Kein Geld für Vertreibung und Menschenrechtsverletzungen in Tansania
Tansanias Regierung will über 20.000 Menschen im Namen des Naturschutzes und des Tourismus vertreiben, um die Fläche des Ruaha-Nationalparks zu verdoppeln. Die Weltbank ermöglicht diese Expansion durch ein 150 Millionen US-Dollar schweres Förderprogramm. Es gibt sogar Vorwürfe von Vergewaltigungen und Morde durch Ranger.
News und Updates AppellAn: Präsident der Weltbank Ajay Banga
„Die Regierung Tansanias vertreibt über 20.000 Menschen im Namen des Naturschutzes. Beenden Sie die Komplizenschaft der Weltbank.“
Die Weltbank finanziert in Tansania offenbar ein Projekt, das auf den Schutz der Umwelt abzielt, aber mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden ist. Das Oakland Institute beschuldigt die vom Steuerzahler finanzierte Bank in ihrem jüngsten Bericht Unaccountable & Complicit, Vertreibungen, Vergewaltigungen und Morde „zu ermöglichen".
Im Zentrum des Skandals steht der Ruaha-Nationalpark. Das Schutzgebiet im geografischen Herzen Tansanias beherbergt viele Millionen Savannentiere von Antilopen bis zu Zebras und ist ein Hotspot für Vögel - viele Weißstörche aus Europa überwintern hier.
Um den Tourismus anzukurbeln, plant die Regierung, die Größe des Parks auf über zwei Millionen Hektar nahezu zu verdoppeln und die Parkwächter zu verstärken. Das 150 Millionen US-Dollar teure REGROW-Programm der Weltbank unterstützt dies. Im Oktober 2022 kündigte Ministerin Angeline Mabula die Vertreibungen von mehr als 20.000 Menschen an.
„Beim REGROW-Projekt geht es nicht um Naturschutz. Stattdessen finanziert die Bank ein repressives und gewalttätiges Modell des Wirtschaftswachstums", Anuradha Mittal, Exekutivdirektorin Oakland Institute
Laut Oakland Institute beschuldigen Einheimische von der Bank finanzierte Ranger des Mordes, der sexuellen Gewalt und weiterer grausamer Übergriffe. Rinder werden in großer Zahl beschlagnahmt, um die Lebensgrundlage der Hirten zu zerstören.
Die Strategie der Gewalt und Vertreibung ist für Tansanias indigene Völker nichts Neues: Mehr als 100.000 Massai kämpfen am Ngorongoro-Krater und nahe der Serengeti um ihr Land und ihre Lebensgrundlage.
Zwei Dorfbewohner haben eine Beschwerde bei der Weltbank eingereicht, 852 Kleinbauern klagen vor dem High Court in der Stadt Mbeya.
Sagen Sie der Weltbank: Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen sind nicht akzeptabel.
HintergründePressemitteilung des Oakland Institute
Das Oakland Institute hat am 28. September 2023 diese Pressemitteilung veröffentlicht. Darin sagt Anuradha Mittal, Exekutivdirektorin der Organisation: "Beim REGROW-Projekt geht es nicht um den Schutz von Wildtieren oder den Naturschutz. Stattdessen finanziert die Bank ein repressives und gewalttätiges Modell des Wirtschaftswachstums, das auf der Steigerung der Tourismuseinnahmen beruht."
"Angesichts der internationalen Verurteilung der Zwangsvertreibungen der Massai in Ngorongoro und Loliondo ist es verblüffend, dass sich die Bank durch ihre Unterstützung der Vergrößerung eines weiteren Nationalparks für den Tourismus an schweren Menschenrechtsverletzungen mitschuldig macht."
Probleme bei der Ausweitung von Schutzgebieten
Umweltschützer und Menschenrechtsaktivisten befürchten weltweit eine starke Zunahme von Landraub im Namen des Naturschutzes. Der Grund ist, dass sich während des UN-Biodiversitätsgipfels COP 15 im Dezember 2022 in Montréal fast 200 Länder darauf geeinigt haben, bis 2030 offiziell 30 Prozent ihres Landes und ihrer Gewässer unter Schutz zu stellen. Bekannt ist das unter dem Schlagwort "30 by 30".
Bis zu 300 Millionen Menschen könnten dadurch ihr Land und ihre Lebensgrundlage verlieren. Die wahllose Ausdehnung von Schutzgebieten wird die Umweltzerstörung jedoch nicht aufhalten und das Massensterben von Arten nicht stoppen können.
Gemeinsam mit zahlreichen Organisationen hat Rettet den Regenwald die Petition "Artenvielfalt schützen – aber richtig! UN muss die Rechte indigener Völker stärken" gestartet, um auf die Gefahr hinzuweisen.
Antworten der Weltbank:
In ihrer Antwort auf die Vertreibungs-Vorwürfe behauptete die Bank, dass sich ihr "Mandat nicht darauf erstreckt, das Verhalten von Regierungsstellen der Mitgliedsländer zu überwachen oder im Falle eines mutmaßlichen Fehlverhaltens, das nicht im Zusammenhang mit einem von der Weltbank finanzierten Projekt steht, einzugreifen".
(The Bank also claimed that its mandate “does not extend to overseeing the conduct of Member countries’ government agencies or to intervening in the event of alleged wrongdoing unrelated to a World Bank-financed project.”)
Außerdem heißt es: "Soweit die Regierung Vertreibungen zum Zwecke der Erweiterung der Parkgrenzen betreibt, fallen solche Aktivitäten nicht in den Rahmen des Projekts.“
(“To the extent that the government is pursuing evictions for purposes of extending park boundaries, such activities would fall outside the scope of the Project.”)
