Kein Palmöl in den Tank!
Rund eine Viertel Million Menschen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltministerin Barbara Hendricks aufgefordert, sich für ein Ende der fatalen Biospritpolitik einzusetzen. Nun gilt es, den Druck weiterhin aufrecht zu erhalten.
In Indonesien brennen Palmölfirmen die Regenwälder ab, um ihre Plantagen zu erweitern. Hunderte Orang-Utans verlieren ihren Wald. Nur wenige können durch Helfer gerettet werden. Mitverantwortlich ist die deutsche Biosprit-Politik: In unseren Biodiesel fließen nach neuesten Studien jährlich rund 424.000 Tonnen Palmöl.
News und Updates AppellAn: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Umweltministerin Barbara Hendricks
„Die Bundesregierung muss die fatale Biospritpolitik sofort beenden. Für die Palmölproduktion brennen die Regenwälder, sterben Menschen und Tiere.“
Für unseren Biosprit werden nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) 424.000 Tonnen Palmöl eingesetzt. Für den Anbau der Ölpalmen sind circa 1.600 km2 Plantagen notwendig. EU-weit verbrennen alljährlich sogar rund 3,2 Millionen Tonnen Palmöl in Automotoren.
Der Pflanzenkraftstoff wird dem fossilen Diesel zugesetzt, so schreiben es deutsche und EU-Gesetze vor. Bis 2020 sollen unsere Autos mit sieben Prozent Biosprit fahren. Derzeit enthält jede Tankfüllung durchschnittlich fünf Prozent.
Die Folgen: Für den Anbau von Ölpalmen gehen in Indonesien, dem weltgrößten Palmöl-Exporteur, die Regen- und Torfwälder in Flammen auf. Die Konzerne bereiten durch die Brandrodung weitere Plantagen vor – das ist billiger als maschinelle Rodung: „Jedes Jahr brennen unsere Wälder, und jedes Jahr wird es schlimmer“, sagt Nordin von unserer Partnerorganisation Save our Borneo.
17.000 Quadratkilometer Regenwald brannten auf Borneo und Sumatra. 25 Millionen Menschen leben in der Hölle aus Feuer und Rauch. Besonders dramatisch ist die Lage in der Provinz Zentralkalimantan auf Borneo, der Heimat von Nordin. Dort lag die Konzentration der Schadstoffpartikel in der Luft in der Trockenzeit 90 mal höher als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen – das bedeutet Lebensgefahr!
Da fast sämtlicher Biosprit aus Nahrungsmitteln hergestellt wird, landet unser Essen immer öfter im Tank anstatt auf dem Teller. Die Ernährung von Millionen armen Menschen leidet darunter. Biosprit verschärft Mangelernährung und Hunger.
Die Umsetzung der EU-Biospritreform erfolgt in Deutschland auf dem Verordnungsweg. Die Bundesregierung muss die fatale Biospritpolitik sofort beenden. Sie soll auch die anderen EU-Länder davon überzeugen, dass Biosprit den Menschen, der Natur und dem Klima schadet.
HintergründeDie Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) hat im Dezember 2015 neue Zahlen zum Einsatz von Biokraftstoff in Deutschland veröffentlicht. Nach Angaben des Evaluations- und Erfahrungsberichts 2014 zur Biomassestrom- und Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung flossen im Jahr 2014 in Deutschland 424.000 Tonnen Palmöl in die Produktion von Biosprit für Dieselfahrzeuge (siehe Seite 64, Tabelle 9, sowie Seite 67, Tabelle 12).
Das Palmöl stammt aus Asien (siehe Seite 66, Tabelle 11, Herkunft der Ausgangsstoffe), also vor allem Indonesien und Malaysia, den weltweit größten Palmölproduzenten.
Bei einem durchschnittlichen Ernteertrag von 2.665 Litern Palmöl pro Hektar (siehe GLOBIOM-Studie im Auftrag der EU Seite 63 oben) ergibt sich eine Anbaufläche von 160.000 Hektar bzw. 1.600 Quadratkilometern. Das entspricht der fünffachen Fläche Münchens, die nur für den Biospritbedarf in Deutschland in die dortigen Regenwälder geschlagen wird.
Dem Dieselkraftstoff werden Biodiesel und hydrierte Pflanzenöle beigemischt. Für die Herstellung von Biodiesel (Fettsäuremethylester, englisch Fatty Acid Methyl Ester - FAME) wurden 88.000 Tonnen Palmöl im Jahr verwendet. Den Hauptanteil mit 336.000 Tonnen Palmöl machten allerdings die sogenannten hydrierten Pflanzenöle (englisch Hydrotreated Vegetable Oils - HVO) aus. Zusammen ergibt das 424.000 Tonnen Palmöl. Sowohl der Biodiesel als auch die hydrierten Palmöle werden dem aus Erdöl gewonnen Dieselkraftstoff als gesetzlich vorgeschriebener Biospritanteil zugesetzt.
