RegenwaldReport 04/1996
FSC: Skandalös
Europas größter Hersteller von tropischen Sperrholz bedroht in Afrika ein Regenwald-Reservat - und hat ein Label für "gute Waldwirtschaft" bekommen.
„Kettensägen-Massaker" schreibt das englische Massenblatt „Express" am 9. Dezember 1996. Der empörte Aufschrei gilt der Firma Isoroy, Tochterfirma des Glunz-Konzerns aus Hamm in Nordrhein-Westfalen. Isoroy/Glunz schlägt im Herzen Afrikas im sogenannten Bienenwald jedes Jahr über 150 000 Kubikmeter Okoume und einige wenige andere Baumarten. Bis Isoroy kam, war der Bienenwald ganz unbewohnt. Bauern hatten sich schon vor Jahrhunderten aus diesem Gebiet zurückgezogen, da es in Gabun genug Land gab. So konnte sich ein unbeschreibliches, kaum erforschtes Naturparadies entwickeln. 1984 wurde hier sogar noch eine völlig unbekannte Affenart entdeckt, der Goldschwanz-Affe. Die internationale Naturschutz-Organisation IUCN hat den Bienenwald aufgrund seiner besonderen ökologischen Bedeutung als Naturschutzgebiet vorgeschlagen (The Conservation Atlas of tropical Forests - Africa, IUCN 1990). Mitten in den Bienenwald hat Isoroy ein Camp mit 1200 Menschen planiert, 240 Arbeiter und ihre Familienangehörigen hierhergebracht, darunter auch viele Jäger. Für die Holzfirma sind die Jäger und Fallensteller sehr nützlich. Die Menschen im Camp werden zum grossen Teil aus dem Wald ernährt. Der Firma spart das Kosten. Eine Studie brachte ans Licht, dass in dem Holzcamp in zwei Monaten 4543 Kilo Wildfleisch konsumiert wurden, darunter 35 Schimpansen and 3 Gorillas, insgesamt stammten 41 Prozent des Fleisches von Affen. (Untersuchung von Roger Boussougou, Ecole Nationale des Eaux et Forets, 1994). 1997 will Isoroy auch noch in das benachbarte Lope Reservat eindringen am dort die Okoume- Bäume zu fällen. Die Brücke ins Reservat ist schon geschlagen. Tom Hammond, Direktor des WWF Gabun schreibt dazu, dass laut Gesetz alle Tiere and Pflanzen in den Reservaten von Gabun völlig geschützt sind. (Brief vom 23. 9.1996) Doch die Regierang and die Holzkonzerne halten sich nicht daran. Die Grenzen des Reservats sind auf jeder offiziellen Karte klar zu erkennen. Abschnitt 32 and Abschnitt 36 liegen zum Teil in diesem Reservat. Doch die Firma Glunz AG in Hamm versucht es mit frechen Lügen: Ihre Abholzgebiete lägen allesamt ausserhalb des Reservates, schreibt sie als Antwort auf die vielen Protestbriefe von empörten Bürgern. Dabei vertraut die Firma darauf, dass kaum ein Mensch in Deutschland die genaue Lage des Reservats kennt. Für ihre Abholzung im Bienenwald hat Isoroy im Oktober 1996 von der Firma SGS ein Zertifikat unter dem Dach des Forest Stewardship Council bekommen. Das Zertifikat für Isoroy empört Umweltorganisationen in aller Welt. 22 Organisationen des World Rainforest Movement protestierten direkt beim FSC. In Gabun schreibt die Organisation CIAJE trotz politischer Pression durch die Regierang: „Das Zertifikat von SGS an Isoroy ist null and nichtig". Die wichtigsten Punkte der Kritik: * Ob die Bäume langfristig nachwachsen, ist wissenschaftlich noch ungeklärt. * Ein Management-Plan, Voraussetzung für jede ordentliche Forstwirtschaft, ist nicht wie vorgeschrieben dem Sammary Report über die Zertifizierung beigefügt. Gerade hat man erst angefangen, daran zu arbeiten. * Der Wald gehört der Regierang. Die Regierang hat es bisher versäumt, für den Schatz der Wälder zu sorgen. * Die Firma SGS behauptet, Umweltgruppen nach ihrer Meinung befragt zu haben. Dazu sagen Umweltschützer aas Gabun: „Regierungsvertreter and lokale Organisationen and Beteiligte wurden nicht mit einbezogen." * Demnächst will Isoroy in das weltberühmte angrenzende Lopé Reservat vordringen. SGS hat keine grundsätzlichen Einwände and will, wenn ein paar praktische Fragen geklärt sind auch dafür ein Zertifikat ausstellen. Verschoben wurde dies offenbar nur, am weniger Proteste hervorzurufen. * das Lopé-Reservat und der Bienenwald sind von aussergewöhnlicher ökologischer Bedeutung und wurden vom WWF und der IUCN als besonders schutzwürdig befunden. In seiner Broschüre „Forests for Life" fordert der WWF, 10 Prozent aller Wälder unter Schutz zu stellen. Das Lopé Reservat ist darin auch als Schutzgebiet ausgewiesen. Die SGS verschweigt in ihrem Bericht, was Umweltgruppen von London bis Libreville sagen: Ein Sperrholzmulti, der in Afrika Primärwald abholzt und sogar in Schutzgebieten einschlägt, darf kein Öko-OK bekommen. Das Zertifikat kann nur vergeben werden mit Einverständnis des Forest Stewardship Council. Rettet den Regenwald hat sich bei der FSC-Zentrale in Mexico über das empörende Zertifikat beschwert. Friends of the Earth, Greenpeace und andere Umweltverbände haben sich angeschlossen. Wegen des ISOROY Skandals haben zahlreiche Umweltgruppen gedroht, dem FSC ihre Unterstützung zu entziehen. Jonathan Pearce von der World Society for the Protection of Animals (WSPA) bringt es auf den Punkt: „Unglaublich, dass ausgerechnet eine Firma, die in einem Reservat abholzen will, als erster grosser Holzproduzent im Regenwald ein FSC-Zertifikat bekommt`.