer enormen Artenvielfalt: Neben Jaguaren, Pumas und Tapiren leben dort 718 Vogel-, 480 Süßwasserfisch-, 261 Reptilien- und Amphibien- sowie 186 Säugetierarten. Und ständig verlängert sich die Liste, zu der auch über 1.200 Baumarten gehören, um neu entdeckte Spezies.
„Die Zukunft von Saül hängt von dem unvergleichlichen Reiz ab, den der Reichtum der Natur auf die Besucher ausübt, seien es Naturliebhaber oder Wissenschaftler", erklärte der Direktor des Nationalparks, Frédéric Mortier, schon 2009. Damals wie heute lehnt er den Antrag der Bergbaugesellschaft REXMA ab, im Limonade-Fluss Gold abzubauen.
Doch am 26. Oktober 2012 hat der Industrieminister Arnaud Montebourg im fernen Paris die Genehmigung zum Goldabbau vergeben. Französisch-Guyana gehört als Überseedépartement zu Frankreich und zur EU. Die so genannte „Limonade Konzession" ermöglicht es der Firma REXMA, auf zehn Quadratkilometern den Regenwaldboden und die Flusssedimente nach Gold zu durchwühlen und zu dessen Bindung hochgiftige Chemikalien wie Zyanid und Quecksilber einzusetzen, die die Ökosysteme dauerhaft verseuchen.
Bitte unterstützen Sie die Einwohner in Saül und helfen Sie ihnen, den Regenwald in Französisch-Guyana vor dem Goldabbau zu bewahren. Die Goldkonzession muss unverzüglich annulliert werden.
HintergründeDie französische Regierung verletzt damit ihre eigene Gesetze und torpediert die jahrelangen Bemühungen, den Goldabbau im Regenwald einzudämmen. In Französisch-Guyana durchwühlen Hunderte von Betreibern mit etwa 15.000 zumeist brasilianischen Arbeitern illegal den Regenwald und die Flüsse auf der Suche nach dem Edelmetall.
Zu deren Bekämpfung haben die Behörden einen Bergbau-Raumnutzungsplan ausgearbeitet, der im Januar 2012 in Kraft getreten ist. Im Nationalpark und angrenzenden Gebieten ist jeglicher Bergbau verboten. Die Limonade-Konzession liegt mitten in der Verbotszone.
Der Stadtrat von Saül und die Einwohner sehen dadurch ihre Existenz gefährdet. Kein Tourist und Tropenwaldforscher interessiert sich für abgeholzten Regenwald, zerstörte und vergiftete Flüsse. Zudem ist der Fischfang im Fluss eine wichtige Eiweißquelle für die Menschen. Sie protestieren gegen die Goldkonzession und haben sich mit einer Petition haben sie sich an die zuständigen Behörden gewandt Auch die zuständigen Behörden und internationale Umweltorganisation sind gegen das Bergbauvorhaben.
Nationalpark Guyana, Naturlabor für Wissenschaftler
Der Nationalpark Guyana (genannt „Amazonas-Park von Guyana" oder PAG), der durch ein Dekret 2007 eingerichtet wurde, ist ein riesiges, gut erhaltenes Primärwald-Gebiet mit einer außergewöhnlichen Artenvielfalt. Mit einer Gesamtfläche von 3,39 Millionen Hektar stellt er das größte Schutzgebiet der Europäischen Union dar (auch wenn sich der Park in einer tropischen Umgebung auf dem südamerikanischen Kontinent befindet).
Der Nationalpark Guyana ist schon für seine verschiedenen Landschaften beachtenswert – von Sumpf- über Bergwälder bis hin zu Inselbergen. Einzigartig ist aber auch seine Fauna (480 Süßwasserfische, 180 Säugetierarten - darunter Tapir, Affen und Jaguar -, 300 verschiedene Reptilien und Amphibien, 720 Vogelarten sowie mehrere Hunderttausend Insektenarten) und Flora (1200 Baumarten, davon mehrere Hundert verschiedene auf einem Hektar, 85 Palmenarten und mehrere Hundert Orchideensorten).
Der Nationalpark Guyana wurde schon von vielen Wissenschaftlern besucht, die dort Zeit, Geld und Leidenschaft investiert haben, so wie der Botaniker Scott Mori vom New York Botanical Garden, Spezialist für Topffruchtbaumgewächse. Er hat dort seit den 1980er Jahren wichtige Forschungsarbeiten in genau dem Gebiet koordiniert, für das die Genehmigung zur Goldförderung vergeben wurde. Zu diesem Gebiet hat er eine Liste der einmaligen Pflanzenwelt veröffentlicht, deren letzter der vier Bände im Oktober 2011 erschienen ist.