In Bezug auf die Vorwürfe von Gewalttaten durch Ranger schreibt die Weltbank, sie finanziere keine Waffen. Straftaten wie Tötungsdelikte seien den Behörden zu melden. Sie ignoriert damit, dass staatliche Sicherheitskräfte in Gewalttaten verwickelt sind, wie etwa in Loliondo gegen Massai.
Zitat von Dorfbewohnern:
Das Oakland Institut zitiert einen Dorfbewohner so:
"Die Einwohner von Mbarali leiden sehr unter den bewaffneten Rangern von RUNAPA (Ruaha Nationalpark). Die behandeln sie grausam, einschließlich Tötungen, ohne triftigen Grund.
Es gibt keine Rechtsstaatlichkeit. Den Bauern und Viehzüchtern wird von RUNAPA das Land weggenommen, und wir sind gezwungen, unser angestammtes Land zu verlassen. Wenn keine Schritte unternommen werden, versinken die Menschen von Mbarali in Armut, was nicht das Ziel des REGROW-Projekts ist."
(“People living in Mbarali are suffering very much from RUNAPA armed rangers. They treat them with cruelty, including killings, with no proper reason. No steps have been taken by the government. There is no rule of law. The land of the farmers and pastoralists is taken by RUNAPA and we are forced to leave our ancestral land. The communities of Mbarali, if steps are not taken, will fall into poverty, which was not the intention of the REGROW project.”)
Dem britischen The Guardian sagte ein Einheimischer:
"Viele Bauern durften in diesem Jahr ihre Höfe nicht bewirtschaften, was zu Hunger und Armut geführt hat. Viele Bewohner der betroffenen Dörfer sehen einer ungewissen Zukunft und psychischem Schmerz entgegen."
"Ich fordere die Weltbank auf, das Projekt sofort zu stoppen und die Vorwürfen der schweren Menschenrechtsverletzungen strafrechtlich zu untersuchen."
(“Many farmers were barred from cultivating their farms this year causing hunger and poverty. Many of the residents of the villages in question face an uncertain future and psychological pain.” (...) “I want the World Bank to immediately halt the project and conduct forensic investigation on the allegations of gross violation of human rights in the project area.”)
Erste Folgen für die Bevölkerung
Die drohende Vertreibungen hat laut Oakland Institute bereits Auswirkungen auf den Alltag der Menschen. Große Teil der Reisfelder wurden nicht bestellt, weil die Räumung vor der Ernte stattfinden könnte. In mehreren Dörfern wurden bereits Häuser zum Abriss markiert. Die Bauarbeiten an einer Sekundarschule im Dorf Luhanga wurden gestoppt. Im Dorf Iyala ist die Zahl der Schüler, die von der Grundschule in die Sekundarschule wechseln, drastisch zurückgegangen. Wegen der drohenden Räumung haben Eltern ihre Kinder nicht mehr zur Schule geschickt.
Tourismus
Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige und Devisenbringer für Tansania.
Grundlage für den Plan der Regierung, Tourismus anzukurbeln, war unter anderem ausgerechnet eine Studie der Weltbank. Im Januar 2014 hatte sie das ungenutzte Potential des Landes herausgestellt. Statt einer Million Gäste 2013 könnten bis 2025 jährlich acht Millionen Touristen kommen. Tansanias Regierung zielt jetzt offenbar insbesondere auf Touristen auch aus China, Indien und Russland.
Förderprogramm REGROW
REGROW wurde 2017 gestartet und ist auf acht Jahre angelegt. Zum Förderprogramm gehören die "Verbesserung der Bewirtschaftung natürlicher und touristischer Ressourcen in prioritären Gebieten im Süden Tansanias und der Zugang zu alternativen Einkommensmöglichkeiten für die örtliche Bevölkerung“.
Das Projekt bezieht sich auf vier Schutzgebiete: Mikumi Nationalpark, Nyerere Nationalpark, Udzungwa Mountains Nationalpark und Ruaha Nationalpark.
Von den 150 Millionen US-Dollar sollen 106 Millionen für den Ausbau der Infrastruktur in den Schutzgebieten verwendet werden, etwa für den Bau von Straßen, um den Zugang zu Aussichtspunkten, Flugpisten und Besucherzentren zu verbessern. Darüber hinaus wurde Geld für den Bau von sieben Sicherheitsposten und für die Ausrüstung für Ranger zur Verfügung gestellt. Damit sollen Sicherheitskräfte "illegale" Nutzung von Ressourcen einschließlich Ackerbau und Weidewirtschaft verhindern.
Für alternative Lebensgrundlagen der örtlichen Bevölkerung wurden 11,5 Millionen US-Dollar veranschlagt. Mehrere tausend Haushalte sollten für Arbeit im Tourismus fit gemacht werden, etwa als Safari-Guide, durch Herstellung und Verkauf von Kunsthandwerk und den Anbau von Nahrungsmitteln für Touristen. Von den Zahlen ist das Projekt jedoch weit entfernt.
Bis Oktober 2023 hat die Weltbank 92 Millionen US-Dollar ausgezahlt. 28 Millionen davon flossen nach dem Eingang der offiziellen Beschwerde von Dorfbewohnern im Juni 2023.
Ruaha Nationalpark
Das Gebiet des heutigen Nationalparks wurde 1910 von der deutschen Kolonialregierung als Saba-Wildreservat ausgewiesen. 1946 wurde es von der dann britischen Kolonialverwaltung in Rungwa-Wildreservat umbenannt. Mit der Gründung des heutigen Tansania 1964 wurde es zum Nationalpark erklärt.
