Amazonien in Gefahr: Keine Rodung für Holzkraftwerke in Französisch-Guayana!

Ein Weißkehl-Faultier klammert sich an den Stamm eines gefällten Baums im Regenwald Regenwaldrodung in Französisch-Guayana: Aus dem Lebensraum des Weißkehl-Faultiers (Bradypus tridactylus) wird Biomasse für ein Kraftwerk (© P. PANTEL - Association Nationale pour la Biodiversité)

Frankreich betreibt intensive Lobbyarbeit bei der EU, um neue Biomassekraftwerke in Französisch-Guayana zu bauen - darunter zur Energieversorgung des europäischen Weltraumzentrums in Kourou, und um Biotreibstoffe für die Raumfahrtindustrie zu entwickeln. Die Projekte bedrohen den Amazonasregenwald und die Menschen in Südamerika.

News und Updates Appell

An: Französische Regierung, EU-Parlament, EU Kommission, EU-Ministerrat und gewählte Vertreter der Gebietskörperschaft Guayana

„Der Amazonasregenwald muss geschützt werden: Keine Ausnahmeregelungen in der Erneuerbare Energien Richtlinie der EU für Holzkraftwerke in Französisch-Guayana“

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Die Umweltorganisation Maïouri Nature Guyane informiert, dass französische Abgeordnete eine Ausnahmeregelung in die EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien eingebracht haben. Um die Produktion von Holz als Brennstoff für neue Biomassekraftwerke in Französisch-Guayana zu steigern, sollen die EU-Standards für Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen umgangen werden.

Die französische Regierung arbeitet bereits an einer Durchführungsverordnung, um den Ausbau der Biomasseindustrie in dem französischen Überseegebiet in Südamerika zu beschleunigen.

Dem Amazonasregenwald droht damit die Abholzung. Die gerodeten Waldflächen können dann in Monokulturen für die Produktion von Holz oder anderer pflanzlicher Biomasse als Brennstoff umgewandelt werden.

Zwei Holzkraftwerke, die allein jährlich 120.000 Tonnen Holz verfeuern sollen, wollen die europäische Weltraumagentur ESA und die französische Weltraumbehörde CNS zur Kostensenkung und Energieversorgung des Weltraumzentrums in Kourou errichten lassen.

Umweltorganisationen und Wissenschaftler:innen fordern die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Holz aus Waldrodung nicht mehr als klimaneutrale erneuerbare Energiequelle anzuerkennen und keine Subventionen mehr für die Verbrennung von Holz zu gewähren.

Denn Bäume abzuholzen und ganze Wälder in Kraftwerken zu verfeuern, erhöht die CO2-Emissionen, heizt die globale Klimakrise an und zerstört die Ökosysteme sowie die Artenvielfalt. Damit untergraben Frankreich und die EU ihre eigenen Klima- und Naturschutzziele.

Weiterhin bedrohen die Projekte die Rechte der indigenen Völker Guayanas und den Zugang zu Land der Kleinbauern.

Das EU-Parlament, die EU-Kommission und der Ministerrat verhandeln in Kürze über die Erneuerbare Energien Richtlinie. Bitte helfen Sie, die Ausnahmeregelung zu verhindern.

Hinter­gründe

Französisch-Guayana

Französisch-Guayana ist ein französisches Überseegebiet in Südamerika, Teil der Europäischen Union und Teil des Amazonasregenwaldes. Mit einer Fläche von 83.825 km² ist es fast so groß wie Österreich, aber mit ca. 300.000 Menschen sehr dünn besiedelt, wobei die Mehrheit der Bevölkerung an der Atlantikküste lebt.

Französisch-Guayana ist finanziell und wirtschaftlich abhängig von Frankreich. Die Europäische Weltraumagentur (ESA), die in Kourou einen Weltraumbahnhof betreibt, ist ein wichtiger Arbeitgeber und von großer wirtschaftlicher Bedeutung.

