Helft der Nymphenfledermaus: ihr Wald soll weg für Sandabbau!
Die Quarzwerke in Frechen holzen den Buschbeller Wald ab. Uralte Eichen und Buchen sollen weg. Die Firma will an den Sand unter dem Wald.
News und Updates AppellAn: Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission, Landrat Michael Kreuzberg, Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser und die Quarzwerke
„Unter dem Buschbeller Wald lagert begehrter Sand. Für dessen Abbau wird der Lebensraum von Fledermäusen und Pirol zerstört. Das darf nicht genehmigt werden.“
Im Buschbeller Wald recken uralte Baumriesen ihr knorrigen Äste empor, viele geschützte Arten wie Pirol, Mittelspecht und Feuersalamander leben dort vom Menschen weitgehend ungestört. Das Kleinod der Natur ist einer der letzten Altwälder rund um Köln.
Sensationelles haben Umweltschützer in einer aktuellen, noch unveröffentlichten Studie zutage gefördert: Sie stießen auf Fledermausarten, die bisher in Nordrhein-Westfalen entweder nicht beobachtet wurden oder als verschollen galten. Dazu gehört die Nymphenfledermaus (Myotis alcathoe), die wie alle registrierten Arten streng geschützt ist.
Wegen seiner Artenvielfalt müsste der Buschbeller Wald unter dem Schutz der EU stehen. Stattdessen droht ihm durch den Tagebau der Quarzwerke in Frechen der Untergang.
Dabei ist der Abbau des Quarzsandes nicht nur aus Artenschutzgründen falsch. Die Wirtschaft braucht den Sand aus dem Buschbeller Wald schlicht nicht. Weltweit werden pro Jahr unvorstellbare 15 Milliarden Tonnen Sand abgebaut, mehr als von jedem anderen Rohstoff. Vor allem die Bauindustrie lechzt danach. Für ein Einfamilienhaus werden 200 Tonnen Sand benötigt. Angesichts dieser Größenordnung ist es eine völlig abwegige Idee, für relativ wenig Sand einen artenreichen Wald zu opfern. Zudem in einer Region, in der kaum mehr Wald steht.
Hier finden Sie die Dokumentation “Sand – der unterschätzte Rohstoff”.
Die Vorgänge um den Buschbeller Wald zeigen, wie rücksichtslos auch in Deutschland Natur zerstört wird. Nötig ist ein grundsätzliches Umdenken.
Bitte appellieren Sie an die Quarzwerke und Politiker, den unsinnigen Sandabbau zu verhindern und den Buschbeller Wald zu schützen.
HintergründeSand ist der am meisten vernachlässigte Rohstoff der Welt. Auf der politischen Tagesordnung stehen der Verlust der Böden, die Verschmutzung der Luft und der Mangel an Wasser. Eine Sand-Krise? Nie gehört.
Dabei wird Sand tatsächlich knapp. Brauchbarer zumindest. Die Körner Arabiens und der Sahara sind nämlich für kaum etwas gut, am wenigsten für Beton, der aus Sand und Zement besteht. Dabei ist es insbesondere die Bauindustrie, die nach immer größten Sandmengen verlangt.
Weltweit werden jedes Jahr 15 Milliarden Tonnen Sand gefördert – mehr als von jedem anderen Rohstoff. Damit ließe sich eine 27 Meter hohe und ebenso breite Mauer rund um den Äquator ziehen. Im Boomland China ist der Betonverbrauch laut UNEP in 20 Jahren um 437 Prozent gestiegen.
Die Bauindustrie lechzt nach Sand
Der Hunger nach Sand ist gewaltig: Für den Bau eines Einfamilienhauses werden 200 Tonnen davon benötigt, ein Kilometer Autobahn verschlingt 30.000 Tonnen. Allein China hat 2013 rund 146.000 Kilometer Straßen gebaut, wenn auch nicht gänzlich in Autobahn-Qualität.
Sand – hauptsächlich Siliziumdioxid – steckt nicht nur in Beton. Er wird für Glas, Computerchips, Solarzellen, Reinigungsmittel, Papier, Kosmetika und vieles mehr gebraucht. Unsere Gesellschaft ist auf Sand gebaut.
Deutschland ist ein Sand-Exporteur: 2012 wurden laut Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2.089.000 Tonnen vor allem aus Frankreich und den Niederlanden importiert. Ausgeführt wurden 9.737.000 Tonnen, überwiegend in die Niederlande und nach Belgien.