Die Regierung behauptet, dass die jetzt von Vertreibung betroffenen Dörfer seit der geplanten Vergrößerung des Parks 2008 in dessen Grenzen liegen und damit illegal seien. Die Einheimischen bestreiten das, weil die Vergrößerung nie umgesetzt und ihre Zustimmung dazu nie eingeholt wurde.
Das Einzugsgebiet des Flusses Great Ruaha wird als „ökologisches Rückgrat" Tansanias bezeichnet. Der Nationalpark beherbergt eine der größten Elefanten- und Löwenpopulationen des Landes sowie mehr als 570 Vogelarten. Leoparden, Geparden, Hyänen, Wildhunde, Giraffen, Büffel, Zebras, Warzenschweine und Antilopen sind ebenfalls in dem Gebiet anzutreffen. Im Fluss leben viele Flusspferde, Nilkrokodile und Fischarten.
Teile der Region werden von Miombo-Wald bedeckt. Diese Trockenwälder erstrecken sich über 1,9 Millionen Quadratkilometer in Zentral- und Südafrika. Mongabay bezeichnt Miombo als den "größten Wald, von dem Sie noch nie etwas gehört haben".
Im Great Ruaha wurden in den 1970er und 1980er Jahren zwei Wasserkraftwerke gebaut. Zudem dient er der Bewässerung von Reisfeldern großer Firmen. Die Regierung versucht, die Wasserkraft, den Reisanbau und den Tourismus auszubauen, obwohl der Pegel des Flusses in den vergangenen Jahren gesunken ist. Der einheimischen Bevölkerung wurde zu Unrecht vorgeworfen, für diesen Rückgang verantwortlich zu sein.
Indigene Bevölkerung
In der Region leben seit Generationen die indigenen Völker Sangu, Sukuma und Massai.
Die Sangu gelten als die ursprünglichen Einwohner des Ihefu-Feuchtgebiets. Sie haben bereits in vorkolonialer Zeit am Great Ruaha ihre Vieh geweidet.
An: Präsident der Weltbank Ajay Banga
Sehr geehrter Ajay Banga,
Informationen über das Projekt REGROW (Resilient Natural Resource Management for Tourism and Growth) der Weltbank in Tansania haben mich aufgeschreckt. Wie im Bericht Unaccountable & Complicit des Oakland Institute dokumentiert, scheint die Unterstützung der Bank für die tansanische Regierung direkt mit massiven Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen zur Erweiterung des Ruaha-Nationalparks (RUNAPA) verbunden zu sein.
Obwohl Dokumente der Bank besagen, dass das Projekt keine Umsiedlungen zur Folge haben wird, kündigte die Ministerin für Land, Wohnungsbau und Siedlungsentwicklung am 25. Oktober 2022 öffentlich an, dass die Regierung über 20.000 Einheimische in dem Gebiet zwangsumsiedeln wird, um die Erweiterung von RUNAPA zu ermöglichen.
Dorfbewohner:innen werfen über REGROW finanzierten Rangern der Nationalparkbehörde TANAPA Morde und zahlreiche Gewalttaten seit Beginn des Projekts im Jahr 2017 vor. Die Behörden beschlagnahmen und versteigern außerdem in großer Zahl Rinder, was die Lebensgrundlage der Hirten stark beeinträchtigt. Durch die Gewalt und die Beschlagnahmungen sollen die Menschen höchstwahrscheinlich unter Druck gesetzt werden, damit sie das Gebiet verlassen.
Der Bericht Unaccountable & Complicit liefert schwer widerlegbare Belege dafür, dass die tansanische Regierung gegen Schutzmaßnahmen und -verfahren (operating procedures and safeguards) der Weltbank verstößt, indem sie Vertreibungen ohne einen formellen Umsiedlungsplan und ohne ein ordnungsgemäßes Verfahren für Konsultationen und Entschädigungen plant. Dem Oakland Institute gegenüber wies das REGROW-Projektteam jegliche Verantwortung zurück und ergriff demnach keine Maßnahmen, als es über Menschenrechtsverletzungen informiert wurde. Die fortgesetzte Untätigkeit ist inakzeptabel.
Die Grausamkeiten der tansanischen Regierung gegen die eigene Bevölkerung und die offensichtliche Missachtung der Arbeitsverfahren und Schutzmaßnahmen (operating procedures and safeguards) der Weltbank disqualifizieren das Land in unseren Augen für eine Finanzierung.
Ich fordere Sie dringend auf, weitere Zahlungen im Rahmen von REGROW einzustellen und die Komplizenschaft der Weltbank unverzüglich zu beenden.
Mit freundlichen Grüßen
Im Jahr 2024 gab es weltweit 284.242 Schutzgebiete an Land. Insgesamt standen damit rund 22,06 Millionen Quadratkilometer unter Naturschutz. Das entspricht etwa der fünffachen Fläche der Europäischen Union. Auf weitere 1,59 Millionen Quadratkilometer erstrecken sich 6.253 "other effective area-based conservation measures" mit geringerem Schutzstatus (siehe unten).
Mit dem UN-Plan „30 Prozent bis 2030“ würden weitere 16,71 Millionen Quadratkilometer hinzukommen.
Dem Protected Planet Report zufolge stand 2024 weltweit 17,58 Prozent der Landflächen und Binnengewässer und 8,4 Prozent der Meere unter Schutz.
Welche Arten an Schutzgebieten gibt es?
Weltweit gibt es viele Typen und Kategorien von Schutzgebieten. Sie unterscheiden sich vor allem darin, was dort als schützenswert gilt, wer verantwortlich ist, was erlaubt und was verboten ist. Hier finden Sie einen globalen Überblick.
