Palmöl-Label RSPO: 19 Jahre Täuschung sind genug!
01.12.2022
Seit 19 Jahren täuscht das Palmöl-Label RSPO die Öffentlichkeit mit angeblich nachhaltig produziertem Palmöl. Zur Jahresversammlung des Siegelvereins fordern 100 Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen – darunter Rettet den Regenwald - die Palmölindustrie auf, das Greenwashing mit zertifiziertem Palmöl zu beenden.
Der Anbau von Ölpalmen auf riesigen industriellen Monokulturen ist einer der Haupttreiber der Abholzung der Regenwälder. In Indonesien und Malaysia, wo sich ein Großteil der Palmöl-Plantagen ausdehnt, werden dadurch bedrohte Arten wie Orang Utan, Sumatra-Tiger und Waldnashorn an den Rand der Ausrottung getrieben.
Um dem entgehenzutreten, wurde 2004 in der Schweiz mit viel Werberummel der Siegelverein Runder Tisch für Nachhaltiges Palmöl (RSPO) gegründet. Sein Ziel sollte es sein, die Natur und ihre Bewohner mit nachhaltig produziertem Palmöl zu schützen.
Doch die Bilanz von 19 Jahren RSPO ist katastrophal: Nicht nur in Südostasien, auch in Afrika und Lateinamerika zerstören mit dem RSPO-Siegel zertifizierte Palmöl-Firmen weiterhin die Regenwälder, vernichten die Artenvielfalt, verdrängen die Bevölkerung von ihrem Land und verletzten die Menschenrechte. Dazu gehören auch europäische Unternehmen wie die luxemburgische SOCFIN-Gruppe.
Anstatt die Zerstörung zu beenden, dient RSPO der Palmöl-Industrie und ihren Kunden als Schutzschild und Marketing-Werkzeug, um Kritik und Klagen ins Leere laufen zu lassen und die Öffentlichkeit zu täuschen.
100 Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt unter Führung der Vereinigung von Kleinbäuerinnen und Bauern GRAIN erklären, 19 Jahre Täuschung und Etikettenschwindel mit RSPO sind genug. Das Greenwashing mit angeblich nachhaltigem Palmöl muss beendet werden.
Nachfolgend die Übersetzung des Aufrufs von GRAIN aus dem Englischen ins Deutsche:
Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl: 19 Jahre sind genug
Die diesjährige Generalversammlung des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO), die am 1. Dezember 2022 in Malaysia beginnt, markiert das 19-jährige Bestehen der Vereinigung. Seit fast zwei Jahrzehnten ist der RSPO mit seiner Mission, den industriellen Palmölsektor "nachhaltig" zu machen, gescheitert. Stattdessen wurde er von der Palmölindustrie benutzt, um Umweltzerstörung, Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen und Landraub zu verschleiern.
Wir und andere Organisationen, die mit Gemeinden zusammenarbeiten, die von industriellen Palmölplantagen betroffen sind, haben RSPO wiederholt dafür kritisiert, dass er sich nicht um die Beschwerden von Gemeinden kümmert, deren Land von Palmölunternehmen angeeignet wurde. Die grundlegenden Probleme mit der Organisation und ihrem Zertifizierungssystem werden in internationalen Erklärungen ausführlich beschrieben, die 2008 und 2018 von Organisationen aus aller Welt unterzeichnet wurden, sowie in kürzlich veröffentlichten Berichten aus dem Jahr 2021 über das Versagen des RSPO bei der Verhinderung von Abholzung, der Konsultation betroffener Gemeinschaften und der Behandlung ihrer Beschwerden (hier und hier).
Heute stellen wir fest, dass sich nichts geändert hat. Während die Fläche der RSPO-zertifizierten Ölpalmenplantagen weiter gewachsen ist, hat sich der RSPO weiterhin als große Irreführung erwiesen.
Seit 2020 hat der RSPO mehrere industrielle Ölpalmkonzessionen in Kamerun, Sierra Leone, Nigeria, Sao Tome, Ghana, der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria und der Elfenbeinküste zertifiziert, die dem in Luxemburg ansässigen Unternehmen Socfin gehören. Die Zertifizierungen wurden unter völliger Missachtung der Beschwerden der Gemeinden über mangelnden Lebensraum, Landkonflikte, Abholzung, Umweltverschmutzung, Arbeitsrechte, Belästigung und Gewalt erteilt. Gemeinden in Sierra Leone, Kamerun und Elfenbeinküste haben die Aussetzung dieser Zertifikate gefordert. Nachdem in den Medien Artikel über die Plantagen von Socfin in Kamerun erschienen waren, entsandte das RSPO-Sekretariat eine Überprüfungsmission, um die erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Obwohl nach Aussage von Gemeindevertretern das Untersuchungsteam von RSPO Gespräche mit Personen, die dem Unternehmen kritisch gegenüberstanden, vermied und die von Gemeindevertretern vorgelegten Beweise ignorierte, wurden bei der Überprüfung in den kamerunischen Plantagen zahlreiche Verstöße gegen die RSPO-Standards festgestellt. Trotz dieser Ergebnisse stellt der RSPO weiterhin Zertifizierungen für weitere Plantagen der Socfin-Gruppe aus.