Artenvielfalt in Französisch-Guayana

Mehr als 90 Prozent der Fläche von Französisch-Guayanas ist noch mit verschiedenen Typen von sehr artenreichen tropischen Regenwäldern bedeckt, wovon etwa 96 Prozent Primärwälder sind. An der Küste erstrecken sich Mangrovenwälder.

In Französisch-Guayana wurden bisher 1.660 Baumarten bestimmt. Die Zahl der beschriebenen Gefässpflanzen liegt bei 5.500 Arten.

Auch die Fauna ist sehr artenreich: 367 Süsswasserfisch-, 135 Amphibien-, 167 Reptilien-, 711 Vogel- und 217 Säugetierarten wurden dort wissenschaftlich nachgewiesen. Die Zahl der Insekten und anderer Gliederfüßer beträgt zwischen 400.000 bis eine Million Arten, wobei die reale Zahl wesentlich höher liegen dürfte1.

Der Erhalt der Regenwälder der Erde und der biologischen Vielfalt spielen eine wesentliche Rolle im Kampf gegen die globale Klimakrise und bei der Verhinderung extremer Wetterereignisse. Die Primärwälder und andere Ökosysteme in Französisch-Guayana leisten dazu einen wichtigen Beitrag.

Die Bedrohungen für die Natur von Französisch-Guayana sind vor allem der industrielle Holzeinschlag, der Bergbau (Goldminen), Infrastrukturprojekte wie der Bau von Straßen (z.B. zwischen Cayenne und Saul und zwischen Saint-Laurent und Maripasoula) und der Bau von Wasserkraftwerken, in deren Stauseen große Waldgebiete untergehen. Die Rodungen für landwirtschaftliche Aktivitäten sind bisher sehr gering.

Stromerzeugung in Französisch-Guayana
Die in Französisch-Guayana installierte Kapazität zur Stromerzeugung beläuft sich auf über 200 MW. Den größten Anteil hat aktuell Wasserkraft mit 120 MW, wobei in den Stauseen Hunderte Quadratkilometer Regenwald versunken sind. Ein Teil der Energie wird noch immer von zwei fossilen Heizöl-Kraftwerken des französischen Energiekonzerns EDF (Centrale Thermique de Kourou 20 MW und Centrale Thermique Dégrad-des-Cannes 20 MW) erzeugt. Weiterhin gibt es mehrere Fotovoltaikparks, darunter zwei der Firma Albioma in Kourou (12 MW) und in Matoury (4 MW) seit über zehn Jahren betriebene Anlagen2.

Laut Plänen der französischen Regierung sollen in Französisch-Guayana Biomassekraftwerke mit einer Kapazität von 40 MW im Jahr 2023 und von 60 MW im Jahr 2028 installiert sein3. 2030 sollen 30 Prozent der Energie aus Biomassekraftwerken stammen. Die dafür benötigte Biomassemenge wird auf knapp 800.000 t im Jahr 2030 geschätzt.

Europäische Raumfahrtzentrum in Kourou
Das Europäische Raumfahrtzentrum in Kourou verbraucht etwa 20 % des Stroms in Französisch-Guayana. Um die Kosten zu senken und sich vom lokalen Stromnetz unabhängig zu machen, möchten die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und die französische Weltraumbehörde (CNS) neben Photovoltaikanlagen (geplante Kapazität 10 MW) auch zwei Biomassekraftwerke bauen4.

Das französische Unternehmen IDEX Services will zu diesem Zweck zwei Biomassekraftwerke mit einer elektrischen Leistung von 9,1 MW und einer thermischen Leistung von 9,1 MW (Kälte in Form von gekühltem Wasser für die Industrieanlagen des Weltraumzentrums) bauen. Die Gesamtinvestitionen sollen sich auf 120 Mio. EUR belaufen. 120.000 Tonnen Holz aus Guayana sollen jährlich in den beiden Kraftwerken verbrannt werden5.

