Beendet den Handel mit Amphibien
Ein Pilz ist ihr Ende: Weltweit sterben ungezählte Amphibien wie Frösche an einem tödlichen Pilz. Er infiziert die Haut der Tiere und lässt viele verenden. Durch den internationalen Handel mit Amphibien breitet sich der Erreger rund um die Erde aus. Wir fordern ein Ende dieses Handels, um die Krise einzudämmen.
News und Updates AppellAn: United Nations Environment Programme (UNEP), cc an CITES, IUCN, WTO, World Customs Organisation
„Weltweit sterben Amphibien an einem tödlichen Pilz. Wir fordern ein Ende des Handels mit Amphibien, um die Krise einzudämmen.“
Die Amphibienkrise ist dramatisch: Von den rund 7800 bekannten Arten sind bereits mindestens 120 durch den Pilz ausgerottet worden. Der Erreger gilt damit als größte Gefahr für das Überleben der Amphibien.
Der Pilz infiziert die Haut der Tiere, hemmt die Hautatmung und stört den Stoffwechsel. Batrachochytrium dendrobatidis ist hoch ansteckend und häufig tödlich. Er vernichtet schnell ganze Bestände von Fröschen, Kröten und Salamandern.
Der Pilz sei der „Sargnagel für die Amphibien“, sagt der Biologe Dirk Schmeller vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Leipzig, der an einer internationalen Studie über den Pilz mitgewirkt hat.
Ursprünglich stammt der Erreger Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) von der koreanischen Halbinsel. Von dort hat er sich weltweit ausgebreitet und grassiert seit den 1990er Jahren auch in Europa. Möglich wurde dieser globale Siegeszug durch den internationalen Handel mit Amphibien etwa zu Forschungszwecken, als Haustier oder als Nahrungsmittel. Eine große Rolle spielt dabei der zig Millionen Dollar schwere Handel mit Froschschenkeln.
Hauptimporteure sind Belgien, Frankreich und die USA.
Besonders brisant ist für Forscher, dass durch den Handel immer neue Linien von Bd verbreitet werden. Diese können Resistenzen, die Amphibienarten beispielsweise in Panama entwickelt haben, umgehen.
Hierzulande machen sich Biologen Sorgen um Feuersalamander. Er wird vom Pilz Batrachochytrium salamandrivorans attackiert. In den Niederlanden hat er bereits zu einem Massensterben geführt, in Belgien und Deutschland breitet sich der Erreger rasant aus. Forscher fürchten, dass der Pilz zum Siegeszug jenseits des Atlantiks ansetzt. Dort würde er Hunderte Arten mit dem Tod bedrohen.
Um das Amphibiensterben einzudämmen, fordern wir ein Ende des Handels mit den Tieren.
HintergründeZahlen zum Ausmaß des Handels mit Amphibien gibt es kaum. Die FAO schätzt, dass im Jahr 2005 weltweit in Zuchtanlagen 85.000 Tonnen Frösche und andere Amphibien im Wert von einer Drittel Milliarde US-Dollar gezüchtet wurden.
Zwischen 2006 und 2014 wurden mehr als 26 Millionen lebende Amphibien für kommerzielle Zwecke in die USA eingeführt. Über den Londoner Flughafen Heathrow wurden Anfang der 2000er Jahre mehr als 130.000 Amphibien pro Jahr importiert. Hinzu kommt der mitunter illegale Handel mit geschützten und bedrohten Arten.
Probleme bereitet den Behörden, dass in Zollpapieren häufig nicht der wissenschaftliche Name der Tierart aufgeführt wird. Dies trifft besonders für Spezies zu, die keinen Beschränkungen durch das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES unterliegen.
In welchem Ausmaß Amphibien mit dem Pilz infiziert sind, zeigen Daten aus Kanada. Von 172 Arten, die einer Statistik zufolge importiert wurden, wurden 43 positiv auf Bd getestet. Bereits im Mai 2008 erklärte die World Organization for Animal Health (OIE) Infektionen mit Bd zur anzeigepflichtigen Erkrankung. Ebenfalls über den internationalen Handel breiten sich Ranaviren aus.
