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RegenwaldReport 01/2003

Ecuador: Menschenrechte sind kostbarer als Gold!

Ein neuer Run auf das Edelmetall hat eingesetzt. Menschen und Wälder sterben. Hilferuf von unseren Freunden aus Ecuador

Das frisch vermählte Ehepaar raufte sich die Haare: Gerade von der Hochzeitsfeier zurück, entdeckte es in seinem Garten ein Loch von zwei Metern im Quadrat und vier Meter tief. Rund um die Grube hatte jemand Zyanid versprüht, das Salz der Blausäure. Sämtliche Blumen und Sträucher waren eingegangen, der Rasen vergiftet. Ein Szenario – und trotzdem hart an der Wirklichkeit. Für ein Paar goldhaltige Eheringe muss irgendwo in fernen Regenwäldern ein solch großes Loch gegraben werden. Besonders in armen Ländern mit Goldvorkommen suchen westliche Konzerne nach dem edlen Metall ohne Rücksicht auf Menschen und Wälder.

Jüngstes Beispiel ist der Intag in Ecuador nördlich von Quito. Dort unterstützt Rettet den Regenwald seit vielen Jahren die lokale Bevölkerung. Mit Spendengeldern unserer Förderer hat die örtliche Umweltgruppe Decoin bereits mehr als 1.000 Hektar Bergwald vor dem Zugriff durch Minenkonzerne gesichert. Der Besitz wird an die Dörfer übertragen. die örtlichen Bauern übernehmen gemeinsam Verantwortung für den Schutz der aufgekauften Wälder, die nur nachhaltig genutzt werden dürfen. Zusätzlich bauen einige Intag-Bewohner organisch produzierten Kaffee an, andere verdienen im Naturtourismus ihr Geld und bieten Wanderungen durch die faszinierende Landschaft an.

Jetzt bedroht ein Minenprojekt erneut die Menschen und die einzigartigen Bergnebelwälder in der Intag- Region, wo Gold, Kupfer und andere Mineralien im Boden liegen. Der Abbau würde Wälder zerstören, die zu den weltweit artenreichsten zählen. Den Bewohnern droht die Vertreibung, ihren Flüsse die Verseuchung mit Zyanid, Arsen und Cadmium. Deswegen hat sich Decoin mit einem dringenden Hilferuf an uns gewendet. Bauern, die gegen neue Minenprojekte protestieren, würden eingeschüchtert. „Wir befürchten, dass die Regierung gewaltsam Bergbauprojekte durchdrückt“, schreibt der Vorsitzende Carlos Zorilla. „Wir können das nur mit verstärktem Widerstand verhindern und bitten Euch um finanzielle Unterstützung für eine Kampagne gegen geplante Minenprojekte.“

Sie können den Menschen im Intag mit einer Spende helfen. Bitte benutzen Sie das Formular auf der Rückseite oder leisten Sie Ihren Beitrag bequem online über unsere Homepage unter www.regenwald.org. Auf Wunsch erhalten sie eine „Regenwald- Schutz-Urkunde“.

Wie Gold Berge versetzt

Früher bestimmten Schürfer und Wäscher das Bild des Goldbergbaus, die tage- und wochenlang in Flussbetten und an Berghängen nach Nuggets suchten. Heute sind es weltumspannende Konzerne, welche die Berge manchmal vollständig abtragen, Flüsse vergiften und Wälder vernichten. Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Fian mit Sitz im westfälischen Herne listet reihenweise Beispiele für das skandalöse Verhalten der Minenkonzerne auf. Der Mount Jayaetwa, höchster Berg Irian Jayas, dem indonesisch besetzten Teils von Papua-Neuguinea, hatte einst einen 3.500 Meter hohen Nebengipfel. Heute ist an dieser Stelle nur ein karges, wassergefülltes Loch zu sehen.

Freeport McMoran, ein US-amerikanischer Bergbaukonzern ließ den Gipfel zum Entsetzen des einheimischen Amungme-Volks abtragen. Der Grund: Der Berg enthielt Gold, zwar nur in winzigen Spuren – wenige Gramm pro Tonne – doch genug für ein profitables Geschäft. Mit Hilfe von Zyanid werden aus dem gemahlenen Gestein die Goldspuren gewaschen. Dieses Verfahren lohnt sich für die Minenbetreiber bereits bei einer Goldmenge von nur einem Gramm in einer Tonne Gestein. 99,9999 Prozent der Fördermenge bleiben dann als Abfall zurück.

Im südamerikanischen Guyana trieben vor einigen Jahren tote Fische, Wildschweine und anderes Urwaldgetier den Essequibo-Fluss hinab. Ein Damm der Omai-Goldmine war gebrochen. Millionen Kubikmeter zyanidhaltiger Abwässer ergossen sich darauf in den größten Fluss des Landes. Bis heute leitet die Mine weiterhin zyanidhaltige Abwässer in den Strom. Die Menschen, die entlang der Ufer leben und auf sauberes Trinkwasser aus dem Fluss angewiesen sind, leiden an Haut- und inneren Krankheiten. Auf Entschädigung warten sie bis jetzt vergeblich.

