Indonesien: Erschießung eines Unbeteiligten

Palmölfirmen lassen ihre Plantagen mit Gewalt verteidigen (© Save Our Borneo)
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Ajak Sismanto wollte seine Familie besuchen – und starb auf dem Gelände einer Palmölfabrik durch eine Polizeikugel. Palmöl-Plantagen verursachen immer mehr Gewalt in Indonesien. Wir fordern: „Beenden Sie die Gewalt an Menschen und Natur!“.

Appell

An: den Präsidenten der Republik Indonesien, den Gouverneur von Zentralkalimantan, Agustin Teras Narang, den Distriktchef von Ost-Kotawaringin, Supian Hadi,

„Beenden Sie Gewalt, Landraub und Regenwaldrodung für Palmöl. Klären Sie den Tod von Ajak Sismanto auf und beenden Sie den Landkonflikt mit der Gemeinde Penyang.“

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Ajak Sismanto hatte mit der Palmölfirma Agro Bukit nie etwas zu tun. Der 25-Jährige wollte seine Familie besuchen, die in Penyang arbeitet – die Gemeinde gehört zur indonesischen Provinz Zentralkalimantan auf Borneo. Dort betreibt die Firma PT. Agro Bukit eine ihrer Palmölplantagen.

Am 10. Juni fuhr Sismanto mit vier Dorfbewohnern zum Büro von Agro Bukit. Sie wollten wissen, warum die Firma eine Gruppe von Bauern verhaften ließ. Auf dem Weg trafen sie auf Sicherheitskräfte der Firma sowie Polizisten von der Polizeitruppe Brimob. Die Brimob ist wegen ihrer Brutalität gefürchtet, deshalb flüchteten einige der Männer aus dem Auto. „Daraufhin schoss ein Polizist durch die Windschutzscheibe und traf Ajak Sismanto in den Bauch. Man brachte ihn in das 40 Kilometer entfernte firmeneigene Krankenhaus, wo er acht Tage später starb.“ Das berichtet uns unsere Partnerorganisation Save our Borneo.

Der Tod des völlig unbeteiligten Mannes ist der tragische Höhepunkt im langen Konflikt zwischen der Bevölkerung von Penyang und PT. Agro Bukit: Die Dorfbewohner wurden nicht gefragt, als die lokale Regierung der Firma 2004 die Genehmigung für eine Plantage erteilte – 6.000 Hektar Wald und Ackerland, die der Gemeinde gehörten.

Nach dem Tod von Ajak Sismanto gingen die Aktivisten von Save our Borneo und anderer Organisationen auf die Straße. Sie fordern, den Fall zu untersuchen und der Firma PT. Agro Bukit die Genehmigung zu entziehen. Außerdem soll die Regierung dafür sorgen, dass Plantagenfirmen keine Soldaten und Polizisten mehr als Sicherheitskräfte anheuern dürfen.

Das Parlament von Zentralkalimantan versprach zwar Aufklärung, doch bisher ist nichts geschehen. Indonesien hat einen neuen Präsidenten gewählt – wir haben die Hoffnung, dass er die Gewalt auf den Plantagen beendet. Bitte unterstützen Sie unsere Petition.

Hinter­gründe

Im Jahr 2004 erhielt die Palmölfirma PT. Agro Bukit von der lokalen Regierung die Genehmigung für eine Palmölplantage in der Gemeinde Penyang. Insgesamt sind es 6.000 Hektar Wald und Ackerland, die die Dorfbewohner und Bauern für ihren Lebensunterhalt nutzten. Doch sie wurden nicht gefragt, ob sie mit der Plantage einverstanden waren, noch erhielten sie eine Entschädigung.

Damit begann ein Konflikt, der bis heute anhält. Immer wieder hat die Bevölkerung gegen den Landraub demonstriert und öffentlich ihr Recht gefordert.

Währenddessen rodete PT. Agro Bukit den Wald, pflanzte riesige Monokulturen aus Ölpalmen, erntete die Früchte.

Erst dann schalteten sich Beamte und Parlamentsvertreter in den Konflikt ein. Das Resultat war eine Vereinbarung zwischen der Firma und der Gemeinde, dass u.a. beide Seiten so lange keine Früchte ernten sollten, bis der Landkonflikt gelöst war.