Als Nahrungsmittel spielt der Nordamerikanische Ochsenfrosch die Hauptrolle, der sich zwar mit dem Pilz infiziert, häufig jedoch nicht daran stirbt. Nahezu die Hälfte der weltweit gehandelten Froschschenkel stammt aus Indonesien, wo viele Tiere in der Natur gefangen werden. Hauptimporteure sind Belgien, Frankreich und die USA.
Zwischen 1999 und 2009 wurden 53 Prozent der in die EU eingeführten Froschschenkel nach Belgien geliefert, 23 Prozent nach Frankreich und 17 Prozent in die Niederlande. Belgien führte 24.696 Tonnen ein, Frankreich 10.453 Tonnen, die Niederlande 7.960 Tonnen. Aus Belgien wird ein großer Teil der Ware nach Frankreich weiterverkauft. Deutschland importierte 14,5 Tonnen, die Zahl ist seither deutlich auf rund 41,5 Tonnen allein im Jahr 2016 gestiegen. Zum Vergleich: Während des „Fests der Frösche“, das im April im französischen Vittel stattfindet, werden rund 7 Tonnen Froschschenkel konsumiert, etwa 350.000 Frösche müssen dafür ihr Leben lassen.
Weitere Quellen und Links
Medienspiegel Dirk Schmellers
http://dirk.die-schmellers.de/Press/180514_Amphibienstermen.html
Pathogenic fungus originates in Korea
https://www.p3mountains.org/single-post/2018/05/10/Pathogenic-fungus-originates-in-Korea
Amphibien-Killer-Pilz stammt aus Asien
http://www.ufz.de/index.php?de=36336&webc_pm=13/2018
Interview Dirk Schmellers
Reptilien & Amphibien
https://www.prowildlife.de/tiere/reptilien-amphibien/
Scientists find ‘ground zero’ of deadly frog pandemic
https://news.mongabay.com/2018/05/scientists-find-ground-zero-of-deadly-frog-pandemic/
Global frog pandemic may become even deadlier as strains combine
How the International Trade in Geckos Is a Scam
Trading in extinction: how the pet trade is killing off many animal species
How the pet trade is killing frogs — and the genetic sleuthing that uncovered it
Studie: Recent Asian origin of chytrid fungi causing global amphibian declines
http://science.sciencemag.org/content/360/6389/621
Studie: Development and worldwide use of non-lethal, and minimal population-level impact, protocols for the isolation of amphibian chytrid fungi
https://www.nature.com/articles/s41598-018-24472-2
Salamander: Batrachochytrium salamandrivorans: Deadly fungal threat to salamanders
https://amphibiaweb.org/chytrid/Bsal.html
World Organization for Animal Health (OIE)
Risk of survival, establishment and spread of Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) in the EU
http://doc.oie.int:8080/dyn/portal/index.seam?page=alo&aloId=35406&fonds=&cid=148
Report of the meeting of the OIE Aquatic Animal Health Standards Commission 2017
Amphibian diseases flow through animal trade
https://www.sciencenews.org/blog/wild-things/amphibian-diseases-flow-through-animal-trade
International trade in amphibians: a customs perspective
http://www.amphibians.org/wp-content/uploads/2013/09/Alytes_2012_gerson.pdf
Is the international frog legs trade a potential vector for deadly amphibian pathogens?
https://esajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1890/090111
Trends in US Imports of Amphibians in Light of the Potential Spread of Chytrid Fungus, Batrachochytrium dendrobatidis (Bd), and Implications for Conservation
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/13880292.2017.1403796
Organisation Amphibian Ark
There is no proposed ban on the U:S: amphibian trade
http://www.amphibianark.org/pdf/US_amphibian_trade_proposal.pdf
IUCN Amphibian Conservation Action Plan
http://www.amphibianark.org/pdf/ACAP.pdf
The global amphibian trade flows through Europe : the need for enforcing and improving legislation
https://biblio.ugent.be/publication/8515142
https://link.springer.com/article/10.1007/s10531-016-1193-8
Scientists find frog legs trade may facilitate spread of pathogens
https://phys.org/news/2009-11-scientists-frog-legs-pathogens.html
Organisation save the Frogs
The Amphibian Trade: Bans or Best Practice?
