Ausbeutung von Bodenschätzen und Wäldern befeuert Gewalt
Die Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo ist schockierend. Über die menschliche Katastrophe hinaus ist sie eine Katastrophe für die Natur, denn eine treibende Kraft ist die Ausbeutung von Bodenschätzen und Wäldern. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Ruanda. Die EU muss daher die Partnerschaft über kritische Rohstoffe kündigen.
AppellAn: EU-Institutionen und Regierungen der Mitgliedsländer
„Ruanda ist für Gewalt und Naturzerstörung in Kongo-Kinshasa mitverantwortlich. Die EU muss handeln: Kündigen Sie die Partnerschaft über kritische Rohstoffe.“
In friedlichen Zeiten ist der Landstrich zwischen dem Kivusee und die Edwardsee ein Juwel. Die Landschaft ist atemberaubend schön; in den Wäldern können Touristen Gorillas beobachten. Doch die Region ist seit Jahrzehnten Schauplatz unvorstellbarer Gewalt – wie derzeit. Tausende Menschen sind innerhalb weniger Wochen getötet worden, Hunderttausende auf der Flucht.
Die Ursachen für den Konflikt sind vielschichtig. Doch der Reichtum der Region an Rohstoffen wie Coltan, Kobalt und Gold spielt eine zentrale Rolle. Viele der über 100 bewaffneten Gruppen in der Region finanzieren sich unter anderem durch den rücksichtslosen Abbau und den Schmuggel dieser Ressourcen. Die Folgen für die einheimische Bevölkerung sowie direkt und indirekt für die Wälder sind verheerend.
Einer der Nutznießer, wenn nicht gar treibende Kraft, ist Ruanda. Das Land exportiert mehr Rohstoffe als es in seinen Minen abbauen kann. Ein großer Teil seiner Exporte muss folglich ursprünglich aus der DRC stammen und geschmuggelt worden sein. Am Ende der Lieferkette stehen häufig Geräte wie Smartphones und Bausteine für den klimaneutralen Umbau Europas wie Batterien für Elektroautos.
Um sich den Zugang zu diesen Rohstoffe zu sichern, hat die europäische Union im Februar 2024 ein Memorandum of Understanding (MoU) mit Ruanda geschlossen. Dabei war die Miliz M23 bereits damals aktiv und die Unterstützung durch das Regime von Paul Kagame bekannt.
Jetzt versucht Ruanda offenbar, durch seine Unterstützung für die M23 direkten Zugriff auf die Rohrstoffe der DRC zu bekommen.
Ruandas und Europas wirtschaftliche Interessen sind somit einer der Gründe, warum Menschen in der DRC leiden und die Natur für den Abbau von Rohstoffen geplündert wird.
Die EU muss dringend handeln: Kündigen Sie die Partnerschaft mit Ruanda über kritische Rohstoffe.
HintergründeIn einer Pressemitteilung lobte die EU-Kommission das „günstige Investitionsklima“ und die Rechtsstaatlichkeit des Landes.
Ruanda sei weltweit ein wichtiger Player beim Abbau von Coltan/Tantal. Ruanda produziere zudem Zinn, Wolfram (Tungsten), Gold und Niob und habe Potential bei Lithium und Seltenen Erden. Es gebe bereits eine Goldraffinerie, eine Anlage zur Verarbeitung von Tantal sei bald arbeitsbereit. In Ruanda stehe zudem Afrikas einzige Zinn-Schmelze.
Das MoU mit Ruanda folgt auf die Unterzeichnung von Vereinbarungen mit der Demokratischen Republik Kongo und der Republik Sambia am 26. Oktober 2023.
Statement von Umweltschützern und Menschenrechtlern
67 Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen aus mehr als 30 Ländern, davon 13 aus der Demokratischen Republik Kongo, haben am 13. Februar 2025 diese Erklärung an die EU, die USA und Großbritannien veröffentlich. Rettet den Regenwald trägt die Deklaration mit:
Urgent call for EU, US and UK to stop Rwanda-backed M23 attacks in Eastern DRC
Rwanda-backed M23 rebels have recently captured Goma, the provincial capital of North Kivu in the Democratic Republic of Congo (DRC). This is the latest escalation in the three decades of armed conflict in Eastern DRC, which has caused over 6 million deaths since 1996.
