Regenwald Report 04/2009
Die Schule im Wald
Natürlich lernen
Regenwolken ziehen über den Fluss, aber den Kindern ist das egal. Sie hocken am Ufer und haben nur Augen für die bemalten Karten in der Hand ihrer Lehrerin Indria. Sie hält einen blauen Pilz hoch, jamur steht darunter. Mushroom!, schreien die Kinder. Und burung heißt bird und hutan ist forest. So sieht im kleinen Dorf Tura der Englisch-Unterricht aus; tief im Katingan-Wald auf Borneo. Bildung ist der beste Weg, damit die Kinder den Wert der Natur verstehen und dazu beitragen, unsere Erde zu schützen. Und Englisch öffnet ihnen die Tür zur Welt.
Tura ist eins von vielen kleinen Walddörfern am Katingan-Fluss in der indonesischen Provinz Zentralkalimantan. Der Wald ist ein Juwel, denn er beheimatet eine große Orang-Utan-Gemeinschaft; 3000 der immer seltener werdenden Menschenaffen hat man gezählt. Doch auch hier sind die Tiere akut bedroht, denn ihr Lebensraum ist in Gefahr: Die lokale Regierung hat mindestens 15 Palmölkonzernen die Genehmigung für neue Plantagen erteilt.
Unsere Aktivisten haben die Bevölkerung von vier Dörfern mobilisiert und in ihren Protesten gegen die Vernichtung ihres Regenwaldes unterstützt. Nach langem Kampf hat man ihnen entlang des Flusses 15 Kilometer Wald zugestanden. Das ist ein Erfolg, denn offiziell haben die Dayaks keine Rechte an dem Land, das ihre Ahnen seit Anbeginn bewohnen. Das ist die große Tragödie in Indonesien. Denn die indigenen Völker wussten den Regenwald stets weise zu nutzen.
Auch die Kinder von Tura haben erfahren, wer und was in ihren Wäldern lebt, denn der ist längst ihr Klassenraum für Englisch. „Für Orang-Utan haben die Engländer übrigens unser Wort übernommen“, erkärt Indria ihren Schülern. „Denn diese Tiere gibt es nur in unserem Land, auf Borneo und Sumatra. Sie sind unser Wahrzeichen, deshalb müssen wir sie beschützen. Wie machen wir das?“ „Wir müssen Orang-Utan-Jäger, Holzfäller und Palmenpflanzer bestrafen!“, ruft ein Junge. „Und unseren Wald verteidigen!“ Dass Menschen und Tiere sich den Regenwald zum Überleben teilen, weiß in der Waldschule von Tura jedes Kind.
Hardi ist 36 Jahre alt und gelernter Foto-Journalist. Im März 2007 gründete er die Organisation COP (Centre for Orangutan Protection) und kämpft seitdem mit zehn Aktivisten um den Lebensraum der Orang-Utans. „Ich kann meinen Beruf und mein Engagement verbinden. Mit Fotos, Artikeln und Filmen prangern wir die fortschreitende Zerstörung unserer Regenwälder an und die Grausamkeit, mit der Orang-Utans aus ihrem Lebensraum vertrieben und abgeschlachtet werden.“ Die COP-Aktivisten retten hilflose und verwaiste Affen von Palmölplantagen und päppeln sie in Pflegestationen wieder auf. Und sie unterstützen die Bevölkerung im Kampf gegen Palmölkonzerne.