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RegenwaldReport 02/2006

Deutsche Räuber in Papua

Eine Studie beschuldigt die Tarkett AG aus Frankenthal, mit Tropenholz aus illegalen Quellen zu handeln

Auf der indonesischen Hälfte der Pazifi kinsel Neuguinea, in West-Papua, stehen die wildesten Regenwälder von Asien. Inzwischen droht ihnen das gleiche Schicksal wie den Urwäldern der Nachbarinseln Sulawesi, Borneo und Sumatra. Eine internationale Holzmafi a plündert rücksichtslos die Naturschätze. Besonders begehrt ist Merbau. „Eine aufregende dunkle Holzart mit einer ruhigen Struktur, mit natürlichen Farbvariationen in warmen, rotgelben Nuancen“, wirbt etwa der deutsche Holzboden-Produzent Tarkett AG. „Diese Holzart ergibt einen harten und langlebigen Bodenbelag mit einem ruhigen und eleganten Muster.“

Was der Konzern verschweigt: Der illegale Einschlag von Merbau im indonesischen West-Papua wird von fünf internationalen Holzmultis angeheizt, darunter die deutsche Tarkett AG aus Frankenthal. Die fünf Unternehmen hätten nicht überprüft, ob sie legale Ware eingekauft hätten und Verbrauchern falsche Auskünfte über die Herkunft ihres Holzes gegeben. Das sind die Kernaussagen einer investigativen Studie, die im März 2006 von den Umweltorganisationen Telepak (Indonesien) und der Environment Investigation Agency (EIA, England) vorgelegt wurde.

Die fünf Unternehmen, die den Weltmarkt für Holzböden dominieren, haben laut der Untersuchung große Mengen illegal geschlagenes Tropenholz gekauft, das meiste davon aus West-Pa- pua. Neben der deutschen Tarkett AG werden der US-Multi Armstrong/Bruce, die dänische Firma Junckers, Kahrs aus Schweden und Goodfellow aus Kanada beschuldigt. Alle fünf Konzerne konnten nicht belegen, dass das von ihnen gehandelte Merbau aus legalen Quellen stammt, so die Studie.

Die Tarkett AG ist der weltweit zweitgrößte Hersteller von Holzfußböden und in Europa die Nummer eins. Auf seiner Homepage gibt sich das Unternehmen besonders umweltfreundlich und Wald schonend: „Als Hersteller von Holzfußböden sind wir vom Wachstum der Bäume abhängig und daher liegt es in unserer Verantwortlichkeit, sie zu schützen. Dies ist eine einfache Lektion, die wir bereits vor langer Zeit gelernt haben, und wir haben seitdem unser Bestes getan, um diesem Wissen zu folgen“, heißt es dort. Und weiter: „Es ist unsere Zusammenarbeit mit dem FSC (Forest Stewardship Council), einer nichtstaatlichen, gemeinnützigen Organisation und dem WWF (World Wide Fund for Nature), die dieses Ziel ermöglicht. Tarkett bezieht nur vom FSC zertifiziertes Holz.“

Tarkett hat im August 2005 gegenüber EIA/Telapak mitgeteilt, das Unternehmen kaufe Merbau aus dem malaysischen Temenggor Lake. Zum Zeitpunkt der Behauptung waren bereits mehr als zwei Monate sämtliche Einschläge in dem See von den Behörden verboten worden.

Neben Tarkett hat auch Kahrs aus Schweden erklärt, eine große Menge des gehandelten Merbau stamme aus dem Temenggor Lake, einem künstlich angelegten Stausee. Beide Konzerne nutzten den Hinweis als Beleg für die legale Quelle, aus der ihr Merbau stamme. Tatsächlich wurde in der Vergangenheit eine geringe Anzahl Merbau-Stämme aus dem Temenggor Lake auf der malaysischen Halbinsel geholt, allerdings ist die Menge nicht einmal annähernd ausreichend für die Produktion der beiden Holzgiganten.

