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RegenwaldReport 03/2008

Sexueller Missbrauch an Penanfrauen

Holzfäller in Baram in der malaysischen Provinz Sarawak haben es nicht nur auf die Urwaldbäume abgesehen, auch die indigenen Penan-Frauen sind Objekt ihrer Begierde, notfalls sogar mit Gewalt.

David gegen Goliath: Die Penan wehren sich gegen die Holzfäller.David gegen Goliath: Die Penan
wehren sich gegen die Holzfäller.

Die im Regenwald der Insel Borneo lebenden Volksangehörigen der Dayak Penan gehören zu den letzten Jägern und Sammlern in Südostasien. Doch das Leben der Penan und ihr Regenwald sind bedroht. Mit Motorsägen und schweren Forstschleppern rücken die Holzfirmen Samling und Interhill dem Regenwald zu Leibe. Den Holzfällern folgen die Bagger der Palmölfirmen. Die schieben die verbliebene Vegetation zusammen, terrassieren die Hänge und pflanzen Ölpalmen an. Die Lebensgrundlagen und sozialen Wurzeln der ursprünglich nomadisch lebenden Penan werden zerstört. Jegliche Landrechte an ihrem traditionellen Lebensraum im Regenwald, den sie seit fünfzigtausend Jahren bewohnen, wurden den Penan bis heute verweigert. Viele Penan haben auch keine legalen Dokumente wie Geburtsurkunden und Personalausweise. Die Arbeiter der Firmen haben Alkohol, Drogen und Krankheiten in die Dörfer geschleppt. Doch die Schweizer Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Bruno Manser Fonds (BMF) hat noch schlimmere Vorwürfe: Die Penan-Frauen sind ständig sexuellen Belästigungen und Vergewaltigung durch die Holzfäller ausgesetzt.

Dreizehnjährige Schulmädchen unter den Opfern

„Ich, Juma*, möchte der Öffentlichkeit mitteilen, dass wir von den Holzarbeitern regelmäßig sexuell missbraucht werden“, sagt die fünfzigjährige Penan- Frau Juma gegenüber dem BMF-Magazin Tong Tana. Die Übergriffe in ihrem Dorf laufen immer wieder auf die gleiche Weise ab: Eine Gruppe von Holzarbeitern trifft unangekündigt mit Geländewagen ein. Die Holzfäller sind zumeist betrunken und nur auf eins aus. Sie suchen bevorzugt nach jungen Frauen, an denen sie sich vergehen können. Selbst Schwangere und dreizehnjährige Schulmädchen gehören zu ihren Opfern.

In mindestens fünf Penan-Dörfern werden die Frauen immer wieder vergewaltigt. In verschiedenen Fällen waren Schwangerschaften die Folge. „Wenn wir die Fahrzeuge kommen hören, lassen wir alles stehen und flüchten in den Wald“, sagt Juma. In anderen Fällen organisieren die Fahrer der Schulbusse, die zumeist Angestellte der Holzfirmen sind, die Transporte so, dass Schülerinnen in den Holzfällercamps übernachten müssen, wo sie sexuell missbraucht werden, schreibt die französische Journalistin Andrea Haug. Sie hatte während einer Recherche im April 2008 die schweren Vorwürfe aufgedeckt.

Alle haben Angst vor Rache

„Wir haben uns bei den Verantwortlichen des Holzfällercamps beschwert. Doch unsere Beschwerden blieben unbeantwortet“, berichtet Juma. „Und die Polizei denkt, dass wir diese Geschichten erfinden. Wir haben auf der Polizeistation Meldung erstattet, aber warten immer noch auf den Besuch eines Polizeibeamten in unserem Dorf.“ Die Penan, Frauen und Männer, fürchten um ihr Leben. Die Holzfirmen heuern bewaffnete „Gangster“ an, die die Penan bedrohen. Der Penan-Führer Kelesau Naan, Hauptkläger einer gegen Samling gerichteten Landrechtsklage, wurde Ende 2007 bei Long Kerong tot aufgefunden. Die Regierung von Sarawak versuchte in den vergangenen Monaten, ihr nicht genehme Anführer von Penangemeinden zu ersetzen. Verschiedene gewählte Penan-Häuptlinge wurden von den Behörden ihres Amtes enthoben. Bei den Penan herrscht pure Angst vor der Rache derjenigen, die sie anklagen. „Ich zittere jedes Mal, wenn ich die Holzfäller im Wald kreuze. Ich habe auch Angst um meinen Mann, da ein anderer Häuptling vor Kurzem tot im Wald gefunden wurde. Aber ich werde bis zu meinem letzten Atemzug für meine Kinder und unseren Wald kämpfen“, sagt Juma.

