Brasilien: Die Brüllaffen brauchen Schutz vor tödlichen Stromstößen

Ein Südlicher Brauner Brüllaffe sitzt mit einem Jungen auf Stromleitungen Wo der Regenwald gerodet ist, benutzen Brüllaffen gezwungenermaßen Stromleitungen als Wanderwege - mit oft tödlicher Folge (© Mariano Pairet) Südlicher Brauner Brüllaffe sitzt mit einem Jungen in einer Baumkrone Südliche Braune Brüllaffen sind perfekt an das Leben in Bäumen angepasst und kommen nur sehr ungern auf den Boden herunter (© Mariano Pairet)

Die im Süden Brasiliens lebenden Brüllaffen sind vom Aussterben bedroht, weil der Regenwald abgeholzt und zerstückelt wird. Im Gebiet von Porto Alegre kommt hinzu, dass Dutzende der Primaten durch Stromstöße sterben oder verstümmelt werden, weil die Netzbetreiber die Elektroleitungen und Strommasten unzureichend isolieren und sichern.

Appell

An: An die Elektrizitätsfirmen und Netzbetreiber in Porto Alegre in Brasilien

„Die Elektrizitätsfirmen in Porto Alegre in Brasilien sollen ihre Stromleitungen und Strommasten so sichern, dass sie keine tödliche Gefahr für Brüllaffen bilden“

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Südliche Braune Brüllaffen (Alouatta guariba clamitans) sind perfekt an das Leben in Bäumen angepasst. Sie ernähren sich von Blättern, Blüten und Früchten und kommen nur selten zum Boden herunter. Denn dort sind sie gefährdet durch ihre natürlichen Feinde.

Weil ihr Lebensraum, der Regenwald im Süden Brasiliens, durch Abholzung immer weiter schrumpft und durch Landwirtschaft, Siedlungen und Straßen in Fragmente zerstückelt wird, nutzen die Primaten häufig Stromleitungen als Wanderwege, um baumlose Flächen zu durchqueren.

Im Süden der Stadt Porto Alegre sind die Tiere dabei einer tödlichen Gefahr ausgesetzt: Weil die Stromleitungen in einem schlechten Zustand oder nahe an Bäumen verlegt sind, kommen die Brüllaffen durch Stromstöße zu Tode oder erleiden schwerste Verbrennungen. Überlebenden Tieren müssen oft verkohlte Gliedmassen amputiert werden. Nach wochenlanger Pflege können sie dann nur noch in die Obhut von Zoos gegeben werden.

Seit 30 Jahren erforschen zwei Universitäten von Rio Grande do Sul die vom Aussterben bedrohten Brüllaffen, die in den verbliebenen Waldflächen in Porto Alegre leben. Eine Untersuchung zwischen 2018 bis 2024 registrierte allein 74 Elektroschocks in der Region. Wobei eine hohe Dunkelziffer besteht, da viele der getöteten oder schwer verletzen Tiere nicht aufgefunden und von anderen Wildtieren entfernt werden.

Die Elektrizitätsfirma CEEE-Equatorial behauptet, den Schutz der Tiere sehr ernst zu nehmen, hat aber seit Jahren offensichtlich keine effektiven Maßnahmen dafür ergriffen. Im Februar hat die lokale Umweltstaatsanwaltschaft bei Gericht eine Zivilklage gegen zwei Stromnetzbetreiber eingereicht. Sie fordert, die Schäden, die durch die getöteten Primaten in der Tierwelt entstanden sind, zu beheben und Stromschläge zu verhindern.

Bitte unterstützen Sie die Petition:

Start der Petition: 10.09.2024

Hinter­gründe

Stromleitungen bilden weltweit eine große Gefahr für viele Tierarten. Durch unzureichend konstruierte Leitungen und Masten erleiden jährlich Millionen Tiere tödliche Stromstöße, darunter auch viele Vögel.

Berührt ein Tier zwei Drähte einer elektrischen Freileitung, die unterschiedliche Spannungen führen, kommt es zum Kurzschluss. Der Stromfluss durch den Tierkörper führt durch schwerste Verbrennungen und Lähmungen meist zum Tod.

Oder die Tiere stellen eine Verbindung zwischen einer Leitung und einem geerdeten Strommast her (Erdschluss). Und bei geringen Distanzen und feuchter Luft besteht zudem die Gefahr eines Funkenüberschlags („Lichtbogen“).

