Schützt Savannen - Nein zu blinden Aufforstungen

Zebraherde unter einem Baum, umgeben von gelbem Grasland In Savannen wie hier in Tansania wachsen von Natur aus keine oder nur wenige Bäume (© RdR/Mathias Rittgerott) Löwen in der Savanne Selbst Löwen leiden unter Aufforstung, wenn der Lebensraum ihrer Beutetiere dadurch schwindet (© WLDavies / istockphoto.com) Baumplantage in Südafrika Aufforstung mit Holzplantagen: Monokulturen nehmen keine Rücksicht auf die Natur (Symbolbild) (© Rettet den Regenwald / Mathias Rittgerott)

Wälder sind wahre Klimaretter. Sie zu erhalten oder wieder herzustellen, ist daher notwendig. Doch viele Projekte nützen dem Klima wenig und richten Schaden an. Ökologisch schädlich ist es, Grasländer wie Savannen aufzuforsten. Fordern Sie von der Bundesregierung statt fehlgeleiteter Aufforstungen die Bewahrung vorhandener Wälder.

Appell

An: Bundesregierung und weitere Beteiligte der AFR100

„Wälder bewahren und echter Klima- und Artenschutz statt fehlgeleitete Aufforstungen. Bäume pflanzen braucht Sinn und Verstand“

Ganzes Anschreiben lesen

Bäume zur Rettung des Klima zu pflanzen ist populär. Regierungen überbieten einander, wie viele Milliarden neuer Bäume bald wachsen.

So sollen im Rahmen der African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR100) 100 Millionen Hektar ökologisch geschädigtes Land instandgesetzt werden. In Realität missachtet das oft die Ökologie. So werden auch dort Bäume gepflanzt, wo sie nichts zu suchen haben.

Savannen und Grasländer sind keine degradierten Wälder, sondern vielfältige Ökosysteme.

Eine wissenschaftliche Studie untermauert nun die Warnungen von Umweltschützern. Demnach finden 52 Prozent der Aufforstungsprojekte im Rahmen von AFR100 in Savannen statt. In fast 60 Prozent der Fälle werden ortsfremde Arten wie Eukalypten gepflanzt.

Die negativen Folgen sind weitreichend: So können Pflanzenarten, die den Schatten von Bäumen schlecht vertragen, verdrängt werden, was wiederum Lebensraum und Nahrungsangebot für Tiere bedroht. Das könnte neben Insekten und Vögel sogar Nashörner und Gnus betreffen. Bäume verändern durch ihren großen Bedarf auch den Wasserhaushalt. Diese Veränderungen können die Lebensbedingungen der Bevölkerung beeinträchtigen.

Der Studie zufolge sind in Afrika 70 Millionen Hektar bedroht, eine Fläche doppelt so groß wie Deutschland. Die Gefahr dürfte den Wissenschaftlerinnen zufolge in Brasilien und Indien ähnlich sein.

Angesichts der Klimakrise und des Artensterbens muss die Bewahrung vorhandener Wälder, Savannen und weiterer Ökosysteme oberste Priorität haben. Eine zentrale Rolle als Hüter der Wälder spielen dabei indigene Völker.

Aufforstung ist ebenfalls unverzichtbar. Sie muss an den Standort angepasst sein und zum Schutz der Artenvielfalt beitragen.

Bitte fordern Sie von der Bundesregierung und an AFR100 Beteiligten echten Klima- und Artenschutz und die Bewahrung vorhandener Wälder.

Hinter­gründe

Zitate der Wissenschaftlerinnen

Hauptautorin der Science-Studie ist Kate Parr, PhD, Professorin für Tropenökologie an der School of Environmental Sciences der Universität Liverpool.

Hier finden Sie ein Interview mit der Wissenschaftlerin.

In einer Pressemitteilung der Universität Liverpool wird Parr so zitiert:

„Die Wiederherstellung von Ökosystemen ist notwendig und wichtig, aber sie muss auf eine Weise erfolgen, die für jedes System angemessen ist.“

„Nicht-Wald-Systeme wie Savannen werden fälschlicherweise als Wald eingestuft und daher als wiederherstellungsbedürftig mit Bäumen betrachtet.“

„Es ist dringend notwendig, die Wald-Definitionen zu überarbeiten, damit Savannen nicht mit Wäldern verwechselt werden, denn die Zunahme von Bäumen stellt eine Bedrohung für die Integrität und den Fortbestand von Savannen und Grasland dar.“

„Wenn wir jetzt auf dieses Problem aufmerksam machen, haben wir noch Zeit, diese Bedrohung zu beseitigen und sicherzustellen, dass nicht bewaldete Systeme angemessen wiederhergestellt werden.“

Dr Nicola Stevens, Trapnell Research Fellow in African Environments der Universität Oxford und eine der beiden Co-Autorinnen der Studie, sagt laut Pressemitteilung:

„Die Dringlichkeit, großflächige Baumpflanzungen vorzunehmen, führt zur Finanzierung von unzureichend bewerteten Projekten, die höchstwahrscheinlich nur einen vernachlässigbaren Sequestrationsnutzen haben und potenziell soziale und ökologische Schäden verursachen werden."