The offensive by M23 and Rwandan Defence Forces (RDF) have engendered a grave humanitarian crisis, leading to at least 3,000 deaths in Goma, displacing over 700,000 people in the last two months and causing widespread human rights violations according to UN sources. The already precarious humanitarian situation has further deteriorated with the capture of Goma, which acted as a humanitarian regional hub and place of refuge for civilians. Despite announcing a ceasefire, M23’s advance continues in South Kivu whereas the rebel group intends to capture Bukavu, which has raised fears of further intensification of the war.
The United Nations has gathered overwhelming evidence that Rwanda is actively supporting and directing M23’s offensive in Eastern DRC. It has also been widely documented that Rwanda is a key actor in the illicit extraction of eastern DRC’s minerals, driven by demand from companies and governments of the global North. Extraction and misappropriation has been a major driver of the war for three decades, continuing a long history of exploitation and plundering of the country started in the colonial period.
Considering their extensive economic, political and aid support to Rwanda, we, the undersigned organizations, call on the US, the EU, its member states and the UK to:
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Put pressure on the government of Rwanda to halt the offensive in Eastern DRC and call for an immediate cessation of the violence.
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Reconsider their financial aid to Rwanda until it withdraws its support to M23 and its soldiers from DRC’s territory.
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Halt all support to Rwanda that may contribute to the offensive. This includes the current €20 million EU grant for military assistance to RDF’s operations in Mozambique, which was signed in the context of rebel movements threatening the interests of Total Energies in Mozambique, and constitutes political and material support to the Rwandan army.
We also call on the EU to immediately cancel its Memorandum of Understanding (MoU) with Rwanda to cooperate on the supply of critical minerals, which gives a green light to the Government of Rwanda to plunder the minerals of Eastern Congo and therefore contributes to regional instability and the escalating human suffering there.
M23, FDLR und andere bewaffnete Gruppen
Maßgeblicher Grund für die Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ist der Völkermord im Nachbarland Ruanda 1994, bei dem bis zu einer Million Menschen ermordet wurden, vor allem Tutsi.
Weit über 100 bewaffnete Gruppen sind in DRK aktiv. Zu den wichtigsten gehören dabei die M23 und die FDLR. Beide Milizen haben zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung begangen.
Die Tutsi-Rebellen der M23 (Mouvement du 23 Mars) werden von Ruanda unterstützt. Die M23 gibt vor, Tutsi im Kongo vor weiteren Übergriffen zu schützen.
Die Hutu-Rebellen der FDLR (Forces Démocratiques de Libération du Rwanda) werden dagegen von der DRK unterstützt. Die FDLR wurde von in den Kongo geflohenen Tätern des Völkermords gegründet und hat das Ziel, die Regierung in Kigali zu stürzen.
Weitere wichtige Milizen sind die Allied Democratic Forces (ADF) aus Uganda und die Coopérative pour le développement du Congo (CODECO)
Mittlerweile ist die bewaffnete Mobilisierung oft zum Selbstzweck geworden. Rebellen verdienen so ihren Lebensunterhalt, bereichern sich oder fühlen sich in einer Gruppe sicherer.
Auch die Ranger des Virunga Nationalparks sind bewaffnet und gelten zuweilen als Konfliktpartei. Über 200 Ranger wurden bereits während ihres Dienstes getötet, den Rangern werden wiederum Übergriffe auf die Bevölkerung vorgeworfen. Auf den Direktor des Parks, Emmanuel de Merode, wurde 2014 ein Mordanschlag verübt.
Regenwälder im Kongobecken
Das Kongobecken beherbergt das zweitgrößte Regenwaldgebiet der Erde und wird allein von Amazonien übertroffen. Mehr als 600 Baumarten wachsen hier, 450 Spezies von Säugetieren haben hier ihren Lebensraum, hinzu kommen 1.000 Arten Schmetterlinge, 1.200 Vogelarten, bei Fischen sind es 700.
Weil der Großteil dieser Regenwälder in der Demokratischen Republik Kongo liegt, kommt dem Land besondere Verantwortung zu. Die Menschenaffen Schimpansen, Gorillas und Bonobos leben dort; Bonobos gibt es nirgends sonst.
