EU forciert den Kahlschlag der Regenwälder für Biokraftstoffe
Treibstoff für die Regenwaldkatastrophe. EU forciert den Kahlschlag der Regenwälder für Biokraftstoffe. Zum Meeting des Europäischen Rates für Transport, Telekommunikation und Energie am 08/09.06.2006 in Brüssel. Bisher klingt es wie ein Traum: die Schaffung von zusätzlichen Einkommensmöglichkeiten für die heimische Landwirtschaft, steigende Steuereinnahmen für die verschuldeten Staatskassen und umweltpolitisch höchst sinnvoll - der Einsatz von Biokraftstoffen zur Verminderung der Treibhausgasemissionen. Doch langsam verdichten sich die Anzeichen, dass die Produktion der benötigten Biomasse erhebliche Nachteile für Mensch und Natur mit sich bringt. Gestern diskutierte der "Europäische Rat für Transport, Telekommunikation und Energie" über mögliche Strategien der zukünftigen Biokraftstoffpolitik. Eines der Themen: der im Dezember 2005 von der EU vorgelegte "Biomasse-Aktionsplan". Dieser sieht vor, wie sich die EU in den nächsten Jahren die Trennung vom Öl mit der Hilfe von Biokraftstoffen vorstellt. Die kontroverse Diskussion des EU-Energierates vom Donnerstag bestätigt den Eindruck, dass die EU eine Zukunft mit Biokraftstoffen plant, ohne bisher Lösungen für die aufkommenden Probleme nachweisen zu können. Auch im Abschlusspapier des gestrigen Meetings, sind außer dem "Nachhaltigkeitsgrundsatz" der EU-Biomassepolitik, keine nennenswerten Maßnahmen zu erkennen, die den Schutz der Regenwälder oder die Rechte indigener Völker stärken könnten. Da sich schon jetzt abzeichnet, dass die Anbaufläche in der EU nicht ausreichen wird, das Ziel der EU-Verordnung von 2003 zu erfüllen und bis ins Jahr 2010 immerhin 5,75% der fossilen Kraftstoffe durch Biokraftstoffe zu ersetzen, forcieren EU und Bundesregierung derzeit die großindustrielle Produktion biogener Kraftstoffe - darunter auch aus tropischen Waldregionen. Diesen Regionen droht die enorme Ausweitung der Plantagenflächen für die Produktion von Biokraftstoffen aus Biomasse. Weil auch die Kontrolle beim Anbau von tropischen Ölsaaten für biogene Treibstoffe nur schwer durchführbar ist, werden erhebliche Flächen wertvollen Regenwaldes der Vernichtung preisgegeben. Bereits einen Tag vorher, am Rande der Konferenz "Nachhaltige Wege für Biotreibstoffe in der EU" am Mittwoch in Brüssel, an der unter anderem Kommissionsmitglied Stavros Dimas (EU-Umweltkommissar) teilnahm, warnten die organisierenden Umweltorganisationen European Environment Bureau (EEB), BirdLife International und Transport & Environment (T&E) vor den negativen Auswirkungen eines unkontrollierten Anbaus von Biomasse für Biokraftstoffe. Sie forderten von der EU eindeutige Richtlinien zur Biokraftstoff-Verordnung (Zertifizierung), um die Produktion von Biokraftstoffen nicht zu einem Desaster für die Umwelt werden zu lassen. "Es ist kein Geheimnis, das dafür Regenwald gerodet werden muss", so der EEB Politikdirektor Stefan Scheuer. Die Vernichtung von Regenwäldern hat auch eine soziale Komponente und heizt Konflikte an. Ob für Sojaplantagen im Amazonas oder Palmölplantagen auf Borneo, oft wird die lokale Bevölkerung von Ihrem eigenen Grund und Boden mit Gewalt vertrieben oder ihrer Einkommensmöglichkeiten durch die Zerstörung der Wälder beraubt. Seit 1998 hat die Umweltorganisation SAWIT-WATCH 500 Fälle von Folter im Zusammenhang von Palmöl-Plantagen dokumentiert. Im gleichen Zeitraum wurden als Folge von Landkonflikten dutzende Menschen ermordet. "Die Verbrennung von Palmöl für den Klimaschutz ist absurd", sagt Nur Hidayti, Kampagnenberaterin von SAWIT-WATCH Indonesien, "die Sumpf- und Torfwälder von Borneo sind wichtige CO2-Senken. Werden sie durch Brandrodung zerstört, wird CO2 frei." Schon heute gehen, aufgrund der großen Nachfrage der Nahrungsmittelindustrie nach Palmöl, bedeutende CO2-Senken verloren. Die Wälder werden trockengelegt oder durch Brandrodung vernichtet, um die Flächen später für Palmöl-Plantagen nutzbar zu machen. Nach Schätzungen entwichen aus diesen Senken, allein bei den Bränden 1997, 30-40% der globalen CO2-Emissionen eines ganzen Jahres. Reinhard Behrend von Rettet den Regenwald fordert deshalb den Verzicht auf Energie aus tropischen Pflanzen: "Wir dürfen unsere Energieprobleme nicht auf Kosten der Umwelt und der Menschen in anderen Ländern lösen! Die EU muss sich auf Energiesparmaßnahmen konzentrieren." Um dieser Forderung Gehör zu verschaffen, hatte Rettet den Regenwald zusammen mit anderen NGO`s eine Kampagne gegen den Kahlschlag von Regenwäldern für Biokraftstoffe gestartet. Über die Internetseite www.regenwald.org haben bereits 6000 tausend Unterstützer gegen diese neuen Form der Regenwaldzerstörung protestiert.