In Deutschland reicht die Bandbreite von Vogelschutzgebieten über Landschaftsschutzgebiete bis zu Nationalparks und Biosphärenreservaten. In der EU ist die Bezeichnung Natura 2000 bekannt.
Auf internationaler Ebene spielen insbesondere Welterbe-Gebiete und Man and the Biosphere Reserves der Unesco und Ramsar sites wertvoller Feuchtgebiete eine prominente Rolle. Die Weltnaturschutzunion IUCN teilt Schutzgebiete in Kategorien 1 bis 6 ein. Kategorie 1, gegliedert in a) „Strict Nature Reserve“ und b) „Wilderness Area“, schließt menschliche Aktivitäten nahezu komplett aus. Kategorie 6 „Protected Area with Sustainable Use of Natural Resources“ lässt hingegen sogar in eingeschränktem Maß Bergbau zu.
Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) der UN spricht von „protected areas“ und von „other effective area-based conservation measures“ („Schutzgebiete“ und „andere wirksame flächenbezogene Erhaltungsmaßnahmen").
Im englischsprachigen Raum sind auch Bezeichnungen wie Game Reserves, Game Controlled Area (Wild/Jagd-Schutzgebiete) und Wildlife sanctuaries verbreitet.
Titel wie „Nationalpark“ und „Welterbe“ suggerieren zwar höchsten Schutz, oft sind sie jedoch Touristenmagneten, womöglich mit negativen Auswirkungen auf die Natur durch Straßen, Hotels, Wanderwege und Skipisten.
Warum wird das Thema Schutzgebiete gerade heiß diskutiert?
Ein Grund dafür, dass über die Rolle von Schutzgebieten derzeit intensiv diskutiert wird, sind Pläne der UN und vieler Länder, 30 Prozent der Erde unter Naturschutz zu stellen. Der WWF und manche Wissenschaftler:innen fordern gar 50 Prozent.
Während der UN-Weltnaturkonferenz im Dezember 2022 in Montréal (Kanada) haben die Vertragsstaaten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) das Ziel „30 by 30“ beschlossen. Demnach sollen bis zum Jahr 2030 weltweit 30 Prozent der Landflächen und Meere unter Naturschutz gestellt werden.
Die Rede ist von „protected areas“ und „other effective area-based conservation measures“ („Schutzgebiete" und „andere wirksame flächenbezogene Erhaltungsmaßnahmen"). Es ist unklar, wie das umgesetzt, analysiert und überwacht werden soll.
Das Rahmenabkommen „Kunming-Montréal Global Biodiversity Framework“ wird die internationale Naturschutzpolitik für Jahrzehnte bestimmen, weit über 2030 hinaus.
Ist Rettet den Regenwald als Naturschutzorganisation gegen Schutzgebiete?
Nein, Rettet den Regenwald ist nicht gegen Schutzgebiete per se.
Viele spielen eine wichtige Rolle bei der Bewahrung von Artenvielfalt und Klima. Daher kritisiert es die Organisation häufig, wenn Schutzgebiete bedroht sind, etwa weil dort Konzessionen für Holzeinschlag oder Erdöl-Förderung vergeben werden. Auch gegen eine Verkleinerung von Reservaten wendet sich der Verein in zahlreichen Fällen.
Schutzgebiete sind jedoch kein Allheilmittel, bringen Risiken mit sich und können sogar dazu beitragen, dass wirksame Maßnahmen vernachlässigt werden. Schutzgebiete auszuweisen ist verlockend einfach, grundlegende Änderungen von Konsumgewohnheiten und Wirtschaftsinteressen sind dagegen unpopulär und schwieriger durchsetzbar.
Woher kommt die Zahl 30 Prozent?
Bereits im Jahr 2011 hatte sich die Staatengemeinschaft eine Zahl als Ziel gesetzt: bis 2020 sollten mindestens 17 Prozent des Landes und der Binnengewässer beziehungsweise 10 Prozent der Küsten und Meere unter Naturschutz gestellt werden. Allerdings wurde keines der so genannten AICHI-Ziele vollständig erreicht. Ähnlich verhält es sich mit den Sustainable Development Goals (SDGs) für nachhaltige Entwicklung.
Die Zahl 30 Prozent kann man getrost als Marketing-Instrument interpretieren.
Das 30-Prozent-Ziel soll laut Weltnaturkonferenz für den Artenschutz so prominent und griffig werden wie das 1,5-Grad-Ziel von Paris für den Klimaschutz.
„30 bis 30“ ist einprägsamer als beispielsweise „25 bis 2030“ oder „40 bis 2025“. Es gibt jedenfalls keine wissenschaftliche Grundlage für die Zahl. Im Juni 2022 haben Forscher:innen im Magazin Science den Wert 44 Prozent als Schutzziel ausgerechnet, wo 1,8 Milliarden Menschen leben. Der populäre Biologe und Autor Edward O. Wilson nannte das Ziel „die Hälfte der Erde“ – was danach klingt, dass wir Menschen die Erde gerecht mit der Natur teilen.
Einer Studie aus dem Jahre 2020 zufolge würde es allerdings genügen, die Fläche von Schutzgebieten um 2,3 Prozent zu vergrößern, um fast alle bedrohten oder seltenen Spezies zu schützen. Bemerkenswert ist, dass die Autor:innen der Studie dennoch das 30-Prozent-Ziel unterstützen.
