RegenwaldReport 03/1997
Gabun: Wie kommen wir auf den grünen Zweig?
Ikea ist dabei und Greenpeace, die Gewerkschaft Holz und Kunststoff, das Indianerbündnis COICA und natürlich Rettet den Regenwald. Über 200 Organisationen haben sich zum Forest Stewardship Councel (FSC) zusammengeschlossen. Die Aufgabe: weltweit Umwelt- und sozialverträgliche und wirtschaftlich gesunde Forstwirtschaft zu fördern. Dazu wird ein Kennzeichen vergeben, das den Verbrauchern erlaubt zwischen „gutem" und „schlechtem" Holz zu unterscheiden. (Siehe Regenwald Report 4/96).
Jeweils ein Drittel der Stimmen beim FSC haben die Wirtschaftsunternehmen, die sozialen Gruppen und die Umweltverbände. Holz aus allen Wäldern soll gleich behandelt werden, wenn es aus umweltfreundlicher Forstwirtschaft kommt. Verliehen werden die Kennzeichen von Zertifizierern, die der FSC autorisiert. Einer davon ist die SGS Qualifor aus England, die zu einem weltweit tätigen Schweizer Konzern gehört. Zehn Grundsätze legen fest, dass zum Beispiel ein Managementplan vorhanden sein muss, die Rechte von Arbeitern respektiert werden und das ökologische Gleichgewicht im Wald erhalten bleibt. Da die Wälder aber sehr unterschiedlich sind, werden Richtlinien für einzelne Länder entwickelt.
Was sich so einfach anhört, ist eine schwierige Angelegenheit. In den letzten Monaten hat sich das am Beispiel Firma Glunz AG aus Hamm gezeigt. Zur Glunz AG gehört auch die französische Firma Isoroy, die in Gabun/Afrika 500 000 Hektar Konzessionen besitzt. Sie erntet dort jedes Jahr 175 000 Kubikmeter Okoume-Holz, das in Frankreich zu Sperrholz verarbeitet wird. Im Oktober 1996 erhielt die Firma für ihre Forstwirtschaft von der SGS das Zertifikat für umwelt- und sozialverträgliche Forstwirtschaft. Rettet den Regenwald war entsetzt. Wussten wir doch von Umweltschützern aus Gabun, dass die Firma nicht einmal einen Managementplan besitzt, dass die Arbeiter mit gewilderten Tieren ernährt werden. Die Firma plant sogar im geschützten Lope Reservat Strassen zu bauen und Bäume abzuholzen, weil die wertvollen Okoume Bäume in den anderen Gebieten zur Neige gehen. Ausserdem ist bekannt, dass die Okoume-Bäume nur schwer nachwachsen. Da die Firma das Holz nicht einmal im Land verarbeitet, kann man nicht einmal sagen, dass dort eine nennenswerte Anzahl von Arbeitsplätzen geschaffen wird. Rettet den Regenwald beschwert sich sofort bei SGS und dem Direktor des FSC, Timothy Synnott über das Zertifikat. Greenpeace, Friends of the Earth und Reforest the Earth sowie Gruppen aus Gabun unterstützen die Beschwerde. Eigentlich hätte man denken sollen, dass der Fall von Raubbau absolut klar sei. Überraschend: Nach wochenlanger Untersuchung des Falles befürworten der Direktor des FSC und seine Mitarbeiter im Mai das Skandal-Zertifikat. Synnott argumentierte: Zwar habe die Firma im Oktober tatsächlich keinen Management-Plan gehabt, aber inzwischen sei sie dabei so etwas auszuarbeiten, Umweltgruppen aus Gabun würden das Zertifikat unterstützen und hätten ausgesagt, der Holzeinschlag im Reservat sei legal und überhaupt sei Glunz/Leroy besser als andere Holzfirmen. Den Umweltschützern sträubten sich die Nackenhaare. Inzwischen lag eine juristische Analyse des Anwalts und Herausgebers der einzigen juristischen Zeitschrift in Gabun, Patrice Christy vor, in der die Unrechtmässigkeit der Ausbeutung des Lopé Reservats eindeutig bestätigt wird. Ausserdem liegen RdR Dokumente vor, dass die Firma Umweltgruppen bestochen hat und sich gar nicht mehr um ein Zertifikat kümmert.