https://www.savethefrogs.com/d/who-we-are/staff/kerry-kriger/pdfs/Garner-2009-Reply-to-Kriger.pdf
Is the demand for amphibians as pets threatening their survival in the wild?
https://australianmuseum.net.au/blogpost/amri-news/amri-demand-for-amphibians-as-pets
Spread of Chytridiomycosis Has Caused the Rapid Global Decline and Extinction of Frogs
https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10393-007-0093-5
Antrag SPD/Grüne: Wildtierhandel und -haltung in Deutschland einschränken und so den Tier- und
Artenschutz stärken
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/137/1713712.pdf
Two amphibian diseases, chytridiomycosis and ranaviral disease, are now globally notifiable to the World Organization for Animal Health (OIE): an assessment
https://www.int-res.com/articles/dao2009/special/fungus/fungpp7.pdf
Studie Canapés to Extinction:
http://www.prowildlife.de/wp-content/uploads/2016/02/Frogs-Legs_report_finalA4_web.pdf
An: United Nations Environment Programme (UNEP), cc an CITES, IUCN, WTO, World Customs Organisation
Sehr geehrter Exekutivdirektor Erik Solheim,
sehr geehrte Damen und Herren,
Wissenschaftler beobachten weltweit ein besorgniserregendes Amphibiensterben. Eine Ursache dafür ist der hochgradig ansteckende und häufig tödliche Pilz Batrachochytrium dendrobatidis.
Aktuellen Studien zufolge hat sich der Pilz von der koreanischen Halbinsel ausgehend bis nach Südamerika und Europa ausgebreitet. Möglich wurde dies durch den internationalen Handel mit
Amphibien. Wissenschaftler fordern daher ein Ende dieses Handels.
Wir schließen uns dieser auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Forderung an.
Bitte beenden Sie den Handel mit Amphibien.
Mit freundlichen Grüßen
Die Ausgangslage: Warum ist Biodiversität so wichtig?
Biodiversität oder Biologische Vielfalt umfasst drei Bereiche, die sehr eng miteinander verbunden sind: die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme wie z.B. Wälder oder Meere. Jede Art ist Teil eines hoch komplexen Beziehungsgeflechts. Stirbt eine Art aus, wirkt sich das auf viele andere Arten und ganze Ökosysteme aus.
Weltweit sind derzeit fast 2 Millionen Arten beschrieben, Experten schätzen die Anzahl weitaus höher. Tropische Regenwälder und Korallenriffe gehören zu den artenreichsten und am komplexesten organisierten Ökosystemen dieser Erde. Rund die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten lebt in den Tropenwäldern.
Die biologische Vielfalt ist für sich alleine schützenswert und gleichzeitig unsere Lebensgrundlage. Wir nutzen täglich Nahrungsmittel, Trinkwasser, Medizin, Energie, Kleidung oder Baumaterialien. Intakte Ökosysteme sichern die Bestäubung von Pflanzen und die Bodenfruchtbarkeit, schützen uns vor Umweltkatastrophen wie Hochwasser oder Erdrutschen, reinigen Wasser und Luft und speichern das klimaschädliche CO2.
Die Natur ist auch die Heimat und zugleich ein spiritueller Ort vieler indigener Völker. Sie sind die besten Regenwaldschützer, denn besonders intakte Ökosysteme findet man in den Lebensräumen von indigenen Gemeinschaften.
Der Zusammenhang zwischen dem Verlust von Natur und der Ausbreitung von Pandemien ist nicht erst seit Corona bekannt. Eine intakte und vielfältige Natur schützt uns vor Krankheiten und weiteren Pandemien.
