Gesetzentwurf gegen Einschüchterungsklagen muss schärfer werden
(Hamburg, 17.12.) Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes gegen Einschüchterungsklagen (englisch SLAPP) vorgelegt, der weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. SLAPP-Versuche gegen Rettet den Regenwald e.V. und weitere aktuelle Fälle zeigen: Der Entwurf würde Betroffenen von Einschüchterungsklagen keinen wirksamen Schutz bieten. Rettet den Regenwald e.V. und das No SLAPP Bündnis Deutschland kritisieren, dass der außergerichtliche Bereich nicht geregelt ist, das Gesetz auf grenzüberschreitende Fälle beschränkt ist und Sanktionsmechanismen unzureichend sind.
Der Gesetzentwurf hat gravierende Schutzlücken. Der Entwurf hätte uns nicht vor den jüngsten SLAPP-Versuchen bewahrt, weil außergerichtliche Einschüchterungen nicht abgedeckt sind. Jetzt müssen die Bundestagsabgeordneten dafür sorgen, dass das Gesetz mehr Biss bekommt. Das fordern wir auch mit unserer Petition, kritisiert Bettina Behrend, Vorsitzende von Rettet den Regenwald e.V.
Mit der EU-Richtlinie 2024/1069 hatte die Europäische Union erstmals verbindliche Schutzmaßnahmen gegen sogenannte SLAPPs geschaffen – strategische Klagen, die darauf abzielen, kritische Stimmen durch das Drohpotenzial von Gerichtsverfahren einzuschüchtern. Deutschland muss diese Richtlinie bis Mai 2026 in nationales Recht umsetzen. Der am 10. Dezember vorgelegte Regierungsentwurf verfehlt jedoch das Ziel eines wirksamen Schutzes von Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und Journalisten.
SLAPP gegen Rettet den Regenwald e.V.
So hätte der aktuelle Gesetzentwurf Rettet den Regenwald e.V. nicht vor dem jüngsten SLAPP-Versuch geschützt. Im Juli 2025 hatte eine Anwaltskanzlei innerhalb weniger Tage vier Abmahnungen mit der Aufforderung von Unterlassungserklärungen verschickt. Der Verein hat die Forderungen zwar zurückgewiesen, der juristische Angriff hat jedoch Zeit und Geld gekostet.
Nach Bekanntwerden eines Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums hatte Rettet den Regenwald e.V. die Petition Einschüchtern, drohen, klagen – so wird Kritik erstickt gestartet mit der zentralen Forderung, dass das Gesetz mehr Biss haben muss. Die Petition wurde bislang von 39.045 Personen unterschrieben.
Der Regierungsentwurf stellt stattdessen einen Rückschritt dar.
Dies ist die Kritik von Rettet den Regenwald e.V. und des No SLAPP Bündnis Deutschland:
Bereits Abmahnungen oder anwaltliche Schreiben können einen Einschüchterungseffekt haben, bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Doch der Gesetzentwurf regelt ausschließlich das gerichtliche Verfahren, außergerichtliche Einschüchterung bleiben ungeregelt.
Während der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vorsah, die neuen Schutzregelungen auch auf rein nationale Fälle anzuwenden, beschränkt der Regierungsentwurf den Anwendungsbereich nun auf grenzüberschreitende Sachverhalte. Damit wäre die große Mehrheit der SLAPP-Fälle in Deutschland vom Schutz ausgenommen.
Sanktionen ohne Abschreckungswirkung: Die vorgesehene Gebühr für missbräuchliche Klagen darf laut Entwurf maximal das Doppelte der regulären Verfahrensgebühr betragen. Für finanzstarke Unternehmen oder Einzelpersonen stellt dies keine wirksame Abschreckung dar.
Aktuelle Fälle verdeutlichen die Schutzlücken
Neben dem jüngsten SLAPP gegen Rettet den Regenwald e.V. zeigen zwei aktuelle Fälle die Schwächen des Gesetzentwurfs: die Klage der Firma Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. gegen Kritiker eines Immobilienprojekts und die Klage der Kaffee-Kette LAP Coffee gegen vier Berliner Geschäfte.
Die Petition Einschüchtern, drohen, klagen – so wird Kritik erstickt finden Sie hier:
https://www.regenwald.org/petitionen/1313/einschuechtern-drohen-klagen-so-wird-kritik-erstickt
Informationen zum SLAPP-Versuch gegen Rettet den Regenwald e.V. finden Sie hier:
https://www.regenwald.org/news/14129/wenn-die-abmahn-anwaeltin-vergeblich-klingelt
Informationen zum Anti-SLAPP-Gesetz finden Sie auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums.
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2025_Anti-SLAPP.html
Stellungnahme der No SLAPP Anlaufstelle zum Referentenentwurf: https://www.noslapp.de/neuigkeiten/gesetzesentwurf-zur-umsetzung-der-anti-slapp-richtlinie-ein-wichtiger-schritt-aber-es-bleibt-viel-zu-tun
Ausführliche Falldokumentationen: www.noslapp.de/ressourcen
Hintergrund
Das No SLAPP Bündnis Deutschland ist ein Zusammenschluss von rund 15 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für den Schutz vor strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) einsetzen. Die No SLAPP Anlaufstelle hat seit Mai 2024 über 50 Fälle von rechtlicher Einschüchterung betreut.