RegenwaldReport 01/2007
Siegesstimmung im Regenwald in Ecuador
Unsere Sperrgrundstücke gegen Kupferabbau machen sich bezahlt. Die Regierung in Quito stoppt die Bergbaupläne von Ascendant Copper und ordnet die Einstellung sämtlicher Aktivitäten an
Auf der Internetseite des Bergbauunternehmens steht: „Herzlich willkommen bei Ascendant, einer sozial verantwortlichen Firma.“ Fotos von glücklichen Kindern und Bäuerinnen sowie die Schilderung einer Vielzahl von angeblichen Sozial- und Umweltprojekten des Unternehmens sollen eine heile Welt suggerieren.
Die Wirklichkeit im geplanten Bergbaugebiet im Intag in den ecuadorianischen Anden sieht ganz anders aus. Die Firma hat dort einen regelrechten Krieg entfacht. Bewaffnete paramilitärische Einheiten von Ascendant Copper versuchen die Bauern gewaltsam zu vertreiben oder ins Gefängnis zu werfen, um deren Grundstücke und den Bergregenwald beim Dorf Junin zu besetzen. Gegen 40 Bauern hat die Bergbaufirma insgesamt 13 Anzeigen wegen angeblicher Brandstiftung, Raub und Entführung erstattet. So geht es schon seit Monaten. Doch die Bauern wehren sich erfolgreich und die Gewaltstrategie der Firma geht nicht auf.
Bergbaulizenz ausgesetzt
Knatternd landet Anfang Dezember 2006 der Regierungshubschrauber in dem kleinen Bergdorf Junin. An Bord befindet sich eine Regierungsdelegation unter Führung des Arbeitsministers José Serrano und des indigenen Bürgermeisters Auki Tituaña. Auf dem Landweg ist das Dorf seit Tagen von der Außenwelt abgeschnitten. Die Regierungsdelegation hatte schon zwei Tage zuvor versucht, in einem Autokonvoi nach Junin zu gelangen. Doch von Ascendant Copper bezahlte und angeheizte Minenbefürworter hatten die 500-köpfige Abordnung von Regierungs- und Behördenvertretern durch Schüsse, Molotowcocktails, Tränengasgranaten und Straßenblockaden zur Umkehr gezwungen.
Nach langen Verhandlungen nimmt der Minister 57 „Arbeiter“ von Ascendant Copper, 34 davon sind bewaffnete ehemalige Militärangehörige, entgegen. Die wurden von den Bauern des Dorfes auf ihren Grundstücken aufgegriffen und tagelang in der Dorfkirche festgesetzt. Ascendant Copper werden bis auf Weiteres sämtliche Aktivitäten im Intag verboten. Die Firma hat nun auch die Unterstützung des mächtigen Bergbauministeriums verloren. In den vergangenen Wochen war es nun endlich ruhiger im Intag.
Der Umweltschützer Carlos Zorilla
„Die Tage von Ascendant Copper im Intag sind gezählt“, sagt der Umweltschützer Carlos Zorilla (Foto Editorial) siegesgewiss. „Die Erschließung des Kupfervorkommens in Junin ist das wichtigste Projekt der Firma Ascendant Copper. Doch die haben sich verkalkuliert. Nicht einen einzigen Spatenstich konnten sie tun. Sie haben versucht, mit Gewalt und fingierten Anzeigen die Bauern einzuschüchtern und uns ins Gefängnis zu stecken. Aber wir sind entschlossener denn je. Die Dorfverwaltungen, die Kreis- und Provinzregierung, sind auf unserer Seite, auch das Bergbauministerium hat nun nachgegeben. Der Firma steht das Wasser bis zum Hals. Wir werden siegen: politisch, wirtschaftlich und moralisch.“Der Bauernführer Polibio Pérez
Auch der lokale Bauernführer Polibio Pérez steckt voller Zuversicht: „Unser Ziel ist es, die Bergbaufirma in den kommenden Wochen zur Aufgabe zu zwingen und für immer aus dem Intag zu vertreiben. Wir sind gut organisiert und motiviert. Rund um die Uhr bewachen wir unseren Bergregenwald. In den vergangenen Monaten hat die Firma immer wieder erfolglos versucht, gewaltsam und mit bewaffneten Schlägertypen unsere Grundstücke in der Minenkonzession zu besetzen. Wir haben alle diese Personen aufgegriffen, entwaffnet und den Behörden übergeben. Aber immer noch stehen bewaffnete Paramilitärs rund um die Uhr in der Nähe unseres Dorfes. Wir kämpfen nicht um Geld, sondern aus Überzeugung und um unser Menschenrecht, in einer intakten und sauberen Natur zu leben.“Sperrgrundstück Herzstück des Widerstandes
Herzstück des Widerstandes bildete wiederum das 2.966 Hektar große Sperrgrundstück im Bergregenwald beim Dorf Junin, das mit Spendengeldern von Rettet den Regenwald für das Dorf in den letzten zehn Jahren gekauft wurde. Das Grundstück liegt mitten in der Minenkonzession und direkt über dem Kupfervorkommen. Mehrere dort von der Firma beanspruchte und im Katasteramt eingetragene Grundstücke wurden von den Bauern angefochten und mittlerweile von den zuständigen Behörden für unrechtmäßig erklärt.
