PM: Biodiesel heizt Armut an
Bis zum Jahr 2020 sollen in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zehn Prozent der Kraftstoffe im Verkehrsbereich aus so genanntem Bio-Sprit bestehen. So lautet zumindest die verpflichtende Vorgabe der EU, die im letzten Januar als so genannter „Fahrplan erneuerbare Energie“ veröffentlicht wurde. Gegenwärtig nehmen Biokraftstoffe jedoch nur in Deutschland, Frankreich und Schweden messbare Anteile von über einem Prozent am Energiemix ein. Zudem reichen die landwirtschaftlichen Flächen der Europäischen Union nicht aus, um das gewünschte Ziel von zehn Prozent zu decken – zumindest nicht ohne die Lebensmittelproduktion zu beeinträchtigen. Die britische Hilfsorganisation Oxfam warnt deshalb, dass die Ambitionen der EU einen Wettlauf um Biokraftstoffquellen in den Entwicklungsländern auslösen wird. Dieses Ausweichen in Süden stellt eine ernsthafte Bedrohung für lokale Bevölkerungsgruppen dar, die ohnehin schon unter prekären Bedingungen leben müssen. Sie werden nun zusätzlich durch Landraub, Ausbeutung und verschlechterte Lebensmittelversorgung unter Druck gesetzt, was Beispiele aus Mexiko oder Brasilien bereits belegen. In Mexiko demonstrierten Anfang des Jahres mehrere zehntausend Menschen gegen steigende Preise von Tortillas – das Grundnahrungsmittel ärmerer Bevölkerungsschichten: Das verwendete Mehl verteuerte sich um das Dreifache, da entsprechender Mais zunehmend zu Ethanol als Biosprit umgewandelt wird. In Brasilien befreiten Polizisten im Juli über 1000 Sklaven aus einer Zuckerrohrfabrik – aus Zuckerrohr wird ebenfalls Ethanol für Autos gewonnen. Illegale Landnahme in Indonesien oder am Amazonas sind ebenfalls an der Tagesordnung. Für Oxfam ist es deshalb völlig inakzeptabel, dass arme Menschen in Entwicklungsländern die sozialen und ökologischen Kosten für die Klimaschutzziele der Europäischen Union tragen sollen. Um dies zu verhindern, müssten deshalb dringend Sozialstandards im „Fahrplan“ verankert werden. Sollte sich herausstellen, dass das Zehn-Prozent-Ziel nicht erreicht werden kann, ohne die Lebensgrundlagen armer Menschen zu gefährden oder zu zerstören, müsse es zudem flexibel und unbürokratisch geändert werden können, so Oxfam weiter. Der gesamte Bericht der Organisation kann unter www.tinyurl.com/3bla9j eingesehen werden.