In Europa gibt es immer mehr Produkte ohne Palmöl - in Deutschland erst sehr zögerlich

Collage Logos "ohne Palmöl" © frei

Viele Lebensmittelhersteller in Österreich, Italien oder Spanien ersetzen Palmöl durch Sonnenblumenöl - und werben mit „Palmölfrei“-Hinweisen auf den Verpackungen. Auch in Deutschland kommt diese Entwicklung langsam an – möglicherweise deshalb, weil die Bundesregierung mit vielen Millionen Euro die Verwendung von angeblich nachhaltig produziertem Palmöl finanziert.

Babymilch, Schokolade, Nuss-Nougat-Cremes, Kekse, Gebäck, Müsli, Soßen, Margarine - immer mehr Hersteller bieten Lebensmittel ausdrücklich ohne Palmöl an.

Sie ersetzen Palmöl zumeist durch Sonnenblumenöl und werben auf den Produktverpackungen mit Aufschriften und Emblemen damit, dass die Ware frei von Palmöl ist. Dazu gehören auch stilisierte Abbilder von Ölpalmen oder Orang-Utans.

In Ländern wie Österreich, Italien und Spanien gibt es bereits eine Vielzahl solcher gut sichtbar als palmölfrei deklarierten Produkte, und mittlerweile auch in Deutschland. Sie erlauben es den Kunden, sich schneller und leichter zu orientieren – und palmölhaltige Ware im Ladenregal stehen zu lassen.

So hat der US-Multi Kellogg die neue Premiummarke W. K. Kellogg für Müsli ohne Palmöl aufgelegt. Und Upfield, der weltweit größte Hersteller von Brotaufstrichen, der 2018 die Sparte vom Unilever-Konzern übernommen hat, bietet nun Margarine Rama 100% pflanzlich ohne Palmöl an. Auch der Schweizer Nestle-Konzern wirbt bei Babymilch mit neuen palmölfreien Rezepturen.

Die Vorreiter dieser Entwicklung stammen aus unseren südlichen Nachbarländern. Die Einzelhandelskette COOP in Italien, die landesweit über Tausend Supermärkte betreibt, hat bereits im Jahr 2016 erklärt, Palmöl aus allen seinen Eigenmarken verbannt zu haben.

Die in Italien populäre Gebäckmarke Mulino Bianco des Barilla-Konzerns wirbt mit palmölfrei-Schriftzügen. Auch aus allen anderen Produkten wie Nudeln und Soßen hat die Barilla-Gruppe Palmöl verbannt.

Auch die Produkte der Firma Idilia, die den in Spanien sehr bekannten Nuss-Nougat-Aufstrich Nocilla produziert, sind seit Sommer 2018 als frei von Palmöl deklariert. Das Unternehmen hat dazu nach eigenen Angaben eine komplett neue Fabrik errichtet. Und der spanische Schokoladenhersteller Trapa führt ausführlich die Regenwaldrodung in Borneo und das Auslöschen der Biodiversität als Gründe für diesen Schritt an.

In Österreich hat der Hersteller Ja! Natürlich Naturprodukte nach eigenen Angaben die gesamte Produktpalette von Palmöl befreit. Und Spar Österreich schreibt, dass die Eigenmarkenprodukte schon zu 99 Prozent palmölfrei seien.

Die Entwicklung in der Nahrungsmittelindustrie spiegelt sich offenbar auch in den Palmölimporten der EU wider. Während die Branche im Jahr 2013 noch 5,2 Millionen Tonnen Palmöl einführte, gingen diese im Jahr 2017 auf 3,8 Mio. Tonnen zurück, wie die Zahlen des europäischen Verbands der Pflanzenölindustrie FEDIOL belegen.

Gründe für die Entwicklung

Viele Firmen führen den Schutz der Regenwälder an. Rettet den Regenwald informiert seit vielen Jahren darüber, wie für die Anlage von Ölpalmplantagen die tropischen Urwälder gerodet, bedrohte Arten wie Orang-Utans dezimiert und die dort lebenden Menschen vertrieben werden.

Die "Frei von Palmöl"-Kampagnen seien der Ausdruck echten Umweltbewusstseins von Verbrauchern und Herstellern, schreibt der diplomatische Dienst der EU (EEAS) in einem Faktenblatt über Palmöl. Informierte Verbraucher (in der EU und anderswo) bevorzugten zunehmend gesündere, gerechtere und nachhaltigere Verbrauchsmuster.

Gesundheitsaspekte sind ein weiterer von den Unternehmen angeführter Grund für ihr Handeln. Palmöl ist sehr reich an gesättigten Fettsäuren, deren Konsum mit Herz-Kreislauferkrankungen in Verbindung gebracht wird. Nach wissenschaftlichen Studien steht Palmitinsäure im Verdacht, das Wachstum von Krebsmetastasen zu fördern. Ärzte und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) warnen zudem vor Fettschadstoffen, die Krebs erzeugen, das Erbgut und Organe zerstören können. Diese Giftstoffe sind in sehr hohen Konzentrationen in raffiniertem Palmöl und daraus hergestellten Produkten enthalten.

Inzwischen ist die Entwicklung für palmölfreie Produkte auch in Deutschland angekommen, obwohl hierzulande die Bundesregierung seit vielen Jahren mit Millionen Euro Steuergeldern Initiativen zur Verwendung von angeblich nachhaltigem und zertifiziertem Palmöl finanziert.

Deutschland wendet sich nicht grundsätzlich gegen eine Nutzung bzw. den Import von Palmöl, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage im Bundestag. Ziel der Bundesregierung sei eine nachhaltige Palmölproduktion möglichst ohne negative Umwelt- und Klimawirkungen unter Achtung der Rechte der lokalen Bevölkerung.

Dazu gehören Label für „nachhaltiges“ Palmöl wie das der Kölner Firma ISCC System, die über die Kölner Firma Meo und verbundene Unternehmen mit öffentlichen Mitteln geschaffen wurden. Viele Millionen Euro Steuergelder flossen an ISCC und die beteiligten Unternehmen Meo und von diesen betriebene Projekte.

Mit viel Medienrummel hat die Bundesregierung auch das Forum für Nachhaltiges Palmöl (FONAP) aus der Taufe gehoben und dort jahrelang den Vorsitz gestellt. FONAP ist ein Zusammenschluss von 48 Unternehmen, Verbänden und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit dem Ziel, den Anteil nachhaltig erzeugten Palmöls auf dem deutschen, österreichischen und Schweizer Markt schnellstmöglich signifikant zu erhöhen. Dafür stellte die Bundesregierung in drei Phasen bisher fast 3,2 Millionen Euro öffentliche Fördermittel bereit.

Da die mittlerweile seit vielen Jahren bestehenden Nachhaltigkeitslabel für Palmöl in der Praxis nicht zu einem Rückgang der Regenwaldabholzungen für Ölpalmen und zur Verbesserung der Menschenrechtslage geführt haben, lehnen die meisten Umwelt- und Entwicklungsorganisationen diese PR-Initiativen der Industrie als Verbrauchertäuschung und deren Finanzierung mit Steuergeldern ab.

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