Würde man zu den offiziellen Schutzgebieten die von Indigenen verwalteten Flächen hinzurechnen, stünden bereits 31 Prozent der Erde unter Schutz. Zu diesem Erkenntnis kommt der Territories of Life Report aus dem Jahr 2021.
Das heißt: würden alle indigenen Gebiete, die 80 Prozent der globalen Artenvielfalt beherbergen, anerkannt und gesichert, wäre das 30 Prozent Ziel erreicht. Das beweist, dass Indigenenrechte und Schutz der Biodiversität eng verknüpft sind.
Ist eine Prozentzahl überhaupt sinnvoll?
Darüber lässt sich streiten. Man könnte beispielsweise 30 Prozent erreichen, indem man die Sahara und den Norden Kanadas und Sibirien unter Schutz stellt – doch für die Biodiversität bringt das nicht viel. Allerdings leben dort wenig Menschen, soziale Konflikte ließen sich vergleichsweise einfach vermeiden.
Sollen die 30 Prozent etwas bewirken, müssen Regionen mit hoher Artenvielfalt unter Schutz gestellt werden, insbesondere Regenwälder – dort leben allerdings Hunderte Millionen Menschen, die womöglich ihrer Rechte beraubt würden. Hinzu kommt, dass die höchste Biodiversität oft auf dem traditionellen Land indigener Völker oder anderer marginalisierte Bevölkerungsgruppen zu finden ist. Ihre Lebensgrundlage und Lebensweise sind daher in Gefahr.
Der Wert 30 Prozent ließe sich andererseits schon heute erreichen, wenn indigene Territorien gesichert würden. Dafür müssten die UN und andere anerkennen, dass die indigene Lebensweise einen entscheidenden Beitrag zum Naturschutz leisten kann.
„30 bis 30“ suggeriert, die Artenkrise ließe sich vergleichsweise einfach lösen, ohne tiefgreifende Veränderungen der westlichen, kapitalistischen Konsum- und Wirtschaftsweise. Das Ziel könnte somit wahre Lösungen verhindern und die Krise verschlimmern. Sowohl für die Natur als auch für die Menschen.
Welche Kritik gibt es an Schutzgebieten?
Die Kritik an Schutzgebieten geht in drei Richtungen: Erstens: bringen sie viel zum Schutz der Artenvielfalt? Zweitens: Achten sie die Rechte der örtlichen, zumeist indigenen Bevölkerung? Drittens: Sind sie mit kulturellen Werten vereinbar?
1. Funktionieren Schutzgebiete?
Trotz der immensen Vielzahl an Schutzgebieten haben sich die Klima- und Biodiversitätskrisen verschärft. Zwar haben sich im Jahr 2010 die UN-Staaten Ziele gesetzt, etwa durch mehr Schutzgebiete den Artenschwund zu stoppen. Allerdings wurde keines der 20 AICHI-Ziele erreicht.
Manche Schutzgebiete existieren im Wesentlichen auf dem Papier: vor Ort werden sie unzureichend verwaltet, und Vorschriften, was dort erlaubt und was verboten ist, werden nicht durchgesetzt. Es gibt auch „Nationalparks“, die nicht viel mehr sind als Ski- und Wandergebiete. Der Titel dient in erster Linie dazu, Tourist:innen anzulocken oder um das Selbstverständnis als Nation zu stärken.
Hinzu tritt, dass Regierungen Schutzgebiete jederzeit beschneiden oder gar aufheben können, etwa wenn dort Erdöl-Vorkommen ausgebeutet werden sollen. Der Status als Schutzgebiet ist also nicht automatisch dauerhaft.
Entgegen der verbreiteten Vorstellung hat auch die Unesco keine Macht, Staaten zum Schutz von Welterbe-Gebieten zu zwingen. Sie kann Verbesserungen anmahnen und im Extremfall den Titel „Welterbe“ aberkennen. Mehr nicht.
2. Achten Schutzgebiete die Menschenrechte?
Als im Vorfeld der Weltnaturkonferenz das Ziel „30 bis 30“ bekannt wurde, schlugen Menschenrechts- und Indigenenorganisationen Alarm. Sie befürchten, dass indigene und örtliche Gemeinschaften zu den Verlierern gehören werden. Bis zu 300 Millionen Personen könnten negativ betroffen sein, wenn Gebiete plötzlich „geschützt“ werden sollen, in denen sie oft im Einklang mit ihrer Umwelt leben. So viele Menschen haben in “key biodiversity areas” , von denen jedoch formal lediglich 15 Prozent einen Schutzstatus besitzen, ihr Zuhause. Würden 50 Prozent der Erde unter Schutz gestellt, wären mehr als eine Milliarde Menschen bedroht. Viele von ihnen müssten umgesiedelt werden – was nicht nur unbezahlbar wäre, sondern auch massiv ihre Rechte verletzen und Lebensgrundlagen zerstören würde.
Schutzgebiet-Konzepte können einen neo-kolonialistischen Ansatz des militarisierten „Festungsnaturschutzes“ (Fortress Conservation) verfolgen, der die örtliche und zumeist indigene Bevölkerung nicht beteiligt, sondern im Gegenteil unterdrückt, weiter marginalisiert und in ihren Rechten verletzt. Erfahrungen aus Schutzgebieten insbesondere in Afrika und Asien, lassen das befürchten. So wurden im Kongobecken bei der Einrichtung von 34 Schutzgebieten in 26 Fällen örtliche Gemeinschaften ohne Entschädigung verdrängt.