Der zuständige Minister von Sarawak, Tan Sri Alfred Jabu, weist die Anschuldigungen des BMF zurück. Solange die Organisation nicht genaue Einzelheiten ihrer Anschuldigungen beibringt, ist es eine Zeitverschwendung, den Fall zu untersuchen, erklärt Jabu gegenüber der Zeitung New Straits Times. Stattdessen diskreditiert er den BMF: „Das ist eine Handvoll Leute, die in ihrem eigenen Land nichts sind und Ereignisse in anderen Ländern aufbauschen, ohne sich um Fakten zu kümmern.“ Die malaysische Menschenrechtskommission SUHAKAM, das Bundesministerium für Frauen, Familien und Gemeindeentwicklung sowie die Polizei von Sarawak haben mittlerweile Untersuchungen angekündigt.

Gesetze greifen nicht

Die Situation ist kompliziert. In anderen Fällen haben sich Penan-Frauen auch „freiwillig“ mit Holzfällern eingelassen. Ihrer Lebensgrundlagen beraubt, stellt die Liaison mit Holzfällern eine vermeintliche Alternative dar, um zu überleben. Doch Letztere machen sich allzu oft bald aus dem Staub und lassen Frau und Kinder zurück. “Die sogenannten Hochzeiten sind gar nicht im Standesamt registriert. Legal gesehen sind das Scheinehen“, erklärt Harrison Ngau Laing der New Straits Times. Ngau ist ebenfalls Penan und Gewinner des internationalen „Goldman” Umweltpreises. Nach seinen Angaben kommen die Fälle dieser „Cowboy-Hochzeiten“ nicht nur bei den Penan vor, sondern auch bei anderen Indigenen in Baram wie den Kelabit-, Kenyah- und Kayan-Dörfern. Es wird schwierig werden für die Penan-Frauen, tief im Landesinneren von Baram Rechtsmittel zu suchen, nachdem sie von Holzfällern verlassen wurden, die sie entsprechend ihrer Bräuche und Traditionen geheiratet haben, sagt ein Anwalt gegenüber der Zeitung.

Kein Holzeinschlag in Indigenengebieten

Die Situation in Malaysia ist leider kein Einzelfall. In den Holzeinschlagsgebieten - fern ab von Recht und Ordnung - regieren Gewalt und Gesetzlosigkeit. Bei den weltweit in Regenwäldern agierenden Holzunternehmen kommt es immer wieder zu Klagen über derartige sexuelle Übergriffe bis hin zum Zwang zur Prostitution. Der BMF erwartet von der malaysischen Regierung eine vorbehaltlose Untersuchung der Vorfälle, die Bestrafung der Täter sowie den Schutz und die Entschädigung der Opfer. Um zukünftige Übergriffe zu verhindern, muss die Regierung die Penan und ihre besonderen Rechte als bedrohte traditionelle Minderheit anerkennen. Dazu gehört auch die Erteilung von Landtiteln an die Penan. Zuletzt müssen sich auch aus sozialer Sicht die Holz- und Plantagenfirmen aus den Regenwaldgebieten der Indigenen zurückziehen und es dürfen keine Konzessionen zum Holzeinschlag oder Landumwandlung dort erteilt werden. Aktuell ist ein großer Teil des Baram-Distrikts und anderer von Indigenen bewohnter Teile im Landesinneren von Sarawak an private Firmenkonsortien vergeben, es drohen weitere Rodungen. Als Signaturstaat der UNO-Deklaration über die Rechte der indigenen Völker ist Malaysia hier besonders gefordert.

Die Penan leisten bereits seit mehr als zwanzig Jahren aktiven Widerstandgegen den Raubbau an ihrem Urwald. Für uns in Europa ist der Verlust der Regenwälder ein fernes Ereignis. Für die Penan ist es der Raub ihrer Heimat und ihres ganzen Lebensinhalts. Immer wieder versuchen sie mit dem Mut der Verzweiflung die Holzräuber aufzuhalten. Die vom Umweltschützer Bruno Manser gegründete gleichnamige Organisation unterstützt die Penan dabei schon lange. In den 1980er- Jahren organisierte Manser, der viele Jahre bei den Penan lebte, eine große Blockade und Proteste der Penan gegen die Holzfirmen. Seit 2000 ist Bruno Manser unter ungeklärten Umständen im Regenwald verschollen.

 

Schreiben Sie an die Botschaft von Malaysia und bitten Sie um die Aufklärung der Fälle und Einhaltung der Menschenrechte der Penan:

Botschaft von Malaysia
Herr Botschafter
H.E. Datuk Zakaria Sulong
Klingelhoeferstr. 6, D-10785 Berlin
Telefon: 030-88 57 49 0
Fax: 030-88 57 49 50
E-Mail: mwberlin@malemb.de

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