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RegenwaldReport 02+03/2004

Wie der Holzhändler Dr. Hinrich Lüder Stoll versuchte uns zum Schweigen zu bringen

Ende 2002 verklagte der Tropenholzhändler Hinrich Lüder Stoll aus Hemsbünde bei Bremen Rettet den Regenwald. Der Vorwurf: Ein Bericht im Regenwald Report habe sein Ansehen so geschädigt, dass ihm ein hoher materieller Schaden entstanden sei. Laut Stoll habe der Regenwald Report eine Reihe von Unwahrheiten über ihn und sein kongolesisches Unternehmen berichtet. Er forderte dafür Schadenersatz und wollte durchsetzen, dass Rettet den Regenwald bestimmte Aussagen gerichtlich verboten würden. Jetzt hat das Hamburger Landgericht (LG) das Urteil gesprochen. Kläger Stoll hat in weiten Teilen verloren und muss 80 Prozent der Gerichtskosten übernehmen. Seine Forderungen auf Schadensersatz wurden vollständig abgelehnt.

Die Urteilsbegründung ist eine schallende Ohrfeige für Deutschlands Vorzeige-Tropenholzhändler, dessen Reputation dadurch weiter zersplittert. Es ist aber auch eine peinliche Lektion für alle, die Stoll aktiv unterstützen, wie zum Beispiel das deutsche Entwicklungsministerium.

Gegenstand der Klage war ein ausführlicher Bericht im Regenwald Report 3/2002 über die Tätigkeit von Stolls Firma CIB im Kongo. In der Überschrift wurde Stoll ein „Regenwaldvernichter“ genannt. Anlass für den Artikel war eine Unterstützung der CIB durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Ausgerechnet die grüne Parlamentarische Staatssekretärin des BMZ, Uschi Eid, hatte das Projekt genehmigt, die CIB mit 690.000 Euro Steuergeldern zu fördern, um einen forstlichen Management- Plan auszuarbeiten. Das BMZ rechtfertigte die Subventionen damit, ohne die Kooperation mit der CIB hätte die Bundesregierung gar keinen Einfluss auf das Treiben der CIB im Kongobecken nehmen können.

„Der Kläger kann von den Beklagten nicht verlangen, dass diese es unterlassen, ihn oder die CIB als Regenwaldvernichter zu bezeichnen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Und weiter: „So werden unstreitig alte Bäume gefällt und abtransportiert, unstreitig werden Straßen und Nebenstraßen angelegt, unstreitig hat sich im Gefolge der Holzwirtschaft die Bevölkerungszahl in 20 bis 30 Jahren von wenigen hundert auf 15.000 (oder gar 18.000) vervielfacht.“

Das LG Hamburg stimmte auch mit Berichten des Regenwald Report überein, dass die CIB-Aktivitäten einen negativen Einfluss auf die Artenvielfalt haben. Somit kann RdR weiterhin im Zusammenhang mit der Tätigkeit der CIB erklären, dass den Mahagoniarten Sipo und Sapelli die Ausrottung drohe.

Als Meinungsäußerung weiterhin zulässig ist ebenfalls die Aussage, fast alle Experten seien sich einig, dass eine nachhaltige Holzernte in uralten, primären Regenwäldern nicht möglich sei. Und: Dies treffe bereits auf die Flora zu, bei der Fauna ist die Sache noch viel problematischer. Das LG Hamburg begründet diesen Punkt damit, dass auch das vom Kläger selbst vorgelegte BMZ-Gutachten die These nahezu inhaltsgleich aufstellt.

Das erwähnte Gutachten, in dem der Holzeinschlag der CIB als nicht-nachhaltig bezeichnet wird, liegt dem Ministerium seit 1997 vor. Rettet den Regenwald hatte deswegen das BMZ aufgefordert, jegliche Zahlungen für CIB einzustellen und sich stattdessen für eine nachhaltige Bewirtschaftung in bereits geschädigten Waldgebieten zu engagieren – beispielsweise die Nutzung von anderen Waldprodukten, die der Bevölkerung ein dauerhaftes Auskommen sichern können, zu fördern. Doch das BMZ setzte stattdessen auf die Kooperation mit CIB. Gemeinsam mit den Urwald-Bewohnern solle die Jagd auf geschützte Tiere eingedämmt werden, die mit dem Tropenholz-Einschlag drastisch zugenommen hat. Was das BMZ als Einfluss darstellt, ist jedoch bestenfalls Schadensbegrenzung an einem Problem, das es ohne die CIB gar nicht in dem Ausmaß geben würde.