Biomassekraftwerke mit landwirtschaftlichen Abfällen und Holz
In den vergangenen Jahren wurden in Französisch-Guayana bereits mehrere Biomassekraftwerke gebaut und in Betrieb genommen, die mit Bagasse und anderen landwirtschaftlichen Reststoffen sowie mit Abfällen aus der Holzindustrie und Sägewerken betrieben werden. Die in Französisch-Guayana verfügbaren Abfallmengen werden dadurch bereits voll ausgeschöpft, weshalb Holz als Brennstoff für die neuen Biomassekraftwerke vorgesehen ist.

Das kleinste dieser Biomassekraftwerke ist bereits seit 2009 in Kourou (1,7 MW) in Betrieb. Ende 2020 wurde ein weiteres Biomassekraftwerk in Cacao (5,1 MW) in Betrieb genommen, während bei d'Iracoubo (5,1 MW) offenbar noch an einem Biomassekraftwerk gebaut wird. Ein Biomassekraftwerk in Sinnamary (10,6 MW) verbrennt seit kurzem Holzreste von untergegangenen Bäumen, die aus dem Stausee (365 km2) des vom Energiekonzern EDF betriebenen Wasserkraftwerks Petit Saut (116 MW) geborgen werden6. Betreiber der vier Biomassekraftwerke ist der französische Energiekonzern Voltalia7.

Der Betreiber IDEX errichtet in Montsinéry-Tonnégrande ein Biomassekraftwerk (6 MW), das 2023 in Betrieb gehen und 57.000 t Biomasse pro Jahr verbrauchen soll 8 9 10.

Biomassekraftwerke mit "flüssiger Biomasse"
Weiterhin sind offenbar mehrere Biomassekraftwerke geplant, die mit "flüssiger Biomasse" (Pflanzenöl oder Biokraftstoffe) betrieben werden sollen. Dazu gehört das Kraftwerk Le Larivot mit einer Leistung von 120 MW, das der französische Energiekonzern EDF in einem Mangrovenwald plant und die Hauptstadt Cayenne mit Strom versorgen soll11.

Gegen das Projekt gibt es heftige Kritik, u.a. weil die Pläne die Verwendung von Sojaöl als Brennstoff vorsahen12. Um das für den Betrieb des Kraftwerks notwendige Sojaöl zu produzieren, müssten Hunderte Quadratkilometer Regenwald abgeholzt werden. Der Sojaanbau ist die Hauptursache für die Zerstörung der natürlichen Ökosysteme in Südamerika. Inzwischen ist offenbar aus Europa importiertes Rapsöl als Brennstoff in Le Larivot im Gespräch13.

Ende Juli 2021 setzte ein Richter für einstweilige Verfügungen des Verwaltungsgerichts Cayenne die Umweltgenehmigung für den Betrieb des Le Larivot-Kraftwerks von EDF aus, schreibt die französische Regierung in einer Pressemitteilung14. Da das Kraftwerksprojekt für die Sicherheit der Stromversorgung in Guayana von entscheidender Bedeutung sei, habe der Staat daher beschlossen, ebenso wie der Projektträger, gegen die Entscheidung des Richters für einstweilige Verfügungen vorzugehen und beim Staatsrat Kassationsbeschwerde einzulegen.

Ein weiteres Kraftwerk für flüssige Biomasse mit einer Leistung von 12 MW hat die Firma ALBIOMA S.A.S. bei Saint Laurent du Maroni beantragt15.

