Die Arbeit von Rettet den Regenwald in den letzten 15 Jahren
Baby Louis Alexej bekommt gleich zwei Bescheinigungen. Neben seiner Geburtsurkunde liegt auch ein Taufgeschenk: eine Spendenurkunde für ein Stück Regenwald in Ecuador. Wenn die Kinder älter sind, werden manche selber aktiv und sammeln Unterschriften, backen Kuchen für einen Regenwaldstand, beteiligen sich an Malwettbewerben und sogar an Demonstrationen.
Über 8.000 Spender haben die Aktionen von Rettet den Regenwald in den letzten 15 Jahre unterstützt, mit 10 , 50 oder 100 Euro, viele von ihnen regelmäßig mit einer monatlichen Überweisung. Ein paar Mal gingen sogar Beträge bis zu 10.000 Euro ein, zum Beispiel als Vermächtnis von Regenwaldfreunden.
Was wir dank dieser großartigen Hilfe erreicht haben, stellen wir Ihnen hier im Überblick vor. Es sind nur einzelne Erfolge, und generell geht die Zerstörung verzweifelt schnell weiter, aber klar ist: Wir können etwas tun. Die Abholzung ist kein unabwendbares Schicksal. Der Regenwald stirbt nicht aus, er wird aktiv vernichtet von unseren Konzernen, Regierungen und von uns Verbrauchern.
Vergleicht man unseren bescheidenen Etat mit den Milliarden, die allein weltweit im Holzhandel verdient werden, dann haben wir eine Menge geschafft. Vor allem weil wir immer wieder Hilfe von Menschen bekommen, die sich aktiv für die Regenwälder einsetzen wollen. Umwelt-Engagierte gibt es auf der ganzen Welt. Jeder Einzelne ist ein Mosaiksteinchen in der internationalen Bewegung. Weil wir als Netzwerk mehr ausrichten können, kooperiert Rettet den Regenwald mit deutschen und internationalen Umwelt-, Eine Welt- und Menschenrechtsgruppen. Wo wir überall zusammen mit Ihnen und unseren Partnern in den vergangenen 15 Jahren Regenwälder gerettet haben, lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Coca Cola durch Regenwaldschützer in die Knie gezwungen
Februar 1987: Rund 50 Regenwaldschützer besetzen die Coca Cola-Abfüllstation in Hamburg- Altona, während zwei Fassadenkletterer draußen ein riesiges Transparent mit der Aufschrift „Coca Cola zerstört Regenwald“ befestigen. Der Getränkeriese wollte damals ohne Rücksicht auf die Umwelt einen Teil des Tropenwaldes im kleinen mittelamerikanischen Staat Belize in eine Zitrus-Plantage verwandeln. Das „Regenwälder Zentrum“, der Vorläufer von Rettet den Regenwald (RdR), hatte die Informationen aus Übersee recherchiert und ein Bündnis aus Umweltfreunden für die Aktion zusammen getrommelt. Weil reichlich Pressevertreter erschienen waren, reagierte Coca Cola überaus nervös. Noch während der Besetzung signalisierte der Weltkonzern einen Ausstieg aus dem Plantagen-Projekt. Im Herbst 1987 wurde das Vorhaben endgültig gestrichen, stattdessen stiftete der Konzern 18.000 Hektar in Belize für ein Reservat. Dazu gab Coca Cola noch Geld zum Schutz der bedrohten Tapire in dem kleinen Land. Insgesamt belief sich die Spende auf rund 1,5 Millionen Mark. Ein schöner Erfolg, den ein paar Dutzend Umweltschützer errungen hatten, und der außer dem persönlichen Engagement gerade einige hundert Mark für Flugblätter und Pressemitteilungen gekostet hatte.
Dammbruch gegen Staudämme in Brasilien
1989 feierten Regenwaldschützer in aller Welt ihren bis dahin größten Erfolg. Zwei Jahre hatten sie gegen die Zerstörung des brasilianischen Amazonas durch neue Megadämme vor allem am Rio Xingu im Bundesstaat Para gekämpft. Die Weltbank brach Verhandlungen mit der brasilianischen Regierung über einen 500 Millionen Dollar Kredit für den Bau der Dämme ab. Den letzten Anstoß für die Entscheidung hatte eine Versammlung der Indianervölker am Xingu gegeben. Zum ersten Mal kamen alle Stämme aus dem Amazonas zusammen, um ihren Regenwald gegen zerstörerische Großprojekte zu verteidigen. 15 internationale Fernsehstationen und weitere rund 100 Journalisten berichteten über das Treffen. Am letzten Tag der Indianerversammlung unterstützte das Regenwälder Zentrum die Forderungen mit einer Aktion vor der Deutschen Bank Zentrale in Frankfurt.
