Aus für Strom aus Palmöl? Umweltminister Gabriel schließt Zuschüsse für Palm- und Sojaöl-BHKWs aus

Am heutigen Freitag hat auch der Bundesrat die Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) mit minimalen Änderungen beschlossen. Bereits am 6. Juni 2008 war diese vom Bundestag verabschiedet worden. Für größere Blockheizkraftwerke (BHKW) über 150 kWel ist darin die Vergütung des Einsatzes von Pflanzenölen über den Nachwachsende Rohstoffe Bonus (NawaRo-Bonus) völlig gestrichen worden. Nach Schätzungen des Leipziger Institut für Energetik und Umwelt gGmbH (IE) 1 fällt etwa 40 Prozent des derzeitigen Anlagenbestands in diese hauptsächlich mit Palmöl betriebene Kategorie. Für die kleineren Anlagen wird in der Neufassung des EEG „der Einsatz von Palm- und Sojaöl nur dann zugelassen, wenn nachweislich die Anforderungen einer Nachhaltigkeitsverordnung erfüllt werden“, schreibt die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium (BMU), Astrid Klug, in einem Antwortschreiben an den Verein Rettet den Regenwald. „Bis zum Erlass der Nachhaltigkeitsverordnung besteht bei der Stromerzeugung aus Palmöl kein Anspruch auf den Bonus für Nachwachsende Rohstoffe (NawaRo-Bonus), ohne den Palmöl nicht wirtschaftlich zur Stromerzeugung eingesetzt werden kann“, so Klug weiter. Bereits im Januar 2007 hatte das BMU an alle BHKW-Betreiber geschrieben, dass der NawaRo-Bonus lediglich vorbehaltlich gezahlt wird und das Ministerium nur Palmöl fördert, wenn es aus nachhaltigem Anbau stammt. Doch die BHKW-Betreiber ließen sich den Einsatz von Palm- und Sojaöl über den NawaRo-Bonus weiter vergolden. Über die Jahre sind zu Unrecht und zum Schaden von Mensch, Natur und Klima zig Millionen Euro an Subventionen geflossen. Finanziert haben das alle Stromkunden über eine Umlage auf der Elektrizitätsrechnung. „Ob die Novelle das endgültige aus für Palm- und Sojaöl-BHKWs bedeutet, ist nicht sicher. Auf dem Papier sieht das auf den ersten Blick so aus“, erklärt Reinhard Behrend, Vereinsvorsitzender von Rettet den Regenwald. „Die Politik scheint zumindest endlich gegen die subventionierte Regenwaldvernichtung im Rahmen des EEG vorgehen zu wollen. Die Tücke dürfte in der Umsetzung liegen. Das BMU verfügt über keinerlei gesicherte Daten, wie viele BHKW-Betreiber Palm- und Sojaöl verfeuern und in welchen Mengen.“ Nach Schätzungen des IE wurden allein in 2007 630 Millionen Liter Palm- und 13 Millionen Liter Sojaöl in deutschen BHKW verbrannt. Die dafür benötigte Anbaufläche beziffert das IE mit 180.000 Hektar bei Palmöl und 28.000 Hektar bei Soja. Das ist vermutlich nur die Spitze des Eisberges. Es besteht die Gefahr, dass Palm- und Sojaöl nun vermehrt durch andere Pflanzenöle wie Jatropha und Rizinus ersetzt werden. Dafür werden bereits im großen Stil Plantagen in Indien, Afrika und Brasilien geschaffen. Die dadurch hervorgerufenen Probleme sind die gleichen. „Wir werden EU und Bundesregierung sehr auf die Finger schauen müssen, dass die geplante Nachhaltigkeitsverordnung auch wirklich diesen Namen verdient“, erklärt der Vereinsvorsitzende Reinhard Behrend. „Nachdem jahrelang mit den Subventionen die Regenwaldrodung angeheizt wurde wollen wir jetzt nicht auch noch einen Etikettenschwindel.“ Die Verhandlungen über die Nachhaltigkeitsverordnung werden sich allerdings noch Monate hinziehen. Bis vor Ort in den Produktionsländern deren Einhaltung überprüft werden kann, werden sogar Jahre vergehen. Die Bundesregierung wird sich mit der Frage beschäftigen müssen, ob der Anbau von Ölpalmen und Soja auf riesigen industriellen Monokulturen in den Tropenländern überhaupt nachhaltig möglich ist. Es gibt nicht nur massive Umweltprobleme, auch die sozialen Auswirkungen wie die Vertreibung von Indigenen und Kleinbauern, Flächenkonkurrenz mit der traditionellen Landwirtschaft und der Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln sind dramatisch und können durch eine Zertifizierung nicht gelöst werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Novelle des EEG den bereits seit 2004 andauernden Boom zum Bau von BHKWs zur Strom- und Wärmeerzeugung aus importierten Palm- und Sojaöl in Deutschland beendet. Nach der Studie des IE hatte sich in 2007 die Zahl der BHKW nochmals weiter kräftig auf nun 2.726 Anlagen erhöht (2006 = 1.801 Anlagen). „Da scheinen Bauernfänger durch die Republik gezogen zu sein und haben ahnungslosen Investoren das Blaue vom Himmel versprochen. Letztere müssen nun die Suppe auslöffeln und ihre Anlagen stilllegen“, erklärt Behrend. Aber vielleicht kommt es gar nicht dazu. In der Beschlussempfehlung zum EEG-Entwurf des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 4. Mai 2008 hebt die Fraktion der CDU/CSU hervor: „Weiterhin habe man sich darauf geeinigt, im Rahmen der Übergangsbestimmungen für Anlagen über 150 kW, die mit Palmöl oder Soja betrieben werden, es beim Stand des Gesetzentwurfes zu belassen. Diese Anlagen kämen, wenn nicht sehr bald eine Nachhaltigkeitsverordnung verabschiedet wird, in existentielle Schwierigkeiten. Wenn es bis zum Herbst 2008 nicht zu einer entsprechenden Nachhaltigkeitsverordnung komme, werde noch vor Jahresende ein entsprechendes Überleitungsverfahren hinsichtlich eines anders gearteten Nachweises von nachhaltiger Produktion zur Anwendung kommen.“ Weitere Informationen und Kontakte unter: Rettet den Regenwald e.V., Reinhard Behrend, Telefon: 040-410 38 04, info@regenwald.org www.regenwald.org 1 IE et.al., 20.3.2008: Monitoring zur Wirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf die Stromerzeugung aus Biomasse. Endbericht. (Projekt-Nr. 2223004)

Bestellen Sie jetzt unseren Newsletter

Bleiben Sie mit unserem Newsletter am Ball – für den Schutz des Regenwaldes!