Nationalparks Virunga und Kahuzi Biega
Der Virunga Nationalpark ist mit 7.900 Quadratkilometern etwa drei Mal so groß wie das Saarland. An der Grenze zu Ruanda ist ein Viertel aller Berggorillas (Gorilla beringei beringei) zu Hause. Zahlreiche Östliche Flachlandgorillas (Gorilla beringei graueri) leben im Kahuzi-Biega Nationalpark, der sich ebenfalls im Osten der DRK befindet.
Wegen Bedrohungen wie Wilderei und wegen gewalttätiger Konflikte stehen beide Nationalparks auf der Liste "World Heritage in Danger".
Menschenrechtsverletzungen in Nationalparks
Die Nationalparks Virunga und Kahuzi-Biega sind mahnende Beispiele für den neo-kolonialistischen Ansatz des militarisierten „Festungsnaturschutzes“ (Fortress Conservation), das die örtliche und zumeist indigene Bevölkerung nicht beteiligt, sondern im Gegenteil unterdrückt, weiter marginalisiert und in ihren Rechten verletzt.
Im Kongobecken wurde bei der Einrichtung von 34 Schutzgebieten in 26 Fällen örtliche Gemeinschaften ohne Entschädigung verdrängt
Während der Gründung und späteren Vergrößerung des Kahuzi-Biega Nationalparks (PNKB) insbesondere zum Schutz von Gorillas wurden die indigenen Batwa, die seit Generationen in den Wäldern gelebt haben, in den 1970er Jahren vertrieben. Seither vegetieren viele verarmt am Rande des Schutzgebiets und leiden unter extremer Gewalt. Einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Minority Rights Group aus dem Jahr 2022 zufolge haben Parkranger zusammen mit Soldaten mindestens 20 Menschen getötet, zahlreiche Frauen vergewaltigt und Hunderte vertrieben, die 2018 in ihrer Not in den Park zurückgekehrt waren.
Studie "From Abuse to Power"
Über die vielschichtigen Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Menschenrechtsverletzungen für Schutzgebiete, Gewalt durch Milizen, Armee und Ranger, Abbau und Schmuggel von „Blutmineralien“ und dem Scheitern des Naturschutzes hat das Oakland Institute im August 2024 die Studie „From Abuse to Power – Ending Fortress Conservation in the Democratic Republic of Congo“ vorgelegt.
Kongo – Armes reiches Land!
Im Regenwald Report 01/2022 haben wir unter der Überschrift "Kongo - Armes reiches Land!" ausführlich über die einzigartige Natur, die Bedrohungen und die mutigen Regenwaldschützer berichtet.
An: EU-Institutionen und Regierungen der Mitgliedsländer
Sehr geehrte Damen und Herren,
die explodierende Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist schockierend. Eine treibende Kraft dahinter ist Ruanda unter seinem Präsident Paul Kagame.
Erst im Februar 2024 hat die Europäische Union ein Memorandum of Understanding (MoU) mit Ruanda über die Zusammenarbeit bei der Versorgung mit kritischen Mineralien geschlossen. Wir fordern, diese Absichtserklärung unverzüglich zu kündigen, um Druck auf Ruanda auszuüben. Die Vereinbarung gibt sonst der ruandischen Regierung weiter grünes Licht für die Ausplünderung der Mineralien im Ostkongo und trägt somit zur regionalen Instabilität und dem eskalierenden menschlichen Leid dort bei.
In Verlautbarungen der EU ist von „tief besorgt“ (deeply concerned) und „verurteilt nachdrücklich“ (strongly condemns) die Rede. Doch diplomatische Floskeln sind nicht genug.
Die EU muss dringend handeln: Kündigen Sie die Partnerschaft mit Ruanda zu kritischen Rohstoffe.
Mit freundlichen Grüßen,
Coltan,Coltan ist ein Gemisch aus Tantal- und Niob-Mineralien. Das daraus gewonnene Metall Tantal steckt in Laptops, Smartphones, Digitalkameras, Spielekonsolen und Elektroautos.
Regime von Paul Kagame bekannt.Ruandas Regierung dementiert zwar, dass eigene Soldaten an der Seite der Rebellen kämpfen, doch selbst die UN sehen das als erwiesen an.
Der Europäische Rat schreibt dazu:
„Die EU verurteilt die militärische Präsenz Ruandas in der Demokratischen Republik Kongo aufs Schärfste, da sie einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht, die UN-Charta und die territoriale Integrität der Demokratischen Republik Kongo darstellt.“
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