Mehr als 50 Regenwaldschützer verliehen dem Geldinstitut den „Bulldozer Preis“ für den schlimmsten Regenwaldzerstörer – ein fünf Meter langes Bulldozer-Modell aus (heimischen) Holz.
Die Deutsche Bank hatte im Januar des Jahres zugegeben, mit einem 420-Millionen-Dollar- Kredit am Elektrizitätsprogramm in Brasilien beteiligt zu sein.
Wir kaufen den Wald in Costa Rica
1990 kamen 12.500 Mark an Spenden zusammen, um in Costa Rica auf der Halbinsel Osa im Südwesten des Landes 400.000 Quadratmeter Regenwald zu kaufen. Die dortigen Dorfbewohner hatten die Bedeutung ihres Regenwaldes erkannt, der wie ein Schwamm die Wasserversorgung in der Region sichert. Vorher waren sie gezwungen, jedes Jahr einen Teil ihres Waldes an die Holzindustrie zu verschachern. Mit katastrophalen Folgen: Versteppung Erosion, Erdrutsche. Mit dem Geld, das die Kleinbauern erhielten, konnten sie ihre Landwirtschaft verbessern. Der gekaufte Regenwald ging in den Besitz des Dorfvereins über.
Ende 1990: Die Lufthansa transportiert nach Protesten keine exotischen Vögel mehr. Millionen der bunten Flieger werden jedes Jahr aus Regenwald-Ländern in westliche Länder verfrachtet. Bis zu 70 Prozent überleben den Transport nicht. +++
Anfang 1991: 320 Hamburger Jugendliche demonstrieren gegen die Militärjunta in Birma, die auch in Deutschland mit dem Verkauf von Teakholz Devisen für Waffen gegen Demokraten im eigenen Land erwirtschaftet. +++
199 : In Nicaragua scheitert der taiwanesische Holzmulti „Equipe“ mit seinen Plänen, ein 670.000 Hektar großes Regenwaldgebiet zu plündern. +++
In Brasilien erhalten die Yanomami ein 36.000 Hektar großes Schutzgebiet im Amazonas. +++
Nachdem die Bundesregierung hunderte Protestbriefe erhalten hat, unterstützt sie die Aufnahme einiger Tropenhölzer in das Washingtoner Artenschutz- übereinkommen. +++
Die Stinnes-Baumärkte kündigen an, Tropenholz in Zukunft zu kennzeichnen. +++
RdR spendet für den Nebelwald in Ecuador über 51.000 Mark.+++
1993: Die ecuadorianische Regierung stoppt nach heftigen, internationalen Protesten die Ölförderung im Yasuni-Nationalpark, der einen der weltweit artenreichsten Regenwälder beherbergt. +++
Ein Hauch von Weltpolitik in der Provinz
Seit Ende der 80er Jahre brütete so mancher Kommunalpolitiker in Deutschland über einem Weltatlas, um die Siedlungsgebiete der Penan auf Borneo oder die der Pygmäen in Zentralafrika ausfindig zu machen. Die Kampagne gegen Tropenholz aus Raubbau zeigte Wirkung. Konnte früher jeder Volksvertreter auf Beifall hoffen, wenn er für seine Gemeinde eine neue Parkbank anschaffte, mussten sich die Ratsfrauen und -herren auf einmal um die Herkunft des Holzes kümmern. RdR hatte bundesweit publik gemacht, dass Tropenholz fast ausschließlich aus Raubbau stammt. Als Folge stieg die Zahl der Kommunen sprunghaft an, die sich per Ratsbeschluss verpflichteten, bei öffentlichen Bauten kein Tropenholz mehr einzusetzen.
Fast täglich erreichten uns Schreiben wie dieses: „Für Eure Statistik möchten wir Euch kurz mitteilen, dass das Rodgauer Stadtparlament auf Antrag der Grünen am 11.11. 88 einstimmig einen Verzicht auf Tropenholz beschlossen hat.“ 1990 hatten bundesweit bereits über 400 Kommunen für einen solchen Verzicht gestimmt. Ein Jahr später meldete die Statistik, dass im ersten Halbjahr 1991 die Einfuhr von Tropenholz nach Deutschland um 25 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurück gegangen war.
Wichtigste Informationsbasis vor solchen Ratsentscheidungen war RdR. Die Umweltorganisation hatte von 1989 bis Anfang 1994 Zugang zu einer traumhaft sprudelnden Quelle. Was immer die Tropenholzbranche damals plante – kurze Zeit später lagen interne Protokolle und Strategiepapiere auf dem Schreibtisch von RdR.
