RegenwaldReport 01/2004
Weltbank grüner als Rot-Grün
Das Geldinstitut stoppt Bürgschaften für eine Papiermühle auf Borneo. Die Bundesregierung hingegen fördert munter weiter katastrophale Investionen
Die Weltbank-Tochter MIGA steigt aus der geplanten Finanzierung einer Papierfabrik auf Borneo aus, die Regenwälder und Waldbewohner bedroht. Zuvor hatte es einen Proteststurm von lokalen indonesischen und internationalen Umweltorganisationen gegeben. Sie zweifeln vor allem daran, dass es genug Holz für das Werk gibt. Rettet den Regenwald hat sich an der Kampagne beteiligt. Tausende Protestmails gingen von unserer Homepage direkt an die Weltbank und die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul. Deutschland ist drittgrößter Geldgeber der Weltbank und hat einen eigenen Exekutivdirektor.
Mit finanziellen Garantien wollte die Weltbank- Tochter MIGA („Multilateral Investment Guarantee Agency“) die 1,2 Milliarden US-Dollar teure Zellstoff-Fabrik in Südkalimantan auf Borneo absichern. Die MIGA hat es sich offiziell zur Aufgabe gemacht, die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedsländer und den Kampf gegen die Armut zu fördern. Rettet den Regenwald und andere Umweltorganisationen hatten kritisiert, die Papierfabrik bekämpfe die Armen – nicht die Armut. Der MIGA-Ausstieg ist inzwischen von einem hochrangigen Mitarbeiter bestätigt worden, sämtliche Projektangaben wurden von der MIGA-Homepage genommen.
Indirekt hat die MIGA eingeräumt, dass die internationalen Proteste und die Argumente der Umweltgruppen zum Ausstieg geführt haben. Die Finanzierung des Projekts ist seitdem völlig offen, eine Realisierung in weite Ferne gerückt. Wegen enormer Überkapazitäten fehlt es der Zellstoff-Industrie an Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft oder Plantagen. Deswegen ist die Branche für das illegale Abholzen riesiger Regenwaldflächen verantwortlich.
In Indonesien stammen von 73 Millionen Kubikmetern Holzernte jährlich rund 50 Millionen aus illegalen Einschlägen, und auch die „legale“ Holzernte zerstört Regenwälder, da die Konzessionsvergabe und -kontrolle durch Korruption geprägt ist. Selbst die Nationalparks des Landes werden geplündert. Nach Informationen internationaler und indonesischer Umweltgruppen hätte die geplante Zellstoff-Fabrik in Satui, Südkalimantan, das Überleben der dortigen Bewohner bedroht, betroffen wären insbesondere die lokalen Fischer. Während die Umweltverträglichkeitsstudie erarbeitet wurde, habe es keine ausreichende Konsultation der betroffenen Bevölkerung gegeben.
Weltbank grüner als Rot-Grün
Während sich die Weltbank davon verabschiedet hat, ein weiteres Zellstoffwerk in Indonesien finanziell abzusichern, gab die rot-grüne Bundesregierung vor kurzem „grünes“(!) Licht für eine neue Hermesbürgschaft, bei der eine Regenwaldzerstörung quasi programmiert ist. Es geht um deutsche Maschinenlieferungen für eine Papierfabrik von APP-China im Reich der Mitte, in der vor allem Hölzer aus Indonesien verarbeitet werden sollen. Im Klartext: Die Bundesregierung setzt deutsche Steuergelder ein, damit der skrupellose Regenwaldvernichter APP zusätzliche Profite machen kann. Hermesbürgschaften sind das wichtigste Instrument zur Förderung des deutschen Exportes. Sie schützen deutsche Exporteure in Entwicklungs- und Schwellenländern vor dem Fall, dass die Empfänger die Ware nicht bezahlen können.
Über Hermesbürgschaften entscheidet der so genannte Interministerielle Ausschuss. In ihm sitzen Wirtschaftsminister Clement, Außenminister Fischer, Finanzminister Eichel und Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul. Rettet den Regenwald fordert seit langem, dass Hermesbürgschaften nur noch für Investitionen vergeben werden dürfen, die ökologisch und sozial vertretbar sind. Die aktuelle Hermesbürgschaft für Maschinenlieferungen an APP-China zeigt einmal mehr, dass die rot-grüne Bundesregierung kurzfristige deutsche wirtschaftliche Interessen vor langfristigen Umwelt- und Naturschutz stellt.
Riesenerfolg für die Wälder
Es geht auch anders: Die US-amerikanische Citigroup, die weltgrößte Privatbank, hat sich Anfang 2004 vertraglich zu einer umfangreichen Umweltpolitik bei der Finanzierung von Projekten verpflichtet. Nachdem die Citigroup durch die Finanzierung von Wald zerstörenden Projekten zur Zielscheibe von US-Umweltkampagnen wurde, hat Citigroup von sich aus einen einjährigen Dialog- und Verhandlungsprozess mit Umweltschützern initiiert. Das Ergebnis wurde kürzlich vom „Rainforest Action Network“ und Citigroup bekannt gegeben: Die Bank hat sich unter anderem verpflichtet, keinen Holzeinschlag in tropischen Primärwäldern zu finanzieren, eine Treibhausbilanz ihres Energieportfolios vorzunehmen und Investitionsprogramme im Bereich erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und nachhaltiger Waldwirtschaft zu unterstützen.
