UN-Botschafter warnt vor Hungertoten durch Bio-Kraftstoffe
Pressemitteilung vom 4. Juni 2007 Genf/Hamburg - Die Produktion von Biotreibstoffen aus Zucker und Mais kann weltweit zu Hundertausenden Hungertoten führen, warnt Jean Ziegler, UN-Sonderbotschafter für das Recht auf Nahrung. Der bekannte Soziologe und frühere Schweizer Parlamentarier beschuldigt die EU, Japan und die USA der „totalen Heuchelei“, weil sie Biotreibstoffe förderten, um ihre eigene Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern und aus Angst vor dem Klimawandel. Dadurch erhöhe sich der Druck auf Land, das für Nahrungsmittelproduktion benötigt werde. „Die Ankurbelung von Biotreibstoffen bedeutet eine große Gefahr für das Recht auf Nahrung.“ Laut Ziegler breiteten sich in Nord- und Ost-Brasilien immer mehr Zuckerplantagen für die Ethanol-Produktion aus, wodurch immer weniger Land für Kleinbauern übrig bleibe. In einigen mexikanischen Regionen seien die Preise für Mais, die Hauptnahrung der Armen in dem Land, als Folge des Biotreibstoff-Booms um 16 Prozent gestiegen. Schon heute hungerten weltweit mehr als 850 Millionen Menschen. Ziegler forderte am Rande einer Konferenz der UN-Menschenrechtskommission in Genf die westlichen Staaten auf, so genannten „Hungerflüchtlingen“ befristet ein Recht auf Asyl zu gewähren. Zieglers Vorwürfe decken sich mit der Kritik, die Umweltverbände weltweit seit Monaten am Biotreibstoff-Boom äußern. „Damit wir unsere Autotanks mit Biokraftstoff füllen können, müssen andernorts Menschen hungern“, so Reinhard Behrend, Vorsitzender von Rettet den Regenwald. „Das Getreide, das umgewandelt in Ethanol zur Füllung des Tanks eines Oberklassewagens notwendig ist, kann einen Menschen ein Jahr ernähren.“ In Brasilien werde der Ethanol-Boom bereits zum sozialen Sprengsatz. Im März 2007 hatten 800 Frauen der Bauernorganisation „Via Campesina“ die größte Ethanolfabrik des Landes besetzt, die zum US-amerikanischen Konzern CARGILL gehört. In einer Erklärung hieß es dazu, „die starke Ausweitung des industriellen Zuckerrohranbaus hat die weitere Konzentration von Landbesitz zur Folge sowie Umweltverschmutzung und unmenschliche Arbeitsbedingungen“. Rettet den Regenwald fordert ein weltweites Verbot der Produktion von Bio-Kraftstoffen aus tropischen und subtropischen Lebensmittelpflanzen.