Nicaragua: Deutsche Steuergelder zerstören Umwelt
In Nicaragua finanziert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zwei gegensätzliche Projekte. Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) fördert den Ausbau einer Palmölplantage. Umweltschützer schlagen Alarm: die Plantage gefährdet ein streng geschütztes Biosphärenreservat. Auch Kleinbauern wehren sich. Die Monokulturen bedrohen ihre Felder, die sie mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aufgebaut haben. Bitte unterschreiben Sie den Protest gegen den Irrsinn deutscher Entwicklungshilfeplanung.
AppellIn Nicaragua verstehen die Kleinbauern der Kooperative von El Castillo die Welt nicht mehr. Mit viel Aufwand bildeten sie sich in den letzten Jahren fort, um verschiedene landwirtschaftliche Produkte ökologisch nachhaltig anzubauen. Diese Arbeit hat ihr Leben grundlegend verbessert. Doch nun werden ihre Felder von einer Palmölplantage bedroht. „Das Kuriose daran ist, dass sowohl die Ausweitung der Plantage als auch die Bauern von der deutschen Entwicklungshilfe finanziell unterstützt werden“, wundert sich Saúl Obregón von der Organisation Fundacion del Rio. „Dabei bedrohen die Palmöl-Monokulturen die jahrelange Arbeit der Bauernkooperative und unsere Umwelt.“
Bitte fordern Sie von den verantwortlichen Ministern und Institutionen, dass Ihre Steuergelder nicht für umweltschädliche Projekte verschwendet werden. Sie unterstützen mit Ihrer Unterschrift auch die Kleinbauern, die sich gegen eine weitere Zerstörung ihres Lebensraumes wehren.
HintergründeLeeres Versprechen der Palmölindustrie
Die Plantage der Aktiengesellschaft Palmares de El Castillo SA (PALCASA) umfasst bereits 4000 Hektar und gehört laut Medienberichten Ramiro Ortiz, einem der mächtigsten Unternehmer des zentralamerikanischen Landes. Aus den Palmfrüchten von PALCASA sollen Speiseöl und Agrodiesel hergestellt werden. In der Anfangsphase rodete das Unternehmen Wald zum Aufbau der Plantage. Da in unmittelbarer Nähe des Projektes das streng geschützte Biosphärenreservat Indio Maíz liegt, schritten die Behörden ein. Um trotzdem weiteres Land zu bekommen, versprach das Unternehmen den Bauern Arbeit und gutes Einkommen. Dafür verkauften mehrere Familien ihre Höfe und gaben die Landwirtschaft auf. Auf diesem Land soll die Plantage jetzt erweitert werden – mit 5,4 Millionen Euro der staatlichen Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer Tochter der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Bankengruppe). Ende 2010 ließ die DEG die Palmöl-Plantage durch das deutsche Unternehmen Unique als Forstinvestment prüfen. Auf Nachfrage erklärt Unique: „Die Mehrzahl der Bauern bereut den Landverkauf. Außerdem hat die Plantage vermutlich auch das Wasser verseucht." Unique und das Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) bestehen aber darauf, dass „der Anbau der Ölpalme in der Region eine intelligente Landnutzung“ sei.
Die Bauernkooperativen – Erfolgsprojekt ohne Zukunft?
Saúl Obregón bestätigt, dass die Bauern wie versprochen eine Arbeit auf den Plantagen bekommen hätten. „Das Problem jedoch ist, dass die Löhne so niedrig sind, dass sie den Verkauf der Höfe nicht aufwiegen können.“ Dabei ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft in der Region Rio San Juan im Südosten des Landes ein Erfolgsprojekt. Seit 2002 werden die Bauern in ökologischem Landbau geschult und bauen in Mischkultur Früchte zur Selbstversorgung und zum Verkauf an. Sie kultivieren unter anderem Mais, Bohnen und Orangen. Die Weiterbildung übernahm die nicaraguanische Nichtregierungsorganisation ADDAC, teilweise finanziert durch die GIZ. Das Projekt sollte den Einwohnern von El Castillo ein nachhaltiges Einkommen sichern und verhindern, dass sie aus Not im Biosphärenreservat holzen und wildern, um zu überleben.
Einzigartige Artenvielfalt - das Biosphärenreservat Indio Maíz
Indio Maíz im Südosten Nicaraguas ist das zweitgrößte Regenwaldschutzgebiet des Landes. Im Reservat leben 70-80 Prozent aller Tierarten des zentralamerikanischen Staates, ein Fünftel davon sind bedrohte Spezies – zum Beispiel große Raubkatzen wie der Jaguar und seltene Seekühe. Außerdem ist es ein einzigartiges Vogelschutzgebiet mit mehr als 270 verschiedenen Arten. Da Indio Maíz direkt an die Palmölplantage angrenzt, verfassten nicaraguanische Umweltgruppen schon 2006 eine Petition gegen das Monokultur-Projekt. Drei nicaraguanische Umweltgruppen, das Humboldt-Zentrum, Fundación del Rió und die Luciernaga Stiftung dokumentieren in einer Studie und einem Film die negativen Umweltauswirkungen der Plantage.