Was sind AFR100 und Bonn Challenge?

Die African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR100) wurde während der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris ins Leben gerufen. Das Ziel ist es, 100 Millionen Hektar ökologisch geschädigtes Land bis 2030 durch Aufforstung, natürliche Verjüngung und andere Formen der Renaturierung wiederherzustellen. Mittlerweile wurde das Ziel auf 130 Millionen Hektar ausgeweitet. 33 afrikanische Länder nehmen an AFR100 teil.

Zu den wichtigsten Geldgebern gehören Deutschland, die Vereinten Nationen, die Weltbank und der Bezos Earth Fund.

AFR100 ist ein Beitrag zur 2011 unter Federführung Deutschlands gestarteten Bonn Challenge. Bis 2030 sollen 350 Millionen Hektar degradiertes und entwaldetes Land wiederhergestellt werden. Neben AFR100 gibt es drei weitere regionale Initiativen: ECCA30 in Europa, dem Kaukasus und Zentralasien, die Initiative 20x20 in Lateinamerika und der Karibik sowie die Agadir-Verpflichtung (Agadir Commitment) im Mittelmeerraum

Reaktion von AFR100

Dem New Scientist gegenüber kritisierte ein Sprecher von AFR100 die Science-Studie. Die Initiative habe deutlich gemacht hat, dass Grasland nicht in Wälder umgewandelt werden dürfe. „AFR100 unterstützt eine Reihe von Ansätzen zur Wiederherstellung der Gesundheit von Afrikas Land, damit Menschen und Natur gedeihen können", heißt es.

„Die Autoren dieses Artikels setzen fälschlicherweise Wiederherstellung mit Wiederaufforstung gleich und gehen davon aus, dass AFR100 sich ausschließlich auf letztere konzentriert, was nicht stimmt. Bei agroforstwirtschaftlichen Projekten werden beispielsweise Bäume auf bestehenden Anbauflächen gepflanzt, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, den Wasserrückhalt zu erhöhen und die Erosion des Mutterbodens zu verringern. Durch agroforstliche Praktiken werden landwirtschaftliche Betriebe nicht in Wälder umgewandelt. Diese Agroforstprojekte machen die überwiegende Mehrheit der Wiederherstellungsprojekte aus, die heute mit AFR100 verbunden sind, und müssen in jede faire Bewertung von AFR100 einbezogen werden."

Weitere Kritik an Aufforstungsprojekten

Umweltschützer kritisieren, dass unter dem Deckmantel von Aufforstung industrielle Plantagen mit ortsfremden Arten wie Eukalypten und Akazien angelegt werden. Diese bescheren insbesondere der Papier- und Zellstoffindustrie Profite. Der ökologische Wert dieser Monokulturen tendiert gegen Null. Wenn die Bäume nach wenigen Jahren gefällt werden, ist kaum ein Nutzen für den Klimaschutz vorhanden. Ein mahnendes Beispiel ist Mosambik.

Aufforstungen können zudem zu Landraub führen. Degradiertes Land, das für das Pflanzen von Bäumen genutzt werden könnte, gibt es häufig im nötigen Ausmaß nicht. So werden viele Flächen von der örtlichen Bevölkerung landwirtschaftlich genutzt, oft seit Generationen. Die Aufforstung kann somit ihre Lebensgrundlage und damit ihren Zugang zu Nahrungsmittel gefährden.

https://www.regenwald.org/themen/der-regenwald/baumplantagen-sind-keine-waelder

Grundlegende Frage: Was ist Wald?

Seit vielen Jahren kritisiert Rettet den Regenwald die Wald-Definition der Ernährungs- und Landwirtschaftorganisation der Vereinten Nationen (FAO, Food and Agriculture Organization). Diese sieht so aus:

  • die Fläche ist größer als 0,5 Hektar
  • die Kronen bedecken mindestens 10 Prozent der Fläche
  • die dort wachsenden Pflanzen werden höher als 5 Meter

Nach dieser Definition gelten viele Savannen als Wälder. Und wo Wald ist, könne aufgeforstet werden. Dies Betrachtung missachtet zudem die Vielfalt der Ökosysteme, schließt jedoch ökologisch wertlose Plantagen ein. Die FAO bezeichnet Baum-Monokulturen als „gepflanzte Wälder” (planted forests).