PT. Agro Bukit aber hielt sich nicht an die Vereinbarung: Sie taten nichts, um den Landkonflikt zu lösen und ernteten weiterhin Palmölfrüchte. Daraufhin begannen auch die enttäuschten Bauern mit der Ernte. Und die Firma heuerte mehr Polizisten an, um sie daran zu hindern. Bis im Juni dieses Jahres die Gewalt eskalierte: Fünf Bauern wurden verhaftet wegen Diebstahls der Palmölfrüchte – und ein Mann wurde erschossen: Ajak Sismanto, der mit dem ganzen Konflikt nichts zu tun hatte.

Die Palmölfirma PT. Agro Bukit betreibt nach eigenen Angaben in Zentral- und Südkalimantan sechs Plantagen mit insgesamt 17.643 Hektar. Sie ist Mitglied im „Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl“ (RSPO), hat bis 2012 noch keine Plantage zertifizieren lassen, will aber bis 2015 ihre Mühlen und Plantagen zu 100 Prozent zertifiziert haben: http://www.rspo.org/sites/default/files/ACOP2012_GRW_1-0025-06-000-00-84.pdf

Dieses Beispiel zeigt: Die RSPO-Mitgliedschaft und Zertifizierung verhindert weder Landraub noch tödliche Schüsse auf Menschen.

Das gilt natürlich auch für die Muttergesellschaft von PT. Agro Bukit: Goodhope Asia Holdings mit Sitz in Singapur besitzt knapp 157.000 Hektar Land in Indonesien und Malaysia für Palmölplantagen – die Hälfte davon sind in Betrieb.

Goodhope plant bereits, die Palmölplantagen nach West- und Zentralafrika auszuweiten.

http://www.goodhopeholdings.com/

An­schreiben

An: den Präsidenten der Republik Indonesien, den Gouverneur von Zentralkalimantan, Agustin Teras Narang, den Distriktchef von Ost-Kotawaringin, Supian Hadi,

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Gouverneur, sehr geehrter Herr Distriktchef,

immer wieder erfahre ich von Landraub, Menschenrechtsverletzungen und auch tödlicher Gewalt für die Gewinnung von Palmöl in Ihrem Land. Palmöl, das in die Welt exportiert wird und auch in unsere Lebensmittel und Autotanks fließt. Ich habe nicht immer die Möglichkeit, auf Palmöl im Alltag zu verzichten – aber ich will kein Produkt konsumieren, für das die Regenwälder abgeholzt und Menschen bedroht und sogar getötet werden.

Ich unterschreibe diese Petition aus einem aktuellen, erschütternden Anlass:
Am 10. Juni wurde der 25-Jährige Ajak Sismanto durch eine Kugel aus einem Polizeigewehr so schwer verletzt, dass er acht Tage später in einem Krankenhaus in Sampit starb. Von der Tat berichten Augenzeugen, die mit Ajak Sismanto zur Fabrik der Palmölfirma PT. Agro Bukit in der Gemeinde Penyang gefahren sind, um sich nach dem Grund für die Verhaftung einiger Bauern zu erkundigen. Das Auto wurde vom bewaffneten Sicherheitspersonal und Polizisten der Brimob-Einheit angehalten. Als einige der Männer aus dem Auto flohen, weil sie Angst vor der Brimob hatten, schoss einer der Polizisten durch die Windschutzscheibe und traf Ajak Sismanto in den Bauch. Die Zeugen berichten, dass die Polizei versucht hat, die Kugel zu entfernen, um Spuren zu verwischen. Erst dann brachten sie ihn in das 40 Kilometer entfernte firmeneigene Krankenhaus. Einen Autopsiebericht soll es nach Informationen der Umweltorganisation Save our Borneo bis heute nicht geben, noch wurde der Fall bisher offiziell untersucht. Stattdessen stellt die Polizei das Opfer öffentlich als Verbrecher dar. Immer wieder werden Menschen, die ihr Recht wahrnehmen wollen, kriminalisiert – das kritisieren Menschenrechtler schon seit Jahren.