Wenn REXMA tatsächlich Goldminen in dieser Zone betreiben sollte, würde ein Teil der ökologischen Schatzkammer zerstört. Aber nicht nur das: Da die Minen flussaufwärts und in direkter Nähe des Beckens errichtet werden sollen, das in die Limonade-Bucht fließt, würden die Abfälle des Bergbaus, darunter Quecksilber, durch die Wasserläufe unvermeidlich in andere gefährdete Ökosysteme des Nationalparks gelangen.
Die Charta vom Nationalpark Guyana
Der Nationalpark Guyana besteht aus zwei Zonen: eine, die das „Herz" genannt wird und 60 Prozent der Gesamtfläche ausmacht, und eine Zone des „freiwilligen Beitritts". Alle, die in diesem Gebiet aktiv sind (lokale Gemeinschaften, traditionelle Autoritäten, Staatsdienste sowie sozio-ökonomische Akteure und Vereine), entwickeln eine Charta, um „die Ausrichtung der regionalen Entwicklung und des Naturschutzes festzulegen". Über diese Charta wird gerade diskutiert und abgestimmt. Die Mitglieder eines öffentlichen Untersuchungsausschusses sollen sich vom 21. Januar bis zum 7. Februar 2013 in allen beteiligten Gemeinden zusammenfinden, um die Bemerkungen der Bevölkerung anzuhören.
REXMA, ein langjähriger Kampf für die Bewohner von Saül
Während ihres Zuges durch die Ortschaft Saül werden die Bewohner den Kommissionären deutlich machen, dass sie die Goldförderung auf ihrem Territorium ablehnen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Bewohner des isoliert im Regenwald liegenden Städtchens gegen eine Entscheidung auflehnen, die ihre Existenz gefährdet.
Bereits 2006 hatten sie stark protestiert, als dem Unternehmen REXMA eine exklusive Forschungs-Genehmigung erteilt wurde. Schon damals hatte sich der beauftragte Industrie-Minister François Loos über den ablehnenden Bescheid des Bürgermeisters von Saül, des Minen-Ausschusses und des Präfekten hinweggesetzt. Die Anwohner fürchten heute, dass ein Präzedenzfall geschaffen wird. Denn sie fragen sich, wie der Minister künftig die Ansiedelung weiterer Bergbaufirmen verhindern will, wenn er REXMA die Erlaubnis dazu erteilt hat.
2008 hatte REXMA das erste Mal eine Anfrage auf eine Bergbau-Genehmigung gestellt. Zu jener Zeit hatte das Unternehmen eine ablehnende Mitteilung von Frédéric Mortier, dem Direktor des Nationalparks Guyana, erhalten. Die Veröffentlichung des Ministererlasses im französischen Gesetzesblatt am 11. Dezember 2012 zog einen Aufschrei der Empörung nach sich: Es protestierten die Bevölkerung von Saül, zuständige Einrichtungen (darunter der französische Ausschuss der Internationalen Union für die Bewahrung der Natur, kurz IUCN), Politiker (allen voran Chantal Berthelot und José Gaillou), Wissenschaftler (Scott Mori) und Vereine (Fédération Guyane Nature Environnement...).
Die Reaktionen waren einstimmig: Unverständnis und Ablehnung gegenüber der Goldförderungs-Genehmigung an sich, aber auch angesichts der unterbliebenen Rücksprache mit den betroffenen Personen und Institutionen.
An: Herrn Arnaud Montebourg, Industrieminister Frankreich, Herrn Denis Labbé, Präfekt von Französisch-Guyana
Sehr geehrter Herr Minister Montebourg, sehr geehrter Herr Präfekt Labbé,
mit dem im Dezember 2012 im Amtsblatt 11 veröffentlichten Beschluss hat der Industrieminister der Firma REXMA eine Bergbaulizenz für zehn km2 am Lemonade-Fluss erteilt, wenige Kilometer vom Dorf Saül entfernt im Amazonas-Nationalpark in Französisch-Guyana.