Im April 2005 deckte eine malaysische Zeitung zudem auf, dass Merbau illegal in Schutzwäldern um den See geschlagen worden war. Die Forstbehörden des Landes bestätigten die Vorwürfe und weigerten sich im Mai 2005, die Einschlagslizenz für die Merbau-Bäume im See zu verlängern. Trotzdem verkauften Tarkett und Kahrs auch danach reichlich Merbau-Produkte. Ein Jahr nach dem Ende der Einschlagslizenz im Temenggor Lake hat Tarkett immer noch nicht belegt, aus welchen Wäldern das Unternehmen seinen Rohstoff bezieht, der laut Homepage aus „kontrolliertem Einschlag“ stammt.

Auch bei den Angaben zur FSC-Zertifizierung der Tarkett-Produkte gibt es vor allem Widersprüche. Im August 2005 fragten verdeckte EIA- und Telapak-Ermittler beim Hauptsitz des Konzern nach der Herkunft des gehandelten Merbau. Marketing-Chef Carsten Bertelsen schickte ein FSC-Zertifikat und teilte mit: „Unsere Produkte bestehen mindestens zu 70 Prozent aus FSC-zertifiziertem Rohmaterial. Die restlichen 30 stammen aus kontrollierten Quellen.“Die EIA- und Telapak-Ermittler konnten allerdings bei Testkäufen keine Tarkett-Böden mit FSC-Label entdecken. Als sie darauf unter einem Vorwand erneut Carsten Bertelsen befragten, antwortete dieser, nur Teilbereiche der verkauften Holzböden seinen mit 70 Prozent FSC-zertifiziertem Holz erhältlich. Für EIA und Telapak ist seitdem klar, dass Tarkett mit falschen Herkunftsangaben zum verkauften Holz die Verbraucher täuscht.

Letzte Meldung

Der FSC hat auf Anfrage von Rettet den Regenwald zu angeblich zertifizertem Merbau erklärt: „Der FSC hat eine Datenbank unter www.fsc-info.org, die derzeit keinen Eintrag für diese Holzart aufzeigt.“ Zu den Angaben der Tarkett AG teilt der FSC mit, „unsere Trademark Managerin ist in Kontakt mit dem Zertifizierer SmartWood, um die Sache zu verfolgen und die nötigen Maßnahmen einzuleiten, um die Sache zu klären.“

Verbraucherbeschwerde

Beschweren Sie sich bei der deutschen Wettbewerbszentrale über die Tarkett AG wegen unlauteren Wettbewerbs! Stellen Sie heraus, dass die Tarkett AG den Verbrauchern die falsche Auskunft gibt, ihre Hölzer seien FSC-zertifiziert.

Berufen Sie sich bei Ihrer Beschwerde auf die im März 2006 von EIA und Telapak vorgelegte Studie „Behind the Veneer“. Sie können diese herunterladen: http://www.tarkett-floors.com/floors/site/de-de/topic/environment/topics.asp

Die Beschwerde kann auf drei Wegen erfolgen:

• Per Brief: Wettbewerbszentrale, Postfach 2555, 61295 Bad Homburg

• Per Telefax: 06172/84422

• Per E-Mail: mail@wettbewerbszentrale.de

Protestieren Sie auch bei der Tarkett AG: Tarkett AG Harald Schüren/Head of Corporate Communications Nachtweideweg 1-7 D-67227 Frankenthal Tel. +49 6233 81 1450 Fax +49 6233 81 1648 Mobile +49 175 540 3331 E-mail: Harald.Schueren@tarkett.com

Illegales Tropenholz weltweit im Handel Bundesregierung duldet Handel mit Raubholz