Vor allem die Bedrohung des Ökosystems durch veränderte Bodennutzung, den Einsatz von Chemikalien und die Änderung der lokalen Sozialstruktur wird immer wieder betont. Für die Menschen in der Gemeinde El Castillo ist die Arbeit auf der Plantage nicht mehr attraktiv. „Deswegen kommen Arbeitskräfte von außerhalb, die sich auch illegal im Reservat Indio Maíz niederlassen und dort Bäume fällen“, berichtet Obregón.
"Palmölplantagen sind für uns keine Lösung"
Er kritisiert zudem die Landkonzentration in den Händen eines einzigen Unternehmens. Dadurch kommt es zum klassischen Landkonflikt mit einem Großunternehmen, bei dem Kleinbauern immer benachteiligt sind. „Was kann denn intelligenter sein als eine Landnutzung, die Umwelt und Menschen schützt?“, fragt er. „Die Erfahrung der letzten zehn Jahre zeigt doch, dass die Kleinbauern in Rio San Juan eine Landwirtschaft betreiben, welche Umwelt und Menschen gut tut. Die Ölpalme ist für uns keine Lösung."
Links: Hier finden Sie eine Dokumentation über das Reservat Indio Maíz.
An das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Herrn Dirk Niebel, Minister
Frau Gudrun Kopp, Staatssekretärin, Mitglied des Aufsichtsrates der DEG
Stresemannstraße 94,10963 Berlin
Kopien an
DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Herrn Dr. Michael Bornmann, Herrn Philipp Kreutz, Geschäftsführung
Kämmergasse 22, 50676 Köln
Bundesministerium für Wirtschaft
Herrn Philipp Rösler, Minister, Mitglied Kreditausschuss, Prüfungsausschuss KfW Bankengruppe
Scharnhorststr. 34-37, 11019 Berlin
Bundesministerium der Finanzen
Dr. Wolfgang Schäuble, Minister, Mitglied Kreditausschuss, Prüfungsausschuss KfW Bankengruppe
Wilhelmstraße 97, 11016 Berlin
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe erfahren, dass die Firma Palmares de El Castillo SA (PALCASA) mit Unterstützung der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) ihre Palmölplantage in der Region Rio San Juan in Nicaragua ausbauen will. So wird eine Privatfirma mit deutschen Steuergeldern versorgt, damit sie ihre Plantagen erweitern kann – offensichtlich gegen die Interessen der dort lebenden Menschen und der Natur. Mehrere nicaraguanische Nichtregierungsorganisationen weisen auf die Verseuchung von Böden und Gewässern in der Umgebung der Plantage hin. Auch das angrenzende, streng geschützte Biosphärenreservat Indio Maíz ist in Gefahr.
Außerdem kritisieren die einheimischen Menschenrechtler und deutsche Medienberichte die Arbeitsbedingungen auf der Plantage. Es gibt weder Schutzmaßnahmen noch wird ein angemessenes Gehalt gezahlt. Zudem eignete sich die Firma PALCASA Land von Bauern unter Vortäuschung falscher Tatsachen an.
Ein ganz schlechtes Licht wirft die Finanzierung der PALCASA-Plantage durch die DEG auf die Organisation und Planung deutscher Entwicklungshilfe: Direkt neben der Plantage arbeitet eine erfolgreiche Bauernkooperative – ihre Ausbildung wird seit 2002 von der GIZ, früher GTZ, finanziell unterstützt. Die Bauern dieser Kooperative klagen bereits, dass die Chemikalien der Palmölplantage ihre Felder verseuchen und dass Plantagenarbeiter ihre Feldfrüchte stehlen und zerstören. Eine Ausweitung der Plantage würde die Existenz der Bauernkooperative gefährden.
Steuergelder werden damit doppelt verschwendet.
Ich fordere Sie daher auf:
1. die Finanzierung der Palmöl-Plantage des Unternehmens PALCASA in Rio San Juan/ Nicaragua sofort einzustellen.
2. keine Projekte zum Ausbau agrarindustrieller Monokulturen mit deutschen Entwicklungshilfegeldern zu unterstützen, da deren negative Auswirkungen auf die Umwelt hinreichend dokumentiert sind.
3. keine Wirtschaftsprojekte mit öffentlichen Geldern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren, die lediglich privaten Interessen und Gewinnstreben dienen. Sowie zu einer Politik der Entwicklungszusammenarbeit zurückzukehren, die sich auf die Unterstützung lokaler Gemeinden und auf Umweltprojekte konzentriert.
Mit freundlichen Grüßen