In Sierra Leone unterzeichneten 1.475 von Socfins Plantage betroffene Gemeindemitglieder eine Petition, die die Zertifizierungsentscheidung des RSPO im Januar 2022 verurteilte. Sie erklärten, das RSPO-Verfahren sei fehlerhaft und habe Probleme im Zusammenhang mit Landraub, Menschenrechtsverletzungen und gewaltsamer Unterdrückung nicht berücksichtigt. Dies geht aus einer internationalen Pressemitteilung hervor, die von zahlreichen Organisationen unterzeichnet wurde:
"Der RSPO-Konsultationsprozess war voller Fehltritte. Relevante Interessengruppen, einschließlich betroffener Landbesitzer, wurden nicht konsultiert. Ein wichtiger Regierungsbericht, der die Aufhebung des Hauptpachtvertrags und einen partizipativen Prozess zur Lösung der aktuellen Landstreitigkeiten fordert, wurde als Beweismittel abgelehnt. Die Prüfungen waren nicht unabhängig vom Unternehmen, und ein sicherer Raum für Konsultationen wurde trotz der großen Gefahr von Repressalien für die Betroffenen nicht geschaffen.
Die jüngste Zertifizierung von Socfin in Afrika zeigt, dass der RSPO den Gemeinschaften nicht nur nicht hilft, sondern ihre Verteidigung des Lebens untergraben kann. Die Gemeinschaften und sie unterstützende Nichtregierungsorganisationen müssen wertvolle Zeit und Ressourcen aufwenden, um sich mit den zahlreichen und komplexen RSPO-Verfahren auseinanderzusetzen. Führungspersönlichkeiten, die sich während dieser Verfahren zu Wort melden, sind Einschüchterungen und Schikanen ausgesetzt.
In einem anderen aktuellen Fall haben Mitglieder der Gemeinde Barranquilla de San Javier in Ecuador 2019 friedlich protestiert, um zu fordern, dass das RSPO-Mitgliedsunternehmen Energy & Palma sich von ihrem Land zurückzieht, die Verschmutzung ihrer Wasserquellen stoppt und die Abholzung beendet. Die Proteste wurden von der Polizei gewaltsam niedergeschlagen. Das Unternehmen verklagte in einem eindeutigen Akt der Einschüchterung sieben Gemeindevorsteher vor Gericht und forderte 320 000 US-Dollar Schadenersatz. Das Gericht fällte bereits eines von zwei Urteilen und verurteilte die Gemeindemitglieder zur Zahlung von 151.000 US-Dollar, wogegen die Verteidiger Berufung einlegten. Das Unternehmen legte ebenfalls Berufung ein und bestand auf der Zahlung von 320.000 US-Dollar. Das zweite Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bis heute hat der RSPO noch keine Maßnahmen zur Sanktionierung von Energy & Palma ergriffen.
Unterdessen warten Gemeinden in Liberia immer noch auf eine Lösung für eine Beschwerde, die sie vor über zehn Jahren beim RSPO gegen das Mitgliedsunternehmen Golden Agri-Resources eingereicht haben. Ihre und andere Erfahrungen zeigen, dass das RSPO-Beschwerdesystem nicht funktioniert und nie effektiv war.
Wir haben jetzt 19 Jahre lang Beweise dafür, dass der RSPO kein glaubwürdiges Instrument ist, um Unternehmen in der Palmölindustrie für Umwelt-, Sozial- und Arbeitsverstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Das bedeutet, dass der RSPO seine eigenen Grundsätze und Kriterien gegenüber seinen Mitgliedern nicht einhält. Er hat sich nicht als vertrauenswürdiger Anlaufpunkt für Gemeinden erwiesen, um ihre Beschwerden gegen Palmölunternehmen vorzubringen. Stattdessen untergräbt er die Bemühungen der Gemeinden und ermöglicht es den Palmölunternehmen, sich mehr Land anzueignen.
Zu einem Zeitpunkt, an dem die vom RSPO zertifizierte Fläche zunimmt und der RSPO im Rahmen nationaler, regionaler und internationaler Regelungen und Politiken als Standard für Nachhaltigkeit propagiert wird, bekräftigen wir unsere Ablehnung des RSPO und unser Engagement für Maßnahmen, die wirklich den Interessen der Gemeinschaften dienen und dem kolonialistischen Modell der industriellen Ölpalmenplantagen ein Ende setzen.