„Die Wahrheit liegt im Müll“ titelte später die TAZ und berichtete darüber, wie der RdRVorsitzende Reinhard Behrend fünf Jahre lang heimlich aus einem Papiercontainer beim „Verein Deutscher Holzeinfuhrhäuser“ Kopien der Korrespondenz gefischt hatte, die vom dortigen Sekretariat achtlos weggeworfen worden waren. Die Papiere waren die beste Argumentationshilfe für einen Tropenholz-Boykott, machten sie doch aus berufenem Munde deutlich: Der Tropenholzbranche ging es stets um eine Schadensbegrenzung am angeschlagenen Image und nicht wirklich um einen Schutz der Regenwälder.
„Ihr habt die Welt, lasst uns den Wald!“
Die Barkasse im Holzhafen von Tokyo steuert mitten in den „Urwald“: 80.000 tropische Baumstämme dümpeln im Wasser. Ganze Wälder sind hier baden gegangen.
1992 - Japan war damals der größte Tropenholzimporteur weltweit – wurde die japanische Regierung von der internationalen Regenwaldbewegung heftig kritisiert. Darauf lud sie Umweltschützer ein, darunter Reinhard Behrend von RdR.
Konzerne aus dem asiatischen Land bedienten sich insbesondere in den Regenwäldern von Borneo, überwiegend in den malaysischen Bundesstaaten Sarawak und Sabah. Dort leben die Penan seit Jahrtausenden als Jäger und Sammler. Mitte der 80er Jahre drangen erstmals Holzkonzessionäre bis in die Penan-Wälder vor, nachdem sie die Gebiete ringsherum bereits geplündert hatten.
Unterstützt auch von RdR reagierten die Penan auf die tödliche Zerstörung ihrer Heimat mit Straßenblockaden gegen die Holzfäller. „Ihr habt die Welt, lasst uns den Wald!“ lautete ihre Forderung. An ihrer Seite lebte jahrelang der Schweizer Bruno Manser, der mit den Penan die Proteste organisiert und die Bedrohung der Waldvölker weltweit publik gemacht hat. Im Mai 2000 verschwand Bruno Manser spurlos auf Borneo.
Bedroht wurden die Penan auch durch die asiatische „Samling-Gruppe“. Obwohl die Penan die Grenzen ihres Waldes mit weißer Farbe markiert hatten, drangen „Samling“-Arbeiter in das Gebiet ein. Der Konzern kontrolliert in Sarawak 1,5 Millionen Hektar Wald und ist für seine Raubbau-Praktiken berüchtigt. Ausgerechnet in einer „Samling“-Konzession erprobte ab 1995 die bundeseigene „Gesellschaft für technische Zusammenarbeit“ (GTZ) auf einer 170.000 Hektar großen Fläche angeblich schonende Erntemethoden und Forstplanung. Nach Informationen von RdR wurde bei dem GTZProjekt missachtet, dass sich indigene Gruppe seit Jahrhunderten als rechtmäßige Besitzer der Region sehen. Nach zahlreichen Protesten zog sich die GTZ Ende 2000 aus dem Projekt zurück. Mit deutschen Steuermillionen hat sie allerdings „Samling“ eine hervorragende Waldinventur hinterlassen - Entwicklungshilfe für einen Holzkonzern, während sich die Lage der betroffenen Waldbewohner seit Projektbeginn kontinuierlich verschlechtert hat. RdR und andere Umwelt organisationen weltweit unterstützen die Forderungen der Penan bis heute aktiv.
Regenwaldkorridor gerettet
„Großer Jubel in einem kleinen Dorf: die Einwohner von Puerto Jimenez feiern. Ihre Halbinsel Osa bleibt von dem Holzschnitzelwerk des US-Papiermulti Stone verschont.“ Das meldete im Herbst 1994 der Regenwald Report. Die Fabrik sollte mitten im Regenwald zwischen den beiden Teilen des Nationalparks Corcovado entstehen. Die Zukunft des letzten großen Regenwaldgebietes an der Pazifikküste von Mittelamerika stand auf dem Spiel. Mit einer Kampagne gegen Stone setzten die Bewohner von Osa und die Umweltgruppe AECO ihre Regierung dermaßen unter Druck, dass sich Costa Ricas Präsident damals gegen eine Genehmigung der Holzfabrik entschied. Unterstützt von Greenpeace USA und RdR hatten die Menschen auf Osa sogar die Panamericana blockiert.
Nicht alles Gold glänzt
Fausto Lopez freut sich: „Durch die Unterstützung von RdR konnten wir dringend notwendige Aktivitäten starten, um den Nationalpark zu schützen“, erklärte er 1995. Acht Jahre verteidigten damals schon Umweltschützer den Podocarpus Nationalpark im Süden Ecuadors gegen Übergriffe durch Goldsucher und Minengesellschaften.