Professor Francis Halle aus Montpellier, mit dem die Firma jahrelang zusammenarbeitete, wirft der Leroy/Glunz sogar vor, Reglerungsbeamte bestochen zu haben und selbst die illegale Jagd zu organisieren und zu bezahlen. Die Gabunische Zeitung „La Griffe" berichtet, dass die Firma den Einschlag unrechtmässig erhöht und sogar die Sonntagsarbeit wieder eingeführt hat. „Schlimmer als zu Kolonialzeiten" wird in Gabun das Firmenverhalten bezeichnet. Gemeinsam mit anderen Organisationen richtete RdR eine neue Beschwerde an den Aufsichtsrat des FSC gegen das Zertifikat und gegen den Bericht des FSC Direktors. Diese Beschwerde hat dann im September 1997 endlich Erfolg. Am 22. September annulliert der Aufsichtsrat das Zertifikat und verhängt eine Reihe von Sanktionen gegen den Zertifizierer SGS. Solange diese Bedingungen nicht erfüllt sind, darf SGS keine neuen Zertifikate vergeben. Rettet den Regenwald und andere Umweltorganisationen sind erleichtert, dass der FSC Aufsichtsrat (nach fast einem Jahr) endlich ein offensichtlich völlig ungerechtfertigtes Zertifikat aufgehoben hat. Doch Fragen bleiben. SGS hat absichtlich und schwerwiegend gegen die Regeln des FSC verstossen. Hätte man dieser Firma nicht das Recht, Zertifikate auszustellen endgültig entziehen müssen? Die Überprüfung des Zertifikats in Gabun hat Rettet den Regenwald und andere Organisationen viel Zeit, Arbeit und Geld gekostet, einschliesslich Reisen nach Gabun, Gutachten und unzählige Faxe, Telefonate usw. Es gibt inzwischen eine Reihe von Zertifizierungen in allen Teilen der Welt. Es ist eigentlich nicht Aufgabe der Umweltgruppen, die Zertifikate zu kontrollieren, sie müssten sich dabei auf den FSC und sein Personal verlassen können. Ausserdem hat der FSC Aufsichtsrat auf Drängen der Umweltgruppen noch einen weitreichenden Beschluss gefasst: In den nächsten sechs Monaten dürfen Abholzungen in unberührten Urwäldern nicht mehr zertifiziert werden. Während dieser Zeit sollen eindeutige Richtlinien erarbeitet werden. Umweltorganisationen, die keine Ausbeutung der Urwälder wollen und anderen Mitgliedern im FSC stehen schwierige Auseinandersetzungen bevor.
Trotz all dieser Schwierigkeiten unterstützen Rettet den Regenwald und andere Organisationen weiterhin den FSC. Das Ziel umwelt- und sozialvertägliche Forstwirtschaft unabhängig zu überprüfen ist sehr wichtig. Rettet den Regenwald wird dafür arbeiten, dass jetzt alles Tropenholz, das nicht solch ein Zertifikat erhalten hat, endgültig vom Markt verschwindet. Gleichzeitig wird Rettet den Regenwald weiter daran arbeiten, dass der FSC glaubwürdig wird und solche Skandale wie das Zertifikat für den Raubbau in Gabun nicht mehr vorkommen. Das ist keine leichte Aufgabe. Wir bitten Sie deshalb alle um Mithilfe: Kaufen Sie keine Tropenhölzer, die nicht unabhängig zertifiziert sind. Unterstützen Sie unsere Arbeit, damit wir die Kontrolle des FSC weiterführen können. Beteiligen Sie sich an der Unterschriftenaktion gegen das Raubbauholz auf Bootsmesse und an der Demonstration.