3. Sind Schutzgebiete mit kulturellen Werten vereinbar?
Das Konzept von Schutzgebieten basiert auf der Vorstellung, dass sich Mensch und Natur gegenüber stehen. Je weniger der Mensch in Erscheinung tritt, desto besser für die Natur. In vielen Regionen wurde dies Weltsicht erst durch die europäischen, christlich geprägten Kolonialmächte etabliert. Zahlreiche indigene Kulturen, Mythen und Religionen sehen Mensch und Natur dagegen als Einheit. Das Konzept von Schutzgebieten, die die Natur vor dem Menschen schützen sollen, kollidiert damit.
Die Lebensweise von Indigenen und der örtlichen Bevölkerung wird durch Schutzgebiete entwertet und sogar kriminalisiert, wenn beispielsweise traditionelle Jagd zu Wilderei erklärt wird. Das Konzept verdreht also die Verantwortlichkeiten und macht Unschuldige zu Tätern.
Was hat „30 bis 30“ mit globaler Gerechtigkeit zu tun?
Knapp zusammengefasst: Länder im globalen Norden sind reich geworden, weil sie die Natur konsequent ausgebeutet haben. Sie haben damit die Krisen von Biodiversität und Klima verursacht. Nun sollen weite Teile der Erde unter Schutz gestellt werden, damit sich diese Krisen nicht verschärfen. Da es intakte Natur und die größte Artenvielfalt vor allem noch in ärmeren Tropenländern gibt, tragen sie die größte Last, wenn sie, statt Ressourcen zu nutzen, Gebiete unter konsequenten Schutz stellen sollen.
Es wird also von den Ärmeren Verzicht verlangt, während die Reichen ihren Ressourcenverbrauch kaum einschränken.
Während der COP15 hat sich gezeigt, dass Industrieländer nur eingeschränkt bereit sind, Entwicklungsländer für Naturschutz finanziell zu entschädigen beziehungsweise zu bezahlen. Die Summe von 20 Milliarden Dollar, die den ärmsten Ländern jährlich ab 2025 zugesagt wurden, ist viel zu gering. Auch 30 Milliarden ab 2030 genügen nach Expertenmeinung nicht. Es ist absehbar, dass nur ein Bruchteil der Summe an Indigene und andere örtliche Gemeinschaften geht.
Wer profitiert von Schutzgebieten?
Programme wie „30 by 30“ folgen einem kapitalistischen Ansatz: Naturschutz ist ein Milliarden-Geschäft. Natur bekommt ein Preisschild, „Land“ wird zu einer Währung. Kritiker:innen sehen eine neue Finanzquelle für die „Naturschutz-Industrie“.
Die Einrichtung und das Management von Schutzgebieten und „anderen wirksamen flächenbezogenen Erhaltungsmaßnahmen“ kann lukrativ sein und ein Geschäftsmodell für Firmen und große Umweltorganisationen bieten. Sie versprechen zudem, mit „carbon offset“, „market-based solutions" und „nature-based solutions“ wie massives Pflanzen von Bäumen, die auch für den Schutz des Klimas propagiert werden, dauerhafte Einnahmen.
Schon heute werden Schutzgebiete wie Nationalparks als Public Private Partnership (PPP) verwaltet: Staaten geben dabei ihre Verantwortung, aber auch ihre Kontrolle an Firmen oder Nichtregierungsorganisationen ab.
So hat die neben anderen vom niederländischen Milliardär Paul Fentener van Vlissingen gegründete Organisation African Parks im Jahr 2022 in zwölf afrikanischen Ländern 22 Nationalparks mit einer Fläche von mehr als 20 Millionen Hektar verwaltet. (Deutschland hat eine Fläche von etwas mehr als 35 Millionen Hektar.) Bis zum Jahr 2030 will die Organisation die Zahl der Parks auf 30 erhöhen. Laut Webpage verfolgt man einen „klaren wirtschaftlichen Ansatz zum Schutz der afrikanischen Tierwelt“. Im Board of Directors der Organisation sitzt der englische Prince Harry, Duke of Sussex.
Haben Schutzgebiete etwas mit Kolonialismus zu tun?
Viele Schutzgebiete wurden insbesondere in Afrika von Kolonialregierungen eingerichtet. Auch die Ursprünge von Gesetzen zum Naturschutz und Nationalpark-Behörden liegen zuweilen in der Kolonialzeit und wurden nach der Unabhängigkeit der Länder übernommen. Das trifft beispielsweise auf die Tanzania Wildlife Authority (TAWA) zu.
Auch jüngere Schutzgebiete können auf Kolonialismus fußen. Hinter vielen Schutzgebieten stehen Gedanken wie: Afrikas Natur muss vor den Afrikaner:innen geschützt werden. Einheimische werden als Wilderer kriminalisiert, weiße Tourist:innen sind als Trophäen-Jäger willkommen. Einheimische werden zu Foto-Objekten und Guides degradiert.
Kritiker:innen sprechen daher von „grünem Kolonialismus“. Die Menschen in wohlhabenden Staaten können ihren ressourcenverschwendenden und klimabelastenden Lebensstil weiter genießen, während Menschen in ärmeren Ländern für den Ausgleich sorgen und sich einschränken sollen.
Natur als „unberührt“ zu bezeichnen ignoriert, dass Indigene dort schon lange leben und die Wälder somit sehr wohl „berührt“ haben, allerdings ohne sie zu zerstören.
Was steckt hinter den Begriffen „Fortress Conservation“ und „Militarisierung“?
Hinter „Naturschutz als Festung“ steht die Vorstellung, dass die Natur am besten bewahrt werden kann, indem man den Menschen von ihr fern hält. Das bedeutet fast zwangsläufig, dass Personen Gebiete, in denen womöglich schon ihre Vorfahren seit Generationen gelebt haben, verlassen müssen, sobald diese unter Schutz gestellt werden.