Tab. 1: Bestehende und geplante Biomassekraftwerke in Französisch Guayana (Autor Rettet den Regenwald e.V., Quellen 4 bis 15)

# Standort Betreiber Kapazität in MW Betriebs-beginn Brennmaterial
1 Kourou Voltalia 1,7 2009 Holz
2 Cacao Voltalia 5,1 2022
3 Sinnamary Voltalia 10,6 2022 Holz aus Stausee
4  d'Iracoubo Voltalia 5,1 ?
5 Montsinéry-Tonnégrande IDEX 6,0 2023 57.000 t/a
6 ESA Kourou IDEX 9,1 elektr. 2024

120.000 t Holz

7 ESA Kourou IDEX 9,1 therm. 2025
8 Le Larivot EDF 120 ? Flüssige Biomasse, z.B. Rapsöl
9 Saint Laurent du Maroni ALBIOMA 12,0 ? Flüssige Biomasse
SUMME 160,5

Eingebrachte Ausnahmeregelung 

Die von französischen Abgeordneten in die EU-Richtlinie über Erneuerbare Energien (RED III) eingebrachte Ausnahmeregelung für Französisch-Guayana und andere "EU-Randlagen"16 würde nicht nur die Abholzung von Tausenden Hektar artenreicher Regenwälder in Französisch-Guayana und deren Umwandlung in industrielle Holzplantagen für Energiezwecke ermöglichen, sondern auch die Finanzierung dieser Aktivitäten durch staatliche Beihilfen freigeben.

Weiterhin geht es demnach nicht nur um feste Biomasse (Holz, Agrarreste und Abfälle) für Kraftwerke, sondern auch um "flüssige Biobrennstoffe" und "um Biobrennstoffe insbesondere für den Weltraumsektor und damit verbundene astrophysikalische Tätigkeiten". Was damit konkret gemeint ist, ist bisher öffentlich nicht bekannt.

Es besteht dringender Handlungsbedarf, da die Ausnahmeregelung noch von der Europäischen Kommission und dem EU-Ministerrat bestätigt werden muss. Am 7. Februar 2023 finden zu diesem Thema Dreiergespräche (Trilog) mit dem Europäischen Parlament statt, in denen bereits eine Entscheidung getroffen werden könnte.

QUELLEN:

7 Voltalia 2021. Electricity production certified by the PEFC label for the Kourou biomass plant in Guyana: https://www.voltalia.com/news-releases/news-release-details/electricity-production-certified-pefc-label-kourou-biomass-plant/

8 TV Guyane 1  2022. En construction la centrale biomasse de Montsinéry-Tonnégrande sera opérationnelle en 2023: https://la1ere.francetvinfo.fr/guyane/centre-littoral/en-construction-la-centrale-biomasse-de-montsinery-tonnegrande-sera-operationnelle-en-2023-1306776.html

9 IDEX 2022. Idex soutient la transition énergétique du territoire guyanais: https://www.idex.fr/nos-actualites/idex-soutient-la-transition-energetique-du-territoire-guyanais

10 TV Guyane 1. 2021. La société Idex construit une centrale de biomasse pour l'électricité à Montsinéry-Tonnegrande: https://la1ere.francetvinfo.fr/guyane/la-societe-idex-construit-une-centrale-de-biomasse-pour-l-electricite-a-montsinery-tonnegrande-1169545.html

11 EDF PEI 2021. LA CENTRALE DU LARIVOT. Une centrale électrique 100% renouvelable épondant aux besoins énergétiques de la Guyane:https://www.centraledularivot.fr

12 Mongabay 2020. French Guiana soy biofuel power plants risk massive Amazon deforestation: https://news.mongabay.com/2020/12/french-guiana-soy-biofuel-power-plants-risk-massive-amazon-deforestation/

13 Guyaweb 2023. BIOMASSE : DES DÉROGATIONS ET BEAUCOUP D’INCONNUES: https://www.guyaweb.com/actualites/news/societe/biomasse-des-derogations-et-beaucoup-dinconnues/?

