RegenwaldReport 03/2001
"Die Pipeline wird über eine Million Menschen schädigen"
Interview mit Ivonne Yanez, Umweltschützerin aus Ecuador
Seit Jahren kämpft die ecuadorianische Umweltorganisation Accion Ecologica gegen die fatalen Folgen der Ölförderung in dem südamerikanischen Land. Aktuell konzentriert sich der Kampf gegen die neue Pipeline. Am 6. August führte die Vorsitzende Ivonne Yanez Gespräche bei der WestLB und stellte sich der Presse in Düsseldorf. REGENWALD REPORT: Wieso kämpfen Sie gegen die Pipeline? Ivonne Yanez: Die Pipeline wird katastrophale ökologische, soziale und ökonomische Auswirkungen auf unser Land haben. Sie wird über eine Million Menschen in Ecuador beeinträchtigen oder gar schwer schädigen, weil ihr Lebensraum zerstört wird. REGENWALD REPORT: Wo genau sehen Sie die Gefahren? Yanez: Fast 40 Städte sind durch die Pipeline gefährdet, einschließlich der Hauptstadt Quito und seiner Trinkwasser- Reserven. Die Böden in den Anden sind sehr instabil, in der Regenzeit drohen Bergstürze. Bei einem Pipelinebruch würde das ausfließende Öl die für die Trinkwasserversorgung Quitos genutzten Flüsse verseuchen. Bis zu 600.000 Einwohner von Quito hätten dann mindestens 50 Tage lang nicht genügend Trinkwasser. Das Öl stammt überwiegend aus dem Yasuni-Nationalpark, der von der UNESCO zum Biosphären-Reservat erklärt wurde. Damit ist der letzte Amazonaswald des Landes bedroht, der zugleich Heimat des indigenen Huaorani-Volkes ist. Zudem wird sich die Ölfront in die noch wenig berührten Wälder im Süden schieben, dem Lebensraum zahlreicher Ureinwohner. Die Pipeline selbst führt durch einzigartige Schutzgebiete wie das „Mindo Nambillo“- Reservat, wo es die weltweit höchste Vogelartendichte gibt. Die Pipeline führt außerdem durch 94 erdbebengefährdete Gebiete und entlang aktiver Vulkane. REGENWALD REPORT: Die WestLB sagt, das Projekt werde nach streng legalen Prinzipien durchgeführt. Yanez: Die Pipeline wurde zunächst ohne UVP genehmigt, ein Verstoß gegen nationale Umweltgesetze. Danach hatte die Consultingfirma Emtrix gerade zwei Monate Zeit, eine UVP für eine 500 Kilometer lange Route zu erstellen. Die verwendeten Landkarten waren veraltet, die Maßstäbe viel zu klein und entsprachen nicht den gültigen Vorschriften. Zudem wurden Betroffene nicht konsultiert, ein Verstoß gegen die Verfassung und internationale Verpflichtungen der Regierungen zu Menschenrechten und dem Schutz indigener Völker. REGENWALD REPORT: Braucht Ecuador nicht dringend Einnahmen aus Ölexporten? Yanez: Die Ausschreibung war von überhöhten Kosten und Korruption begleitet. Ecuador leidet schon 30 Jahre unter seiner ersten Pipeline. Auch mit den Erlösen aus der neuen werden nicht die Schäden der Menschen und an der Umwelt kompensiert, sondern das Geld fließt überwiegend in den Schuldendienst. REGENWALD REPORT: Wie groß ist der Protest gegen die Pipeline? <>Yanez: Der lokale, nationale und internationale Widerstand hat dramatisch zugenommen. Viele Kommunen bei uns haben physischen Widerstand angekündigt. Gewaltsame Konflikte zwischen Zivilisten und Militär sind zu befürchten.