RegenwaldReport 02/2001
Bayer und der Kongo-Krieg
Nach einem UN-Bericht ist der Konzern in den blutigen Konflikt im Kongo verstrickt
Es ist eines der letzten zusammenhängenden Regenwaldgebiete Afrikas: der „Kahuzi-Biega“-Nationalpark im Kongo. Die UNESCO hat ihn zum Weltkulturerbe erklärt. Durch den 500.000 Hektar großen Dschungel an den westlichen Ufern des Lake Kivu streift der östliche Flachland- Gorilla – eine der weltweit seltensten Kreaturen und zugleich einer der nächsten Verwandten des Menschen. Jetzt steht er vor seiner endgültigen Ausrottung. Schuld ist vor allem der westliche Hunger auf das Mineral Coltan, das besonders für die Produktion immer leistungsstärkerer Handys benötigt wird. Der Export von Coltan hat den Krieg im Kongo finanziert, in dem es nur noch um den Besitz wertvoller Rohstoffvorkommen geht. „Das ist jetzt ein Coltan-Krieg“, zitiert der britische Observer den Leiter des „Kahuzi-Biega“-Parks, Kasereka Bishikwabo.
Wieviel Mitschuld hat die Bayer AG an der verheerenden Situation im Kongo? Noch haben die Leverkusener den schwer wiegenden Verdacht nicht ausgeräumt, dass sie zumindest indirekt das Gemetzel mit zu verantworten haben. Vorwürfe aus einem UN-Bericht, Bayer kaufe kongolesisches Coltan und heize dadurch den Krieg erst richtig an, hat der Konzern gegenüber Rettet den Regenwald bisher nicht widerlegt. Im Kongo leiden noch heute Hunderttausende unter den dortigen Kriegswirren, immer wieder flackern die Kämpfe auf. Gerade hat die USHilfsorganisation International Rescue Committee eine Studie vorgelegt. Diese schätzt die direkten und indirekten Opfer des 1998 begonnenen Krieges allein im Osten der „Demokratischen Republik Kongo“ (DRC) auf 2,5 Millionen. Mit den Menschen sterben auch die einzigartigen kongolesischen Regenwälder, die von sämtlichen Kriegsparteien bei der Suche nach Rohstoffen rücksichtslos ausgeplündert werden. Als Nahrung dient den Milizen vor allem „bushmeat“: Gorillas, Elefanten, Schimpansen.
Was Bayer damit zu tun hat? Ein von UN-Generalsekretär Kofi Annan in Auftrag gegebener Bericht zur „illegalen Ausplünderung der natürlichen Ressourcen“ in der DRC gibt die Antwort. Die Kernaussage lautet: „Der Konflikt in der DRC dreht sich hauptsächlich um Zugang zu, Kontrolle von und Handel mit fünf mineralischen Ressourcen“, darunter auch Coltan (Colombo-Tantalit). Der Report nennt ausdrücklich die hundertprozentige Bayer-Tochter H.C. Starck in Goslar als Bezieherin von kongolesischem Coltan. Aus dem Rohstoff wird das seltene Edelmetall Tantalum gewonnen, das in der Computer- und Kommunikationstechnologie eingesetzt wird. Das Coltan-Geschäft nutzt beiden Handelspartnern: Von den Exporterlösen kaufen die Kriegsparteien unverzüglich neue Waffen. Und Bayer beschert die Weiterverarbeitung von Coltan satte Gewinne.
Wir wollten von Bayer die Namen sämtlicher Verkäufer wissen, von denen H.C. Starck Coltan aus der DRC kauft beziehungsweisein der Vergangenheit erworben hat. Die lapidare Antwort: „H.C. Starck bezieht von etablierten Händlern Material aus verschiedenen afrikanischen Lagerstätten. Einzelheiten zu diesen Quellen können wir aus Wettbewerbsgründen nicht bekannt geben.“ In einer früheren Stellungnahme hatte die Firma Starck noch eingeräumt: „Es ist in der Praxis nur schwer nachvollziehbar, ob Rohstoffe aus der Krisenregion oder anderen Teilen Afrikas stammen.“ Fazit: Bayer widerspricht sich teilweise selbst und verweigert an den entscheidenden Stellen konkrete Informationen. Damit bleibt der Verdacht bestehen, dass an Bayer-Aktien Blut klebt. Deswegen geht unsere Kampagne gegen Kongo-Mineralien weiter! Zwar reagierte der Konzern unverzüglich auf unsere erste Protestaktion und teilte mit, er schließe den Bezug von Mineralien aus Regenwaldgebieten im Kongo aus, in denen die Rohstoffförderung zu schweren Umweltzerstörungen führt. Wie das Unternehmen dies sicherstellen kann, wurde indes nicht verraten. Und ist folglich nicht überprüfbar. Rettet den Regenwald geht daher davon aus, dass Bayer gar nicht nachweisen kann oder will, woher ihr Coltan stammt.
Wir bleiben deswegen bei unseren Forderungen: Bayer muss ab sofort auf Coltan verzichten, das aus Bürgerkriegsgebieten stammt. Bayer muss einen Verzicht auf Coltan aus Bürgerkriegsgebieten mit konkreten, nachprüfbaren Informationen belegen. Bayer darf erst wieder Coltan aus der DRC beziehen, wenn der UN-Sicherheitsrat festgestellt hat, dass die Gewinne aus dem Mineralienverkauf nicht länger den Krieg anheizen und dass ökologische und soziale Mindeststandards bei der Rohstoffgewinnung eingehalten werden.