Regenwald Report 03/2017 · Südamerika
An die EU: Wir wollen kein Gen-Soja!
In Südamerika fressen sich Sojaplantagen weiter in die Urwälder hinein; Menschen, Tiere und Natur leiden unter den tödlichen Spritzmitteln in den Monokulturen. Das genveränderte Soja landet tonnenweise in den Futtertrögen unserer Tiermastbetriebe, die nur durch das billige Kraftfutter aus Südamerika maximale Erträge in kürzester Zeit erzielen. Bitte beteiligen Sie sich an unserer Petition.
Großoffensive gegen die Natur: Das Foto der wie im Gefecht vorrückenden Mähdrescher stammt von der Sojaernte in Brasilien. Für die brasilianische Agrarindustrie ist das bedrohliche Bild das Aushängeschild einer modernen und exportorientierten Landwirtschaft. Das südamerikanische Land ist Weltmeister bei der Ausfuhr von Soja, fast 15 Prozent der Exporte entfallen auf die Hülsenfrucht.
Angefacht wird der Sojaboom von China und der EU – darunter Deutschland an erster Stelle. 31 Millionen Tonnen Sojaprodukte importieren die EU-Länder pro Jahr. Drei Viertel davon stammen aus Brasilien und den Nachbarländern Argentinien und Paraguay. Unsere Hühner, Puten, Schweine und Rinder werden mit Soja gemästet, damit sie rasch Fleisch ansetzen, besonders viel Milch erzeugen oder Unmengen Eier legen. Sojaöl dient dagegen vor allem der Produktion von angeblich umweltfreundlichem Biodiesel.
In Südamerika breiten sich die Sojaplantagen mittlerweile auf 60 Millionen Hektar Land aus, mehr als die Hälfte davon in Brasilien – auf einer Fläche, fast so groß wie die Bundesrepublik. Etwa 90 Prozent sind genetisch verändertes Soja (GV-Soja) – produziert und patentiert von einigen Chemiekonzernen wie Bayer, Dow Chemical Company, Monsanto und Syngenta.
Den Preis zahlen nicht nur die Tiere in den Mastfabriken, sondern auch die Umwelt und die Menschen in Südamerika. Weil die Kleinbauern und indigenen Völker auf ihren Parzellen traditionelle und ressourcenschonende Landwirtschaft betreiben, sind sie für die Geschäfte der Agrarindustrie wenig interessant. Die Menschen werden verdrängt, Tropenwälder und Naturlandschaften zerstört – um Platz zu machen für endlose Monokulturen.
Naturwunder Cerrado in Gefahr
Besonders betroffen vom Sojaboom sind die Savannen des Cerrado, dem nach dem Amazonasregenwald zweitgrößten Ökosystem Brasiliens. Mit einer Fläche von fast zwei Millionen Quadratkilometern – das ist etwa so groß wie Westeuropa – bedeckte der Cerrado einst weite Teile des Landes. Heutzutage ist der Cerrado sehr bedroht. Zwei Drittel wurden bereits abgeholzt oder stark degradiert, jedes Jahr kommen etwa 10.000 km² hinzu. Lediglich zwei Prozent des Cerrado sind geschützt.
Dabei stehen die Cerrado-Gebiete den Regenwäldern in ihrer Artenvielfalt kaum nach. Allein 10.000 Pflanzenarten wurden gezählt. Rund die Hälfte davon sind endemisch, das bedeutet: Sie wachsen nirgends sonst auf der Erde. Die Pflanzen haben sich an die extremen Umweltbedingungen im Cerrado angepasst: Die geringen Niederschläge mit ausgeprägter Trockenzeit überbrücken sie mit metertiefen, oft bis zum Grundwasserspiegel reichenden Wurzeln. Gegen die hohen Temperaturen und Sonneneinstrahlung helfen sich die Bäume mit krüppligem Wuchs und kleinen, ledrigen Blättern. Vor den durch Blitzeinschlag erzeugten Bränden schützen sie ihre Stämme mit korkreicher dicker Rinde. Andere Pflanzen bilden unterirdische Organe, aus denen sie wieder ausschlagen können.
Auch viele bedrohte Tiere wie Nandu, Dreibindengürteltier, Tapir und Riesenameisenbär sind im Cerrado zu Hause. Der Mähnenwolf ist vor allem Vegetarier, frisst aber gelegentlich kleinere Wirbeltiere und Insekten. Seine Lieblingsspeise sind die großen, bis zu ein Kilo schweren Wolfsfrüchte, einem nahen Verwandten von Tomate und Kartoffel. Der Mähnenwolf trägt damit zur Verbreitung der Pflanze bei. Die unverdauten Samen, die er ausscheidet, keimen aus und bilden neue Sträucher.
Doch dieser segensreiche Kreislauf der Natur wird zerstört, wenn Konzerne die artenreichste Savanne der Erde in eine Agrarwüste verwandeln. Die Böden dienen nur noch dazu, den Wurzeln der Sojapflanzen Halt zu bieten. Alles andere regelt die Industrie mit Unmengen an Pestiziden, Düngemitteln, künstlicher Bewässerung, Maschinen und Gentech-Pflanzen aus dem Labor. In jedem billigen Schnitzel, Ei oder Käse steckt somit ein Stück Urwaldrodung und Landraub in Brasilien.
Weil beim Anbau von GV-Soja das Pflügen der Böden nicht mehr nötig ist, bewirbt die Industrie die Technik als besonders umweltfreundlich. Indem alle Wildkräuter und anderen Lebewesen mit Giften totgespritzt werden, ist die Bearbeitung der Erde vor der Aussaat nicht mehr notwendig. Die Farmer säen die gegen die Spritzmittel resistenten GV-Sojabohnen direkt aus, ohne vorher zu pflügen.
