RegenwaldReport 02/2006
Interview: Folter und Morde für Palmöl
Interview mit Nur Hidayati, Kampagnen-Beraterin von Sawit Watch
Wieso boomt Palmöl in Indonesien? Nur Hidayati: Die Fläche für Palmölplantagen ist seit 1985 bis 2005 um 845 Prozent gestiegen. Die Gründe dafür sind die niedrigen Bodenpreise, Korruption, Vetternwirtschaft und das Ziel der Regierung, zum weltgrößten Produzenten aufzusteigen. Die Lizenzen werden meist zum Nachteil der lokalen Bevölkerung vergeben. Die Plantagen werden häufig mit Hilfe von paramilitärischen Gruppen gewaltsam realisiert, die sich für die Interessen der Konzerne einsetzen. Seit 1998 haben wir über 500 Fälle von Folter dokumentiert im Zusammenhang mit Palmöl-Plantagen. Opfer waren jeweils Leute, die lokale Rechte verteidigt haben. Im selben Zeitraum wurden als Folge von Landkonflikten Dutzende Menschen ermordet. Könnte man die Plantagen nicht sozial gerecht anlegen und betreiben? Nur Hidayati: Der Anteil der für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung stehenden Flächen sinkt, den Bauern wird durch Palmölplantagen außerdem regelrecht das Wasser abgegraben, die Menschen verlieren ihre Einkommensquelle und sind oft gezwungen, auf den Plantagen zu arbeiten. Dort haben sie keine Absicherung, arbeiten als billige Tagelöhner und sind rechtlos. Zudem verliert die lokale Bevölkerung ihr Land, da ihre traditionellen Landtitel nicht anerkannt werden. Wer als Kleinbauer Palmöl anbaut, hat keinen Marktzugang mehr und gerät in die Abhängigkeit der großen Konzerne. Die Produktivität der großen Monokulturen sinkt nach etwa 20 Jahren. Die Menschen haben dann ihre früheren Einkommensquellen verloren, die Armut der folgenden Generation ist programmiert. Das alles ist nicht besonders sozial. Ist eine ökologisch nachhaltige Plantagenwirtschaft mit Palmöl möglich? Nur Hidayati: Die Palmen wachsen in Monokulturen, eine Folge ist die Verarmung der Böden, was die Nährstoffe betrifft. Der großflächige Einsatz von Kunstdünger und Agrargiften schadet der Umwelt, er verseucht Wasser und Böden. Durch den enormen Wasserverbrauch der Plantagen werden die Trink- und Nutzwasserressourcen der Lokalbevölkerung zerstört. Außerdem sind die Sumpf- und Torfwälder von Borneo wichtige CO2-Senken. Werden sie durch Brandrodung zerstört, wird CO2 frei. Das führt die angeblich neutrale Klimabilanz von Treibstoffen aus Palmöl ad absurdum.