Diese Entscheidung ist in keiner Weise nachvollziehbar:
Die Genehmigung betrifft ein ausgewiesenes Regenwald-Schutzgebiet, in dem nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Bergbau-Raumnutzungsplan (Schéma Départemental d’Orientation Minière et d’Aménagement) von Guyana der Abbau von Gold nicht gestattet ist.
Es ist ein Naturreservat mit einer bemerkenswerten Artenvielfalt, das durch verschiedene wissenschaftliche und besonders botanische Studien untersucht wurde. Das betroffene Gebiet ist Teil einer Zone, die dem Amazonas-Nationalpark in Französisch-Guyana auf Initiative der Einwohner eingegliedert wurde. Dieser Bereich ist ökologisch sehr wichtig und nun extrem bedroht, da die dort verlaufenden Flüsse die durch den Bergbau entstehenden Verschmutzungen in die Ökosysteme im Herzen des Nationalparks transportieren würden.
Weiterhin berücksichtigt diese Genehmigung nicht die Entscheidung des Rates vom Saül vom 29. Januar 2008, die eine Schutzzone von zehn Kilometern um die Stadt einrichtet, in der kein Bergbau betrieben werden darf. Die der Firma REXMA erteilte Genehmigung gilt für ein Gebiet, das weniger als fünf Kilometer vom Dorf entfernt ist.
Die Einwohner von Saül sehen dadurch ihre Lebensgrundlagen und die Entwicklung des außergewöhnlichen Naturerbes gefährdet, die Tourismus und Forschung ermöglichen. Mit diesem Schreiben möchte ich den Einwohnern auch meine Unterstützung zeigen.
Ich frage mich, welche für das Gebiet zuständigen Organisationen oder Institutionen ihre Zustimmung für diese Genehmigung gegeben haben. Es scheint mir, dass die Entscheidung einseitig durch das Industrieministerium ohne Rücksprache getroffen wurde, worüber ich entsetzt bin.
Ich fordere daher den Industrieminister auf, die Bergbau-Lizenz „Lemonade", die er am 26. Oktober 2012 an das Unternehmen REXMA vergeben hat, zurückzunehmen.
Ich fordere den Präfekten auf, das bestehende Bergbaugesetz in Französisch-Guyana einzuhalten und daher keine Bergbauaktivitäten durch die Firma REXMA zuzulassen.
Hochachtungsvoll
Ausgangslage – Schmutziges Gold
Goldvorkommen gibt es fast überall auf der Erde.
Das kostbare Metall wird mit 55 Prozent hauptsächlich zu Schmuck verarbeitet, 25 Prozent dienen zu Spekulationszwecken als private finanzielle Wertanlage und 11 Prozent werden von staatlichen Zentralbanken in Tresoren gelagert. Die US-Regierung besitzt mit 8.134 Tonnen mit Abstand den größten Goldbestand. Die Deutsche Bundesbank kommt mit 3.369 Tonnen an zweiter Stelle. Nur etwa 8 Prozent des Goldes gehen in die der Elektronikindustrie für Handys, Laptops und andere elektronische Geräte.
Gold kann als körnerartige Goldseifen (Nuggets), die mechanisch vom Bodensubstrat getrennt werden, vorkommen. Weitaus häufiger findet sich das Edelmetall jedoch in feinsten Spuren in der Gitterstruktur der Gesteinsminerale oder als Goldstaub in den Sedimenten von Flüssen. Um das Gold herauszulösen und zu binden, werden die Gesteine zermahlen und dann mit Chemikalien versetzt.
Im großindustriellen Goldabbau wird das äußerst umweltschädliche Zyanid-Lauge-Verfahren angewandt. Um eine Tonne Gold zu fördern, müssen durchschnittlich 150 Tonnen Zyanid eingesetzt werden. Bereits wenige Milliliter davon sind tödlich für den Menschen.
Das Quecksilber-Verfahren kommt häufig bei Kleinschürfern zur Anwendung. Die goldhaltigen Erze werden zunächst stundenlang im Wasser gesiebt, bis der Goldstaub im Bodensatz konzentriert ist. Dieser goldhaltige Gesteinsschlamm wird dann mit Quecksilber gemischt, das mit dem Gold eine flüssige Legierung (Amalgam) eingeht. Diese Legierung wird erhitzt, das toxische Schwermetall verdampft und übrig bleibt reines Gold. Schutzanzüge gegen das Nervengift oder Rückgewinnungsvorrichtungen für das verdampfende Quecksilber sucht man beim Goldabbau durch Kleinschürfer oft vergeblich. Lukrative Geschäfte mit dem Edelmetall machen vor allem Kapitalgeber, Transportunternehmen und Chemikalienhändler. Menschen und Natur leiden unter dem Goldabbau.