14 Republik Frankreich, Umweltministerium 2021. Centrale électrique du Larivot en Guyane: https://www.guyane.gouv.fr/Publications/Salle-de-presse/2021/Aout-2021/Centrale-electrique-du-Larivot-en-Guyane

15 Republik Frankreich, Umweltministerium 2023. Demande Projet centrale de combustion de 12MW fonctionnant à biomasse liquide ST Laurent-du-Maroni: https://www.guyane.gouv.fr/Actions-de-l-Etat/Environnement-Energie-et-Amenagement/Environnement/Autorite-environnementale/Examens-au-cas-par-cas/2023/Demande-Projet-centrale-de-combustion-de-12MW-fonctionnant-a-biomasse-liquide-ST-Laurent-du-Maroni

16 Europäisches Parlament 2022. ANGENOMMENE TEXTE: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0317_DE.pdf

Seite 74:

  1. gb)  Artikel 29 Absatz 13 erhält folgende Fassung:

    „Für die Zwecke von Absatz 1 Unterabsatz 1 ▌ dieses Artikels können die Mitgliedstaaten für einen begrenzten Zeitraum von den Kriterien gemäß den Absätzen 2 bis 7, 10 und 11 dieses Artikels abweichen, und andere Kriterien festlegen für

    a) Anlagen, die sich in einer der in Artikel 349 AEUV aufgeführten Regionen in äußerster Randlage befinden, soweit diese Anlagen Elektrizität, Wärme oder Kälte aus Biomasse-Brennstoffen und flüssigen Biobrennstoffen erzeugen, sowie für Biobrennstoffe insbesondere für den Weltraumsektor und damit verbundene astrophysikalische Tätigkeiten, und

    b) in den Anlagen und in dem entsprechenden Verkehrssektor gemäß Buchstabe a dieses Unterabsatzes eingesetzte Biomasse-Brennstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die insbesondere im Weltraumsektor und bei damit verbundenen astrophysikalischen Tätigkeiten genutzt werden, ungeachtet des Ursprungsortes dieser Biomasse, sofern diese anderen Kriterien durch ihren Zweck, nämlich den Zugang zu sicherer und geschützter Energie in der betreffenden Region in äußerster Randlage, objektiv gerechtfertigt sind und Anreize für den Übergang von fossilen Brennstoffen zu nachhaltigen Biomasse- Brennstoffen und flüssigen Biobrennstoffen bieten.

    Flüssige Biobrennstoffe, Biokraftstoffe und Biomasse-Brennstoffe aus primärer Holzbiomasse, die auf nachhaltige Weise aus der Flächennutzungsplanung in einem Gebiet in äußerster Randlage gewonnen werden, in dem mindestens 90 % der Fläche von Wäldern bedeckt ist, werden für die in Artikel 29 Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt.

    Um die Energieversorgungssicherheit in den Gebieten in äußerster Randlage sicherzustellen, können die Mitgliedstaaten weiterhin Beihilfen für die Stromerzeugung aus forstwirtschaftlicher Biomasse in ausschließlich Elektrizität erzeugenden Anlagen in Gebieten in äußerster Randlage gemäß Artikel 349 AEUV gewähren. [Abänd. 33]“

An­schreiben

An: Französische Regierung, EU-Parlament, EU Kommission, EU-Ministerrat und gewählte Vertreter der Gebietskörperschaft Guayana

Sehr geehrte Damen und Herren

französische Abgeordnete des Europäischen Parlaments und die französische Regierung planen, den Bau neuer Biomassekraftwerke in Französisch-Guayana zu beschleunigen und die Entwicklung von Biokraftstoffen insbesondere für die Nutzung im Raumfahrtsektor zu ermöglichen.

Zu diesem Zweck haben sie eine Ausnahmeregelung in die EU-Richtlinie über Erneuerbare Energien und in Frankreich ein Dekret eingebracht, das die Verwendung von Holz aus der Abholzung des Amazonasregenwaldes und die Umwandlung der Flächen in Holzplantagen oder landwirtschaftliche Monokulturen für den Anbau von Biomasse für Energiezwecke erlaubt.

