Ein weiteres Mal bedroht ein internationaler Bergbaukonzern die Bevölkerung und Natur des Intag im Nordwesten Ecuadors. Ein Bericht von Guadalupe Rodríguez.
„Dieses Mal sind wir vorbereitet. Wir werden den Lügen der Bergbauherren keinen Glauben schenken“, sagt Elias Imbaquingo, Präsident des Gemeindevorstands von Plaza Gutierrez und Mitglied der regionalen Umweltorganisation DECOIN (Defensa y Conservación Ecológica de Intag). „Wir werden weder Geschenke akzeptieren, noch haben wir Angst vor Todesdrohungen“. Im Rathaus von Cotacachi haben sich Einwohner der Dörfer des Intag, Umweltschützer, der Direktor des Ministeriums für Bergbau und Energie aus Quito und der Bürgermeister von Cotacachi, Auki Tituaña, versammelt. Der neue Besitzer der Konzession für den Abbau von Kupfer beim Dorf Junin, der kanadische Bergbaukonzern Ascendant Exploration, ist, obwohl eingeladen, nicht erschienen.
Der Konzern verspricht viel Hilfe für die Dörfer: Computer für Schulen, Wohnungen für die Einwohner, medizinische Hilfe und die Verbesserung von Telefonleitungen, Trinkwasser und Strom. Eine so genannte „Lateinamerikanische Stiftung für humanistische und wissenschaftliche Entwicklung“ soll das Entwicklungsprojekt betreiben, die unter der gleichen Adresse und Telefonnummer in Quito wie Ascendant Exploration zu erreichen ist.
Am 11. Juli 2004 treffen sich mitten im Intag dann doch noch Verantwortliche von Ascendant mit Vertretern der vom Bergbauprojekt betroffenen Dörfer Junin, Barcelona, El Triunfo und Cerro Pelado. Mehr als Dreihundert Frauen und Männer aus allen Teilen des Intag demonstrieren auf dem Treffen ihren absoluten Widerstand gegen das Bergbauprojekt. „Es gibt keine Technologie, die uns garantieren kann, dass unsere Umwelt nicht zerstört wird“, sagen viele Stimmen.
Ein ganzer Gebirgszug soll abgetragen werden, um an das darunter liegende Kupfer zu kommen. Dörfer müssten umgesiedelt und Flüsse umgeleitet werden. Die Vertreter des Konzerns sind sichtbar überrascht und erschreckt über den großen Widerstand der lokalen Bevölkerung. Selbst die Versprechen machen keinen Eindruck auf die Bewohner. Eine Delegation aus der Provinz Napo im südlichen ecuadorianischen Amazonas berichtet über die Lügen des selben Konzerns Ascendant Exploration, der seit vier Jahren am Napo-Fluss Goldabbaubetreibt. Das Treffen im Intag endet schließlich mit der lautstark vorgetragenen Aufforderung, dass Ascendant den Intag verlassen und den Kupferabbau aufgeben soll. Ein Schreiben wird an das Bergbau- und Energieministerium aufgesetzt, in dem gefordert wird, alle Aktivitäten zu dem Projekt abzubrechen.
Knapp zwei Wochen später: Bei einem neuen Treffen mit Vertretern des Bergbaukonzerns stellen sich bewaffnete Leibwächter von Ascendant Exploration den Gemeindevertretern in den Weg und schüchtern sie ein: „Vorsicht, was ihr sagen werdet“.
Ende August eskaliert die Situation: Fast 100 Arbeiter von Ascendant, bewaffnet mit Macheten, dringen in das betroffene Gebiet ein, um dort Maschinen zum Straßenbau abzustellen. Etwa 80 Bewohner aus Junin und einigen Nachbarorten stoppen die Einrichtung einer Baustelle mit einer Straßenblockade. Polibio Perez, Präsident des Community Development Council, wird von den Minenarbeitern verbal und körperlich hart attackiert. Erst als sich eine Gruppe Frauen aus Junin zwischen die Fronten stellte, beruhigt sich die Lage wieder.
Die Arbeit der letzten zehn Jahre
Vor zehn Jahren, als die zum japanischen Mitsubishikonzern gehörende Bergbaufirma Bishimetals die Konzession für die Kupfermine von Junin gekauft hatte, waren die Bewohner völlig ahnungslos über die Folgen des Bergbaus. Zunächst vertrauten sie den Versprechungen des Konzerns, der eines Tages anrückte und ein Minencamp im Bergregenwald errichtete. Dann traten die ersten Probleme auf, und die Bewohner begannen sich zu organisieren, doch alle Proteste wurden von Bishimetals ignoriert. Nach jahrelangem Kampf besetzte die lokale Bevölkerung das Bergarbeitercamp der Firma, übergab die Ausrüstungsgegenstände den Behörden und brannte das Camp nieder. Daraufhin gab Bishimetals die Konzession zurück. Die Bevölkerung wehrt sich gegen die industrielle Ausbeutung. Regelmäßig werden Workshops zur Aufklärung über den Bergbau abgehalten, Besuche von Bergbauprojekten in anderen Landesteilen und eine eigene Zeitung publiziert.