Auswirkungen –Toxische Wüsten statt artenreicher Regenwälder
Durch Zyanid und Quecksilber werden Böden und das Grundwasser auf ewig verseucht. Selbst wenn Goldminen stillgelegt werden, gibt zyanidbehandeltes Gestein viele Jahrzehnte später giftige Schwefelsäuren ab.
Der industrielle Goldabbau benötigt zudem Unmengen an Wasser. Das kontaminierte Wasser wird zusammen mit den Gesteinsschlämmen in riesige Auffangbecken unter freiem Himmel gepumpt. Permanent versickern dabei große Mengen giftiger Abwässer in die Böden und werden in Bäche geleitet. Durch mangelhafte Konstruktion der Dämme oder nach starken Regenfällen kommt es immer wieder zu Dammbrüchen, bei denen sich innerhalb von Minuten Millionen Tonnen der toxischen Schlämme in die Umwelt und Flüsse ergiessen. Im Jahr 2000 in Rumänien verseuchten schwermetallhaltige Schlämme die Theiss, den größten Zufluss der Donau. Jegliches Leben in den Gewässern wurde ausgerottet. Die Giftbelastung war bis in die mehrere hundert Kilometer entfernte Donau nachzuvollziehen.
Im Regenwald kommt die Abholzung der Urwaldriesen für den Goldabbau hinzu. Bagger wühlen die Erde um, mit Wasserpumpen werden die Böden weggespült und durchsiebt, um goldstaubhaltigen Schlamm anzureichern und dann das Edelmetal mit Quecksilber zu binden. So entstehen entlang der Flüsse verseuchte Mondlandschaften. Um nur 0,24 Gramm Gold zu erhalten, entstehen 1000 Kilo Sondermüll und Abraum. Ein einzelner Goldring produziert demnach 20 Tonnen lebensgefährlichen Giftmüll.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnt, dass Kinderarbeit in der Goldgewinnung weit verbreitet ist. Kinder können in enge Schächte klettern und waschen mit bloßen Händen die goldhaltigen Erze in Quecksilberlaugen.
Die Lösung – Vier Goldene Regeln zum Schutz von Mensch und Natur
Wurde auch mein Goldschmuck unter diesen menschenunwürdigen und umweltverpestenden Bedingungen hergestellt? Den verschlungenen Goldpfad nachzuverfolgen, ist aufgrund der Vielzahl der Akteure äußerst schwierig. Die Goldraffinerien, die mehrheitlich in der Schweiz sitzen und zusammen 70 Prozent der Weltproduktion ausmachen, geben an, den Rohstoff von zertifizierten Händlern zu beziehen. Auf den zweiten Blick zeigt sich allerdings, dass viele Verkäufer Scheingeschäfte mit falschen Adressen führen (Filmtipp: „Dreckiges Gold - Die glänzenden Geschäfte mit dem edlen Metall“).
Auch wir tragen für die Auswirkungen Verantwortung: Was kann jeder einzelne also tun?
1. Konsum überdenken: Braucht man jedes Jahr ein neues Smartphone? Nutzen Sie Elektronikgeräte wie Handys und Laptops möglichst lange. Wenn die Funktionen versagen, können Sie das Gerät aussortieren – aber dann bitte in einer Recyclingstelle abgeben. Wussten Sie, dass laut einer UNO-Berechnung in nur 49 Handys soviel Gold enthalten ist wie in einer Tonne Golderz?
2. Schmuck umarbeiten: Goldschmuck, der aus der Mode gekommen ist oder einfach nicht mehr gefällt, lässt sich problemlos umarbeiten. Der Regenwald wird es danken.
4. Gold taugt nicht als Investition: Ist Gold wirklich ein sicherer Anker in Finanzkrisen? Experten raten davon ab. Und außerdem: Eine ethische und verantwortungsvolle Finanzanlage ist Gold nicht.
5. Wissen in die Welt transportieren: Machen Sie auf die umweltschädlichen Giftstoffe beim Tagebau, den Raubbau an der Natur und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen aufmerksam, indem Sie unseren kostenlosen Regenwald Report mit fundierten Artikeln zu Regenwaldthemen beim Friseur oder Arzt auslegen. Gerne senden wir Ihnen hierfür ausreichend Exemplare zu.