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RegenwaldReport 02/2009

Indonesien: Besuch bei den Regenwald-Kämpfern

In Indonesien fallen Urwaldriesen für Ölpalmen, Tag für Tag. Mutig kämpfen die Mensch en um den Wald, von dem sie leben – gegen Palmöl- und Holzkonzerne und ihre eigene Regierung. Wir sind nach Sumatra und Kalimantan gereist, um die Bauern und Aktivisten unserer Partner-Organisationen zu unterstützen, haben ihre Ohnmacht erlebt – aber vor allem Erfolge. Und dafür ist jeder Euro gut angelegt. Auszüge aus dem Reisetagebuch.

1. Etappe: Westkalimantan

Kahlschlag für Ölpalmen am Fluss TerongKahlschlag für Ölpalmen am Fluss
Terong

Samstag, 23.05.09
Wir beginnen unsere Reise in der Provinz Westkalimantan. Schon auf dem Flug über diese große Insel, die drittgrößte der Welt, wird die ganze Tragödie sichtbar: Nur abgeholzte Wälder, eine Palmölplantage an der anderen, dazwischen Ödland und braune Narben vom Abbrennen. Wir treffen Melkias und Lutfi, zwei Orang-Utan-Retter von COP, dem Centre for Orangutan Protection. Sie erzählen uns von ihrer Aktion eine Woche zuvor: Vier Affen hatten sie vor den Raupen der Plantagenarbeiter gerettet. Doch es wird immer schwerer, sie wieder auszuwildern, denn es gibt kaum noch intakte Wälder. Und Nationalparks sind keine Lösung, denn sie öffnen dem schmutzigen Geschäft der Palmöl-Konzerne Tor und Tür. Nach dem Motto: Die Affen werden ja gerettet!

 

23.05.: Palmöl-Wüste auf dem Flug nach Westkalimantan.23.05.: Palmöl-Wüste auf dem Flug
nach Westkalimantan.

Sonntag, 24.05.09
Wir fahren in das Camp einer Palmölplantage. Mittags erscheint der Manager der Palmölfirma Jalin Vaneo. Er erzählt uns, dass sie hier 25 000 ha Monokulturen pflanzen wollen. Wir fragen, ob die Arbeiter „Probleme“ mit Orang-Utans haben, denn natürlich gehen die vertriebenen Affen auf die Plantagen und fressen die Früchte, um zu überleben. Nein, meint der Manager, mit den Affen haben wir keine Probleme. Wir haben Probleme damit, dass die Regierung die Affen schützt. Später erfahren wir, dass Jalin Vaneo zum Teil ohne Genehmigung abholzt. Das Gebiet ist Orang-Utan-Habitat und zwei der Affen, die COP gerettet hat, stammen von hier.

 

26.05.: Melkias von COP im Transitlager für gestrandete Tiere26.05.: Melkias von COP im Transit-
lager für gestrandete Tiere

Dienstag, 26.05.09
Wir besuchen die Transfer-Station, die die Regierung für gestrandete Tiere unterhält. Vier Orang-Utans warten hier auf ihr ungewisses Schicksal. Vor den Affenkäfigen überreichen wir die 820 Euro-Spende einer Schülergruppe aus Bühlertann. Die COP-Leute sind sichtlich bewegt, als wir ihnen erzählen, dass Kinder gesammelt haben für die Orang-Utans, weil sie begriffen haben, dass Indonesien nicht so weit weg ist, und auch wir etwas mit der Regenwaldzerstörung zu tun haben. Nachmittags 8 Stunden Fahrt in den Distrikt Nangatayap. Unterwegs sehen wir ein beängstigendes Feuer. Wieder mal wird Regenwald abgefackelt. In Nangatayap lebt und agiert der katholische Pfarrer Bangun. Er ist Aktivist und schafft Netzwerke gegen die Ölkonzerne. Der Distrikt Nangatayap ist ca. 2 Mio. ha groß, mehr als die Hälfte davon ist bedeckt mit Monokulturen. Der Pfarrer schlägt vor, die hiesigen Dayaks zu konsultieren. Sie haben noch 160 000 ha Wald. Den würden sie für die geretteten Orang-Utans zur Verfügung stellen. Wir vereinbaren ein Treffen aller Partner, damit sie in den Bereichen Waldschutz und Tierschutz künftig noch gezielter zusammenarbeiten. Auf der Rückfahrt nach Ketapang kommen wir an den verbrannten Wald. Wir erfahren, dass hier wieder die Palmölfirma Jalin Vaneo am Werk ist, die zum mafiös strukturierten Konzern von Tomy Winata gehört.

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2. Etappe: Zentralkalimantan

Kahlschlag für Ölpalmen am Fluss TerongKahlschlag für Ölpalmen am Fluss
Terong

Donnerstag, 28.05.09
Wir fahren mit Nordin von unserer Partner-Organisation Save our Borneo nach Tanah Putih (siehe auch unseren Spendenaufruf auf Seite 10–11 im Report). Wenn man dieses Dayak-Dorf besuchen will, muss man mitten durch die Palmenwüste der Konzerne Wilmar und Musimas. Die Menschen sind komplett eingeschlossen von Plantagen, 100 km lang und 8 km breit, eine unvorstellbare Fläche. Nur ein paar kleine Wälder hat man ihnen gelassen, aber niemand weiß, für wie lange. Seit Generationen gehörte ihnen der Wald, sie sind Halbnomaden, leben von seinen Früchten, Pilzen, Waldschweinen und wildem Kautschuk. Dann haben sich die Öfirmen von der Regierung die Erlaubnis geholt, das Land zu nutzen. Auf den Plantagen treffen wir drei Arbeiter, die Herbizid versprühen. Es ist der hochgiftige Stoff Paraquat, seit 10 Jahren in Europa verboten. Die Männer klagen über Augenreizungen, Atembeschwerden, aber sie wissen nicht, was sie versprühen. Einer trägt eine Maske, für die anderen gab es keine.