Das Schutzgebiet erstreckt sich auf knapp 150.000 Hektar vom Andenhochplateau bis hinunter in die immerfeuchte Regenwaldzone und ist weltberühmt für seine enorme Artenvielfalt.
Seit 1987 versuchten immer wieder internationale Minengesellschaften, die ergiebigen Goldvorkommen im Nationalpark zu plündern. Die von RdR finanziell unterstützte regionale Umweltgruppe ARCOIRIS setzte erfolgreich Aufklärung der Bevölkerung über die ökologischen Folgen dagegen. In der kleinen Stadt Loja konnte sie sogar große Demonstrationen gegen die Umweltzerstörung organisieren – in der Region damals ein absolutes Novum.
Zertifiziertes „Kettensägen-Massaker“
„Kettensägen-Massaker“ titelte das englische Massenblatt „Express“ im Dezember 1996. Der empörte Aufschrei galt der Firma Isoroy, damals Tochter des Glunz-Konzerns im westfälischen Hamm. Isoroy schlug in Gabun im Herzen Afrikas jährlich 150.000 Kubikmeter wertvolle Tropenhölzer ein – im so genannten Bienenwald, ein kaum erforschtes Naturparadies. Straßen wurden in den Regenwald geschlagen, die Firma plante auch die Holzausbeute in einem benachbarten Reservat. Eine Studie brachte zudem ans Licht, dass in dem von Isoroy angelegten Waldcamp in zwei Monaten über 4.500 Kilogramm Wildfleisch konsumiert wurden, darunter 35 Schimpansen und drei Gorillas.
Trotz der Abholzung im Bienenwald erhielt Isoroy im Oktober 1996 ein Zertifikat vom „Forestry Steward Council“ (FSC). Die 1993 gegründete internationale Zertifizierungsinitiative will bis heute weltweit geltende Prinzipien für „gute Waldwirtschaft“ durchsetzen. Im Fall Isoroy protestierten Umweltorganisationen aus aller Welt, darunter RdR. Die Firma hatte noch nicht einmal einen Management- Plan, Voraussetzung für jede nachhaltige Forstwirtschaft. Das FSC-Siegel wurde Isoroy später als Folge der weltweiten Proteste wieder aberkannt.
Raubholz an Deck
„Festhalten da vorn, sonst fliegt uns das Ding um die Ohren!“ – Das „Ding“ ist eine aufblasbare Kettensäge, 15 Meter lang und fünf Meter hoch. Sie steht im Oktober 1997 vor dem Eingang des Hamburger Messegeländes und appelliert an die Besucher der „Hanseboot“: „Kein Teak fürs Deck“. Protest bei der internationalen Bootsmesse gegen die Verwendung von Raubbauholz beim Bootsbau.
In einer Erklärung „Hanseboot macht Wälder tot“ fordern 35 Organisationen aus Deutschland, England, der Schweiz und Kamerun,beim Bootsbau kein Tropenholz aus Raubbau zu verwenden. Der Deutsche Boots- und Schiffbauerverband reagiert mit einer Presseerklärung, in der es heißt, der Holzhandel habe mit der Regenwaldzerstörung gar nichts zu tun. Eine glatte Lüge.
RdR kann umweltbewussten Seglern am Rande der Messe eine Alternative präsentieren: Einige Händler bieten Stabdecks aus europäischer Robinie an.
RdR übergibt eine Spende von 15.000 Mark an das „South East Asian Information Network“, das sich in Burma für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzt.
Der brasilianische Rat der Kautschukzapfer erhält von RdR gut 21.000 Mark für Kampagnen gegen Mahagoni- Einschlag in geschützten Gebieten.
Die indonesische Umweltgruppe SKEPHI erhält 20.000 Mark für ihren Kampf gegen Regenwaldvernichtung. +++
1994: Die deutsche „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ verzichtet nach Protesten von RdR auf das Tropenholz Bongossi beim Bau einer Eisenbahnstrecke in Ägypten. +++ Mit 30.000 Mark unterstützt RdR die Einrichtung eines Reservates für die Guaymi-Indianer in Costa Rica. +++
1995: Die Forstminister von Malaysia und Indonesien wollen sich bei der EU und der Welthandelsorganisation beschweren. Durch den Tropenholzboykott seien die Exporte nach Europa um 50 Prozent zurück gegangen. +++
1996: Die brasilianische Regierung verbietet für zunächst zwei Jahre das Fällen von Mahagoni- und Virolabäumen im Amazonas. Nach Schätzungen werden 90 Prozent illegal in Indianergebieten eingeschlagen. +++
1997: Der stern reist mit Reinhard Behrend und dem Schweizer Tierfotografen Karl Amman nach Kamerun und berichtet über den „Mord im Regenwald“. Die Bilder schockieren Millionen von Lesern. +++