Alternative Projekte
Rettet den Regenwald (RdR) unterstützt mehr als zehn Jahre die Bewohner des Intag beim Kampf gegen den Bergbau und bei zahlreichen Projekten einer schonenden Nutzung der natürlichen Ressourcen. Spendengelder von RdR haben den Bewohnern Junins geholfen, eine 3.000 Hektar große Fläche Bergregenwald zu kaufen und zum geschützten Gemeindewald zu erklären. Ein kommunales Tourismusprojekt wurde gegründet und eine Unterkunft mit Platz für 23 Besucher im Bergregenwald gebaut. Fast 40 Bewohner des Dorfes profitieren von dem Projekt und organisieren beispielsweise Touristenausflüge in das Gemeindewaldgebiet. Unter anderem werden Touren zum ehemaligen Minencamp oder Wanderungen in den Bergregenwald zu Wasserfällen und Kaffee-und Zuckerohrpflanzungen angeboten. Es ist eine gute Gelegenheit, mit den Dorfbewohnern zu sprechen und sich direkt von Ihnen über den Kampf gegen den Bergbau erzählen zu lassen. Die letzten sieben Jahre ohne Bergbau wurden vor kurzem in Junin mit einer großen „Festival für das Leben“ gefeiert. Und es gibt viele weitere Gründe zu feiern: Die Gründung der Kooperative für organischen Kaffeeanbau „Rio Intag“, in der heute etwa 300 Familien arbeiten. Oder die zahlreichen Kunsthandwerkergruppen, in denen sich rund 80 Frauen zusammengeschlossen haben und Kunsthandwerk aus lokalen Naturprodukten wie Taschen und Hüte aus Sisal, Seife aus Aloe Vera und Badezimmerartikel aus Lufa, einem Schwamm, produzieren. Die Waren werden in einem kleinen Laden im Intag und seit kurzem auch auf dem berühmten Indigenenmarkt in Otavalo angeboten.
Rechtliche AKtionen
Im Moment läuft nach einer Klage des Stadtrats von Cotacachi ein Verfahren vor dem Verfassungsgericht Ecuadors. Die Einwohner von Junin und anderer betroffener Dörfer wurden nicht über die geplante Vergabe der Minenkonzession und die Bergbauarbeiten konsultiert, wie dies in der Verfassung vorgeschrieben ist. Einige Einwohner sollten Blanko- Einwilligungen unterschreiben. Unternehmensarbeiter haben zugegeben, Arbeiten im Bergregenwaldschutzgebiet von Junin durchgeführt zu haben, ohne die Dorfbewohner um Genehmigung zu fragen. Da der Gerichtsprozess aktuell noch läuft, ist der Beginn der Bergbauarbeiten illegal.
Die Strategie der Konzerne ist immer die gleiche: Sie beginnen zuerst ihre Arbeiten und versuchen wichtige Personen wie die Dorfbürgermeister mit Geschenken oder Geld auf ihre Seite zu bringen. Der Bevölkerung versprechen sie viele Jobs, gute Bezahlung und Entwicklung für die Region. „Es gibt in Junin Kupfer für 20 Jahre Bergbau. Und was bleibt danach? Wir wollen eine nachhaltige Entwicklung für unsere Region“, sagt Polibio Perez, der in Vertretung für acht Dörfer des Intag spricht.
Im Vergleich zu früher sind jetzt die Bewohner aller umliegenden Dörfer zu Bergbauexperten geworden. Genau deshalb hat Junin entschieden, den Ecuadorianischen Staat vor Gericht zu bringen, und zwar vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte. „Die Einwohner des Intag haben das Recht, in einer gesunden und unbelasteten Umwelt zu wohnen und nachhaltige Projekte für sich zu entwickeln“ kommentiert Dr. Fonseco, Rechtsanwalt der Stadtverwaltung.
Wir kaufen Regenwald!
Mit Spendengeldern von Rettet den Regenwald hat die lokale Umweltgruppe DECOIN bereits mehr als 2.000 Hektar Bergnebelwälder im Intag gekauft, um sie vor Ausbeutung zu retten. Die Grundstücke werden an die Dörfer überschrieben und vertraglich zu Gemeindewäldern erklärt. Gemeinsam übernehmen die Bauern die Verantwortung für den Schutz ihrer Wälder und nachhaltige Formen der Nutzung.
DECOIN will weitere Grundstücke kaufen, die noch zum größten Teil mit primärem Regenwald bedeckt und für den Erhalt der Artenvielfalt und als Trinkwasserreservoir von herausragender Bedeutung sind.
Bitte unterstützen Sie die Aktion mit einer Spende!
Spendenkonto:
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