Wälder sind nicht „viele Bäume“, sondern vielfältige Ökosysteme und Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Sie sind zudem Lebensgrundlage von Millionen Menschen.

https://www.regenwald.org/petitionen/1013/sagen-sie-der-uno-plantagen-sind-kein-wald#more

Wert und Besonderheiten der Grasländer

Grasländer stehen vielen Wäldern in Punkto Biodiversität in nichts nach. Das Geheimnis der Grasländer liegt unter der Erdoberfläche, wo Pflanzen in Wurzelstöcken und Knollen den Großteil ihrer Biomasse und damit Kohlenstoff speichern.

Grasländer gibt es auf allen Kontinenten. Als tropische Variante bedecken Savannen 15 Prozent der Erdoberfläche. Dabei gibt es die einheitliche Savanne nicht. Vielmehr unterscheiden Wissenschaftler zahllose Formen zwischen Gras- und Baumsavannen, zwischen Trocken- und Feuchtsavannen. Gemeinsam ist ihnen der Konkurrenzkampf zwischen Gras und Baum. Offene Landschaft versus schattiger Wald. Wo heute Savannen sind, gibt es sie oft bereits seit mehreren Millionen Jahren. Sie sind kein kläglicher Rest, der nach einer Rodung von Wald übrig geblieben wäre. Sie sind die ursprünglichen, an die natürlichen Gegebenheiten angepassten Ökosysteme.

https://www.regenwald.org/regenwaldreport/2018/502/vielfalt-zwischen-den-hufen

Wälder und Savannen als Klimaschützer

Wälder und Savannen spreichern große Mengen Kohlenstoff und sind daher für den Schutz des Klimas wichtig. Hier finden Sie Informationen darüber, wie groß die Speicherkapazität unterschiedlicher Ökosysteme ist.

https://www.regenwald.org/themen/klima/klima-und-boeden

An­schreiben

An: Bundesregierung und weitere Beteiligte der AFR100

Sehr geehrte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze,

sehr geehrte Damen und Herren,

natürliche Wälder sind wahre Klimaretter. Daher ist es angesichts der Klimakrise sinnvoll, sie zu erhalten oder wieder herzustellen. Doch viele Aufforstungsprojekte nützen dem Klima wenig und richten im Gegenteil Schaden an. Ökologisch besonders schädlich ist es, Grasländer wie Savannen aufzuforsten.

Das Ausmaß der Fehlentwicklung hat jüngst eine in Science veröffentlichte Studie am Bespiel von AFR100 analysiert. Die Größenordnung ist erschreckend: Demnach finden 52 Prozent der Aufforstungsprojekte im Rahmen von AFR100 in Savannen statt. In fast 60 Prozent der Fälle werden ortsfremde Arten wie Eukalypten gepflanzt. Der Studie zufolge sind in Afrika 70 Millionen Hektar bedroht, eine Fläche doppelt so groß wie Deutschland. Die Gefahr dürfte den Wissenschaftlerinnen zufolge in Brasilien und Indien ähnlich sein.

Die Bundesregierung und alle an AFR100 Beteiligte müssen diese Warnungen ernst nehmen und Aufforstungsprojekte einer kritischen Prüfung unterziehen.

Es darf kein Geld für schädliche Projekte verschwendet werden, die von wirksamem Klimaschutz ablenken und die Biodiversität gefährden.

Mit freundlichen Grüßen

Fußnoten

wissenschaftliche StudieDer Titel der leider kostenpflichtigen Studie lautet:

Conflation of reforestation with restoration is widespread -

Across Africa, vast areas of nonforest are threatened by inappropriate restoration in the form of tree planting

Hauptautorin ist Kate Parr, PhD, Professorin für Tropenökologie an der School of Environmental Sciences der Universität Liverpool. Co-Autorinnen sind Dr. Nicola Stevens, Trapnell Research Fellow in African Environments der Universität Oxford, und Dr. ir. Mariska te Beest, Associate Professor an der Universität Utrecht.

Einige Medien haben über die Studie und ihre Aussagen berichtet:

https://www.spektrum.de/news/wiederaufforstung-in-afrika-zerstoererisches-baeumepflanzen/2207528

https://www.newscientist.com/article/2417399-reforestation-initiatives-in-africa-may-damage-grassland-and-savannah/

https://www.theguardian.com/environment/2024/feb/15/ill-judged-tree-planting-africa-threatens-ecosystems-scientists-warn

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/naturschutzprojekte-aufforstung-bedroht-afrikanische-savannen-a-c4efc9b4-de42-4682-a7f0-b2aeeb71ba7b

Diese Petition ist in folgenden Sprachen verfügbar:

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