Im Juni 1998 zogen schwer bewaffnete kolumbianische Paramilitärs – mit aktiver Unterstützung der Armee – den Rio Magdalena hoch und trieben mit brutaler Gewalt etwa 14.000 Menschen aus Süd-Bolivar in die Flucht. Der Grund: Die Bauern und Kleinschürfer standen den Plänen eines US-amerikanischen Bergbaukonzerns im Wege. Dieser wollte in der Region die Goldvorkommen ausbeuten. In Tambogrande im Norden von Peru leben die meisten der 20.000 Einwohner seit Generationen vom Zitronen-, Mango- und Avocado- Anbau.

Aber sie sitzen auf einem Pulverfass. Unter der Kleinstadt liegen Gold-, Silber- und Kupfervorkommen im Wert von bis zu einer Milliarde Euro. Die kanadische Minenfirma Manhattan Minerals besitzt das Recht, die Metalle aus der Erde unter Tambogrande zu holen. Etwa ein Drittel der Stadt würde quasi vom Erdboden verschluckt. In einem inoffiziellen Referendum haben sich neun von zehn Bewohnern gegen Gold und für ihre Häuser, Obstgärten und die angrenzenden Hügel entschieden, auf denen eine Jesusstatue steht. Die Menschen im San Lorenzo Tal, wo Tambogrande liegt, wollen nicht zum Opfer einer Mine werden, deren Profite fast ausschließlich nach Kanada und in die fast 900 Kilometer entfernte peruanische Hauptstadt Lima fließen.

Goldrausch für Luxusgüter

Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde soviel Gold gefördert wie heute – zwischen zweiund dreitausend Tonnen pro Jahr. Zum Vergleich: im 16. und 17. Jahrhundert förderten Goldgräber pro Jahr weltweit sechs bis sieben Tonnen des kostbaren Metalls zutage. Ganze Täler werden so aufgefüllt, während Berge eingeebnet werden. Doch die Dämme, die den giftigen Zyanidschlamm zurückhalten sollen, können brechen. Ein ganzes Dorf wurde begraben, als im April 1999 der Damm der Goldmine von Surigao del Norte (Philippinen) brach.

Die Geschichte des modernen Goldbergbaus ist reich an solchen Katastrophen. Ob in Guyana, West-Papua, Kolumbien, den Philippinen, Peru, der Türkei oder im indonesischen Kalimantan: Die Liste der Umweltkatastrophen, der Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen infolge des Goldbergbaus ist lang und wird täglich länger. Dabei ist Gold heutzutage ein fast reines Luxusgut: 85 Prozent der Förderung wandern in die Schmuckproduktion. Für Eheringe werden Menschen vertrieben, für Goldkettchen Flüsse versucht und für Ohrringe Berge abgetragen.

Gleichzeitig lagern in den Tresoren der Nationalbanken und internationalen Finanzinstitutionen etwa 100.000 Tonnen des glänzenden Stoffs. Würde es verkauft, könnte das für lange Zeit die weltweite Nachfrage befriedigen. Gold wird heutzutage zur Deckung von Währungen nicht mehr benötigt. Es ist auch keine lohnende Anlage mehr. Im Gegenteil: Seit dem Beginn der 80er Jahre sind die Preise stetig gefallen – um mehr als die Hälfte. Trotzdem boomt die Goldsuche. Deswegen müssen beispielsweise die Menschen im Dorf Nkwantakrom im afrikanischen Ghana weiter leiden.

„Vom Ort führt ein kleiner Weg in den Wald. Dort befindet sich die Wasserstelle des Dorfes: ein einfaches Loch, in dem sich trübes Wasser sammelt“, berichtet Ulrich Müller, der die Gold-Kampagne für Fian-Deutschland koordiniert. „Das ist die einzige Wasserquelle für das Dorf in der Nähe der Iduapriem- Mine, seit die Minengesellschaft Ghana Australian Goldfields (GAG) die Bewohner vor der Verschmutzung ihres Flusses gewarnt hat.“ Wie in Nkwantakrom gibt es auch in Nachbardörfern Probleme mit der Wasserversorgung. Die Menschen berichten über Durchfall und gehäufte Hautkrankheiten, besonders bei Kindern, die trotz Warnungen in den Flüssen baden.

Fian Deutschland begleitete Anfang September 2002 eine Delegation von Gläubigern zu der umstrittenen Goldmine nach Ghana. Die Kreditgeber waren angereist, um die Situation vor Ort zu recherchieren und über einen Umschuldungsvertrag zu verhandeln. Zu ihnen gehört auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG. Fian hatte im Herbst 1999 eine Untersuchungsmission zur Iduapriem- Mine durchgeführt und dabei klare Menschenrechtsverletzungen festgestellt. Nach dem Besuch erkennen auch die Kreditgeber und die Minenbetreiber, dass sie den betroffenen Menschen vor Ort dringend bessere Lebensbedingungen ermöglichen müssen, berichtet Fian.

Fian, Food First
Informations- und Aktionsnetzwerk
Overwegstr. 31
44625 Herne

Bitte fordern Sie die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) per Brief, Fax oder E-Mail auf, sich unverzüglich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen rund um die Iduapriem-Mine einzusetzen.

Ihr Ansprechpartner: Hubertus Graf von Plettenberg
Pressesprecher der DEG
Belvederestraße 40
D-50933 Köln
Telefon: (02 21) 49 86-1 41
Telefax: (02 21) 49 86-2 92
E-Mail:pb@deginvest.de

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