Der Zusammenhang zwischen der Wilderei und den Holzkonzernen ist offensichtlich

Auch das LG Hamburg zweifelt nicht daran, dass die Wilderei von sogar geschützten Arten als Folge des kommerziellen Einschlags zugenommen hat. Es hielt aber drei Aussagen zum Thema Wilderei aus dem Regenwald Report für nicht ausreichend belegt. Rettet den Regenwald darf deswegen unter anderem nicht mehr behaupten: „Die Hälfte ihres Einkommens bestreiten die CIB-Angestellten über das bushmeat-Geschäft.“

In welchem Umfang die Wilderei angestiegen ist, und ob CIB tatsächlich ernsthafte Maßnahmen dagegen unternommen hat, hätte Rettet den Regenwald gerne selbst vor Ort recherchiert. Doch Hinrich Stolls CIB ist bekannt dafür, dass sie manchen Hebel in Bewegung setzt, um kritische Besucher aus der eigenen Konzession fernzuhalten. 1996 beispielsweise wies CIB ein Reisebüro in Kongos Hauptstadt erfolgreich an, dem Vorsitzenden von Rettet den Regenwald, Reinhard Behrend, ein Ticket für den Flug in das Konzessionsgebiet zu verweigern, in dem Stoll einschlagen lässt.

An dieser Praxis hat sich bis heute nichts geändert. Zuletzt im Juni 2003 bestätigte Stolls Anwalt dem Rechtsvertreter von Rettet den Regenwald: „Wie Sie aus unserem Gespräch in Gegenwart von Herrn Behrend wissen, sieht unser Mandant sich außer Stande, Herrn Behrend oder andere Vertreter des Vereins in das Konzessionsgebiet einzuladen.“

Als Begründung für die Weigerung wird „die Sorge um die Sicherheit der Besucher“ genannt. Offenbar drohen Gefahren nur Vertretern von Rettet den Regenwald, denn Stolls Anwalt schreibt weiter: „Bei einer Einladung an Greenpeace sähe die Sache evtl. besser aus. Die CIB führt offenbar insbesondere mit Greenpeace in der Schweiz seit einiger Zeit erfolgversprechende Gespräche. Einem Besuch von Vertretern von Greenpeace (Schweiz) im Konzessionsgebiet stünde daher aus meiner Sicht nichts entgegen.“

Kritische Journalisten sind dagegen keine gern gesehenen Gäste auf der CIB-Konzession. Gemeinsam mit dem Schweizer Reporter Ruedi Suter reiste der Tierfilmer Karl Amman im Sommer 2003 ins Grenzgebiet zwischen Kamerun und der Republik Kongo. „Der Zusammenhang zwischen der Wilderei und den Holzkonzernen ist offensichtlich. Die Holzfäller versorgen sich teils mit gewildertem Wildfleisch. Die Lastwagen werden für den Transport des Bushmeats verwendet, allerdings nicht mehr so offen wie früher“, schrieb Suter anschließend an Rettet den Regenwald.

Seit vielen Jahren schon prangert Rettet den Regenwald Stolls Geschäfte öffentlich an

Suter reiste auch gemeinsam mit dem australischen Filmer Steve Couri nach Kabo in den Kongo, um dort eine Stellungnahme von CIB einzuholen. Nach nur zwölf Stunden wurden die beiden des Landes verwiesen und in einem Boot zurück nach Kamerun gebracht. „Für die CIB-Konzession besteht nach wie vor ein absoluter Mangel an Transparenz“, urteilt Karl Amman.

