Regenwald für Biosprit abholzen? TOTAL verkehrt!

Palmöl Plantagen in Süd-Sulawesi, Indonesien + Logo Total Biosprit aus Palmöl führt zur Rodung der Regenwälder (© istockphoto.com - Collage RdR)
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Der Ölkonzern TOTAL setzt voll auf Palmöl und will dazu eine „Bioraffinerie“ bei Marseille bauen. TOTAL rechtfertigt das Projekt mit angeblich steigendem Dieselverbrauch und Gesetzesvorlagen. Das EU-Parlament fordert hingegen, Biosprit aus Palmöl und anderen Pflanzenölen zu beenden. Bitte protestieren Sie gegen TOTALs Biospritpläne.

News und Updates Appell

An: Patrick Pouyanné, Vorstandsvorsitzender und Konzernchef von Total, zuständige Politiker in Frankreich und bei der EU

„Der Ölkonzern TOTAL soll seine geplante Biospritraffinerie auf Pflanzenölbasis stoppen. Palmöl bedroht die Regenwälder und ihre Bewohner.“

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Für 275 Millionen Euro baut TOTAL im Hafen La Mède bei Marseille eine verlustreiche Erdölraffinerie zur sogenannten Biospritraffinerie um. Mit der Produktion von einer halben Million Tonnen hydriertem Biosprit aus Palmöl und Abfällen pro Jahr will der Ölkonzern seinem Geschäft zu neuem Schwung verhelfen.

Französische Umweltschützer und Gewerkschaftsvertreter laufen gegen die Pläne Sturm. Für den Anbau von Ölpalmen werden die Regenwälder abgeholzt, die Einwohner von ihrem Land vertrieben und die Menschenrechte verletzt.

TOTAL benötigt in La Mède 650.000 Tonnen Pflanzenöl, davon 100.000 Tonnen Altöl, 100.000 Tonnen Palmölderivate und 450.000 Tonnen rohes Palmöl. Das ist mehr als doppelt so viel wie der gesamte Palmölverbrauch in Frankreich, erklärt Mireille Villion von der NGO Amis de la Terre.

Nach Angaben von Branchenkennern bietet HVO-Biosprit den Herstellern Preis- und Wettbewerbsvorteile, weil für das Verfahren besonders billige, minderwertige Rohstoffe wie Palmöl geeignet sind.

TOTAL rechtfertigt den Bau der Anlage mit steigendem Biosprit- und Dieselverbrauch, einem Gesetzesentwurf in Frankreich sowie der Erneuerbare Energien Richtlinie der EU.

Doch die EU hat längst andere Pläne. Das EU-Parlament fordert mit überwältigender Mehrheit aller Fraktionen, die Produktion von Biosprit aus Palmöl und anderen Pflanzenölen zu beenden. 2020 solle der Einsatz von Pflanzenölen für Biosprit auslaufen, so der Beschluss der Abgeordneten.

Bitte protestieren Sie gegen TOTALs Palmöl-Raffinerie. HVO-Biosprit ist kein umweltfreundlicher, fortschrittlicher Biosprit!

Hinter­gründe

Hydrierter Biosprit

Hydrierter Biosprit (engl. Hydrotreated Vegetable Oil – HVO) ähnelt chemisch fossilem Dieselkraftstoff und kann diesem – im Gegensatz zu konventionellem Biodiesel – in beliebiger Menge beigemischt werden. Um wie bei TOTAL geplant eine halbe Million Tonnen hydrierten Biosprit herzustellen, bedarf es etwa 650.000 Tonnen Pflanzenöle oder Tierfette.

Der weltweite Marktführer für hydriertem Biosprit ist der finnische Neste Konzern mit einer Jahreskapazität von 2,4 Millionen Tonnen (in vier Anlagen in Amsterdam, Singapur, Porvoo), gefolgt von der italienischen Eni-Gruppe (in Marghera bei Venedig und Gela auf Sizilien). Auch Neste und Eni verwenden vor allem Palmöl und weitere Produkte der Palmölindustrie wie beispielsweise Palm oil Fatty Acid Destillate (PFAD) für die Produktion des HVO Biosprits.

Weitere Ölfirmen wie die spanische CEPSA (zu 100% im Besitz einer Holding aus Dubai) und REPSOL, die portugiesische GALP, Preem in Schweden und ConocoPhillips in Irland stellen nach Angaben von Branchenkennern in bestehenden Rohölraffinerien ebenfalls hydrierten Biosprit her. Bei diesem als Co-Processing bekannten Herstellungsverfahren werden raffinierte Pflanzenöle mit fossilen Dieselkraftstoff zusammen verarbeitet. Das Resultat ist eine Mischung aus fossilem Diesel und HVO-Kraftstoff (Co-HVO).