Unterzeichnet von:
Greenpeace Africa | Africa |
Labour Resource Center (LRC) | Bangladesh |
Solsoc | Belgium |
Entraide et Fraternité | Belgium |
Fern | Belgium |
FIAN Belgium | Belgium |
MIJARC Europe | Belgium |
Struggle to Economize Future Environment (SEFE) | Cameroon |
SYNAPARCAM | Cameroon |
RADD | Cameroun |
JVE Côte d'Ivoire | Côte d'Ivoire |
REFEB ci | Côte d'Ivoire |
NOAH - Friends of the Earth Denmark | Denmark |
Fundación pro Defensa de la Naturaleza y sus Derechos | Ecuador |
Red Ecuatoriana de Alternativas a la Palma Aceitera | Ecuador |
European Coordination Via Campesina (ECVC) | Europe |
Association Française d'Amitié et de Solidarité avec les Peuples d'Afrique | France |
ReAct Transnational | France |
Sherpa | France |
Confédération Paysanne | France |
Muyissi Environnement | Gabon |
Down to Earth Consult | Germany |
Forum Ökologie & Papier | Germany |
Rettet den Regenwald e.V. | Germany |
Red Mesoamericana contra la Palma de Aceite | Honduras |
Indigenous Perspectives | India |
Mahila Kisan Adhikaar Manch (MAKAAM) | India |
Palm Oil Concerns | India |
REACH-M | India |
Sustainable Development Forum Nagaland | India |
Aceh Wetland Foundation | Indonesia |
Betang Bagawi | Indonesia |
FBTPI | Indonesia |
FNPF | Indonesia |
Forum Penjaga Hutan dan Sungai Harimau Pining | Indonesia |
Greenpeace Indonesia | Indonesia |
Jaringan Advokasi Tambang Sulawesi Tengah | Indonesia |
JASOIL TANAH PAPUA | Indonesia |
Kaoem Telapak | Indonesia |
Lingkungan hidup URAI UNI | Indonesia |
LITORAL | Indonesia |
Pantau Gambut | Indonesia |
Save Our Borneo | Indonesia |
SBPI | Indonesia |
Selamatkan Hutan Hujan Indonesia | Indonesia |
Transnational Palm Oil Labour Solidarity Network | Indonesia |
Wahana Lingkungan Hidup Indonesia (WALHI)/Friends of the Earth Indonesia | Indonesia |
WALHI East Nusa Tenggara, Indonesian | Indonesia |
WALHI Kalimantan Barat | Indonesia |
WALHI Sulawesi Selatan | Indonesia |
Yayasan Pusaka Bentala Rakyat | Indonesia |
Gabungan Serikat Buruh Indonesia (DPP. GSBI) | Indonesia |
KRuHA (People's Coalition for the Right to Water) | Indonesia |
CADTM | International |
Friends of the Earth International | International |
GRAIN | International |
World Rainforest Movement | International |
Red Latinoamericana contra los monocultivos de árboles (RECOMA) | Latin America |
Alliance for Rural Democracy (ARD) | Liberia |
Green Advocates International | Liberia |
Natural Resource Women Platform (NRWP) | Liberia |
Malaysian Food Sovereignty Forum (FKMM) | Malaysia |
Tenaganita’ | Malaysia |
Reentramados para la vida, Defendiendo Territorios | México |
Otros Mundos Chiapas | México |
Women Engage for a Common Future (WECF) | Netherlands |
Milieudefensie - Friends of the Earth Netherlands | Netherlands |
Environmental Rights Action/Friends of the Earth Nigeria | Nigeria |
Pakistan Kissan Rabita Committee - PKRC | Pakistan |
Unyon ng mga Manggagawa sa Agrikultura (UMA) | Philippines |
asa-cadecvim coops | RD Congo |
Association Paysannes des Jeunes Entrepreneurs Agricoles | RD Congo |
COPACO-PRP | RD Congo |
Confédération Paysanne du Congo -Principal Regroupement Paysan COPACO -PRP/ASBL | RD Congo |
Coopérative des Paysans de Lonzo, COPACLO en sigle | RD Congo |
Alliance Paysanne pour la Souveraineté Alimentaire, ASA/OP | RD Congo |
Consortium Asa-CADECVIM | RD Congo |
Réseau d'information et d'appui aux ONG en République Démocratique du Congo | RD Congo |
Réseau National des Organisations des femmes Paysanne | RD Congo |
GREEN SCENERY | Sierra Leone |
Women's Network Against Rural Plantations Injustice (WoNARPI) | Sierra Leone |
Salva la Selva | Spain |
Agrarinfo.ch | Switzerland |
Bruno Manser Fonds | Switzerland |
Agroecological Transitions Research Group | Switzerland |
GREEN BOOTS | Switzerland |
HEKS Swiss Church Aid | Switzerland |
Pro Natura / Friends of the Earth Switzerland | Switzerland |
Public Eye | Switzerland |
Solidar Suisse | Switzerland |
SOLIFONDS | Switzerland |
Uniterre | Switzerland |
Environmental Investigation Agency (EIA) | UK |
Friends of the Earth England, Wales & Northern Ireland | UK |
Biofuelwatch | UK/USA |
Earthsight | UK |
Friends of the Earth United States | USA |
A Growing Culture | USA |
The Oakland Institute | USA |