Der Schweizer hat gemeinsam mit Rettet den Regenwald die bushmeat-Problematik weltweit in die Medien gebracht, häufig am Beispiel der CIB-Konzession. Seit fünfzehn Jahren schon setzt Amman sich auf die Fährten von Wilderern in Zentralafrika, legt den Landesbehörden Beweisfotos auf den Schreibtisch und attackiert verbal europäische Tropenholzbarone, darunter auch Hinrich Stoll. „Die illegale Jagd von Menschenaffen hat sich Hand in Hand mit der Holzausbeute in früher unberührten Regenwäldern explosionsartig ausgeweitet“, so Ammans Erkenntnis. Seine Videoaufnahmen, teilweise mit einer versteckten Spezialkamera von Rettet den Regenwald gedreht, sowie seine Bilder von abgeschnittenen Gorilla-Armen und Schimpansen-Köpfen, gingen um die Welt. In Deutschland brachten die Fernsehmagazine Panorama, Monitor und stern tv Beiträge über das Schlachten im Urwald.

Am häufigsten hat bisher der Regenwald Report über die Schäden durch den kommerziellen Holzeinschlag in Zentralafrika berichtet - zwangsläufig stand Hinrich Stoll oft im Mittelpunkt. Dass Rettet den Regenwald seit vielen Jahren und regelmäßig Stolls Geschäfte mit den edlen Hölzern öffentlich angeprangert hat, blieb schon Mitte der 90er Jahre nicht ohne juristische Folgen. Auch damals verklagte Hinrich Stoll die Umweltorganisation. Stoll war verärgert, weil Rettet den Regenwald aus einem heiklen Papier zitiert hatte.

Darin kam ein französischer Forstexperte unter anderem zu dem Schluss, CIB habe auf seiner Konzession im Kongo illegal mehr eingeschlagen als erlaubt. Stoll legte dem Gericht eine Bescheinigung der kongolesischen Regierung vor, dem sei nicht so. Deren Echtheit konnten wir nicht überprüfen.

Nicht nur Rettet den Regenwald bekam in der Vergangenheit Post von Stolls Anwälten. Mehrfach ging er auch gegen Journalisten und Zeitungen juristisch vor. Netter verhielt er sich gegenüber den Grünen, deren Staatssekretärin sich seit Jahren für die staatliche Förderung der CIB stark macht.

Am 30. April 2004 schrieb Stoll an die grüne Bundes AG „Nord- Süd“, die ihn kurz vorher zu einer Tagung eingeladen hatte: „Ich war dankbar, an dem Seminar „Der Umgang mit der Ressource Tropenwald im Spannungsfeld zwischen Umweltschutz und wirtschaftlicher Nutzung am Beispiel des Kongo-Beckens“ teilnehmen zu können.“

Und weiter: (Ich war) „froh, dem Kreis von Seminarteilnehmern die Bedeutung und den Erfolg des CIBProjektes näher erläutern zu können.“ Wer die Urteilsbegründung des Hamburger LG liest, kann dagegen durchaus zu dem Schluss kommen, dass das Projekt nicht gar so erfolgreich ist, was den Regenwaldschutz betrifft. Stoll hat gegen das Urteil keine Berufung eingelegt – damit ist es rechtskräftig geworden.

Richtigstellung:

In der Ausgabe 3/02 des REGENWALD REPORT haben wir unter der Überschrift „Steuergelder für Regenwaldvernichter“ über Herrn Dr. Hinrich Stoll und die von ihm geführte Congolaise Industrielle des Bois S.A. (CIB) wie folgt berichtet: „(Der Schweizer Tierfotograf) Amman besitzt die Kopie eines Vertrags, in dem CIB der lokalen Bevölkerung das traditionelle Recht auf Jagd nach bushmeat garantiert.“

Hierzu stellen wir richtig: In dem angesprochenen Vertrag hat die lokale Bevölkerung, die an ihrem Jagdrecht grundsätzlich festhält, sich verpflichtet, Wildbret durch das Fleisch von Zuchttieren zu ersetzen, den Export von Fleisch einzustellen und keine bedrohten Tierarten zu jagen.

Die CIB hat sich im Gegenzug verpflichtet, ihre Projekte für Landwirtschaft, Tierzucht und Forstwirtschaft fortzusetzen, den Import von Rindern zu fördern und ihren Fahrern den Transport von Wildbret weiter zu verbieten.

Rettet den Regenwald e.V.

Reinhard Behrend

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