Regenwald Report 03/2019 · Philippinen
Endlich: Landrechte für die Hüter des Waldes
In den Bergen von Palawan leben die Batak vom Wald. Das Wissen über die Grenzen und Ressourcen ihrer Stammesgebiete wird nur mündlich überliefert. Das machte sie schutzlos vor Plünderern und illegalen Holzfällern. Jetzt bekommen sie offizielle Dokumente für ihr Land. Rettet den Regenwald hat sie dabei unterstützt – und besucht
Der Weg nach Kalakuasan windet sich schmal und staubig in die immergrüne Bergwelt hinauf, kreuzt hier und da den Flusslauf des Tanabag. Rustico Mauricio hat kein Problem, sein Motorrad durchs steinige Bett zu lenken; zum Ende der Trockenzeit wird der Fluss an vielen Stellen zum Rinnsal. „Das ist auch der Grund, warum unser kleines Wasserkraftwerk jetzt keinen Strom liefert.“
Rustico ist unterwegs in sein Heimatdorf Kalakuasan. Er wurde benachrichtigt, weil es Probleme gibt mit ein paar Leuten aus der Nachbarschaft. „Sie sagen, dass ihre Vorfahren auf dem Land unserer Gemeinde gelebt haben und beanspruchen es nun für sich.“ Aber das könne nicht sein, fügt Rustico hinzu, denn sie gehörten gar nicht zu den indigenen Batak und Tagbanua, die seit Menschengedenken hier leben. Rustico kennt solche Konflikte. Immer wieder drangen in den letzten Jahren fremde Siedler oder Holzfäller in den Wald ein, stahlen Früchte und Rohstoffe oder ließen sich nieder.
Das wird sich nun ändern. Rustico Mauricio ist Vertreter der indigenen Bevölkerung von sieben Bergwald-Gemeinden im Herzen der Philippinen-Insel Palawan. Sie gehören zu dem Projekt, das Rettet den Regenwald gemeinsam mit dem deutschen Entwicklungsministerium unterstützt. Partner auf Palawan ist die Koalition gegen Landraub (CALG), ein Bündnis aus Indigenen und Kleinbauern, mit dem Rettet den Regenwald seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeitet. Und dem auch Rustico angehört.
Schutz für 60.000 Hektar Land
„In dem Projekt geht es um die Landrechte für die Batak und Tagbanua“, erläutert John Mart Salunday, Projektleiter bei CALG. „Unser Ziel ist, dass die Gemeinden Besitzurkunden über ihr Land erhalten und die Genehmigung, ihre Waldprodukte allein zu sammeln und zu vermarkten. Dieses Ziel haben wir nun nach drei Jahren fast erreicht.“
Hinter dem CALG-Team und den Bergwaldbewohnern liegt ein langer, steiniger Weg: Das Gemeindeland musste geprüft und von einem Kartografen vermessen und dokumentiert, sämtliche Waldressourcen erfasst und Genehmigungen zur Nutzung ausgestellt werden. Immer wieder verhinderten Monsunregen und Schlammlawinen die Vermessungen und die Mühlen der zuständigen Behörden mahlten langsam bis zuweilen gar nicht.
„Seit 1997 haben wir Indigene nach dem Gesetz das Recht auf unser Land, unsere Ressourcen und unsere Kultur. Doch nach 22 Jahren warten wir hier noch immer auf unsere Landtitel“, empört sich John Mart. „Mein Großvater hat schon auf seine Urkunde gewartet, mein Vater – und jetzt ich!“
Sieben Gemeinden mit 1.500 Bewohnern sollen demnächst Urkunden über das Land ihrer Ahnen erhalten, dazu gehören auch die Meeresgebiete bis 13 Meilen vor der Küste. Insgesamt werden so 60.000 Hektar geschützt und nach alter Überlieferung im Einklang mit der Natur genutzt.
Der Wald – wertvollste Lebensquelle
„Wir sind die traditionellen Hüter des Waldes und wollen als solche anerkannt werden“, sagt Rustico, der zum Volk der Batak gehört. Seine Vorfahren sollen vor 50.000 Jahren die Bergwälder im Herzen von Palawan besiedelt haben. „Heute gehören zu unserem Volk gerade noch 300 Menschen. Aber das Wissen um die Natur und wie wir sie nutzen, haben wir uns bewahrt.“
Kalakuasan wird umringt von zerklüfteten Bergketten, die bis zu den Füßen bewaldet sind. Die Menschen leben hier in Stelzenhäusern. Viele dieser Häuser kleben abenteuerlich am Hang, um zur Regenzeit vor den Fluten des Tanabag sicher zu sein. „Dort oben“, sagt Rustico und zeigt den Berg hinauf, „liegen unsere Reisfelder. Manche Bauern sind einen Tag dorthin unterwegs.“ Die Felder bestellen sie nach altem Brauch: Drei Jahre werden sie genutzt, drei Jahre ruht der Boden.
Für die Batak ist der Wald die fruchtbarste Lebensquelle. Frühmorgens brechen die Frauen auf, um Blätter, Knollen, Früchte und Heilkräuter zu sammeln. Für die Jagd und das Fischen sind die Männer zuständig. Und auch fürs Honigsammeln. „Wir haben drei verschiedene Sorten“, erzählt Rolyboy Abucal, „je nach Baum, den die Bienen besuchen. Der Banebegan blüht als Erster, wir nennen ihn Lebensbaum.“
Besonders kostbar ist der Almaciga-Baum. Sein Harz wird für Firnis, Wachs, Lack oder Seife genutzt. „5.000 dieser Bäume wachsen in den Wäldern der sieben Gemeinden“, so Rustico. „Es sind Urwaldriesen, man braucht drei Männer, um ihren Stamm zu umfassen.“ 70 Pesos bekommen die Batak für ein Kilo Harz, umgerechnet 1,20 Euro. Das Geld wird dringend gebraucht, wenn sich das Reislager leert, denn nie reicht der Vorrat bis zur nächsten Ernte. Doch immer wieder stehlen Eindringlinge das wertvolle Almaciga-Harz.
„Die Anerkennung unserer überlieferten Lebensräume ist der einzige Weg, unsere Rechte, unsere Kultur und unser Überleben zu sichern“, sagt Rustico Mauricio. Bis heute ist es den Batak gelungen, einen der kostbarsten und intaktesten Wälder der Philippinen zu bewahren. Angesichts der fortschreitenden Vernichtung der Regenwälder im Süden Palawans ist dies ein großer Erfolg.
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