Inzwischen haben viele der Ackerkräuter Resistenzen gegen das am meisten verwendete Herbizid Roundup von Monsanto entwickelt. Sie überstehen die Giftduschen ebenso wie die Sojapflanzen aus dem Gentechlabor. Nun haben die Hersteller GV-Soja erschaffen, das gegen gleich mehrere Herbizide unempfindlich ist. Es werden also immer mehr hochgiftige Chemiecocktails versprüht, was bei den Konzernen die Kassen kräftig klingeln lässt.
Für die brasilianische Regierung hat die Ausweitung des Sojaanbaus höchste Priorität. Mit einem Exporterlös von 28 Milliarden US-Dollar (2015) ist Soja der größte Devisenbringer Brasiliens. Präsident Temer ist mit zahlreichen Gesetzesinitiativen dabei, den Schutz der Umwelt und die Rechte der indigenen Völker und Kleinbauern systematisch aufzuweichen und auszuhebeln.
Derzeitiger Landwirtschaftsminister ist der langjährige Sojakönig Brasiliens, der Unternehmer und Politiker Blairo Maggi. Bereits während seiner Amtszeit als Gouverneur von Mato Grosso entfachte Maggi einen Sojaboom und katapultierte seinen Bundesstaat an die Spitze der Waldabholzung. Auch nach den neusten Plänen aus seinem Ministerium soll Mato Grosso seinen Anteil an der brasilianischen Sojaproduktion weiter stark steigern - von knapp 30 Prozent im Jahr 2012 auf 40 Prozent bis 2022.
Riesige Naturflächen sollen dem Zugriff von Großgrundbesitzern, Investoren, Holzfällern und Bergbauunternehmen geöffnet werden, um deren Ressourcen auszubeuten.
Spenden- und Schutzprojekt Forum Carajas
Am nördlichen Rand des Cerrado, im Bundesstaat Maranhao, kämpft das Umweltnetzwerk Forum Carajas für die einzigartige Natur und die Landrechte der Einwohner. Die Organisation unterstützt Kleinbauern bei Landkonflikten mit der Agrarindustrie – ausgelöst durch den Anbau von Soja, Zuckerrohr und die Rinderzucht. Die Bauern besitzen meist keine eigenen Landtitel, können sich aber auf ihr Gewohnheitsrecht berufen. In Sammelwirtschaft nutzen und verarbeiten sie, was die Natur ihnen bietet.
Für die Einwohner sind der Bacuribaum und die Babasú-Palme besonders wichtig, erklärt Mayron Regis vom Forum Carajas. Der Bacuribaum hält das Wasser im Boden und ist ein natürlicher Erosionsschutz. Die ölhaltigen Früchte beider Pflanzen werden vielfältig genutzt - als Nahrungs- und Heilmittel sowie in der Kosmetik.
Im Rahmen des Projekts mit Rettet den Regenwald will die Partnerorganisation Forum Carajas zusammen mit den Einwohnern in den Gemeindebezirken Buriti, Santa Quiteria und Barreirinhas drei Schutzgebiete mit Cerrado-Savanne schaffen. Auf einer Gesamtfläche von fast 10.000 Hektar sollen sie den Kleinbauern die traditionelle, umweltfreundliche Nutzung der Natur sichern. Zudem soll die Sojaindustrie durch politische Arbeit gebremst werden: Durch Gesetze zum Schutz der Savannen und der heimischen Baumarten, mit einem Verbot der Aussaat von Soja und mit Initiativen zur Bewahrung der Bäche und Wasservorkommen. Die Böden des Cerrado speichern eines der größten Süßwasservorkommen Südamerikas.
Musterbrief an die Europäische Union
EU-Kommission,
170 Rue de la Loi, B-1049 Brüssel
EU-Parlament,
60 Rue Wiertz, B-1047 Brüssel
EU-Ministerrat,
175 Rue de la Loi, B-1048 Brüssel
Sehr geehrte Damen und Herren,
obwohl die Mehrheit der BürgerInnen gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel ist, hat die EU mittlerweile den Import von etwa 58 verschiedenen gentechnisch veränderten (GV-) Pflanzen zugelassen, von denen der größte Teil als Futtermittel in den Tierfabriken landet.
Besonders gravierend ist die Lage beim GV-Soja. Die EU führt jährlich etwa 35 Millionen Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot ein. Die Zulassung der Importe der GV-Pflanzen führt dazu, dass vor allem in Südamerika immer mehr davon angebaut werden. Mit unserem Sojakonsum sind wir für die Regenwald-Vernichtung und das Leiden der Menschen verantwortlich. Bitte stoppen Sie die Sojaimporte in die EU.
Spendenprojekt
Online-Spende: www.regenwald.org/spende/236/brasilien-die-cerrado-savanne-soll-leben
Bitte unterschreiben Sie auch unsere Petition an die EU online unter www.regenwald.org/petitionen/889/. Oder schreiben Sie selbst an EU-Parlament, Ministerrat und Kommission – einen Musterbrief finden Sie auf dieser Seite.
Soja-Fakten
Hauptanbauländer in Südamerika (2016) | Brasilien: 33,9 Mio. Hektar, 90 % GV-Soja | Argentinien: 20 Mio. Hektar, 100 % GV-Soja | Paraguay: 3 Mio. Hektar, 95 % GV-Soja | Bolivien + Uruguay: 3 Mio. Hektar
Soja-Exporte in die EU (2013)
Brasilien: 14,5 Mio. Tonnen
Argentinien: 8,4 Mio. Tonnen
Paraguay: 2,2 Mio. Tonnen