Einfach zugängliche Quellen sind jedoch nahezu erschöpft. Daher sind Abbaufirmen auf der Suche nach immer neuen Claims. Tagebaue verschandeln jedoch die Landschaft und sind unpopulär. Flüsse auszubaggern, gefährdet ganze Ökosysteme, senkt den Grundwasserspiegel und steigert das Hochwasserrisiko.
Daher stammt der meiste Sand, den die Industrie verbraucht, aus dem Meer. Tausende riesiger Schwimmbagger durchpflügen die Küstengewässer und graben in bis zu 50 Metern Wassertiefe Sand ab. Bis zu 400.000 Kubikmeter schafft einer dieser Kolosse am Tag.
Ökologische Folgen für Flüsse, Seen und Meere
Ob in Flüssen, Seen oder im Meer – der Abbau von Sand hat erhebliche ökologische Folgen.
Mit ihren Saugrüsseln schädigen und zerstören Schwimmbagger Flora und Fauna am Meeresboden, mit unabsehbaren Auswirkungen für Fische und die Nahrungskette. Feines Material, das von den schwimmenden Sandmaschinen nicht aufgenommen wird, legt sich wie ein dünner Schleier über den Grund und erstickt dort lebende Arten, während an der Wasseroberfläche die Dieselmotoren lärmen.
Weil Sand in die Gräben und Senken, die die Bagger hinterlassen, rutscht und sie füllt, werden selbst entfernt liegende Strände angegriffen. Zudem ändern sich Strömungen, verschwinden Sandbänke und brechen Wellen viel näher an der Uferlinie als zuvor. Auf den flachen Inseln der Malediven genauso wie in marokkanischen Touristenorten und in Miami Beach.
Das Ausbaggern eines Flusses zerstört Ökosysteme und kann den Grundwasserspiegel empfindlich senken, sodass nahe Äcker trockenfallen. Im Extremfall können Flüsse sogar versiegen. Zudem ändern sich Strömungen im Fluss und kollabieren Uferböschungen. Durch den Sandabbau in Flüssen gelangt weniger Sediment in die Meere, was wiederum Strände schrumpfen lässt.
Die Abhängigkeit von Sand trägt indirekt sogar zum Klimawandel bei, wenn man die Herstellung von Beton einberechnet. Laut UNEP sind bis zu fünf Prozent des globalen CO2-Ausstoßes auf die Verwendung von Sand zurück zu führen.
Auch Menschen leiden unter den Folgen des Sandabbaus. Fischer zwischen Indonesien und der Bretagne verlieren wichtige Fanggründe, Landwirte fruchtbare Äcker. Küstenbewohner müssen ihre Häuser aufgeben, weil Wellen die Fundamente unterspülen. Touristen bleiben weg, wenn Strände verschwinden oder gar absichtlich, wenn auch illegal, abgegraben werden.
Sand ist ein globales Geschäft
Sand ist ein globales, undurchsichtiges Geschäft voller Tücken. Ausgerechnet Dubai importiert riesigen Mengen aus Australien. Das Wüstenemirat geht so verschwenderisch mit dem Rohstoff um wie kaum eine andere Nation. Für die Aufschüttung der künstlichen Inseln „The Palm“ und „The World“ wurden Hunderte Millionen Tonnen Sand verbaut. Hinzu kommen prestigeträchtige Wolkenkratzer wie der 828 Meter hohe Burj Khalifa – ein (Alb-)traum aus Stahlbeton.
Der Wüstensand, über den der Staat reichlich verfügt, ist für die Bauindustrie wertlos. Die Körner sind vom Wind rund und glatt geschliffen und haften nicht aneinander. Beton kann man damit nicht herstellen. Das Meersand vor der Küste Dubais reicht jedoch nicht aus, den enormen Bedarf des Bausektors zu decken. Was bleibt ist der Import.
Größte Importeur der Welt ist jedoch Singapur. Seitdem der Stadtstaat boomt, wird immer mehr Land dem Meer abgerungen. Der Sand für die Landgewinnung wird aus den Nachbarländern heran geschafft. Man geschätzt, dass die Hälfte der Lieferungen aus illegalen Quellen stammt. Die große Nachfrage treibt die Preise – das lockt das organisierte Verbrechen an. Ermittler sprechen von einer Sand-Mafia.