Wir bitten Sie, die Ausnahmeregelung für Französisch-Guayana und andere Überseeterritorien und das Dekret abzulehnen:

Holz aus der Rodung des Amazonasregenwaldes ist KEINE klimaneutrale erneuerbare Energie genausowenig wie auf den gerodeten Flächen angebaute Biomasse für die Produktion von Biokraftstoffen. Damit untergraben Frankreich und die EU sowohl ihre eigenen Klimaziele, ihre Politik gegen die globale Entwaldung als auch den Schutz der Ökosysteme und der Biodiversität.

Mit freundlichen Grüßen

5-Minuten-Info zum Thema: Klima

Wie das Klima und der Regenwald zusammenhängen

 

Regenwälder sind komplexe Ökosysteme, in dem Pflanzen, Pilze und Tiere eng miteinander vernetzt sind. Für das lokale und globale Klima spielen sie eine herausragende Rolle. Pflanzen nehmen das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus der Luft auf. Mit Hilfe von Wasser und Sonnenlicht bilden sie Zucker und daraus andere Pflanzenbausteine. So wird Kohlenstoff in Stämmen, Blättern und Wurzeln gebunden. Frei werdender Sauerstoff wird an die Atmosphäre abgegeben. Den gesamten Prozess nennt man Photosynthese.

Schätzungen zufolge binden Regenwälder 250 Milliarden Tonnen CO2, ein großer Teil davon in Torfwäldern. Das entspricht global betrachtet dem 5 bis 7-fachen der menschengemachten Treibhausgas-Emissionen pro Jahr. 40 Prozent des Sauerstoffs in der Atmosphäre stammen aus den Regenwäldern. Das Bild der Wälder als „Lungen der Erde“ ist zwar nicht ganz stimmig, jedoch einprägsam.

Regenwälder produzieren die hohen, auf das Jahr gleichmäßig verteilten Niederschläge zu einem großen Teil selbst. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Evapotranspiration, also die Feuchtigkeit, die die Pflanzen über die Blätter abgeben. In den Wäldern ist es zwar heiß und schwül, die Wolken strahlen jedoch einen großen Teil des Sonnenlichts in die Weltraum zurück – und kühlen somit die Atmosphäre. Ohne diesen Effekt wäre es in den Gebieten noch wärmer.

Als Kohlenstoffspeicher und Regenmacher spielen die intakten Wälder eine wichtige Rolle im Klimageschehen und eine Schlüsselrolle ihm Kampf gegen Klimakatastrophe.

Das Problem: Klimakatastrophe und Waldvernichtung

 

Doch die Regenwälder können ihre Funktion als Klimastabilisator immer weniger erfüllen. Im Gegenteil: Ihre Vernichtung etwa für Plantagen, Weiden oder Bergbauprojekte setzt große Mengen Treibhausgase frei. So haben die Waldbrände in Indonesien 1997 ein Drittel der gesamten globalen Emissionen ausgemacht. Besonders verheerend wirkt sich die Zerstörung von Torfwäldern aus.

Laut einer im Magazin Nature veröffentlichten Studie könnten sich die Regenwälder allein aufgrund sich verändernder klimatischer Verhältnisse und Wachstumsbedingungen ab dem Jahr 2035 von CO2-Speichern zu CO2-Quellen entwickeln – und die Klimakatastrophe weiter antreiben.

Weil das Ökosystem Regenwald vielfältig verwoben ist, kann das gesamte Geflecht leiden, wenn es an einer Stelle beschädigt wird. So etwa beim Wasserkreislauf. Treten infolge der globalen Klimaveränderungen trockenere Perioden auf, was bereits beobachtet wird, kann dieser Kreislauf zusammenbrechen. Die immergrünen, üppigen Regenwälder werden zu artenärmeren Savannen. Das lokale Klima ändert sich: es wird trockener und heißer.

Besonders bedrohlich sind die 18 so genannten Kipppunkte im Klimasystem: Hat beispielsweise in Amazonien die Klimaveränderung ein bestimmtes Ausmaß erreicht, ist der Prozess und dabei der Verlust des Regenwalds in der heutigen Form nicht mehr zu stoppen.

