Urteil: Vertreibung der Batwa war Unrecht

Indigene Batwa: Frauen und Kinder in einem Dorf nahe Bukavu Batwa leben verarmt am Rande des Kahuzi-Biega Nationalparks (© Rettet den Regenwald / Mathias Rittgerott)

07.08.2024

Die African Commission of Human and Peoples Rights hat ein historisches Urteil zugunsten der indigenen Batwa gefällt: durch ihre gewaltsame Vertreibung bei der Gründung des Kahuzi-Biega Nationalparks in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) wurden ihre Menschenrechte verletzt. Ihnen steht das Recht zu, auf ihr angestammtes Land zurückzukehren.

Das Urteil erkennt zudem die Indigenen als die besten Hüter der Wälder und der Artenvielfalt an. Indigene Völker zum Schutz der Natur und Biodiversität von ihrem Land auszuschließen, sei falsch. Mit Blick auf die lange Tradition der Batwa für den Schutz der Wälder der Region sei ihre Vertreibung für die Natur sogar schädlich gewesen.

„Die Entscheidung der Menschenrechtskommission unterstreicht einmal mehr auch unsere Position, dass das Konzept des Festungsnaturschutzes ein Irrweg ist. Vertreibungen, um menschenleere Schutzgebiete zu schaffen, sind inakzeptabel. Naturschutz darf nicht durch Menschenrechtsverletzungen erkauft werden“, sagt Marianne Klute, Vorsitzende von Rettet den Regenwald.

Die Regierung in Kinshasa muss das Urteil jetzt umsetzen.

„Deutschland ist über viele Jahre einer der wichtigsten Finanziers des Nationalparks. Die Bundesregierung ist daher ebenfalls für die Umsetzung der Entscheidung verantwortlich.“

Eine Grundlage wurden in der DRK bereits im November 2022 mit einem Gesetz gelegt, das Batwa und anderen Völker leichter Zugang zur Justiz und zu grundlegenden sozialen Dienstleistungen gewährt. Ihre Sitten und Gebräuche werden anerkannt. Bei wichtigen Entscheidungen müssen die Menschen in ihrer Sprache beteiligt werden. Die Indigenen sollen vom Land, auf dem sie leben, und den dortigen Ressourcen profitieren.

Bei der Gründung des Kahuzi-Biega Nationalparks (PNKB) insbesondere zum Schutz von Gorillas wurden die Batwa, die seit Generationen in den Wäldern gelebt haben, in den 1970er Jahren vertrieben. Seither leben viele verarmt am Rande des Schutzgebiets und leiden unter extremer Gewalt. Einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Minority Rights Group aus dem Jahr 2022 zufolge haben Parkranger zusammen mit Soldaten mindestens 20 Menschen getötet, zahlreiche Frauen vergewaltigt und Hunderte vertrieben, die 2018 in ihrer Not in den Park zurückgekehrt waren.

Wir haben 2021 Batwa in einem Dorf nahe der Stadt Bukavu besucht und ihren Schilderungen der Gewalt zugehört. Seither arbeiten wir mit der Organisation CAMV zusammen. Erfahren Sie hier mehr zu unserem gemeinsamen Projekt.

In ihrer Entscheidung stellt die African Commission of Human and Peoples Rights fest, dass die Regierung der DRK gegen 11 Artikel der Afrikanischen Charta verstoßen hat. Dazu gehören die Rechte auf Leben, auf Eigentum, auf natürliche Ressourcen, auf Entwicklung, auf Religion und auf Kultur. Die Kernpunkte der Entscheidung lauten:

- Gewährung kollektiver Landrechte der Batwa über ihre angestammten Gebiete innerhalb des PNKB

- Rechtliche Anerkennung der Batwa als vollwertige Bürger der Demokratischen Republik Kongo

- Eine umfassende öffentliche Entschuldigung bei den Batwa, in der die Misshandlungen durch Parkranger, die Todesfälle und die unmenschlichen Lebensbedingungen anerkannt werden

- Zahlung von Entschädigungen an die Batwa und Beteiligung an den Einnahmen des Nationalparks und Waldes

- Fortzug von Nicht-Batwa-Bevölkerung aus dem Land der Batwa.


  1. das UrteilDie Menschenrechtsorganisationen Minority Rights Group und Environnement, Ressources Naturelles et Developpemennt (ERND) hatten das Verfahren bei der Kommission im Namen der Batwa 2015 ins Laufen gebracht.

  2. Organisation CAMVCAMV steht für Centre d’accompagnement des Autochtones Pygmées et Minoritaires Vulnérables (Zentrum zur Begleitung indigener Pygmäen und verletzlicher Minderheiten)

  3. African Commission of Human and Peoples RightsHier können Sie das Urteil lesen, insbesondere Seite 57 folgende.

    Die Kommission hat einige Korrekturen am Text des Urteils vorgenommen:

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