Biosprit aus Recyclingölen und -fetten

TOTAL schreibt, der Biosprit solle "vorwiegend aus gebrauchten Ölen sowie pflanzlichen Ölen hergestellt werden". Woher die riesigen Mengen an Abfällen von Pflanzenölen und tierischen Fetten kommen sollen, beantwortet Total nicht. Stattdessen soll offenbar überwiegend Palmöl verwendet werden, das Tankschiffe im Hafen anliefern.

Mit der Firma SUEZ hat TOTAL Ende 2016 einen Vertrag zur Lieferung von 20.000 Tonnen gebrauchter Speiseöle und Fette pro Jahr geschlossen. Derzeit werden etwa 45.000 Tonnen davon landesweit eingesammelt. Die maximalen Schätzungen belaufen sich auf 100.000 Tonnen pro Jahr, so Total. Die auf den Handel mit Rohstoffen aus Abfällen für die Biospritindustrie spezialisierte französische Firma Greenea schätzt die potentielle Menge von gebrauchten Speiseölen, die aus Haushalten eingesammelt werden könnten, für Frankreich auf 50.000 Tonen pro Jahr ein. Die Firma schreibt zudem von einem Mangel von gebrauchten Frittierölen und anderen für die Biospritherstellung geeigneten Abfällen auf dem Weltmarkt.

Weiterhin will Total nach Angaben der Umweltorganisation Amis de la Terre 100.000 Tonnen Palmölderivate in La Mède verarbeiten. Dazu gehört vermutlich Palm Fatty Acid Destillate (PFAD), das auch der finnische Neste-Konzern verwendet. Neste argumentiert auf seinen Webseiten, Palm Fatty Acid Distillate (PFAD) als "Reststoff" für die Produktion von seinem "fortschrittlichem" Biosprit (advanced biofuel) anzuerkennen. Der Neste Konzern schreibt unter der Überschrift „Fortschrittlicher Biosprit – unsere Zukunft schon heute“, dass „derzeit mehr als die Hälfte der Rohstoffe (für Biosprit) Abfälle und Reststoffe wie Tierfette oder Palm Fatty Acid Distillate (PFAD) seien“.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob PFAD und ähnliche Produkte überhaupt als Reststoffe oder Abfälle anzusehen sind. Nach einer Analyse fallen jährlich weltweit etwa 3 Mio. Tonnen - 5% der Palmölproduktion - als PFAD an. PFAD ist ein wertvoller Rohstoff und hat einen Marktpreis von etwa 85% des Wertes von raffiniertem Palmöl. Es wird für die Herstellung von Viehfutter, Seifen und von der chemischen Industrie genutzt.

Warum investiert die Ölindustrie in HVO Biosprit?

Die Analysten von Greenea geben als Gründe, warum große Ölkonzerne in HVO Biosprit investieren, folgendes an: HVO Biosprit habe eine höhere Qualität als der in der EU Norm EN14214 festgelegte Standard für Biodiesel. Die hohe Qualität von HVO könne zu 100 Prozent mit den billigsten Rohstoffen wie Palmöl, PFAD oder Schlachtabfällen aus der Fleischindustrie (high FFA animal fat ) erreicht werden. HVO-Sprit sei im Gegensatz zu konventionellem Biodiesel (Fettsäuremethylester - FAME) winterfest und könne sogar unter arktischen Bedingungen und in Flugzeugen als Kerosinersatz verwendet werden. Konventioneller Biodiesel müsse dagegen mindestens zu 50 Prozent hochwertigere und teurere Pflanzenöle wie Raps enthalten, um die EU Norm zu erfüllen. Palmöl bildet damit für die HVO Produzenten einen Preis- und Wettbewerbsvorteil.

Zudem hat die Erdölindustrie aufgrund sinkender oder stagnierender Nachfrage mit Überkapazitäten bei den Raffinerien zu kämpfen. Die Umrüstung nicht mehr profitabler Erdölraffinerien in HVO Biospritanlagen vermeidet die Schließung der Werke und erhält Arbeitsplätze.