Klar ist: Die Klimakatastrophe ist vom Menschen gemacht. 98 Prozent der Wissenschaftler, die sich mit der Klimathematik befassen, stimmen dem zu. Weil das Klima ein hochkomplexes System ist, entdecken Forscher laufend neue Zusammenhänge, interpretieren Daten unterschiedlich, revidieren Prognosen. Das ist in der Wissenschaft völlig normal. Die Erkenntnisse der Klimatologen werden allerdings immer alarmierender.

Die Lösung: Regenwaldschutz ist Klimaschutz

 

Für den Klimaschutz müssen Regenwälder erhalten werden, weil ihre weitere Vernichtung die Katastrophe verschlimmern würde und sie als Kohlenstoff-Speicher unverzichtbar sind. Klimaschutz ist somit Regenwaldschutz und umgekehrt.

  • Wir müssen Regenwälder erhalten und Schäden heilen. Wälder sind dabei mehr als Kohlenstoffspeicher und -senken, nämlich vielfältige Ökosysteme und Lebensraum von Millionen Menschen.
  • Wir müssen das Klima schützen und gleichzeitig die Biodiversität bewahren. Klimakatastrophe und Artensterben sind zwei existentielle Krisen, die wir Hand in Hand bewältigen müssen.
  • Wir müssen die Rechte indigener Völker, die in Regenwaldgebieten leben, stärken. Sie sind häufig die besten Waldschützer.
  • Wir müssen unsere Lebens- und Wirtschaftsweise grundlegend ändern. Wir müssen unseren Verbrauch von Energie, Nahrungsmitteln, Rohstoffen senken, statt ihn mit „grünen Produkten“ aufrecht zu erhalten. Wir müssen aufhören, Kohle, Erdöl und Erdgas zu verfeuern.
  • Wir müssen falsche Klimapolitik reformieren: Wir müssen den Irrweg von Biotreibstoffen, insbesondere wenn sie auf Palmöl, Soja oder Zuckerrohr basieren, beenden und die Verfeuerung von Bäumen in Kraftwerken stoppen.
  • Wir sagen Nein zum „Ablasshandel“ mit Offset-Programmen, bei denen beispielsweise Firmen Umweltschutzmaßnahmen bezahlen, um im Gegenzug weiterhin Treibhausgase emittieren zu dürfen. Wir lehnen angeblich klimaschonendere Brücken-Technologien wie den Ersatz von Kohle durch Erdgas ab.
  • Nach der Covid-Pandemie müssen wir Wirtschaft und Gesellschaft umweltverträglich umgestalten. Es darf keine „Konjunkturprogramme“ mit alten Rezepten geben.

Covid hat gezeigt, dass wir angesichts einer existentiellen Krise schnelle und tiefgreifende Veränderungen schaffen können.

News und Updates

28. Juni 2024

Maiouri Nature Guyane fechtet Ablehnung von Klage beim Staatsrat an

Die Organisation Maiouri Nature Guyane hat am 28. Juni 2024 beim obersten Verwaltungsgericht, dem Staatsrat (Conseil d'État), eine Klage gegen die Entscheidung eingereicht, mit der ihre am 27. Februar 2024 zugestellte informelle Klage implizit abgelehnt wurde, mit der sie die Rücknahme des Dekrets Nr. 2023-1367 vom 28. Dezember 2023 forderten.

Das Dekret, das in den Überseegebieten wie Französisch Guayana gilt und am 30. Dezember 2023 veröffentlicht wurde, hebelt die in der Erneuerbare Energien Richtlinie der EU festgelegten Kriterien für die Nachhaltigkeit und Treibhausgasemissionen für feste und gasförmige Brenn- oder Kraftstoffe aus Biomasse teilweise aus.