Die Auswirkungen: Artenschwund, Hunger und Klimakrise
Der Zustand der Natur hat sich weltweit dramatisch verschlechtert. Rund 1 Million Tier- und Pflanzenarten sind in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind derzeit 37.400 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht - ein trauriger Rekord! Experten sprechen von einem sechsten Massenaussterben in der Geschichte der Erde - das Tempo des globalen Artensterbens ist durch den Einfluss des Menschen um Hunderte mal höher als in den letzten 10 Mio. Jahren.
Auch zahlreiche Ökosysteme weltweit - 75 % Landfläche und 66 % Meeresfläche - sind gefährdet. Nur 3% sind ökologisch intakt – z.B. Teile des Amazonas und des Kongobeckens. Besonders betroffen sind artenreiche Ökosysteme wie Regenwälder und Korallenriffe. Rund 50% aller Regenwälder wurden in den letzten 30 Jahren zerstört. Das Korallensterben nimmt durch den globalen Temperaturanstieg immer weiter zu.
Hauptursachen für den massiven Rückgang der Biodiversität sind die Zerstörung von Lebensraum, intensive Landwirtschaft, Überfischung, Wilderei und Klimaerwärmung. Rund 500 Milliarden US-Dollar jährlich werden weltweit in die Zerstörung der Natur investiert - in Massentierhaltung, Subventionen für Erdöl und Kohle, Entwaldung und Flächenversiegelung.
Der Verlust an Biodiversität hat weitreichende soziale und ökonomische Folgen, die Ausbeutung der Ressourcen geht zu Lasten von Milliarden Menschen im globalen Süden. Die UN kann die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung z.B. die Bekämpfung von Hunger und Armut nur erreichen, wenn die Biodiversität weltweit erhalten und für die nächsten Generationen nachhaltig genutzt wird.
Ohne den Erhalt der Biodiversität ist auch der Klimaschutz bedroht. Die Zerstörung von Wäldern und Mooren – als wichtige CO2-Senken - heizt den Klimawandel weiter an.
Die Lösung: Weniger ist mehr!
Die natürlichen Ressourcen der Erde stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Knapp zwei Erden verbrauchen wir Menschen, bei derzeitigem Ressourcenverbrauch werden es 2050 mindestens drei sein. Um für den Erhalt der biologischen Vielfalt als unserer Lebensgrundlage zu kämpfen, müssen wir den Druck auf die Politik weiter erhöhen.
Und auch in unserem Alltag lässt sich viel bewegen.
Mit diesen Alltags-Tipps schützt man auch die biologische Vielfalt:
- Öfter mal pflanzlich: Mehr buntes Gemüse und Tofu auf den Teller oder am besten gar kein Fleisch! Rund 80% der Agrarflächen weltweit werden zur Tierhaltung und zum Anbau von Tierfutter genutzt.
- Regional und Bio: Ökologisch erzeugte Lebensmittel verzichten auf den Anbau von riesigen Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden. Der Kauf von regionalen Produkten spart zudem Unmengen an Energie!
- Bewusst leben: Brauche ich schon wieder neue Klamotten oder ein Handy? Oder kann ich Alltagsdinge auch gebraucht kaufen? Es gibt gute Alternativen zu Produkten mit Palmöl oder Tropenhölzern! Tropische Haustiere wie z.B. Papageien oder Reptilien sind tabu! Berechne jetzt deinen ökologischen Fußabdruck.
- Werde Bienenfreund:in: Auf dem Balkon oder im Garten freuen sich Bienen und andere Insekten über vielfältige, leckere Pflanzen. Aber auch ohne eigenes Grün kann man in einem Naturschutzprojekt in der Region aktiv werden.
- Protest unterstützen: Demonstrationen oder Petitionen gegen die Klimaerwärmung oder für eine Agrarwende üben Druck auf Politiker:innen aus, die auch für den Schutz der biologischen Vielfalt verantwortlich sind.
Lesen Sie hier, warum so viele Arten aussterben, bevor sie überhaupt entdeckt werden.