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Regenwald Report 03/2020 · Titelthema: Brasilien

Hilferufe vom Amazonas

Kayapó demonstrieren gegen Sojaexporte Die Kayapó blockieren zur „Verteidigung des Amazonasgebietes“ die für Sojaexporte wichtige Transamazonica-Landstraße (© REUTERS/Lucas Landau)

Wie die brasilianische Regierung ihren Feldzug gegen die Schutzgebiete der Indigenen und den Regenwald am Amazonas führt.

Das Corona-Virus wütet in Brasilien. Das südamerikanische Land meldet nach den USA weltweit die meisten Covid-19-Infektionen. Auch im Amazonasgebiet breitet sich die Pandemie rapide aus. Viele der brasilianischen Ureinwohner haben sich zum Schutz von der Außenwelt isoliert und tief in die Regenwälder zurückgezogen. Doch infiziertes medizinisches Personal der Behörden, Goldsucher, Holzfäller und Siedler, die die Zeit genutzt haben, um in die Gebiete einzudringen, sowie Indigene, die sich auf der Suche nach Hilfe in den Städten angesteckt haben, schleppten die Seuche in die Dörfer, schreibt die Organisation Instituto Socioambiental. Bis Ende August hatten sich demnach mindestens 28.571 Indigene in Brasilien mit dem Virus infiziert, 739 sind daran gestorben.

Sozial- und Menschenrechtsorganisationen werfen Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro  vorsätzlichen Genozid vor und haben gegen ihn mehrere Klagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eingereicht. Rettet den Regenwald unterstützt dies mit einer Petition (www.regenwald.org/rr020).

Auch die Kayapó im Süden des Bundesstaats Pará protestieren gegen die Politik von Bolsonaro. Sie haben eine Demonstration organisiert, um auf die Ausbreitung von Covid-19 aufmerksam zu machen. Zehn Tage lang blockieren die Ureinwohner die Transamazonica BR-163 nahe dem Ort Novo Progresso - zur „Verteidigung Amazoniens“, wie es auf einem quer über die Straße gespannten Banner steht. Anfang des Jahres hatte Präsident Bolsonaro die bis Mirituba ausgebaute Verkehrsader feierlich eingeweiht. Nun stauen sich die Lastwagen kilometerlang. „Wir fordern auch dazu auf, den Regenwald zu schützen. Sie können hier den Rauch in der Luft sehen. Er wird von der Abholzung verursacht, und die nimmt jeden Tag weiter zu“, sagt Doto Tabakire, Sprecher der Kayapó.

Straßen für den Export

 Der Protest findet auf einer wichtigen Routen für die Exportwirtschaft statt. Hier werden Soja und Mais von den endlosen Monokulturen im benachbarten Bundesstaat Mato Grosso schnell zu den Exporthäfen transportiert. Dort stehen die Verladeanlagen der internationalen Konzerne Cargill und Amaggi, die den lukrativen Agrarhandel nach China und in die EU kontrollieren. Eine geplante 933 kilometerlange Eisenbahntrasse von Mato Grosso bis zum Hafen in Miritituba soll zusätzliche Transportkapazitäten auf der Schiene schaffen. Das Ferrogao-Projekt würde den Regenwald nahe den Kayapó-Schutzgebieten Baú und Menkragnoti zerschneiden. Mit einem offenen Schreiben wenden sich die Kayapó an die Weltöffentlichkeit. Sie fordern die Regierung auf, ihre Territorien und Kultur sowie die Umwelt vor den negativen Folgen des Verkehrs besser zu schützen.

Feuer im Brasilianischen Regenwald Immer mehr Regenwald geht für Fleisch und Soja in Flammen auf (© Tatsiana Hendzel/shutterstock.com)

Landstraßen sind der Schlüssel für die Zerstörung des Urwaldes. Das lässt sich gut aus der Luft sehen. Wie Fischgräten ziehen sich Pisten in den Regenwald, entlang derer eindringende Siedler, Landspekulanten und Großgrundbesitzer Platz für Rinderweiden, Soja, Mais und Zuckerrohr schaffen. Nur Schutzgebiete und die Territorien der Ureinwohner ragen noch als grüne Inseln aus dem Meer der Zerstörung hervor.

Feuerqualm in der Luft

2019 kletterten die Abholzungen im brasilianische Amazonasgebiet auf den höchsten Wert in den letzten zehn Jahren: 10.129 Quadratkilometer fiel den Motorsägen, Bulldozern und gelegten Feuern laut dem staatlichen Institut INPE zum Opfer. Auch dieses Jahr sind die Rodungsraten und die Zahl der Brände weiter von Monat zu Monat gestiegen. In der ersten Augusthälfte wurden fast 17.000 Feuer im Amazonasgebiet registriert. Einer der Brandherde liegt im Gemeindebezirk von Novo Progresso, wo die Kayapó protestieren. Der Qualm der Brände verseucht jedes Jahr die Luft mit giftigem Feinstaub, unter dem Millionen Menschen in Brasilien leiden. Human Rights Watch beschreibt diese Katastrophe in einer ausführlichen Studie.

Inzwischen brennt auch das riesige tropische Sumpfgebiet Pantanal. Da es kaum geregnet hat, ist die Vegetation trocken. 17.500 Quadratkilometer geschützter Natur gingen in Flammen auf – weit mehr als die Fläche Thüringens. Die Dürre steht vermutlich mit der Abholzung des Amazonasgebiets weiter im Norden in Verbindung. Denn der Regenwald ist für einen großen Teil der Niederschläge im Süden Brasiliens, Boliviens und Paraguays verantwortlich. Vom Amazonasgebiet Richtung Süden strömende feuchte Luftmassen regnen sich dort ab.

Noch sind etwa Zweidrittel des Urwalds am Amazonas erhalten – es gibt also noch sehr viel Natur zu schützen. Wissenschaftler warnen allerdings vor sogenannten Kipp-Punkten, die jederzeit erreicht oder überschritten zu werden drohen. Wird weiter gerodet, könnte sich das Klima durch selbstverstärkende Prozesse und Kettenreaktionen schlagartig ändern. Forschungen belegen, dass es schon jetzt trockener ist und Teile des Amazonasgebiet sich in eine Savanne umwandeln.

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Wissen bewahren

Die indigenen Völker Brasiliens bewahren die Schätze des brasilianischen Amazonasgebietes. Rettet den Regenwald unterstützt Alvaro Tukano (siehe unten), um das traditionelle Wissen um die Kraft der Heilpflanzen zu bewahren.

www.regenwald.org/rr021

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