Ecuador: Marsch der Awá-Indianer nach Quito
Pressemittelung vom 8. Juli 2007 Ecuador: Marsch der Awá-Indianer nach Quito Mehr als 700 Awá-Indianer marschieren seit Tagen zu Fuß in Richtung auf die Hauptstadt Quito. Ausgerüstet mit traditionellen Lanzen bieten die Regenwaldindianer ein ungewohntes Bild auf der panamerikanischen Landstrasse im kahlen Andenhochland. Ihr Ziel ist der Regierungspalast, wo sich die Indigenen in der kommenden Woche mit dem Präsidenten Rafael Correa treffen wollen. Grund des Protestmarschs ist ein seit Monaten mit der Regierung schwelender Landkonflikt. Streitpunkt ist ein mehr als 17. Tausend Hektar großes Regenwaldgebiet in der Küstenprovinz Esmeraldas. Nach Klagen einer kleinen Gruppe von Landhändlern hatte die ecuadorianische Umweltministerin Ana Albán Anfang Januar für dieses Gebiet ein „Co-Management“ zwischen den Awá-Indianern und Afroecuadorianern erklärt. Doch letztere haben in dem Gebiet nie gelebt. Hingegen fühlen sich die fünf dort gelegenen Dörfer der Awá-Indianer in ihrer Existenz bedroht. Das Überleben der Awá als indigene Minderheit ist eng mit ihrem Land und den darauf stockenden Regenwäldern verbunden. Die Awá leben seit Jahrtausenden im und vom Regenwald, ohne diesen zu zerstören. Überdies gehört der Regenwald zur so genannten Bioregion des Chocó, die einen weltweit einzigartigen Artenreichtum und eine besonders hohe Zahl an endemischen Tier- und Pflanzenarten aufweist. Hinter den Landhändlern stecken Holz- und Palmölfirmen, so die Vermutung. Die Küstenregenwälder im Norden der Provinz Esmeraldas sind seit Jahrzehnten das wichtigste Holzeinschlagsgebiet Ecuadors. Die fünf großen Sperrholzfabriken des Landes beziehen von dort die begehrten Urwaldstämme. Doch nach Jahrzehnten des Raubbaus sind die Regenwälder fast verschwunden. Nur der Urwald der Awá steht noch und ist ins Visier der Holzfäller geraten. Weiterhin haben sich seit zehn Jahren ein Dutzend Ölpalmfirmen Zehntausende Hektar Regenwaldflächen im Norden von Esmeraldas und direkt angrenzend ans das Awá-Territorium angeeignet. Anstatt Urwald dehnen sich dort nun industrielle Ölpalmplantagen aus, eine Folge des weltweiten Biokraftstoffbooms. Die dort vorher ansässigen Afroecuadorianer wurden hingegen um ihr Land gebracht und verdrängt. Um auch an das Holz und Land der Awá zu kommen, versuchen die Holz- und Palmölfirmen einen ethnischen Konflikt zwischen Indigenen und Afros zu schüren. Erst im April 2006 hatte das ecuadorianische Umweltministerium den Awá-Indianern Landtitel für einen Großteil ihres traditionellen Territoriums ausgestellt. Dreißig Jahre lang hatten die Awá für die rechtliche Anerkennung ihres Regenwaldgebiets gekämpft. Bereits in den 80er Jahren war das Gebiet von verschiedenen Regierungsinstitutionen vermessen und als Awá-Reserve den Indigenen zuerkannt worden. Die Awá wollen nun von der Regierung neben der Lösung des Konflikt Garantien für die dauerhafte Anerkennung ihres Territoriums fordern. Der Protestmarsch der Indianer kommt für die Correa-Regierung ungelegen, die erst Ende 2006 die Präsidentschaftswahlen mit einem Programm gewonnnen hatte, dass sich besonders für die armen und sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten einsetzen will. In den vergangenen Wochen sind in vielen Indigenengebieten des Landes zum Teil gewalttätige Konflikte mit Holz-, Bergbau- und Ölfirmen neu entflammt. Ein von der Regierung entsandter Funktionär des Innenministeriums hat den Awá in einem Treffen in der Provinzhauptstadt Ibarra zugesagt, dass die Regierung den Marsch der Awá nicht behindern, der Vizepräsident Lenín Moreno die Awá am Dienstag, den 10. Juli, im Präsidentenpalast empfangen wird, und den Landkonflikt innerhalb einer Frist von zehn Tagen zu lösen gedenkt.