Diesem Konzept folgend werden bei der Einrichtung von Schutzgebieten Dörfer umgesiedelt. Der Bevölkerung wird verboten, in den Gebieten zu leben, Landwirtschaft zu betreiben, zu fischen und zu jagen. Auch Betretungsverbote etwa für spirituelle Zeremonien gibt es. Die „Festung“ wird häufig am Boden mit Grenzsteinen, Gräben oder Zäunen demarkiert. Ranger:innen, die bewaffnet sein können, sorgen dafür, dass die Verbote eingehalten werden.
Von den Verboten können freilich Ausnahmen gemacht werden, insbesondere für (Jagd-)Tourist:innen und Wissenschaftler:innen.
Sind Ranger:innen etwa mit Maschinengewehren schwer bewaffnet und militärisch gedrillt, spricht man von „Militarisierung des Naturschutzes“. Die Eco-Guards erhalten para-militärische Ausbildung von Militärangehörigen. In manchen Gebieten wie den Nationalparks Kahuzi-Biega und Virunga in der Demokratischen Republik Kongo ist Militarisierung wörtlich zu nehmen, da Ranger:innen in Kampfhandlungen mit Bürgerkriegsmilizen verwickelt und selbst Konfliktpartei sind. Häufig gibt es gemeinsame Missionen von Eco-Guards mit der Armee.
Erst als die Internetseite Buzzfeed News 2019 über Menschenrechtsverletzungen durch vom WWF unterstützte Ranger berichtete, wurde einer breiten Öffentlichkeit bekannt, wie Menschen unter „Fortress Conservation“ und einem militarisiertem Naturschutz leiden.
Die Tageszeitung taz hat sich in einer Artikelserie mit dem Titel „Grüne Armee“ mit Nationalparks in der Demokratischen Republik Kongo befasst.
Gibt es Alternativen? Ja: indigene Territorien und Landrechte
Um die Natur zu bewahren, müssen nicht zwangsläufig Naturschutzgebiete ausgerufen werden.
Studien und Erfahrungen von Umweltschützer:innen belegen, dass die Natur dort in einem besseren Zustand ist, wo indigene Völker und andere lokale Gemeinschaften die Verantwortung tragen und über Landrechte verfügen. So ist der Waldverlust global betrachten in Indigenengebieten deutlich niedriger als in staatlichen Schutzgebieten.
Zudem sind 80 Prozent der Biodiversität in Indigenengebieten zu finden.
Indigene sind somit die besten Hüter:innen der Wälder. Ihre Rechte müssen daher auch im Dienste des Schutzes von Klima und Biodiversität gestärkt werden. Expert:innen sprechen von rechtebasiertem Naturschutz (rights-based conservation) im Gegensatz zu flächenbasiertem (area-based conservation).
Das beinhaltet:
- Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften müssen anerkannt und gesichert werden. Dabei geht es um die Garantie von Wald- und Landrechten, das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung (free, prior and informed consent), den Schutz vor Gewalt und Vertreibung und die gerechte Teilhabe an wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung. Grundlage dafür ist häufig der Kartierung indigener Territorien, an der die Einheimischen beteiligt werden müssen.
- Aus vielerlei Gründen müssen Armut bekämpft, alternative Einkommen geschaffen und die Ausbildung der Menschen verbessert werden. Naturschutz ist einer dieser Gründe.
- Sanfter Tourismus kann dabei eine Rolle spielen, Tourismus darf aber niemals die Vertreibung von Menschen verursachen.
- Die Rolle indigener Völker und lokaler Gemeinschaften bei nationalen und internationalen Verhandlungen und bei der Umsetzung beziehungsweise Überwachung gefasster Beschlüsse müssen gestärkt werden. Traditionelles indigenes Wissen muss darin einfließen.
- Indigene Völker und lokale Gemeinschaften müssen finanziell besser ausgestattet werden, auch damit sie ihre Rolle als Hüter:innen der Natur uneingeschränkt wahrnehmen können. Bisher erhalten Indigene lediglich einen kleinen Anteil etwa von international zugesagten Geldern zum Klimaschutz.
Zentral ist freilich, an den Ursachen der Krisen für Klima und Artenvielfalt anzusetzen: an einseitigen Profits- und Wirtschaftsinteressen und am überbordendem Konsum von Rohstoffen, landwirtschaftlichen Produkten und Energie.
Theoretisch könnten Indigene die Wälder roden und Bodenschätze rigoros ausbeuten, sobald sie über Landtitel verfügen. In der Realität passiert das jedoch selten. Indigenen-Vertreter:innen wehren sich gegen die Vorstellung, sie würden ihre Territorien zwangsläufig und komplett unter Schutz stellen und nicht nutzen.
Mehr zu Indigenen und ihren Rechten finden Sie in Kürze auf unseren Themenseiten, die wir schrittweise ergänzen werden.
Gibt es auch „gute“ Schutzgebiete
Selbstverständlich gibt es zahlreiche Schutzgebiete, die funktionieren und die die Rechte und Traditionen der örtlichen Bevölkerung achten.
Allerdings sind Schutzgebiete, die nicht den Anforderungen entsprechen, keine Einzelfälle.
Nach den Skandalen um Menschenrechtsverletzungen im Kahuzi-Biega Nationalpark und in vom WWF geleiteten Schutzgebieten haben verantwortliche Behörden, Politiker:innen und Organisationen angekündigt, Ranger:innen besser zu schulen und sie für die Rechte der Bevölkerung zu sensibilisieren. Ob das etwas bewirken wird, ist offen. Zudem ändert es nichts an den grundlegenden Problemen der „Fortress conservation“.