Rettet den Regenwald unterstützt Bauern und Umweltschützer im Intag in Ecuador. Die hatten bereits 1997 den japanischen Mitsubishikonzern aus dem Intag vertrieben. Aufgrund des jahrelangen Kampfs waren die Bauern auch jetzt auf die illegalen Landnahmen von Ascendant Copper gut vorbereitet. Mit erfundenen Erfolgsmeldungen versucht Ascendant Copper, die Aktionäre weiter bei der Stange zu halten. Die Firma ist an der kanadischen Börse in Toronto und der Deutschen Börse in Frankfurt notiert. Doch die Aktionäre scheinen das Vertrauen verloren zu haben und verkaufen. Die Aktie liegt jetzt bei weniger als einem Drittel ihres Ausgabepreises.
Hoffnung für Amazonas-Wald
Auch für die Minenkonzession von Ecua-corrientes, einer weiteren kanadischen Bergbaufirma, ordnete die Regierung die Einstellung sämtlicher Aktivitäten an. In der im Süden des ecuadorianischen Amazonasgebiets (Provinzen Morona San-tiago und Zamora Chinchipe), mitten im Regenwald und Indianergebiet an der Grenze zu Peru gelegenen Konzession, will Ecuacorrientes Kupfer und Gold abbauen. Unter Missachtung der gültigen Gesetze hat die Firma immer wieder versucht, Fakten zu schaffen und gegen den Willen der lokalen mehrheitlich indigenen Bevölkerung mit den Arbeiten in der Minenkonzession zu beginnen. Das Fass zum Überlaufen brachte die Entführung und Misshandlung des indigenen Parlamentsabgeordneten Salvador Quichpe. Der hatte im Dezember einen Protestmarsch der betroffenen Bevölkerung angeführt und war in einem von Ecuacorrientes gecharterten Militärhubschrauber gewaltsam verschleppt und misshandelt worden.Öffentliche Bestürzung über die Gewalt
Die Aufnahmen im Fernsehen und Berichte von den gewaltsamen Übergriffen haben Bestürzung in der Öffentlichkeit und bei den zuständigen Behörden ausgelöst. Eine Diskussion über den Bergbau ist auf nationaler Ebene entfacht. Der aus dem Amt scheidende Energie- und Bergbauminister Ivan Rodríguez räumte ein, dass die lokale Bevölkerung nicht von Ascendant Copper und Ecuacorrientes konsultiert wurde und keine genehmigten Umweltverträglichkeitsprüfungen für die Bergbauvorhaben vorliegen. Weiterhin wetterte er im Fernsehen, dass die aktuelle Bergbaugesetzgebung dem Land keine Vorteile bringt und dringend reformiert werden müsste.
Mit der Suspendierung der beiden Bergbaulizenzen reagierte das Bergbauministerium Ecuadors auf die von Ascendant Copper und Ecuacorrientes provozierten gewaltsamen Auseinandersetzungen und den de facto Ausnahmezustand, der seit Monaten in den Bergbaugebieten herrscht.
Der frisch gewählte Staatspräsident Rafael Correa, der Mitte Januar sein Amt antrat, hat bereits umfangreiche Gesetzesreformen und eine neue Politik gegenüber den im Land tätigen ausländischen Firmen im Erdöl- und Bergbausektor angekündigt. Beide Industriezweige sind dafür bekannt, in hohem Maß Korruption zu fördern. Weiterhin will er gegen die allgegenwärtige Korruption vorgehen und sich für die Rechte und Entwicklung der überwiegend in Armut lebenden Bevölkerung einsetzen.