Weiterhin führt Greenea an, dass die HVO-Hersteller über die Verwendung von Abfällen wie gebrauchten Frittierölen und Tierfetten die Klimabilanz ihres Kraftstoffes verbessern. Außerdem handele es sich um eine strategische Entscheidung. Da die Lobbyarbeit gegen Palmöl in Europa immer stärker würde, müssten die HVO Hersteller Wege finden, um ihre Produktion als nachhaltig darzustellen.

Auch die Biospritindustrie leidet an der sinkenden Nachfrage. Viele Hersteller mussten Anlagen stilllegen und kämpfen mit wirtschaftlichen Problemen. Die französische Firmengruppe Avril, der größte europäische Hersteller von Biosprit, musste beispielsweise bereits zwei Raffinerien (Cappelle-la-Grande und Venette ) 2013 schließen.

Fortschrittlicher Biosprit

Aufgrund der negativen Auswirkungen von konventionellem Biosprit auf Umwelt, Klima und Mensch, will die EU zukünftig sogenannten fortschrittlichen Biosprit (auch Biosprit der zweiten Generation genannt – advanced biofuel, second generation biofuel) fördern. Dieser soll vor allem aus Ernteresten wie Stroh, Fruchtbüscheln von Ölpalmen und Abwässern der Palmölindustrie, speziellen gezüchteten Algen usw. erzeugt werden.

Bisher wird Biokraftstoff aus Nahrungs- oder Futtermitteln hergestellt. Also Biodiesel und hydrierter Biosprit aus Palm-, Raps-, Sonnenblumen- und Sojaöl sowie Ethanol (als Beimischung zum Super und E10 Kraftstoff) aus Mais, Weizen, Zuckerroht und Zuckerrübe.

Ölkonzern Total

Der französische TOTAL-Konzern gehört nach eigenen Angaben zu den weltweit größten Ölfirmen und ist rund um den Globus präsent. 882 Unternehmen gehören zur Firmengruppe. TOTAL fördert pro Tag 2,35 Millionen Barrel Erdöl und Erdgas in Afrika, Europa, Asien und Amerika. Der Konzern betreibt Insgesamt 9.154 Tankstellen in Europa, 4.217 in Afrika, 1.372 in Südostasien, 816 im Nahen Osten und 864 auf dem amerikanischen Kontinent unter den Markennamen TOTAL, TOTAL Access, ELAN12, AS24 sowie TotalErg.

Quellen:

- TOTAL: La Mède: Total’s first biorefinery

http://www.total.com/en/energy-expertise/projects/bioenergies/la-mede-total-first-biorefinery

Total: Suez et Total s’associent pour recycler des huiles alimentaires en biocarburant

http://www.total.com/fr/medias/actualite/communiques/suez-et-total-sassocient-pour-recycler-des-huiles-alimentaires-en-biocarburant

- La Provence: Total et l'huile de palme :des associations dénoncent

http://www.laprovence.com/article/edition-martigues-istres/4401037/total-et-lhuile-de-palme-des-associations-denoncent.html

- Greenea: Is HVO the Holy Grail of the world biodiesel market?

http://www.greenea.com/wp-content/uploads/2016/07/10.-HVO-market.pdf

- Greenea: New players join the HVO game

http://www.greenea.com/wp-content/uploads/2017/02/HVO-new-article-2017-1.pdf

- Greenea: And do you recycle your used cooking oil at home?

http://www.greenea.com/publication/and-do-you-recycle-your-used-cooking-oil-at-home/

An­schreiben

An: Patrick Pouyanné, Vorstandsvorsitzender und Konzernchef von Total, zuständige Politiker in Frankreich und bei der EU

Sehr geehrter Herr Pouyanné, sehr geehrte Damen und Herren PolitikerInnen,

bitte beenden Sie die Pläne von TOTAL zum Bau einer Biospritraffinerie auf Grundlage von Pflanzenölen wie Palmöl in La Mède bei Marseille.

Aller Biosprit aus Pflanzenölen – und ganz besonders Palmöl - hat eine negative Klimabilanz, wie die von der EU Kommission in Auftrag gegebene GLOBIOM-Studie angibt.

Für die Anlage von Ölpalmplantagen werden die Regenwälder abgeholzt, die Einwohner von ihrem Land vertrieben und die Menschenrechte verletzt.

Das EU-Parlament fordert mit überwältigender Mehrheit aller Fraktionen, die Produktion von Biosprit aus Palmöl und anderen Pflanzenölen zu beenden. 2020 solle der Einsatz von Pflanzenölen für Biosprit auslaufen, so der Beschluss der Abgeordneten.

Mit freundlichem Gruß

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