Einige Partnerorganisationen von Rettet den Regenwald arbeiten daran, die Bevölkerung mit Schutzgebieten zu versöhnen. So setzt sich CAMV für die indigenen Batwa ein, die unter der Einrichtung des Kahuzi-Biega Nationalparks in der Demokratischen Republik Kongo leiden. Ebenfalls im Kongo arbeitet die Organisation Réseau CREF. Dort geht es um Konflikte zwischen den Einheimischen und dem Virunga Nationalpark. Beide Nationalparks dienen dem Schutz der vom Aussterben bedrohten Gorillas.
Über „3O bis 30“ hinaus: Was wurde während der COP15 beschlossen?
Politiker:innen feiern das Abkommen als Meilenstein für der Rettung der Natur und beschwören den „Geist von Montréal“. Doch Vorsicht ist geboten: Es ist ein unverbindlicher Vertrag. Ob die Regierungen die positiven Aspekte tatsächlich umsetzen, ist nicht garantiert.
Eine ausführliche Analyse der Weltnaturkonferenz können Sie hier lesen.
Das Rahmenabkommen „Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework“ (GBF) finden Sie hier. Eine offizielle Zusammenfassung haben die UN hier veröffentlicht.
Weltbank leitet Untersuchung ein
Die Weltbank untersucht die Vorwürfe gegen das von ihr finanzierte REGROW-Projekt in Tansania, im Zuge dessen der Ruaha National Park ausgeweitet werden soll. Im Zentrum der Untersuchung soll die Nationalparkbehörde TANAPA stehen, deren Ranger des Mordes, der Folter und der Vergewaltigung sowie der illegalen Beschlagnahmung von Vieh beschuldigt werden.
Auslöser der Untersuchung war die Beschwerde von Dorfbewohnern des Mbarali-Distrikts, die im Juni 2023 in ihrem Namen vom Oakland Institute eingereicht wurde. „Weil diese Gewalt systembedingt ist, kann sich die Untersuchung der Bank nicht auf einige "faule Äpfel" - einzelne Ranger – konzentrieren. Sie muss erkennen, dass die Gewalt und der Missbrauch Instrumente einer bösartigen Politik sind, um die Menschen von ihrem Land zu vertreiben“, sagt dessen Exekutivdirektorin Anuradha Mittal.
Rettet den Regenwald begrüßt die Entscheidung der Weltbank, die freilich nur der erste Schritt sein darf. Die Forderung der Petition bleibt bestehen: die Bank muss Zahlungen im Rahmen von REGROW einstellen und die Komplizenschaft mit TANAPA beziehungsweise der tansanischen Regierung beenden.
Weltbank setzt skandalöse Finanzierung in Tansania aus
Die Weltbank setzt die Finanzierung des umstrittenen REGROW-Projekts in Tansania nach internationalem Druck aus. Das sicherte die Bank Rettet den Regenwald während ihrer Frühjahrstagung zu. Dort hatten wir die Kritik unserer Petition „Kein Geld für Vertreibung und Menschenrechtsverletzungen“ bekräftigt. Zudem werde ein hochrangige Weltbank-Delegation in naher Zukunft nach Tansania reisen.
Petition mit 79.033 Unterschriften während der Frühjahrstagung der Weltbank in Washington präsentiert
Rettet den Regenwald e.V. und Oakland Institute kritisieren die Komplizenschaft der Weltbank an Vertreibungen in Tansania scharf und haben am 17. April eine Petition mit 79.033 Unterschriften am Sitz der Bank in Washington (USA) vor 78.000 Teilnehmern präsentiert.
nahezu zu verdoppelnAuf dem Papier erweiterte die Regierung die Grenzen des RUNAPA 2008 auf über 2 Millionen Hektar (20.226 km2), die Entscheidung wurde jedoch nie umgesetzt. Die Bewohner der rechtmäßig registrierten Dörfer haben nie ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung dazu gegeben und sind in dem Gebiet geblieben.
In ihrem Projektdokument gibt die Weltbank 13.000 km2 als Größe des RUNAPA an.
Jetzt setzt die Regierung die Ausweitung des Parks tatsächlich um und kündigte im Oktober 2022 Pläne zur Vertreibung von Dörfern an, weil sie innerhalb des RUNAPA lägen.
REGROW-ProgrammDer Name des Förderprogramms heißt ausgeschrieben Resilient Natural Resource Management for Tourism and Growth. Detaillierte Informationen finden Sie auf dieser Internetseite der Weltbank.
als 20.000 MenschenBetroffen sind die Einwohner der fünf Dörfer Luhanga, Madundasi, Msanga, Iyala und Kilambo nahe des Ruaha Nationalsparks. Hinzu kommen 47 Teilorte von 14 weiteren Dörfern.
grausamer Übergriffe.In seinem Report stellt das Oakland Institut dies ab Seite 10 detalliert dar.
zu zerstören.Auch die Publikation Peoples Dispatch berichtet unter der Überschrift “Tanzanian farmers are paying for “conservation” with their land and lifes” über Vertreibungen und Gewalt.
Beschwerde bei der WeltbankDie beiden Dorfbewohner haben die Beschwerde im Namen zahlreicher Menschen eingereicht, die sie ebenfalls unterschreiben wollten. Formal sind jedoch nur zwei nötig. Aus Sicherheitsgründe bleiben sie anonym.
Hier finden Sie die ausführliche Eingangsbestätigung der Bewerde.
Diese Petition ist in folgenden Sprachen verfügbar:
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