Der Tod des völlig unbeteiligten Mannes (Ajak Sismanto wollte in Penyang nur seine Familie besuchen) ist der tragische Höhepunkt im langen Konflikt zwischen der Bevölkerung von Penyang und PT. Agro Bukit: Die Dorfbewohner wurden nicht gefragt, als die lokale Regierung der Firma 2004 die Genehmigung für eine Plantage erteilte – 6.000 Hektar Wald und Ackerland, die der Gemeinde gehörten.

Im Namen der Bevölkerung und Save our Borneo bitte ich Sie:
*Sorgen Sie dafür, dass der Tod von Ajak Sismanto untersucht, die Schuldigen bestraft und die Familie des Opfers entschädigt wird.
*Entziehen Sie der Palmölfirma PT. Agro Bukit die Betriebsgenehmigung und ziehen Sie auch das Unternehmen zur Verantwortung für die Tat.
*Geben Sie der Bevölkerung von Penyang ihr Land zurück und veranlassen Sie die Wiederaufforstung des Regenwaldes.
*Sorgen Sie dafür, dass künftig keine Firma Soldaten, Polizisten und andere staatliche Sicherheitskräfte für die Bewachung der Plantagen anheuern dürfen.

Freundliche Grüße

5-Minuten-Info zum Thema: Palmöl

Die Ausgangslage – Regenwald im Tank und auf dem Teller

Mit 66 Millionen Tonnen pro Jahr ist Palmöl das meist produzierte Pflanzenöl. Inzwischen dehnen sich die Palmölplantagen weltweit auf mehr als 27 Millionen Hektar Land aus. Auf einer Fläche so groß wie Neuseeland mussten die Regenwälder, Mensch und Tier bereits den „grünen Wüsten“ weichen.

Der niedrige Weltmarktpreis und die von der Industrie geschätzten Verarbeitungseigenschaften haben dazu geführt, dass Palmöl inzwischen in jedem zweiten Supermarktprodukt steckt. Neben Fertigpizza, Keksen und Margarine begegnet uns Palmöl auch in Körpercremes, Seifen, Schminke, Kerzen und Waschmitteln.

Was kaum einer weiß: Mittlerweile gehen in der EU 61 % des Palmöls in die Energieerzeugung51 % (4,3 Millionen Tonnen) für die Produktion von Biodiesel sowie 10 % (0,8 Millionen Tonnen) in Kraftwerke für die Strom- und Wärmeerzeugung.

Deutschland importiert 1,4 Millionen Tonnen Palmöl und Palmkernöl: 44% der Palmölimporte (618.749 t) wurden für energetische Zwecke eingesetzt, davon 445.319 t (72 %) Palmöl für die Produktion von Biodiesel sowie 173.430 t (28 %) für die Strom- und Wärmeerzeugung.

Die fehlgeleitete erneuerbare Energien Politik von Deutschland und der EU ist damit eine wichtige Ursache der Regenwaldabholzung. Die 2009 von der EU beschlossene Erneuerbare Energien Richtlinie schreibt die Beimischungspflicht von Agrosprit in Benzin und Diesel vor.

Immer wieder forderten Umweltschützer, Menschenrechtler, Wissenschaftler und zuletzt auch die EU-Parlamentarier, Palmöl für Biosprit und Kraftwerke ab 2021 auszuschließen – vergeblich. Am 14. Juni 2018 haben die EU-Mitgliedsländer beschlossen, das tropische Pflanzenöl als „Bioenergie“ weiterhin bis 2030 zuzulassen.

Die Alternativen: Bitte lesen Sie die Inhaltsangaben auf den Verpackungen und lassen Sie palmölhaltige Produkte im Laden stehen. An der Zapfsäule haben Sie keine Wahlmöglichkeit, hier sind das Fahrrad und der öffentliche Transport die Lösung.

Die Auswirkungen – Waldverlust, Artentod, Vertreibung, Erderwärmung

Ölpalmen gedeihen nur in den feucht-warmen Tropen nahe den Äquator. In Südostasien, Lateinamerika und Afrika werden Tag um Tag riesige Regenwaldflächen gerodet und abgebrannt, um Platz für die Plantagen zu schaffen. Der in der Urwaldvegetation und den Böden gespeicherte Kohlenstoff wird dabei freigesetzt. Riesige Mengen klimaschädlicher Gase in die Atmosphäre. CO2- und Methanemissionen sorgen dafür, dass der aus Palmöl produzierte Biosprit drei mal so klimaschädlich ist wie Treibstoff aus Erdöl.