Der Sandhunger Singapurs wird sogar dafür verantwortlich gemacht, dass 24 indonesische Inseln gänzlich von den Seekarten ausradiert werden mussten. Der Untergang von Land führt jedoch zu Streitigkeiten über Seegrenzen: Wem gehören die Fischgründe, wo keine Insel mehr ist?
Keine Alternativen zu Sand in Sicht?
„Rettet den Regenwald“ fordert, den Sandverbrauch erheblich zu reduzieren. Recyclingmaterial wie Schutt kann für den Straßenbau verwendet werden. In Deutschland gibt es bereits sogenannte Bauteilbörsen, die sich um die Wiederverwendung guter, gebrauchter Bauteile kümmern. Zudem bieten sich alternative Baustoffe wie Holz und Stroh an. Außerdem stellt sich die Frage, ob die Sanierung von Altbauten sinnvoller ist als der Neubau von Gebäuden.
Auch Staudämme können eine wichtige Quelle für Sand sein: Die Mauern halten Sediment aus Flüssen zurück. Die Seen lassen sich ausbaggern, freilich zu einem hohen Preis.
Schließlich ist ein seltenes Gut gefragt: Moral. Rund um den Globus ziehen Spekulanten Bürotürme und Wohnung hoch, die dann leerstehen, während hunderte Millionen Menschen in Slums hausen.
Einen Königsweg, die Sucht nach Sand zu lindern, gibt es nicht. Sand ist nahezu kostenlos, lediglich der Abbau verlangt Investitionen. Es herrscht somit wenig wirtschaftlicher Druck, die Substanz der Sucht zu wechseln.
An: Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission, Landrat Michael Kreuzberg, Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser und die Quarzwerke
Sehr geehrter Generaldirektor Daniel Calleja Crespo,
sehr geehrter Landrat Michael Kreuzberg,
sehr geehrte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser,
sehr geehrte Geschäftsleitung der Quarzwerke GmbH,
der Buschbeller Wald soll gerodet werden, damit Sand abgebaut werden kann. Bei dem Gebiet handelt es sich jedoch um einen der letzten Altwälder im Rhein-Erft-Kreis. Viele geschützte Arten wie Pirol, Mittelspecht und Feuersalamander leben dort. Wegen seiner Artenvielfalt könnte der Buschbeller Wald unter dem Schutz der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie stehen.
Trotzdem hat die Firma Quarzwerke GmbH beantragt, den Wald für den Abbau von Sand zu roden. Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Artenschutzprüfung wurden jedoch viele Pflanzen- und Tierarten wie Fledermäuse nicht berücksichtigt.
Weltweit ist Sand der am häufigsten abgebaute Rohstoff. Auf den Sand vom Buschbeller Wald zu verzichten, fiele wirtschaftlich nicht ins Gewicht und würde einen Naturschatz erhalten.
Bitte räumen Sie der Natur einen höheren Stellenwert ein als dem Rohstoffabbau und erhalten Sie den Buschbeller Wald.
Freundliche Grüße
Die Ausgangslage: Warum ist Biodiversität so wichtig?
Biodiversität oder Biologische Vielfalt umfasst drei Bereiche, die sehr eng miteinander verbunden sind: die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme wie z.B. Wälder oder Meere. Jede Art ist Teil eines hoch komplexen Beziehungsgeflechts. Stirbt eine Art aus, wirkt sich das auf viele andere Arten und ganze Ökosysteme aus.
Weltweit sind derzeit fast 2 Millionen Arten beschrieben, Experten schätzen die Anzahl weitaus höher. Tropische Regenwälder und Korallenriffe gehören zu den artenreichsten und am komplexesten organisierten Ökosystemen dieser Erde. Rund die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten lebt in den Tropenwäldern.
Die biologische Vielfalt ist für sich alleine schützenswert und gleichzeitig unsere Lebensgrundlage. Wir nutzen täglich Nahrungsmittel, Trinkwasser, Medizin, Energie, Kleidung oder Baumaterialien. Intakte Ökosysteme sichern die Bestäubung von Pflanzen und die Bodenfruchtbarkeit, schützen uns vor Umweltkatastrophen wie Hochwasser oder Erdrutschen, reinigen Wasser und Luft und speichern das klimaschädliche CO2.
Die Natur ist auch die Heimat und zugleich ein spiritueller Ort vieler indigener Völker. Sie sind die besten Regenwaldschützer, denn besonders intakte Ökosysteme findet man in den Lebensräumen von indigenen Gemeinschaften.
