RegenwaldReport 03/2002
EU asphaltiert Zentralafrika
Brüssel plant neue Straßen durch die Regenwälder und geizt mit Geldern für den Umweltschutz
Die breite Straße nach Lomié in Kamerun ist in gutem Zustand und ganzjährig befahrbar. 1996 wurde sie mit 1,2 Millionen Mark Steuergeldern von der EU ausgebaut. Ziel des Projekts war offiziell, die Entwicklung des Kaffee- und Kakaoanbaus zu fördern. Doch die Straße führt nahe an dem Dja-Reservat vorbei, ein 5.200 Quadratkilometer großes Schutzgebiet, das von der UNO als Welterbe der Menschheit ausgezeichnet ist. Es wird als ein besonders bedeutendes Schutzgebiet in Afrika angesehen mit großen Herden von Elefanten und vielen Gruppen von Gorillas und Schimpansen. Die Afrikanische Entwicklungsbank war deswegen der Ansicht, dass die Straße zu verstärktem Holzeinschlag, drastischer Abnahme der Wildtiere und großen Veränderungen für die Baka-Pygmäen führen würde. Die Weltbank sprach von einer „Holzfällerstraße“. Trotz allem finanzierte die Europäische Union den Ausbau der Straße sogar ohne eine einzige Umweltstudie anzufertigen. Die Rainforest Foundation stellte zudem fest, dass niemand die einheimische Bevölkerung ausreichend konsultiert hat. Die EU ignorierte sogar die Auswirkungen der Asphaltpiste auf ein anderes Vorhaben der Europäischen Union, das ECOFACProjekt, das das Dja-Reservat schützen soll. Seit dem Ausbau der Straße sind neun neue Abholzkonzessionen vergeben worden, und die Wilderei im Reservat hat dramatisch zugenommen. Ein Lehrbeispiel für völlig verfehlte „Entwicklungs“politik, aber keineswegs ein Einzelfall. Eine 18-monatige Studie der englischen Rainforest Foundation untersuchte Hunderte Entwicklungsprojekte der EU und veröffentlichte 1998 den Bericht „Out of Commission“, in dem eine ganze Reihe katastrophaler EU-Projekte dokumentiert werden. Gelernt hat die EU aus alledem offenbar nicht. Derzeit plant die Europäische Kommission erneut, jede Menge Geld für Straßen in Afrika zur Verfügung zu stellen, während die Etats für Umweltprogramme dürftig ausfallen sollen. „Es ist ein absoluter Skandal“, berichtet ein Insider, „dass in sämtlichen Entwicklungsprogrammen für afrikanische Länder große Summen für den Straßenbau vorgesehen sind, während die Umwelt auf der Strecke bleibt.“ Es geht um die so genannten PIN´s (Programme Indicatif National) für den Zeitraum 2002 bis 2007 für Zentralafrika. Der Etatentwurf für das Programm sieht vor, 35 bis 40 Prozent für den Straßenbau auszugeben, aber nur 20 bis 25 Prozent für den Waldschutz und andere Umweltprojekte – die Hälfte von dem, was Experten für absolut notwendig halten, um wenigstens die dringendsten Umwelt- und Waldschutzmaßnahmen durchführen zu können. Der Entwurf gefährde ernsthaft bisherige und geplante Initiativen der EU zum Wald- und Umweltschutz in Zentralafrika, warnten am 29. April 2002 die britische Rainforest Foundation und Rettet den Regenwald in einem gemeinsamen Brief an die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek- Zeul. Die Ministerin wird in dem Schreiben dringend aufgefordert, „die Entscheidung über das geplante ´Progamme Indicatif Regional´ zu verschieben, bis eine sorgfältige und unabhängige Umwelt- und Sozialstudie zu den Auswirkungen des Programms erstellt worden ist.“ Auch sechs Wochen nach Eingang des Briefes hat Heidemarie Wieczorek- Zeul noch nicht geantwortet. Dabei kennt die Ministerin die erfolgreichen Kampagnen von Rettet den Regenwald gegen die Umwelt zerstörende Straßenprojekte. 1999 wollte die EU in Kamerun mit 50 Millionen Euro die Straßen für die Holztransporter reparieren – ein Geschenk an den Holzhandel und eine Bedrohung für die Pygmäen, den Wald und die gesamte Tierwelt. Rettet den Regenwald filmte die Wilderei entlang der Holzstraßen und konnte binnen kurzer Zeit 30.000 Unterschriften gegen das Projekt an Ministerin Wieczorek-Zeul übergeben. Durch die deutschen Proteste wurde zum ersten Mal in der Geschichte der EU ein solch destruktives „Entwicklungs“ projekt aufgehalten. Im Juli 1999 wies der zuständige Ausschuss das Projekt zurück. Drei Monate konnten die deutschen Proteste den Beschluss blockieren, dann wurde das Geld doch genehmigt, allerdings unter der Auflage, dass Kamerun etwas für den Waldschutz und gegen die Wilderei unternimmt. Bis heute wurden von dem 50- Millionen-EU-Kredit erst sechs Millionen ausgezahlt.