Doch nicht nur das Klima leidet: Mit den Bäumen verschwinden seltene Tierarten wie Orang-Utan, Borneo-Zwergelefant und Sumatra-Tiger. Kleinbauern und Indigene, die den Wald über Generationen bewohnen und beschützen, werden oft brutal von ihrem Land vertrieben. In Indonesien stehen mehr als 700 Landkonflikte in Zusammenhang mit der Palmölindustrie. Auch auf sogenannten „nachhaltig bewirtschafteten“ oder „Bio“-Plantagen kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen.

Wir Verbraucher bekommen von all dem wenig mit. Unser täglicher Palmölkonsum hat jedoch auch für uns persönlich direkte negative Auswirkungen: In raffiniertem Palmöl sind große Mengen gesundheitsschädlicher Fettsäureester enthalten, die das Erbgut schädigen und Krebs verursachen können.

Die Lösung – Tank-und-Teller-Revolution

Nur noch 70.000 Orang-Utans streifen durch die Wälder Südostasiens. Die EU-Biospritpolitik bringt die Menschenaffen immer weiter an den Rand des Aussterbens. Um unseren baumbewohnenden Verwandten zu helfen, müssen wir den Druck auf die Politik erhöhen. Doch auch im Alltag lässt sich viel bewegen.

Diese einfachen Tipps helfen, Palmöl zu erkennen, zu meiden und zu bekämpfen:

  1. Selbst kochen, selbst entscheiden: Mandel-Kokos-Birnen-Kekse? Kartoffel-Rosmarin-Pizza? Frische Zutaten, gemixt mit ein bisschen Fantasie, stellen jedes (palmölhaltige) Fertigprodukt in den Schatten. Zum Kochen und Backen eignen sich europäische Öle aus Sonnenblumen, Oliven, Raps oder Leinsamen.
  2. Kleingedrucktes lesen: Auf Lebensmittelpackungen muss seit Dezember 2014 angegeben werden, wenn ein Produkt Palmöl enthält. In Kosmetik-, Putz- und Waschmitteln versteckt sich der Regenwaldfresser hingegen hinter einer Vielzahl chemischer Fachbegriffe. Per Internetrecherche lassen sich leicht palmölfreie Alternativen finden.
  3. Der Kunde ist König: Welche palmölfreien Produkte bieten Sie an? Wieso verwenden Sie keine heimischen Öle? Nachfragen beim Verkaufspersonal und Briefe an die Produkthersteller lassen Firmen um die Akzeptanz ihrer Produkte bangen. Der öffentliche Druck und das gestiegene Problembewusstsein haben schon einige Produzenten zum Verzicht auf Palmöl bewegt.
  4. Petitionen und Politikerbefragungen: Online-Protestaktionen üben Druck auf die Politiker aus, die für Biosprit und Palmölimporte verantwortlich sind. Haben Sie bereits alle Petitionen von Rettet den Regenwald unterschrieben? Auf abgeordnetenwatch.de kann jeder die Bundestagsabgeordneten mit den Folgen der Biospritpolitik konfrontieren.
  5. Laut werden: Demonstrationen und kreative Straßenaktionen machen den Protest für Menschen und Medien sichtbar. Dadurch wird der Druck auf die politischen Entscheidungsträger noch größer.
  6. Öffentlich statt Auto: Wenn möglich zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad fahren oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen.
  7. Wissen und Wissen weitergeben: Wirtschaft, Handel und Politik wollen uns glauben machen, Biosprit sei klimafreundlich und Palmölplantagen könnten nachhaltig sein. Regenwald.org informiert über die Folgen des Palmölanbaus. Der kostenlose Regenwald Report kann an Freunde weitergegeben oder in Schulen, Arztpraxen und Bioläden ausgelegt werden.

Die Reportage Asimetris

Die Reportage Asimetris zeigt, warum die Menschen zu den Verlierern des Palmölbooms gehören. Sie können den Film in unserem Shop kaufen.

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