Der Zusammenhang zwischen dem Verlust von Natur und der Ausbreitung von Pandemien ist nicht erst seit Corona bekannt. Eine intakte und vielfältige Natur schützt uns vor Krankheiten und weiteren Pandemien.
Die Auswirkungen: Artenschwund, Hunger und Klimakrise
Der Zustand der Natur hat sich weltweit dramatisch verschlechtert. Rund 1 Million Tier- und Pflanzenarten sind in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind derzeit 37.400 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht - ein trauriger Rekord! Experten sprechen von einem sechsten Massenaussterben in der Geschichte der Erde - das Tempo des globalen Artensterbens ist durch den Einfluss des Menschen um Hunderte mal höher als in den letzten 10 Mio. Jahren.
Auch zahlreiche Ökosysteme weltweit - 75 % Landfläche und 66 % Meeresfläche - sind gefährdet. Nur 3% sind ökologisch intakt – z.B. Teile des Amazonas und des Kongobeckens. Besonders betroffen sind artenreiche Ökosysteme wie Regenwälder und Korallenriffe. Rund 50% aller Regenwälder wurden in den letzten 30 Jahren zerstört. Das Korallensterben nimmt durch den globalen Temperaturanstieg immer weiter zu.
Hauptursachen für den massiven Rückgang der Biodiversität sind die Zerstörung von Lebensraum, intensive Landwirtschaft, Überfischung, Wilderei und Klimaerwärmung. Rund 500 Milliarden US-Dollar jährlich werden weltweit in die Zerstörung der Natur investiert - in Massentierhaltung, Subventionen für Erdöl und Kohle, Entwaldung und Flächenversiegelung.
Der Verlust an Biodiversität hat weitreichende soziale und ökonomische Folgen, die Ausbeutung der Ressourcen geht zu Lasten von Milliarden Menschen im globalen Süden. Die UN kann die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung z.B. die Bekämpfung von Hunger und Armut nur erreichen, wenn die Biodiversität weltweit erhalten und für die nächsten Generationen nachhaltig genutzt wird.
Ohne den Erhalt der Biodiversität ist auch der Klimaschutz bedroht. Die Zerstörung von Wäldern und Mooren – als wichtige CO2-Senken - heizt den Klimawandel weiter an.
Die Lösung: Weniger ist mehr!
Die natürlichen Ressourcen der Erde stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Knapp zwei Erden verbrauchen wir Menschen, bei derzeitigem Ressourcenverbrauch werden es 2050 mindestens drei sein. Um für den Erhalt der biologischen Vielfalt als unserer Lebensgrundlage zu kämpfen, müssen wir den Druck auf die Politik weiter erhöhen.
Und auch in unserem Alltag lässt sich viel bewegen.
Mit diesen Alltags-Tipps schützt man auch die biologische Vielfalt:
- Öfter mal pflanzlich: Mehr buntes Gemüse und Tofu auf den Teller oder am besten gar kein Fleisch! Rund 80% der Agrarflächen weltweit werden zur Tierhaltung und zum Anbau von Tierfutter genutzt.
- Regional und Bio: Ökologisch erzeugte Lebensmittel verzichten auf den Anbau von riesigen Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden. Der Kauf von regionalen Produkten spart zudem Unmengen an Energie!
- Bewusst leben: Brauche ich schon wieder neue Klamotten oder ein Handy? Oder kann ich Alltagsdinge auch gebraucht kaufen? Es gibt gute Alternativen zu Produkten mit Palmöl oder Tropenhölzern! Tropische Haustiere wie z.B. Papageien oder Reptilien sind tabu! Berechne jetzt deinen ökologischen Fußabdruck.
- Werde Bienenfreund:in: Auf dem Balkon oder im Garten freuen sich Bienen und andere Insekten über vielfältige, leckere Pflanzen. Aber auch ohne eigenes Grün kann man in einem Naturschutzprojekt in der Region aktiv werden.
- Protest unterstützen: Demonstrationen oder Petitionen gegen die Klimaerwärmung oder für eine Agrarwende üben Druck auf Politiker:innen aus, die auch für den Schutz der biologischen Vielfalt verantwortlich sind.
Lesen Sie hier, warum so viele Arten aussterben, bevor sie überhaupt entdeckt werden.