Wie GPS-Geräte gegen Kettensägen gewinnen
Unser erster Eindruck von Matek Geram ist alarmierend: Am Steuer seines Geländewagens lenkt er ständig wild nach rechts, um geradeaus zu fahren. Eine gebrochene Blattfeder seiner „Grünen Hornisse“ umwickelt er kurzerhand mit einem dünnen Draht. Durch technische Widrigkeiten lässt sich der Aktivist der indigenen Organisation SADIA nicht aufhalten. Er kämpft energisch für die Wälder und die Rechte seines Volkes.
Die wilde Fahrt ist zehn Jahre her – schnell hat sich daraus eine enge Partnerschaft entwickelt, inklusive täglicher Whatsapp-Nachrichten. Mal schickt Matek Bilder vom Unterstand, den er und sein Team für die Nacht im Dschungel gebaut haben, und von den Fischen, die sie für ihr Abendessen gefangen haben. Mal sind es Fotos seiner Kinder und seiner Familie. Häufig Aufnahmen wunderbarer Natur – und all zu oft zeigen sie Zerstörung, Rodungen, gefällte Bäume.
Sobald ihn Dorfbewohner alarmieren, eilt Matek los – er hat mittlerweile ein verkehrstüchtiges Auto und ist nicht zuletzt zu seiner Sicherheit immer mit seinem Bruder Tambi und seinem Freund Salim unterwegs.
Zumeist ist die Strategie klar: eine Kartierung hilft gegen Kriminelle. Denn Holzfäller und Palmölfirmen können den Einheimischen das Land rauben, weil die auf keine Besitzurkunden verweisen können. Ohne Wald verlieren die Menschen ihr Daheim und ihre Lebensgrundlage.
Matek und sein Team kartieren daher mit ihnen gemeinsam das Gelände. Mit GPS-Geräten nehmen sie Bachläufe, besondere Wegmarken und spirituelle Stätten auf.
Auf Basis der so erstellten Karten haben Gerichte in zahlreichen Fällen Firmen das Handwerk gelegt. Zugunsten der Indigenen und der Wälder.
Matek gehört zum Volk der Iban und ist tief mit dessen Kultur und Religion verwurzelt, wozu der Respekt für die Natur gehört. Zum höchsten Fest namens Gawai versammelt sich seine ganze Familie in seinem schlichten, etwas schiefen Holzhaus, das auf Stelzen am Fluss Sungai Lemai steht. Dass er uns dazu eingeladen hat, ist eine große Ehre.
Am Anfang steht die Miri-Zeremonie. Auf Tellern werden Blätter, Reis und Eier drapiert. Tambi schwenkt ein lebendiges Huhn über unsere Köpfe, wirft Reis in die Luft, murmelt Gebete. Mateks Neffen grillen ein Schwein, es wird Reiswein ausgeschenkt, seine Geschwister machen traditionelle Musik. Später singen alle Karaoke; mal auf Englisch, mal auf Iban, der lokalen Sprache der Indigenen.
Abends steigt Matek gern in sein Boot und fährt mit seinem Sohn Maximilian den Fluss hinauf. Am Ufer turnen Nasenaffen in den Bäumen, Nashornvögeln fliegen über unsere Köpfe. Es könnte so friedlich sein.
Da sagt Matek kämpferisch: „Umweltschutz ist für uns Selbstverteidigung“
„Matek ist ein einzigartiger, imponierender und dabei bescheidener Aktivist“, sagt unser Campaigner Mathias. „Zweimal war ich mit ihm in Sarawak unterwegs und habe erfahren, wie dankbar die Menschen für seine Unterstützung sind. Ich durfte viele Tage mit seiner Familie verbringen, deren Gastfreundschaft mich überwältigt hat; eine besondere Ehre war es, zusammen Gawai zu feiern.“
Gewusst?
Indigene Völker rund um den Globus fühlen sich dem Land oft auf völlig andere Weise verbunden als wir in Europa. Dass Menschen, insbesondere Einzelpersonen, Grund und Boden besitzen könnten, ist ihnen fremd.
Allerdings haben in vielen Ländern Kolonialmächte ein Katasterwesen mit individuellem Landbesitz eingeführt, wie sie es kannten. In zahlreichen Staaten gibt es heutzutage zwei konkurrierende, zuweilen kollidierende Systeme: koloniales versus traditionelles Landrecht. Letzteres durchzusetzen ist ein Ziel der Kartierungen von Matek Geram.
Umstrittene Flächen etwa von Palmölfirmen oder der Regierung zu kaufen, ist für Matek unsinnig: nach traditionellem Recht gehört das Land den indigenen Dayak seit vielen Generationen. Abgesehen davon, dass es anders als Kartierungen unbezahlbar wäre, warum sollten sie Landräuber bezahlen?
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