Als einzige Großbank der Welt bekennt sich die Citigroup mit der Verpflichtung zu der dringenden Notwendigkeit, die Tropenwälder vor industrieller Holzausbeute zu schützen. Deutsche Großbanken wie die Dresdnerdie Commerzbank, die WestLB oder die Deutsche Bank haben sich bisher nicht auf einen solchen Finanzierungskodex festgelegt. Der Erfolg bei der Citigroup ist vor allem einer groß angelegten Kampagne vom Rainforest Action Network (RAN) zu verdanken. Ein RAN-Sprecher bezeichnete die Selbstverpflichtung der Citigroup als einen „Meilenstein für die weltweite Bewegung gegen Waldzerstörung und drohende Klimaerwärmung.“ Die Citigroup habe sich auf die strengsten Umweltrichtlinien aller Privatbanken weltweit verpflichtet.
Zeitbomben bei der WestLB
Bei der WestLB existiert eine ökologische und soziale Ausrichtung ihrer Geschäftspolitik bisher nur auf dem Papier. Die Düsseldorfer Bank hat sich im vergangenen Sommer auf Sozial- und Umweltstandards (die so genannten „Equator Principles“) festgelegt. Diese sind jedoch völlig unzureichend, weil sie lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung ohne unabhängige Kontrolle beinhalten. Eine gerade veröffentlichte Studie von „urgewald“ und „Südwind“ unter Mitarbeit von Rettet den Regenwald belegt, dass im Projektkoffer der WestLB reichlich soziale, ökologische und finanzielle Zeitbomben ticken, weil die Bank seit 1994 verstärkt in die Sektoren Öl, Gas, Petrochemie, Bergbau und Energie investiert hat. Diese Bereiche sind aus sozialer, ökologischer und menschenrechtlicher Sicht besonders sensibel.
Die Studie weist nach, dass die WestLB nicht einmal minimale wirtschaftliche, soziale oder ökologische Kriterien an die von ihr finanzierten Projekte angelegt hat. Vielmehr hat sie ihre besondere Stellung als öffentlich-rechtliche Bank und die damit verbundenen öffentlichen Sicherheiten dazu missbraucht, ihre Projektfinanzierungen gezielt auf die risikoreichsten Sektoren auszurichten. Versagt haben die verschiedenen Vorstände und die öffentlichen Anteilseigner, die geduldet haben, dass die auf Gemeinwohl verpflichtete öffentlich-rechtliche WestLB dieser Verantwortung nicht nachgekommen ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit muss die Öffentlichkeit in Zukunft mit Steuergeldern für die Folgen der riskanten Geschäfte zahlen.
Die in der Studie aufgeführten Fallbeispiele zeigen aber vor allem, welche katastrophalen Auswirkungen diese Politik für die Umwelt und hunderttausende betroffene Menschen in den Projektländern hat – und dass die „WestLB-Pipeline“ in Ecuador kein Einzelfall ist. Zu den Risiken für die betroffenen Länder zählen eine stärkere Verschuldung, steigende Abhängigkeit von nicht regenerativen Ressourcen, die Stärkung von nationalen, korrupten Macht- und Finanzeliten, die Gefahr sozialer Spannungen und die Zerstörung teils weltweit einzigartiger Ökosysteme. Zu den Risiken für die betroffenen Menschen zählen weitere Verarmung, Zwangsumsiedlungen, Vergiftung ihrer Lebensräume durch Verseuchung von Wasser, Luft und Böden und die Gefahr, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden.
Zeitgleich mit der Unterzeichnung der „Equator Principles“ vergab die WestLB einen Kredit an die André Maggi Group in Brasilien zum weiteren Ausbau der Soja- Produktion. Dabei ist es gerade der Sojaboom, der im Amazonas zu einer neuen Zerstörungsorgie führt. Die Ausweitung der Sojaplantagen hat die Randbezirke des Amazonasbecken erreicht und beginnt das Herz des Amazonas-Regenwaldes zu bedrohen. Die Maggi-Gruppe, einer der weltweit führenden Sojaproduzenten, bildet dabei die Speerspitze beim Vordringen der größten Agrarfront aller Zeiten in den Amazonas. Auch Landwirtschaftsministerin Künast hat in ihrem letzten Waldbericht darauf hingewiesen, dass der Sojaboom Regenwälder zerstört. Der WestLB-Kredit steht somit im krassen Widerspruch zu den Selbstverpflichtungen der WestLB im Rahmen der „Equator Principles“. Die Maggi-Gruppe hat den Kredit über 80 Millionen Dollar bestätigt.
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