27. Februar 2024

Umweltorganisationen reichen Klage gegen Ausnahmedekret ein

Am 27. Februar 2024 haben die Organisationen Maiouri Nature Guyane und Guyane Nature Environnement eine an den französischen Premierminister gerichtete Klageschrift eingereicht, in der sie die Aufhebung des Ausnahmedekrets fordern, das den Regenwald in Guayana bedroht.


31. Januar 2024

Biomasse: Ausnahmedekret bedroht den Regenwald in Guayana

Laut Maiouri Nature Guyane wurde kurz vor der Neuwahl ein ökozidales Ausnahmedekret veröffentlicht, das die industrielle Biomasse im einzigen Wald des französischen Amazonasgebiets, einem Hotspot der Biodiversität, erleichtert - trotz der starken Widerstände, die gegen die industrielle Entwicklung der Biomasse geäußert wurden.

Pressemitteilung von Maiouri Nature Guyane vom 10. Januar 2024: Biomasse: Veröffentlichung des Ausnahmedekrets, das den Wald in Guyana bedroht! Biomasse: publication du décret dérogatoire qui menace la forêt de Guyane!

Pressemitteilung von Maiouri Nature Guyane vom 31. Januar 2024: Biomasse-Energie: Die Befürchtungen bestätigen sich bereits! Biomasse énergie: les craintes se confirment déjà!


TEILERFOLG · 04.05.2023

Französisch-Guayana: EU lehnt Ausnahme für Biomasse-Kaftwerke im Amazonasregenwald ab

Felsenhahn oranger Vogel

Die Lobbyarbeit Frankreichs bei der EU für Biomasse-Kraftwerke in Französisch-Guayana ist gescheitert. Mit einem Ausnahmeantrag wollten französische EU-Parlamentarier den Bau von Holzkraftwerken erleichtern, die den Amazonasregenwald und die Menschen in Südamerika bedrohen. Wir haben die Proteste mit einer Petition unterstützt.

weiter
Fußnoten

Maïouri Nature Guyane

Maïouri Nature Guyane 2023. Energie biomasse: La France veut raser la forêt amazonienne
de Guyane pour faire "décoller" des fusées bio?: https://sites.google.com/site/maiourinature/fusee-bio

Maïouri Nature Guyane 2023. FRENCH GUIANA BIOMASS FILE. Alert on RED III recast and primary woody biomass derogation in Guiana: https://drive.google.com/file/d/1a5r91WaF7YNRRZ9MfQtcTxazSuXhmmRn/view


EU-Richtlinie über Erneuerbare EnergienRichtlinie 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (auch bekannt als Renewable Energy Directive – RED).

Europäisches Parlament 2022. ANGENOMMENE TEXTE: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0317_DE.pdf

Seite 74: 1. gb)  Artikel 29 Absatz 13 erhält folgende Fassung: (...)


Durchführungsverordnung arbeitetFranzösische Regierung 2022. Entwurf einer Verordnung zur Festlegung von Ausnahmen von den Nachhaltigkeits- und Treibhausgasemissions-Minderungskriterien für feste und gasförmige Brennstoffe oder aus Biomasse gewonnene Brennstoffe, die in überseeischen Gebieten gelten: https://www.consultations-publiques.developpement-durable.gouv.fr/projet-de-decret-definissant-des-derogations-aux-a2786.html




Umweltorganisationen und Wissenschaftler:innen fordern die EU und ihre MitgliedstaatenWoodwell Climate Research Center 2021. Letter Regarding Use of Forests for Bioenergy: Hundreds of scientists affirm that trees are more valuable alive than dead — both for climate and for biodiversity: https://www.woodwellclimate.org/letter-regarding-use-of-forests-for-bioenergy/

Cut Carbon No Forests 2022. Scientists urge end to burning forest biomass for energy
for sake of nature and biodiversity. Join fellow scientists in calling for an end to industrial-scale forest biomass: https://www.cutcarbonnotforests.org/scientist-letter-read/

Diese Petition ist in folgenden Sprachen verfügbar:

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