RegenwaldReport 03/2006
Betrug mit Öko-Holz
Schon wieder hat der FSC einen Skandal am Hals. Bei sorgfältiger Prüfung hätte er verhindert werden können
Die gediegene Öko-Mahlzeit fand am 30. Juni 2005 im vornehmen „Au Premier“ in Zürich statt. Bei dem „Business-Lunch“ wurde die „nachhaltige Plantagenwirtschaft der Prime Forestry Group“ vorgestellt. Die PFG, ein Schweizer Forstwirtschaftsunternehmen, betrieb damals in Panama eigene Teakplantagen und bot finanziell angeblich lukrative Baumpartnerschaften an. Besucher der Veranstaltung erfuhren aus dem Mund von PFG-Geschäftsführer Kurt Emil Meier, sein Unternehmen sei in einer sehr profitablen und gleichzeitig umweltfreundlichen Zukunftsbranche tätig. Sämtliches von der PFG angebautes Tropenholz entspreche den strengen Kriterien des weltweit anerkannten Forest Stewardship Council (FSC). Investitionswillige Kunden konnten sich seit 2002 bei der PFG mittels Baumkauf an der Philosophie „Business and Nature in Harmony“ beteiligen. Laut Firmeninfo leisteten die Anleger dabei nicht nur einen Beitrag zum nachhaltigen Schutz unserer Umwelt, sondern konnten auch von einer überdurchschnittlichen Rendite profitieren. Daraus wird wohl nichts. Anfang August ließ die Staatsanwaltschaft Zürich Privat- und Geschäftsräume von ehemaligen Managern der Öko-Anlagen-Firma durchsuchen. Kurt Emil Meier und zwei Vorstandskollegen kamen vorübergehend in Untersuchungshaft. Staatsanwalt Martin Grob geht dem Verdacht nach, dass die zumeist deutschen Anleger „um fünf bis zehn Millionen Euro“ geprellt wurden. Etwa 3.500 Investoren haben bis Mitte 2005 in die PFG rund 63 Millionen Schweizer Franken investiert. Nach Grobs Erkenntnissen soll das Kapital teilweise in ein Firmengeflecht in der Karibik geflossen sein. Doch das ist nur die eine Seite des Skandals. Die andere: Jahrelang erhielt PFG-Chef Meier Schützenhilfe von hochkarätigen Personen und Organisationen, darunter Panamas Präsident Martin Torrijos nebst Ehefrau und der FSC selbst. Ökologisch besonders glaubwürdig wirkte auch, dass mit Carol Franklin Engler die ehemalige Geschäftsführerin des Schweizer WWF im PFG-Verwaltungsrat saß. Mitte Februar 2004 warnten neuseeländische Behörden vor Investitionen in die PFG-Plantagen. Ähnliche Meldungen wurden in neun weiteren Ländern verbreitet, darunter Frankreich, Norwegen und Australien. Der FSC hat solche Alarmmeldungen offenbar nicht mitbekommen. Am 1. Februar 2003 hatte der beim FSC akkreditierte Zertifizierer „SmartWood“ die Teakplantagen von PSG für gut befunden und das FSC-Siegel vergeben. Erst im Mai 2006 wurde das FSC-Zertifikat zurück genommen – nicht weil „SmartWood“ selbst Zweifel gekommen waren, sondern weil der FSC-Zertifizierer die Information bekam, dass PSG Pleite war. Die Eidgenössische Bankenkommission hatte den Konkurs über Prime Forestry verhängt. Die Firma sei unter anderem überschuldet gewesen. Voraussetzung für den Erhalt eines FSC-Zertifikats sind die drei Standbeine der Nachhaltigkeit. Das jeweilige Unternehmen muss umweltverträglich, sozial verantwortungsvoll und wirtschaftlich erfolgreich arbeiten. Zum Fall PFG erklärt Guido Fuchs, Geschäftsführer beim Schweizer FSC, man habe entgegen anders lautenden Pressemeldungen nie eine Abmahnung an PFG bezüglich der Verwendung des FSC-Logos geschickt. „Prime Forestry Switzerland AG istbei der FSC Arbeitsgruppe Schweiz Mitglied und aus unserer Sicht war das Entscheidende die FSC-Zertifizierung. Diese war während der Mitgliedschaft von Prime Forestry Switzerland AG ausser Zweifel.“ Der Verdacht liegt nahe, dass der FSC wieder einmal missbraucht worden ist, ohne es selbst zu merken. Seit Jahren beschuldigen Umweltorganisationen FSC- zertifi ierte Unternehmen in aller Welt, sie seien an illegalem Holzeinschlag in Primärwäldern, wirtschaftlichem Betrug und Menschenrechtsverletzungen beteiligt oder in den Handel mit gefälschten FSC-Zertifikaten verstrickt. In den seltensten Fällen ist es der FSC selbst, der eine echte Kontrollfunktion wahrnimmt. Auch die Tarkett AG sonnte sich noch bis vor kurzem im schönen Schein eines FSC-Labels (Regenwald Report 2-2006). Laut den Kernaussagen einer investigativen Studie, die im März 2006 von den Umweltorganisationen Telepak (Indonesien) und der Environment Investigation Agency (England) vorgelegt wurde, wird der illegale Einschlag von Merbau im indonesischen West-Papua von fünf internationalen Holzmultis angeheizt, darunter die deutsche Tarkett AG aus Frankenthal. Nachdem Rettet den Regenwald den FSC auf den „Fall Tarkett“ aufmerksam gemacht hatte, reagierte der FSC mit einem Schreiben an das Holzunternehmen und kündigte Konsequenzen an. Inzwischen musste Tarkett seine irreführende Verbraucherinformation von der Homepage streichen, die Firma beziehe nur vom FSC zertifiziertes Holz. „Verbraucher können auf das FSC-System zählen – als eine Garantie für eine gute Forstwirtschaft“ verspricht FSC-International Geschäftsführer Heiko Liedeker im Rahmen der Kampagne „FSC gurantees peace of mind to consumers“. Die Wirklichkeit sieht häufig anders aus. Die FSC-Zertifizierung kann bisher weder die Regenwälder vor der Abholzung, noch indigene Völker vor ihrer Vertreibung aus angestammten Lebensräumen schützen. „Durch die wachsende Vermarktung des Holzes wird erst die schnellere Vernichtung der Wälder, diesmal unter anderem Namen ermöglicht. Öko-Label wie der FSC unterstützen die großindustrielle Holzwirtschaft in den noch verbleibenden Primärwäldern der Welt. Deshalb gibt es derzeit keine Alternative zu einem Verzicht auf Tropenholz“, so Reinhard Behrend, Vorsitzender von „Rettet den Regenwald“. Das kann sich erst ändern, wenn der FSC von Grund auf reformiert wird. Vom FSC autorisierte Gutachterfirmen haben oft selber ein großes wirtschaftliches Interesse, das Ökosiegel an Holzfirmen zu vergeben – egal ob diese die FSC-Vorgaben einhalten oder nicht. Ein Grund: den Gutachterfirmen winken lukrative Nachfolgeaufträge, weil FSC-zertifizierte Betriebe regelmäßig neu untersucht werden. „Der FSC will oder kann seine Gutachter nicht kontrollieren“, kritisiert Simon Counsell, Direktor der britischen Rainforest Foundation. „Beim FSC sind dringend radikale Reformen nötig, will er seine Glaubwürdigkeit zurück erhalten.“ Der FSC müsse Interessenkonflikte seiner Gutachterfirmen beseitigen und sämtliche Verträge mit den bisher tätigen kündigen.