Es kommt auch vor, dass die Äste eines Baumes aufgrund eines fehlenden Rückschnitts stromführende Leitungen und Teile berühren, was zu Stromschlägen bei Tieren im Baum führen kann. Auch nicht ausreichend isolierte Stromverbinder in der Nähe der Elektromasten bilden eine Gefahr.

Weitere Informationen auf Portugiesisch

- Página do Instagram da Sociedade Brasileira de Primatologia

- Página do Instagram Macacosurbanos

An­schreiben

An: An die Elektrizitätsfirmen und Netzbetreiber in Porto Alegre in Brasilien

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Angaben des Programms für urbane Primaten der Bundesuniversität von Rio Grande do Sul (UFRGS) und des Primatologie-Labors der Katholischen Universität von Rio Grande do Sul erleiden Brüllaffen im südlichen Teil von Porto Alegre tödliche Stromschläge oder werden schrecklich verstümmelt, weil Stromleitungen und -masten unzureichend isoliert sind. Auch Bäume, deren Äste an die Stromkabel heranreichen und nicht beschnitten werden, stellen eine Gefahr dar.

Obwohl sie sich des Problems bewusst sind, haben Ihre Unternehmen offenbar keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um Tiere vor Stromschlägen zu schützen. Im Gegenteil: Nach Angaben des Programms für urbane Primaten hat die Zahl der dadurch getöteten oder verletzten Brüllaffen sogar zugenommen.

Im Februar hat die Umweltstaatsanwaltschaft von Porto Alegre bei Gericht eine eilige öffentliche Zivilklage gegen Ihre Firmen eingereicht. Die Umweltstaatsanwaltschaft von Porto Alegre fordert, die Schäden an den Wildtieren zu beheben und weitere Fälle von Stromschlägen zu verhindern.

Wir bitten Sie daher, dringend tätig zu werden und die Brüllaffen vor der Gefahr zu schützen. Bitte führen Sie in Abstimmung mit Experten für den Schutz von Primaten rasch effektive Maßnahmen durch, die die Tiere vor elektrischen Schlägen bewahren.

Mit freundlichem Gruß

5-Minuten-Info zum Thema: Biodiversität

Die Ausgangslage: Warum ist Biodiversität so wichtig?

 

Biodiversität oder Biologische Vielfalt umfasst drei Bereiche, die sehr eng miteinander verbunden sind: die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme wie z.B. Wälder oder Meere. Jede Art ist Teil eines hoch komplexen Beziehungsgeflechts. Stirbt eine Art aus, wirkt sich das auf viele andere Arten und ganze Ökosysteme aus.

Weltweit sind derzeit fast 2 Millionen Arten beschrieben, Experten schätzen die Anzahl weitaus höher. Tropische Regenwälder und Korallenriffe gehören zu den artenreichsten und am komplexesten organisierten Ökosystemen dieser Erde. Rund die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten lebt in den Tropenwäldern.

Die biologische Vielfalt ist für sich alleine schützenswert und gleichzeitig unsere Lebensgrundlage. Wir nutzen täglich Nahrungsmittel, Trinkwasser, Medizin, Energie, Kleidung oder Baumaterialien. Intakte Ökosysteme sichern die Bestäubung von Pflanzen und die Bodenfruchtbarkeit, schützen uns vor Umweltkatastrophen wie Hochwasser oder Erdrutschen, reinigen Wasser und Luft und speichern das klimaschädliche CO2.

Die Natur ist auch die Heimat und zugleich ein spiritueller Ort vieler indigener Völker. Sie sind die besten Regenwaldschützer, denn besonders intakte Ökosysteme findet man in den Lebensräumen von indigenen Gemeinschaften.

Der Zusammenhang zwischen dem Verlust von Natur und der Ausbreitung von Pandemien ist nicht erst seit Corona bekannt. Eine intakte und vielfältige Natur schützt uns vor Krankheiten und weiteren Pandemien.

Die Auswirkungen: Artenschwund, Hunger und Klimakrise

 

Der Zustand der Natur hat sich weltweit dramatisch verschlechtert. Rund 1 Million Tier- und Pflanzenarten sind in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind derzeit 37.400 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht - ein trauriger Rekord! Experten sprechen von einem sechsten Massenaussterben in der Geschichte der Erde - das Tempo des globalen Artensterbens ist durch den Einfluss des Menschen um Hunderte mal höher als in den letzten 10 Mio. Jahren.

Auch zahlreiche Ökosysteme weltweit - 75 % Landfläche und 66 % Meeresfläche - sind gefährdet. Nur 3% sind ökologisch intakt – z.B. Teile des Amazonas und des Kongobeckens. Besonders betroffen sind artenreiche Ökosysteme wie Regenwälder und Korallenriffe. Rund 50% aller Regenwälder wurden in den letzten 30 Jahren zerstört. Das Korallensterben nimmt durch den globalen Temperaturanstieg immer weiter zu.