Der „Fall Tarkett“ ist im internationalen Geschäft mit Tropenholz nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Nach Untersuchungen des Washingtoner „World Resources Institute“ ist illegaler Holzeinschlag eine Hauptursache für Regenwaldwaldvernichtung. Allein in die EU werden jährlich Holzprodukte im Wert von mindestens 1,2 Milliarden Euro importiert, die aus illegalen Quellen stammen. Die Brennpunkte des Raubbaus sind die großen Waldgebiete in Zentralafrika, Südostasien und im Amazonas. Selbst in ausgewiesenen Indianergebieten und Nationalparks sind Mahagoni- und Raminbäume nicht mehr sicher vor der Holzmafia, obwohl beide Baumarten auf der Liste des Washingtoner Artenschutzübereinkommens stehen. Im Amazonas und Indonesien machen solche kriminellen Einschläge mindestens 70 Prozent aus. Wir sprechen von „Raubholz“, wenn zwischen Einschlag und Endverkauf Gesetze gebrochen werden: die gewaltsame Vertreibung indigener Stämme, durch Bestechung erworbene Konzessionen, der Einschlag außerhalb von genehmigten Flächen oder die Fälschung von Papieren, um die illegale Herkunft des Holzes zu verschleiern. Nach Berechnungen der Weltbank entgehen durch die Aktivitäten der Holzmafia den betroffenen Staaten 10 bis 15 Milliarden Dollar jährlich an Steuern und Gebühren. Schlimmer noch sind die endgültige Zerstörung einzigartiger Ökosysteme und der gesellschaftliche Schaden bis hin zu gewaltsamen Konflikten. Geschäfte mit illegalem Tropenholz sind weder in der EU noch in Deutschland verboten. Wir wollen uns damit nicht abfinden und fordern die Bundesregierung auf, den Import von Raubholz gesetzlich zu verbieten und unter Strafe zu stellen. Solange die Bundesregierung beim Urwaldschutz schläft, können Verbraucher/innen ihre Macht benutzen:

Hände weg von Tropenholz!

Hintergrund

West-Papua, der westliche Teil der Insel Neuguinea, wurde 1967 von Indonesien annektiert. Auch heute sind willkürliche Verhaftungen, Folter und unfaire Gerichtsverfahren an der Tagesordnung. Massaker, Vertreibung, Verletzung der traditionellen Landrechte trugen dazu bei, dass die Urbevölkerung die indonesische Herrschaft heute mehr denn je ablehnt. Die zahlreichen Volksstämme sprechen mehr als 100 einander fremde Sprachen und leben teils noch sehr zurück gezogen in den dichten Regenwäldern.

Die Flora und Fauna der Insel ist atemberaubend. Viele Tiere und Pflanzen sind endemisch. 11.000 Pflanzenarten, davon allein 2.500 Orchideen, wurden bisher nachgewiesen. Zur Tierwelt gehören etwa 500 Vogelarten, darunter 43 Paradiesvogelarten, über 400 Amphibien, 455 Schmetterlingsarten, 180 bekannte Säugetiere, rund 70 Fledermausarten, Warane, zahlreiche Schlangen- und Krokodilarten sowie Insekten und etwa 3000 verschiedene Spinnenarten.

Der Lorentz-Nationalpark befindet sich in der Provinz West-Papua. Mit einer Fläche von 25.000 Quadratkilometern ist er der größte Nationalpark in Südostasien. Er beherbergt zahlreiche noch unerforschte Pflanzen und Tiere und ist Heimat mehrerer indigener Völker.

Die größten Gefahren für das Überleben der Urbevölkerung Westpapuas gehen von der stetig zunehmenden Umweltzerstörung aus. Die größten Kupfer- und Goldminen der Welt hinterlassen eine Schneise der Verwüstung. Der Boom der Holzwirtschaft hat immer massivere Störungen des ökologischen Gleichgewichts zur Folge. Von den verbliebenen 33 Millionen Hektar Regenwald wurden 27,6 Millionen zur wirtschaftlichen Nutzung freigegeben. Für die im Regenwald lebenden Völker bedeuten die Rodungen die Zerstörung ihres Lebensraumes und ihrer Identität. Wird die Plünderung der Wälder nicht gestoppt, droht den Ureinwohnern Westpapuas der Untergang.

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