Der staatliche finnische Neste Konzern und der halbstaatliche italienische Energiekonzern ENI haben patentierte Verfahren zur Herstellung von Kraftstoff auf HVO-Basis entwickelt, um damit den europäischen Markt zu beliefern. Als Rohstoff für die Hydrierung wird fast ausschließlich Palmöl verwendet. Neste hat dazu mehrere große Biospritraffinieren gebaut: In Singapur und Rotterdam mit jeweils ca. 900.000 Tonnen Biospritkapazität jährlich und in Finnland zwei kleinere Anlagen.
ENI hat eine Erdölraffinerie im Hafen von Marghera bei Venedig auf sogenannten "Green Diesel" umgestellt. Auch hier kommt Hydrolyse zum Einsatz. Die Raffinerie hat nach Konzernangaben im Jahr 2014 144.000 Tonnen Biosprit vorwiegend aus Palmöl erzeugt. Ab diesem Jahr soll die Produktion auf 420.000 Tonnen jährlich steigen. Auch auf Sizilien (Standort Gela) will ENI eine Raffinerie auf hydrierten Agrarsprit umrüsten. Der französische Total-Konzern verfolgt ähnliche Pläne in einer Erdölraffinerie in La Mede.
Biokraftstoff ist ein Verbrechen gegen die Menschheit
Immer mehr Pflanzenöle werden für die Produktion von Biodiesel eingesetzt - neben Palm- auch Raps-, Soja- und Sonnenblumenöl - und für Ethanol vor allem Mais, Weizen, Zuckerrohr und Zuckerrübe. Steigende Preise für Grundnahrungsmittel sind die direkte Folge. Besonders arme Menschen im globalen Süden leiden daruter. Der UN-Sonderbotschafter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, bezeichnete bereits 2007 „Biokraftstoff als ein Verbrechen gegen die Menschheit". Die Vereinten Nationen und zahlreiche weitere internationale Institutionen fordern daher seit Jahren, die Biospritpolitik und die Subventionen dafür zu beenden.
Evaluations- und Erfahrungsberichts 2014 zur Biomassestrom- und Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung
Seite 64, Tabelle 9
Biokraftstoffabsatz von FAME (Biodiesel) in Tonnen, Ausgangsstoff Palmöl
2012: 121.000 t
2013: 154.000 t
2014: 88.000 t
Biokraftstoffabsatz von hydriertem Pflanzenöl (HVO) in Tonnen, Ausgangsstoff Palmöl
2012: 395.000 t
2013: 472.000 t
2014: 336.000
Gesamter Biokraftstoffabsatz in Deutschland (FAME + HVO) mit Palmöl als Ausgangsstoff
2012: 516.000 t
2013: 626.000 t
2014: 424.000 t
An: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Umweltministerin Barbara Hendricks
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel, sehr geehrte Frau Ministerin Hendricks,
monatelang standen Indonesiens Wälder in Flammen – vor allem um Platz für neue Industrieplantagen mit Ölpalmen und Akazien zu schaffen. Hochgiftiger Qualm bedeckte weite Teile Indonesiens und der Nachbarländer. Mehr als 20 Menschen sind daran gestorben; die meisten von ihnen waren noch Kinder. 500.000 Menschen wurden durch den giftigen Rauch schwer krank.
Es ist eine menschengemachte Katastrophe – und ein fatales Resultat der europäischen Energie- und Klimapolitik. Denn Palmöl wird vor allem für die Herstellung von Biosprit verwendet. Für unseren Biodiesel wurden 2014 nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) insgesamt 424.000 Tonnen Palmöl eingesetzt. Für den Anbau sind circa 1.600 km2 Ölpalmplantagen im Regenwald notwendig. Mit jeder Tankfüllung beteiligen sich die Bundesbürger an dieser Katastrophe, gegen ihren Willen.
Auch andere für die Biospritproduktion genutzte Rohstoffe wie Raps- und Sojaöl haben eine ähnlich negative Umweltbilanz. Bitte beenden Sie daher die Biospritpolitik und überzeugen Sie auch die übrigen Regierungen der EU, dass Biosprit den Menschen, der Natur und dem Klima massiv schadet. Bitte schaffen Sie die Biospritbeimischung unverzüglich ab.
Mit freundlichem Gruß