RegenwaldReport 02/2001
Die Handy- Gorilla- Connection
„Achtung! Mobiles Telefonieren gefährdet das Leben von Gorillas!“ müsste auf jedem Handy stehen. Der Grund: In den handlichen Dingern steckt Coltan, ein Stoff, mit dem Handy-Träume erst wahr werden. Zu Tantalum- Pulver verarbeitet, wird er bei der Herstellung von leistungsstarken Elektrolyt-Kondensatoren gebraucht, die in jedem Mobiltelefon stecken. Die Bayer-Tochter H.C. Starck ist nach eigenen Angaben weltweit Marktführer des Pulvers. Egal ob ein Nokia-, Siemens- oder Motorola- Handy: Meist führt die Coltan- Spur zurück zu Bayer – und von dort womöglich in den Kongo. Im vergangenen Jahr war Coltan bereits die wichtigste Einnahmequelle der im Ostteil des Kongo herrschenden Rebellenbewegung RCD. Insider verwundert das nicht. Coltan-Vorkommen existieren nur an wenigen Stellen auf der Erde. Der Kahuzi Biega-Nationalpark beherbergt nach Angaben des Dian Fossey Gorilla Fund etwa 15 Prozent der weltweiten Vorkommen, die zudem qualitativ besonders hochwertig sind. Im vergangenen Jahr schnellte der Weltpreis für Coltan von zehn auf 80 Dollar pro Pfund in die Höhe, weil global gesehen die Nachfrage nach Handys weiter stieg und Gerüchte über einen Coltan-Engpass die Runde machten. Als Folge drangen scharenweise Bauern auf der Suche nach dem Edelmetall, aber auch ganze Händlerringe in den Park ein. Seitdem ist das Überleben der wenigen verbliebenen Gorillas und Elefanten bedroht, die den jahrelangen Krieg und die gestiegene Jagd auf bushmeat überstanden haben. Auch der UN-Report berichtet über den Kahuzi-Biega“-Park, dieser werde von ruandischen Truppen und der RCD kontrolliert und sei reich an Coltan-Vorkommen. „Nur zwei von 350 Elefantenfamilien hätten im vergangenen Jahr noch im Park gelebt. Naturschützer befürchten, dass die restlichen geflüchtet sind oder abgeschossen wurden.“ Immerhin seien Ende 2000 zwei Tonnen Elefantenstoßzähne in der Gegend entdeckt worden. Besser als den bedrohten Kreaturen geht es den Besitzern von Bayer- Aktien. „Ein Depot, das Anfang 1991 in Bayer-Aktien angelegt wurde, erzielte eine durchschnittliche Rendite von 24 Prozent pro Jahr“, wirbt das Unternehmen auf seiner Homepage. Dass der Konzern zumindest indirekt den Krieg im Kongo mit anheizt, verschweigt er lieber. Zwei Monate haben sich Parkwächter undercover in den Wäldern des Kahuzi-Biega umgesehen, die heute von verschiedenen Milizen beherrscht werden. Sie berichten von über 10.000 Coltan-Minenarbeiter, die illegal aktiv sind. Diese hätten praktisch nichts angebaut und ernährten sich fast ausschließlich von bushmeat, dem Fleisch der einheimischen Wildtiere. Naturschützer befürchten, dass nach dem „unkontrollierten Massaker“ gerade noch ein paar hundert Flachland- Gorillas überlebt haben. Einer solch geringen Populationsgröße droht die Ausrottung schon beim Auftreten einer einzigen Infektionskrankheit. Guy Debonnet, der bis vor kurzem für die deutsche GTZ ein Schutzprojekt im Park geleitet hat, berichtete im Mai, ausländische Konzerne planten jetzt die systematische Ausbeutung der Coltanvorkommen „mitten im Kahuzi Biega.“ Die Behörden würden Steuern auf Coltan erheben und Leute ermuntern, in den Park einzudringen. „Es ist mehr als klar, dass der Coltan-Abbau zur Ausrottung der Gorillas führen wird“, warnt Guy Debonnet. Der Welt-Tantalverband TIC hat deswegen kürzlich in einer Presseerklärung klargestellt, er missbillige die Aktivitäten der illegalen Minenarbeiter im Kahuzi- Biega-Nationalpark. Anfang April 2001 kam das TIC-Exekutivkomitee in Brüssel überein, den Gebrauch und die Verarbeitung von Coltan aus dem Weltkulturerbe zu unterbinden. Möglich wäre dies für Bayer und Co. allemal. Coltan aus dem Kongo kann relativ einfach identifiziert werden. Es enthält weniger radioaktive Isotope und ist deswegen wertvoller als Coltan aus anderen Vorkommen. Mit geringem technischen Aufwand wäre es möglich, Coltan aus dem Ost-Kongo vom Weltmarkt zu verbannen. „Wir sind überzeugt, die Kommunikationsindustrie möchte nicht mit der Ausbeutung eines Weltkulturerbes in Verbindung gebracht werden und könnte eine Lösung finden“, sagt Greg Cummings, Europadirektor beim Dian Fossey Gorilla Fund. „Vom Minenarbeiter bis zu den Handyherstellern werden wir jeden darüber informieren, welche Auswirkungen der Import von Coltan aus dem Kahuzi Biega auf dieses Habitat hat, das einen weltweit einzigartigen Wert darstellt.“ Mehr Informationen zu unserer Coltan-Kampagne unter www.regenwald.ORG Rettet den Regenwald bittet um Spenden zur Rettung der Gorillas: Sparda-Bank Hamburg BLZ 206 905 00 Konto 600 463 Stichwort „Gorilla“