Samstag, 30.05.09
Wir besuchen den Wilmar-Konzern. Manager Mr. Leng spricht voll Stolz vom High Conservation Forest und meint damit winzige Waldinseln inmitten der Ölplantagen, die sie schützen. Für Menschen und Tiere. Aber die Karte, die er uns zeigt, offenbart, wie klein dieser Wald wirklich ist im Vergleich zu den Öl-Plantagen. Wilmar hat das RSPO-Label beantragt. Den erforderlichen sozialen Aspekt formuliert ein Kollege so: Wir bauen für die Dayaks Schulen, geben ihnen Bildung und beschäftigen sie auf unseren Plantagen. Allerdings oft nur als Tagelöhner, für höhere Posten seien sie nicht geeignet. Mr. Leng nennt das dennoch eine Win-Win-Situation.

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3. Etappe: Sumatra/Provinz Jambi

Die Bauern von Karang Mendapo ernten die Nüsse des Palmölmultis Sinar Mas – der Konzern hat das Land von den Bauern gestohlen.Die Bauern von Karang Mendapo
ernten die Nüsse des Palmölmultis
Sinar Mas – der Konzern hat
das Land von den Bauern gestohlen.

Dienstag, 02.06.09
Wir fliegen in die Provinz Jambi im Herzen der Insel Sumatra. Dort treffen wir Feri Irawan, der im Vorstand von Walhi Indonesien sitzt, dem hiesigen Zweig von Friends of the Earth. Vor allem aber ist Feri Aktivist und die Schlüsselfigur im Kampf um die Landrechte und den Wald der Bevölkerung und gegen die zerstörerischen Machenschaften der Palmölindustrie in seiner Heimat Sumatra.

Donnerstag, 04.06.09
Vor dem Gericht von Sarolangun. Polizei, Geheimdienst und ein ganzes Dorf sind versammelt. Es geht um das Schicksal von Rusdi, dem Bürgermeister von Karang Mendapo, der seit Ende Januar im Gefängnis sitzt. Rusdi ist der Kopf und Anführer der Bauern, die gegen den Multikonzern Sinar Mas kämpfen. Sinar Mas wollte den mutigen Bürgermeister aus dem Verkehr ziehen und warf ihm Unterschlagung vor. Monatelang saß der Bürgermeister ohne Anklage im Knast. Erst in der letzten Woche gelang es Feri, mit Spenden von Rettet den Regenwald renommierte Anwälte für Rusdi zu besorgen. Es ist ein Stab von 6 Juristen aus Jakarta, unter Führung einer kampferprobten Anwältin, die dem indonesischen Parlament angehört. Sie sitzt in der Kommission, die eine Rechtsreform zu Landrecht und Umwelt erarbeitet. Sie hat Rusdis Verteidigung übernommen, weil sie einen Präzedenzfall schaffen will: Der regionale Fall Rusdi ist übertragbar auf den Landkonflikt in ganz Indonesien.

Freitag, 05.06.09
Feri will uns Erfolge zeigen. Und so fahren wir in das Bergland von Kerinci – es liegt am Rande des gleichnamigen Nationalparks. Zum ersten Mal sehen wir mit eigenen Augen, wofür wir kämpfen und was es zu verlieren gilt: Dichter, grüner Regenwald, der sich wie ein Teppich über die Berglandschaft legt. Zwischendrin Dörfer, Reisfelder und Gemüseäcker, Kaffee und Zimt. Dieser intakte Regenwald ist das Resultat vom Kampf, den Feri Irawan und seine Mitstreiter von Walhi seit elf Jahren hier führen. Mit Spenden von Rettet den Regenwald. Sie haben einen norwegischen Staudamm verhindert und einer deutschen Holzfirma das Handwerk gelegt. Der Schlüssel zum Erhalt des Regenwaldes liegt im Landrecht. Deshalb werden die Spendengelder vor allem in die Rechtsarbeit investiert. Zusammen mit Anwälten arbeiten Feri und Walhi daran, dass die Menschen das Recht auf ihr Land offiziell übertragen und beurkundet bekommen. Nur so können sie ihren Wald schützen. Das Dorf Keluru hält als erstes eine solche Urkunde in Händen. (Geschichte und Spendenaufruf für eine Baumschule auf S. 12 im Report.)

Sonntag, 07.06.09
Am frühen Morgen treffen wir die Bauern von Karang Mendapo wieder. Sie sind dabei, die Palmen von Sinar Mas abzuernten, die der Konzern auf ihrem Land gepflanzt hat. Oft schon hat die Polizei versucht, sie daran zu hindern, doch die Bauern aus Rusdis Dorf sind kampferprobt: Hier wird nicht gelitten, hier wird gestritten, ist ihr Motto. Jeder arbeitet mit, Männer und Frauen, Kinder und Alte. Der Erlös wird geteilt. Die Nüsse transportieren sie zu einer der weit entfernten unabhängigen Ölmühlen. Lkw-Miete und Benzin müssen sie vom Gewinn abziehen, doch Unabhängigkeit und Freiheit bedeuten ihnen mehr als Geld.

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