Pamlöl, Zucker, Soja - Biokraftstoffe bedrohen Regenwälder
Durch die Produktion von Biokraftstoffen werden zunehmend intakte Ökosysteme vernichtet. Diesen Umstand nahm der Präsident der brasilianischen Umweltschutz-organisation FUCONAMS, Anselmo de Barras, zum Anlass zur Selbstverbrennung. Die Tat geschah anlässlich einer Protestkundgebung von Umweltschützern am 12. November 2005 in Campo Grande, gegen den Bau von Alkohol- und Zuckerfabriken im Becken des Alto Paraguai (Bundesstaat Mato Grosso do Sul). Nach 24-stündigen Leiden verstarb der Aktivist. Was in Brasilien und Indonesien inzwischen zur Tagesordnung gehört, die Vernichtung von Regenwäldern und Habitaten selten gewordener Pflanzen und Tiere, hat seinen Ursprung in dem wachsenden Verbrauch von Biokraftstoffen in den Industriestaaten. Denn aus ölhaltigen Pflanzen wie Raps, Sojabohnen oder Ölpalmen lassen sich Pflanzenöle gewinnen, die als Biodiesel in speziellen Dieselmotoren eingesetzt werden können. Eine weitere Variante ist die Gewinnung von Bioethanol durch die Vergärung Stärke- und zuckerhaltiger Pflanzen. Die Produktion von Palm- und Sojabohnenöl ist jedoch umstritten, da für die Anbauflächen häufig Regenwald zerstört wird. Zu dem wird Palmöl verdächtigt, Grund für eine Reihe von Herzkrankheiten zu sein (WHO). In Indonesien und Malaysia sind es riesige Plantagenflächen (6,5 Millionen Hektar), die immer mehr Waldgebiete verdrängen. Ursache ist der wachsende Bedarf des Palmöls als Nahrungsmittel, vor allem in der EU, Indien und China. Zwischen 1995 und 2002 hat sich der Verbrauch von Palmöl in der EU mit 3,8 Mil. Tonnen fast verdoppelt. Dazu kommen die guten Absatzprognosen von biogenen Kraftstoffen, deren Preise - fast 20% jährlich - in die Höhe schießen. Brasilien produziert bereits 15 Millionen Kubikmeter Bioethanol pro Jahr. Hier ist es die Produktion von Sojabohnenöl, die schon jetzt als die wichtigste Ursache für die Vernichtung weiter Teile des Amazonas-Regenwaldes verantwortlich gemacht werden kann. Befürworter biogener Kraftstoffe argumentieren mit den erheblichen CO2-Einspar-Potenzialen. Um den Zielen des Kyoto-Protokolls gerecht zu werden, soll der Bioanteil bei Kraftstoffen in der EU schon in den kommenden fünf Jahren 5,75% entsprechen. Deshalb fördert die EU mit ihrer Biokraftstoffrichtlinie (2003/30/EC) den Verbrauch CO2-einsparender Treibstoffe. Flankiert wird die Maßnahme durch die Energiesteuerrichtlinie (2003/96/EC), welche es den EU-Mitgliedstaaten ermöglicht, die Mineralölsteuer für Biokraftstoffe zu erlassen. Durch den Einsatz biogener Treibstoffe könnten derzeit etwa 80% der vergleichbaren Emissionen fossiler Kraftstoffe vermieden werden (BMU 2005). Aber nur 20% der CO2-Gesamtemissionen entstehen durch Kraftstoffe im Verkehr (UBA). Sumpf- und Torfwälder wie in Sumatra und Borneo spielen eine bedeutende Rolle als CO2-Senken. Leider werden diese Wälder zunehmend Ziele für Palmöl-Plantagen. Mit der Zerstörung der Wälder verschwinden nicht nur wichtige Ökosysteme, auch der Gewinn durch die Nutzung biogener Treibstoffe relativiert sich mit der Vernichtung der CO2-Senken. Zwischen dem 23.-24. November 2005 fand in Singapur die dritte Konferenz der „Roundtable on Sustainable Palm Oil“ (RSPO) statt. Hier trafen sich mehr als 300 Teilnehmer aus allen Teilen der Welt: Vertretern der Palmöl-Industrie, Banken, Regierungsvertreter und NRO`s. Auch wenn sich die hier anwesenden Akteure auf Richtlinien zur umweltverträglichen Produktion von Palmöl in einem Abschlussprotokoll einigen konnten. Kontroversen bestehen weiterhin, denn allein auf Borneo sind schon weitere 1,8 Millionen Hektar Plantagen in Arealen sensiblen Primärwaldes geplant. Deshalb fordert Rettet den Regenwald e.V. die Bundesregierung und die EU-Kommission auf: keine Vernichtung von Regenwald für Biokraftstoffe!