Hauptursachen für den massiven Rückgang der Biodiversität sind die Zerstörung von Lebensraum, intensive Landwirtschaft, Überfischung, Wilderei und Klimaerwärmung. Rund 500 Milliarden US-Dollar jährlich werden weltweit in die Zerstörung der Natur investiert - in Massentierhaltung, Subventionen für Erdöl und Kohle, Entwaldung und Flächenversiegelung.

Der Verlust an Biodiversität hat weitreichende soziale und ökonomische Folgen, die Ausbeutung der Ressourcen geht zu Lasten von Milliarden Menschen im globalen Süden. Die UN kann die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung z.B. die Bekämpfung von Hunger und Armut nur erreichen, wenn die Biodiversität weltweit erhalten und für die nächsten Generationen nachhaltig genutzt wird.

Ohne den Erhalt der Biodiversität ist auch der Klimaschutz bedroht. Die Zerstörung von Wäldern und Mooren – als wichtige CO2-Senken - heizt den Klimawandel weiter an.

Die Lösung: Weniger ist mehr!

 

Die natürlichen Ressourcen der Erde stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Knapp zwei Erden verbrauchen wir Menschen, bei derzeitigem Ressourcenverbrauch werden es 2050 mindestens drei sein. Um für den Erhalt der biologischen Vielfalt als unserer Lebensgrundlage zu kämpfen, müssen wir den Druck auf die Politik weiter erhöhen.
Und auch in unserem Alltag lässt sich viel bewegen.

Mit diesen Alltags-Tipps schützt man auch die biologische Vielfalt:

  1. Öfter mal pflanzlich: Mehr buntes Gemüse und Tofu auf den Teller oder am besten gar kein Fleisch! Rund 80% der Agrarflächen weltweit werden zur Tierhaltung und zum Anbau von Tierfutter genutzt.
  2. Regional und Bio: Ökologisch erzeugte Lebensmittel verzichten auf den Anbau von riesigen Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden. Der Kauf von regionalen Produkten spart zudem Unmengen an Energie!
  3. Bewusst leben: Brauche ich schon wieder neue Klamotten oder ein Handy? Oder kann ich Alltagsdinge auch gebraucht kaufen? Es gibt gute Alternativen zu Produkten mit Palmöl oder Tropenhölzern! Tropische Haustiere wie z.B. Papageien oder Reptilien sind tabu! Berechne jetzt deinen ökologischen Fußabdruck.
  4. Werde Bienenfreund:in: Auf dem Balkon oder im Garten freuen sich Bienen und andere Insekten über vielfältige, leckere Pflanzen. Aber auch ohne eigenes Grün kann man in einem Naturschutzprojekt in der Region aktiv werden.
  5. Protest unterstützen: Demonstrationen oder Petitionen gegen die Klimaerwärmung oder für eine Agrarwende üben Druck auf Politiker:innen aus, die auch für den Schutz der biologischen Vielfalt verantwortlich sind.

Lesen Sie hier, warum so viele Arten aussterben, bevor sie überhaupt entdeckt werden.

Fußnoten

Universitäten von Rio Grande do SulDas Programm für städtische Primaten der Bundesuniversität von Rio Grande do Sul und das Primaten-Labor der Katholischen Universität von Rio Grande do Sul


Brüllaffen IUCN Redlist, 2024. Southern Brown Howler Monkey. Alouatta guariba ssp. Clamitans: https://www.iucnredlist.org/species/39918/190419216


Gericht eine Zivilklage ESTADO DO RIO GRANDE DO SUL, MINISTÉRIO PÚBLICO, PROCURADORIA-GERAL DE JUSTIÇA, PROMOTORIA DE JUSTIÇA DE DEFESA DO MEIO AMBIENTE, 2024. COM PEDIDO DE TUTELA ANTECIPADA. Distribuição preferencial ao Projeto Ambiental - Edital 01/2024 – COMAG https://oeco.org.br/wp-content/uploads/2024/02/ACP-PREVENCAO-MORTE-BUGIOS-CEEE-EQUATORIAL_240216_181910.pdf


zwei Stromnetzbetreiber COMPANHIA ESTADUAL DE DISTRIBUIÇÃO DE ENERGIA ELÉTRICA – CEEE-D und EQUATORIAL ENERGIA, holding controladora da CEEE Equatorial

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953 Teilnehmer

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